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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 29.09.2008
Aktenzeichen: 1 L 128/07
Rechtsgebiete: BBesG, BGB, GG, GVO, LSA-BG, LSA-GVEntschVO


Vorschriften:

BBesG § 1 Abs. 2
BBesG § 1 Abs. 3
BBesG § 12 Abs. 1
BBesG § 12 Abs. 2
BBesG § 49 Abs. 3
BGB § 818 Abs. 3
BGB § 819 Abs. 1
GG Art. 20 Abs. 3
GG Art. 33 Abs. 5
GVO § 77
LSA-BG § 87 Abs. 1
LSA-BG § 87 Abs. 2
LSA-GVEntschVO § 2
LSA-GVEntschVO § 3
LSA-GVEntschVO § 4
1. Die Festsetzung der Gebührenanteile zur Abgeltung von Bürokosten der Gerichtsvollzieher beruht auf § 4 Abs. 1 der Verordnung zur Abgeltung der Gerichtsvollzieher-Bürokosten (GVEntschVO) i. V. m. der bundeseinheitlich gefassten Gerichtsvollzieherordnung (GVO).

2. Die Fünfte Verordnung zur Änderung der GVEntschVO vom 25. Juni 2003 (GVBl. LSA Nr. 22/2003 vom 30. Juni 2003, S. 135) ist nicht rechtswidrig und daher nicht unwirksam (Aufrechterhaltung von OVG LSA, Urteil vom 24. Januar 2007 - Az.: 1 K 349/05 -, veröffentlicht bei juris = JMBl. LSA 2007, S. 124; nachfolgend: BVerwG, Beschluss vom 23. August 2007 - Az.: 2 BN 2.07 -, veröffentlicht bei juris).

3. Die Aufforderung des Dienstherrn, weitere vom Gerichtsvollzieher vorab einbehaltene Gebührenanteile abzuliefern, stellt sich nicht als Rückforderung seitens des Dienstherrn gezahlter Bezüge oder sonstiger Leistungen dar. Vielmehr handelt es sich um die Aufforderung, vom Gerichtsvollzieher selbst (aufgrund entsprechender Festsetzung zu Unrecht) einbehaltene Gebührenanteile nunmehr abzuliefern.

4. Rechtsgrundlage hierfür ist weder § 12 BBesG noch § 87 BG LSA, sondern in Ermangelung einer spezialgesetzlichen Bestimmung das allgemeine Dienst- und Treueverhältnis zwischen Beamtem und Dienstherrn.


Gründe:

I.

Die Klägerin wendet sich gegen die Höhe der festgesetzten Bürokostenentschädigung betreffend das Geschäftsjahr 2002 und die damit einhergehenden Aufforderung, weitere von ihr bereits einbehaltene Gebührenanteile abzuliefern.

Die Klägerin ist Gerichtsvollzieherin im Dienste des Landes Sachsen-Anhalt. Aufgrund der Verordnung zur Abgeltung der Gerichtsvollzieher-Bürokosten vom 4. August 1998 (GVBl. LSA S. 358) - künftig: GVEntschVO - behielt sie im Jahre 2002 einen Anteil der für die Erledigung der Aufträge eingenommenen Gebühren in Höhe von insgesamt 22.371,29 € ein.

Am 1. September 2003 berechnete der Beklagte gegenüber der Klägerin in einem Formularschreiben unter Berücksichtigung der vorangegangenen quartalsweisen Berechnung für die ersten drei Quartale die ihr für das IV. Quartal des Jahres 2002 zustehende Entschädigung bei einem Gesamtbetrag in Höhe von 22.003,97 €. Zugleich wurde ein zurückzuzahlender Betrag in Höhe von 367,32 € ausgewiesen, der sich aus der Differenz der Höhe der Bürokostenentschädigung einerseits und den von der Klägerin einbehaltenen Gebührenanteilen andererseits errechnete. Hiergegen hat die Klägerin unter dem 10. Oktober 2003 Widerspruch eingelegt. Diesen legte der Beklagte als "Antrag auf Erlass eines rechtsbehelfsfähigen Bescheides" aus, "da die Festsetzung und Anordnung der Bürokostenentschädigung keinen Verwaltungsakt" darstelle, und erließ unter dem 26. Januar 2004 einen "Festsetzungs- und Rückforderungsbescheid". Darin setzte er die aus den Gebühreneinnahmen zustehende Bürokostenentschädigung für das Jahr 2002 auf insgesamt 22.003,97 € fest und forderte unter Anrechnung der von der Klägerin vorläufig mit einem Vomhundertsatz der Gebühreneinnahmen einbehaltenen Bürokostenentschädigung den übersteigenden Betrag in Höhe von 367,32 € zurück. Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 5. März 2004 ebenfalls Widerspruch eingelegt, den der Präsident des Oberlandesgerichts Naumburg mit - der Klägerin am 11. November 2004 zugestellten - Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 2004 als unbegründet zurückgewiesen hat. Insbesondere wird darin ausgeführt, aus welchen Gründen nicht von der Rückforderung gemäß § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG abgesehen wurde.

Mit am 3. Dezember 2004 bei dem Verwaltungsgericht Halle eingegangenen Schriftsatz gleichen Datums hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie im Wesentlichen geltend machte: Die Festsetzung der Bürokostenentschädigung in dem angefochtenen Bescheid sei rechtswidrig, weil hierfür weder eine Rechtsgrundlage bestehe, noch zwischen Gebührenanteil und Bürokostenentschädigung unterschieden werde. Insbesondere sei die Dokumentenpauschale nicht berücksichtigt worden. Eine Rechtsgrundlage sei nicht in § 2 Abs. 1 GVEntschVO zu sehen. Die Festsetzungen gemäß § 77 GVO stellten Verwaltungsakte dar, die zwischenzeitlich bestandskräftig seien. Insbesondere sei die Festsetzung nicht bloß vorläufig. Eine vorläufige Gewährung von Dienstbezügen sei dem Besoldungsrecht fremd. Darüber hinaus bestehe auch keine Rechtsgrundlage für eine rückwirkende Neufestsetzung durch Verwaltungsakt für das Jahr 2002. § 2 Abs. 1 GVEntschVO regele nur den Gebührenanteil und nicht die Entschädigung insgesamt. Der in der GVEntschVO geregelte Gebührenanteil und Jahreshöchstbetrag seien nicht in jedem Kalenderjahr "neu" festzusetzen. Vielmehr gälten die festgesetzten Beträge jeweils bis zur Neufestsetzung, die auch erst nach Jahren erfolgen könne.

Die Rückforderung eines Teils der im Jahr 2002 gewährten Bürokostenentschädigung verstoße gegen § 12 Abs. 1 BBesG. Bei der Bürokostenentschädigung handele es sich um Dienstbezüge im Sinne von § 1 BBesG. Die Bürokostenentschädigung werde für das Jahr 2002 nicht erst durch den angegriffenen Bescheid festgesetzt. Für § 12 Abs. 1 BBesG komme es im Übrigen nicht darauf an, ob ein Fall der echten oder unechten Rückwirkung der Norm gegeben sei. Der Beamte solle jedenfalls nicht schlechter gestellt werden. Dabei sei zu berücksichtigen, dass es sich bei der Bürokostenentschädigung um keine Aufwandsentschädigung im rechtlichen Sinne handele. Durch die rückwirkende Änderung der Entschädigungsparameter werde sie - die Klägerin - schlechter gestellt als ohne die Änderung. § 12 Abs. 1 BBesG schließe insoweit eine Pflicht zur Erstattung der zuviel gezahlten Bürokostenentschädigung aus.

Unabhängig davon könne sie sich gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG auch auf Entreicherung berufen. Die im Jahr 2002 gewährte Bürokostenentschädigung sei auf der damals geltenden Rechtsgrundlage gezahlt worden. Sie sei dazu gedacht gewesen, die für die Bürounterhaltung entstehenden Kosten abzugelten. Diese Kosten könnten jedenfalls im Nachhinein nicht mehr verändert werden. Es sei jedenfalls nicht zu erkennen gewesen, dass der Verordnungsgeber im Jahr 2003 rückwirkend die Berechnungsgrundlagen für die Bürokostenentschädigung ändere. Im Übrigen habe der Beklagte auch die gemäß § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG gebotene Billigkeitsentscheidung unterlassen, denn es sei keine Einzelfallprüfung erfolgt. Insbesondere habe der Beklagte nicht geprüft, ob die Ratenzahlung aus der laufenden Alimentation erfolgen müsse.

Die Klägerin hat beantragt,

den Festsetzungs- und Rückforderungsbescheid des Beklagten vom 26. Januar 2004 und den Widerspruchsbescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts Naumburg vom 28. Oktober 2004 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er im Wesentlichen geltend gemacht: Die Bürokostenentschädigung setze sich aus den Schreibauslagen sowie einem - veränderlichen - Gebührenanteil zusammen. Letzterer werde im Verordnungswege geregelt. Einer gesonderten Festsetzung der Schreibauslagen bedürfe es nicht, da diese mit den durch den Gerichtsvollzieher für die Landeskasse erhobenen und eingenommenen Schreibauslagen übereinstimme und durch diesen entsprechend einbehalten werde. Vor Erlass des Festsetzungs- und Rückforderungsbescheides sei die Klägerin gehört worden, indem ihr die am 1. September 2003 erstellte Berechnung mitgeteilt worden sei. Erst hiernach sei der streitgegenständliche Festsetzungs- und Rückforderungsbescheid erlassen worden. Bei der vierteljährlichen Berechnung der dem Gerichtsvollzieher zu überlassenden Gebührenanteile handele es sich um einen vorläufigen Abgleich, welcher endgültig aufgrund der Regelungen in §§ 2, 3 GVEntschVO erst nach abschließender Festsetzung des prozentualen Gebührenanteils und des Höchstbetrages für das betroffene Rechnungsjahr möglich sei. Insoweit seien - nach der bundeseinheitlichen üblichen Berechnungsmethode - die Berechnungsparameter in der GVEntschVO durch die Fünfte Verordnung zur Änderung der GVEntschVO - künftig: 5. ÄnderungsVO - bezogen auf das hier streitbefangene Jahr 2002 geändert worden. Diese entspreche den Vorgaben, wie sie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 19. August 2004 in dem Verfahren 2 C 41.03 aufgestellt habe.

§ 12 Abs. 1 BBesG stehe der Rückforderung aufgrund der praktizierten bloß vorläufigen Festsetzung der Bürokostenentschädigung nicht entgegen. Zwar handele es sich bei der Bürokostenentschädigung nach § 49 Abs. 3 BBesG um einen Besoldungsbestandteil gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 5 BBesG, so dass der Anwendungsbereich des § 12 BBesG grundsätzlich eröffnet sein dürfte. Diese Norm komme aber nicht zur Anwendung, weil es sich vorliegend nicht um eine gesetzliche Änderung der Bezüge handele, sondern um die erstmalige Feststellung der Bürokostenentschädigung. Überdies fehle es an einer Rückwirkung, denn erst mit der gesamten Abrechnung des betreffenden Jahres sei ein abgeschlossener Lebenssachverhalt gegeben.

§ 12 Abs. 2 BBesG sei subsidiär, wenn besoldungsrechtliche Sondervorschriften über die Rückzahlung eingriffen. Solche lägen hier im Hinblick auf die Art und Weise der Berechnung und vorläufigen Abrechnung sowie Festsetzung der Bürokostenentschädigung vor. Anderenfalls wäre der Rückzahlungsanspruch nach § 812 BGB i. V. m. § 12 Abs. 2 Satz 1 BBesG begründet. Auf den Wegfall der Bereicherung könne sich die Klägerin nicht mit Erfolg berufen, weil sie aufgrund von § 49 BBesG und der durch die GVEntschVO geregelten nachträglichen Ermittlung der Höchstbeträge gewusst habe oder hätte erkennen müssen, dass der Einbehalt eines Teils der laufenden eingenommenen Gebühren nur eine vorläufige Auszahlung darstelle. Im Falle der Klägerin habe auch kein Grund dafür bestanden, gemäß § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG von einer Rückzahlung der Überzahlung abzusehen. Allein der Umstand, dass dieses Geld verbraucht sein solle, reiche nicht aus, um von einer Unbilligkeit der Rückforderung der vorläufig einbehaltenen Beträge auszugehen. Weitere Gründe, die eine Rückforderung in ihrem Fall als unbillig erscheinen lasse, seien weder ersichtlich noch von ihr in der Widerspruchsbegründung oder der Klageschrift vorgetragen worden. Es liege auch keine Existenzgefährdung oder eine sonstige Härte vor, die die Maßnahme aus grundsätzlichen Erwägungen als unverhältnismäßig oder unter dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht des Dienstherrn unangemessen erscheinen lasse. Mangels Rückwirkung liege auch kein Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot des § 87 BG LSA vor.

Mit - dem Beklagten am 23. Mai 2007 zugestellten - Urteil vom 25. April 2007 hat das Verwaltungsgericht Halle die Klage abgewiesen, "soweit sich die Klägerin gegen die Festsetzung des Gebührenanteiles der Bürokostenentschädigung für das Kalenderjahr 2002 mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. Januar 2004 wendet", und im Übrigen den Festsetzungs- und Rückforderungsbescheid vom 26. Januar 2004 und den Widerspruchsbescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts Naumburg vom 28. Oktober 2004 aufgehoben, soweit hierin Bürokostenentschädigung in Höhe von 367,32 € zurückgefordert wird. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klage sei bereits unzulässig, soweit sich die Klägerin gegen die Festsetzung des Gebührenanteiles der Bürokostenentschädigung für das Kalenderjahr 2002 mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. Januar 2004 wende und insoweit die Aufhebung des Bescheides begehre. Insoweit fehle das rechtsschutzwürdige Interesse, da die Festsetzung des Gebührenanteiles der Bürokostenentschädigung keinen weiteren materiellen Gehalt aufweise, als das sie die rechnerische Grundlage für die (rechtswidrige) Rückforderung der Bürokostenentschädigung, die mit dem selben Bescheid erfolgt sei, bilde.

Die im Übrigen zulässige Klage sei begründet, soweit der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden den Gebührenanteil der Bürokostenentschädigung in Höhe von 367,32 € zurückgefordert habe. Die Rückforderung scheitere an § 12 Abs. 1 BBesG. Bei der Bürokostenentschädigung handele es sich um Bezüge im Sinne dieser Norm. Zwar sei die Bürokostenentschädigung keine Vergütung und damit auch kein zur Besoldung gehörender Dienstbezug nach § 1 Abs. 2 Nr. 5 BBesG. Dies stehe indes der Anwendung von § 12 Abs. 1 BBesG nicht entgegen. Ausgehend von der gesetzlichen Systematik umfassten die Bezüge im Sinne von § 12 Abs. 1 BBesG die Dienstbezüge und die sonstigen Bezüge, wobei § 1 Abs. 2 und 3 BBesG definiere, welche dieser Dienstbezüge und sonstigen Bezüge zur Besoldung gehörten. Aus der Systematik sowie dem Sinn und Zweck des § 49 Abs. 3 BBesG ergebe sich letztlich, dass die Bürokostenentschädigung unter den Regelungszweck des § 12 Abs. 1 BBesG falle. Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 BBesG seien auch erfüllt, da die Neuregelung der Höhe der Bürokostenentschädigung durch die 5. ÄnderungsVO mit rückwirkender Kraft zur Schlechterstellung der Klägerin geführt habe. Durch die Absenkung des Gebührenanteiles sowie des Höchstbetrages stehe der Klägerin für das hier maßgebliche Kalenderjahr 2002 eine um 367,32 € geringere Bürokostenentschädigung zu. Eine teleologische Reduktion von § 12 Abs. 1 BBesG sei vorliegend nicht geboten. Die Norm verstoße auch nicht gegen höherrangiges Recht. Die GVEntschVO enthalte im Übrigen auch keine Vorschrift, nach der die Entschädigung auf der Grundlage der Sätze eines Vorjahres lediglich vorläufig festzusetzen wäre. Eine Rückforderung scheide damit auch bei erstmaliger Festsetzung aus. § 2 Abs. 2 GVEntschVO führe zu keinem anderen Ergebnis. Zwar sei diese Norm in der Lage, den Vertrauensschutz des Rechtsunterworfenen an der Beständigkeit der Regelung zu mindern, verändere aber nicht deren Geltung.

Selbst wenn die Bürokostenentschädigung nicht zu den Bezügen im Sinne von § 12 Abs. 1 BBesG zählte, führte dies vorliegend zu keinem anderen Ergebnis. Für diesen Fall sei auf § 87 BBG oder die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften zurückzugreifen, soweit keine besonderen gesetzlichen Vorschriften beständen. Insoweit folge auch aus § 87 Abs. 1 BBG und § 87 Abs. 1 BG LSA nichts Anderes. Diese regelten wortgleich mit § 12 Abs. 1 BBesG, dass Unterschiedsbeträge nicht zu erstatten seien, wenn ein Beamter durch eine gesetzliche Änderung seiner Bezüge mit rückwirkender Kraft schlechter gestellt werde. Soweit Verwaltungsgerichte anderer Bundesländer zu anderen Ergebnissen kämen, beruhten diese auf vom BG LSA abweichenden landesgesetzlichen Regelungen.

Am 21. Juni 2007 hat der Beklagte die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil beantragt. Mit Beschluss vom 11. Oktober 2007 hat der beschließende Senat die Berufung zugelassen, soweit der Klage stattgegeben wurde.

Der Beklagte trägt zur Begründung seiner Berufung vor: Nach der Rechtsprechung des beschließenden Senates sei geklärt, dass die 5. ÄnderungsVO rechtmäßig und damit wirksam sei. Zu Unrecht nehme das Verwaltungsgericht an, der Anwendungsbereich des § 12 Abs. 1 BBesG sei eröffnet, denn es handele sich bei der Bürokostenentschädigung nicht um Bezüge im Sinne dieser Norm. Dies werde dem Charakter der Bürokostenentschädigung als reiner Aufwandsentschädigung, die keinerlei Alimentationsfunktion aufweise, nicht gerecht. Etwas Anderes folge auch nicht aus § 49 Abs. 3 BBesG, der lediglich gleichsam als Annex die Bürokostenentschädigung im BBesG mitregele. Erst mit der endgültigen Festsetzung ergebe sich der Umfang der gesamten Ablieferungsverpflichtung des Gerichtsvollziehers gegenüber seinem Dienstherrn. Die Ablieferungsverpflichtung begründe damit keine Rückforderung im Sinne von § 12 Abs. 1 BBesG. Der Dienstherr bestimme vielmehr auf der Grundlage der §§ 2, 4 GVEntschVO, in welchem Umfang die vorläufig vom Gerichtsvollzieher anteilig einbehaltenen Gebühren abgeführt werden müssten. Der Beklagte verweist in diesem Zusammenhang auf das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes Rheinland-Pfalz vom 27. August 2007 in dem Verfahren 2 A 10364/07 OVG sowie auf die unter dem 8. November 2007 ergangenen Urteile des Oberverwaltungsgerichtes Berlin-Brandenburg in den Verfahren OVG 4 B 18.06 und OVG 4 B. 19.06.

Die von der Klägerin vermissten Regelungen, aus denen sich der vorläufige Charakter der vierteljährlichen Festsetzung der Gebührenanteile und deren vorläufiges Einbehalten durch den Gerichtsvollzieher ergebe, fänden sich in §§ 2 Abs. 2, 4 Abs. 2 GVEntschVO. Danach würden insbesondere die Gebührenanteile mit der Kasse vorläufig berechnet und einbehalten. Nicht nachvollziehbar sei, dass sich sein Festsetzungs- und Rückforderungsbescheid nicht zur Rückforderung einbehaltener Gebührenanteile verhalte, sondern mit ihm Bürokostenentschädigung zurückgefordert werde. Der Klägerin seien - vorläufig - zwecks pauschalierter Entschädigung Gebührenanteile in bestimmter Höhe überlassen worden. Sie würden nach endgültiger Festsetzung teilweise zurückgefordert; insoweit bestehe eine Ablieferungspflicht. Der Bescheid weise auf diese Zusammenhänge hin und komme zu dem Ergebnis, dass die von der Klägerin vereinnahmten Gebührenanteile in bestimmter Höhe über den Betrag hinausgingen, der ihr aus den Gebühreneinnahmen als Bürokostenentschädigung zustehe.

Da § 87 Abs. 1 BBG und § 87 Abs. 1 BG LSA wortgleich mit § 12 Abs. 1 BBesG seien, komme es auch unter Anwendung dieser Regelungen vorliegend zu keinem anderen Ergebnis. Im Übrigen wäre die Klägerin auch nach § 87 Abs. 2 BG LSA zur Rückzahlung verpflichtet, da sie sich aufgrund des in der Praxis ausgeübten Entschädigungsmodells und -verfahrens nicht gemäß § 818 Abs. 3 BGB i. V. m. § 87 Abs. 2 Satz 1 BG LSA auf den Wegfall der Bereicherung berufen könne.

Der Beklagte beantragt,

das auf die mündliche Verhandlung vom 25.04.2007 verkündete Urteil des Verwaltungsgerichts Halle zu dem Az. 5 A 425/04 HAL abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie führt zur Begründung im Wesentlichen aus: Das Urteil des beschließenden Senates vom 24. Januar 2007 in dem Verfahren 1 K 349/05 entfalte nur Rechtskraftwirkung für die dortigen Beteiligten. Sie könne daher weiter davon ausgehen, dass die 5. ÄnderungsVO unwirksam sei.

Das vom Beklagten dargestellte Festsetzungsverfahren treffe nicht zu. Er unterscheide weiterhin nicht zwischen dem Gebührenanteil und der Bürokostenentschädigung. Bei dem Gebührenanteil handele es sich lediglich um einen Teil der dem Gerichtsvollzieher zustehenden Entschädigungszahlung. Die Höhe des Gebührenanteiles ergebe sich aus § 2 GVEntschVO. Der sich daraus für den einzelnen Gerichtsvollzieher konkret ergebende Betrag werde nach § 4 Abs. 1 GVEntschVO i. V. m. den Vorschriften der GVO bestimmt. Die Bürokostenentschädigung werde hiernach nicht vorläufig festgesetzt. Auch sei die Festsetzung ihr gegenüber zu keiner Zeit nur vorläufig erfolgt. Die Vorläufigkeit ergebe sich ebenso wenig aus § 2 Abs. 2 GVEntschVO. Gegen die vom Beklagten behauptete Vorläufigkeit der Festsetzung spreche zudem die in der Vergangenheit geübte Praxis. So habe er erstmals im streitgegenständlichen Jahr durch Verwaltungsakt eine Festsetzung von Gebührenanteil und Ablieferung bestimmt. Dem Behaltensverbot und Herausgabegebot komme der Gerichtsvollzieher durch Einhaltung des in § 4 Abs. 2 GVEntschVO vorgesehenen Verfahrens vollumfänglich nach. Ihr gegenüber sei überdies keine Anordnung des Dienstherrn dahingehend ergangen, für ein Kalenderjahr einbehaltene Gebührenanteile teilweise herauszugeben. Der Beklagte fordere ausweislich des angegriffenen Bescheides Bürokostenentschädigung und keinen Gebührenanteil.

Bei der Bürokostenentschädigung handele es sich nicht um eine Aufwandsentschädigung im materiell-rechtlichen Sinn (§ 17 BBesG). Die Feststellung des Bundesverwaltungsgerichtes, bei der Bürokostenentschädigung handele es sich um eine Aufwandsentschädigung, werde zwar dem Zweck der Bürokostenentschädigung gerecht, nicht aber ihrer Rechtsnatur. Diese sei ursprünglich als "dritte Säule der Alimentation" verstanden und auch so rechtlich ausgestaltet worden. Damit sei § 12 Abs. 1 BBesG unmittelbar im Hinblick auf § 1 Abs. 2 Nr. 5 BBesG anwendbar. Anderenfalls würde der Zweck der Bürokostenentschädigung verkannt. Anderes könnte nur dann gelten, wenn es sich bei der Bürokostenentschädigung um eine reine Kostenerstattung handelte, wenn also die vom Gerichtsvollzieher für den Bürobetrieb verauslagten Kosten vollumfänglich als Ist-Kosten erstattet würden. Dieses Kostenerstattungssystem habe der Dienstherr aber bewusst nicht gewählt.

Sei damit der Anwendungsbereich des § 12 BBesG eröffnet, schließe dies den Anwendungsbereich der §§ 87 BBG, 87 BG LSA aus. Im Übrigen wäre § 820 BGB nicht einschlägig, denn der Wegfall des Rechtsgrundes sei von den Parteien nicht als möglich angesehen worden, als die Gebührenanteile entnommen und damit die Zahlung von Bürokostenentschädigung erfolgt sei. Für sie habe es zum damaligen Zeitpunkt keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Beklagte den Gebührenanteil senken und eine Rückforderung geltend machen würde. Kennenmüssen reiche für § 820 Abs. 1 BGB nicht aus.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten, sowie auf die Verwaltungsvorgänge des Beklagten (Beiakte A) verwiesen.

II.

1. Der Senat entscheidet über die Berufung des Beklagten gemäß § 130a Satz 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für begründet und - wie sich aus den nachfolgenden Gründen ergibt - die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden (§§ 130a Satz 2, 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Alle entscheidungserheblichen Sach- und Rechtsfragen sind von den Beteiligten angesprochen worden.

2. Die gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes Halle - 5. Kammer - vom 25. April 2007 gerichtete Berufung des Beklagten, soweit mit diesem der Klage stattgegeben wurde, ist zulässig und begründet.

Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid des Beklagten vom 26. Januar 2004 und den Widerspruchsbescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts Naumburg vom 28. Oktober 2004 zu Unrecht aufgehoben, soweit darin Bürokostenentschädigung in Höhe von 367,32 € zurückgefordert wird. Die Klage war vielmehr insgesamt abzuweisen, denn der Bescheid des Beklagten sowie der Widerspruchsbescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts Naumburg sind vielmehr (auch) insoweit rechtmäßig und verletzen die Klägerin mithin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

a) Die - Höhe der - Bürokostenentschädigung ist für die Klägerin in Bezug auf das hier streitbefangene Jahr 2002 mit Bescheid des Beklagten vom 26. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Präsidenten des Oberlandesgerichts Naumburg vom 28. Oktober 2004 bestandskräftig festgesetzt worden, nachdem die dagegen gerichtete Klage mit dem hier maßgeblichen Urteil des Verwaltungsgerichtes abgewiesen wurde und die Klägerin dagegen keinen Rechtsbehelf eingelegt hat. Die Rechtmäßigkeit der Festsetzung der Höhe der Bürokostenentschädigung ist damit einer - weiteren - gerichtlichen Überprüfung durch den beschließenden Senat entzogen. Auf die diesbezüglichen Einwendungen der Klägerin kommt es daher vorliegend nicht mehr entscheidungserheblich an.

Ungeachtet dessen ist die Festsetzung der Gebührenanteile mit Bescheid des Beklagten vom 26. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Präsidenten des Oberlandesgerichts Naumburg vom 28. Oktober 2004 rechtlich nicht zu erinnern. Sie beruht auf § 4 Abs. 1 GVEntschVO in der hier maßgeblichen Fassung durch die Fünfte Verordnung zur Änderung der GVEntschVO vom 25. Juni 2003 (GVBl. LSA Nr. 22/2003 vom 30. Juni 2003, S. 135) - künftig: 5. ÄnderungsVO - i. V. m. der bundeseinheitlich gefassten Gerichtsvollzieherordnung (AV des Ministeriums der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt vom 24. Januar 1991, MBl. LSA, S. 21, zuletzt geändert durch AV vom 22. Dezember 2003, JMBl. LSA, S. 33) - künftig: GVO -.

Nach § 4 Abs. 1 GVEntschVO werden die Gebührenanteile nach besonderen Vorschriften festgesetzt und angewiesen. § 77 Nr. 1 GVO in der hier maßgeblichen Fassung bestimmt insoweit als Regelfall, dass die Dienstbehörde u. a. die Gebührenanteile nach Ablauf eines jeden Kalendervierteljahres festsetzt. Dienstbehörde der Klägerin war zum Zeitpunkt der Festsetzung der Beklagte. Gemäß § 77 Nr. 3 Satz 1 GVO wird über die Entschädigung des Gerichtsvollziehers eine Auszahlungsanordnung erlassen. Nach § 77 Nr. 2 GVO hat der Gerichtsvollzieher die für die Festsetzung vorgesehenen Abrechnungsunterlagen vorzulegen, damit gemäß § 77 Nr. 3 Satz 2 und 3 GVO alsbald nach deren Eingang die Festsetzung und Kassenanordnung vollzogen werden können. Dementsprechend ist auch im vorliegenden Fall verfahren worden; diesbezügliche Einwendungen hat die Klägerin (substantiiert) auch nicht erhoben.

Der Beklagte hat die der Klägerin für das Jahr 2002 in Gestalt der Gebührenanteile zustehende Bürokostenentschädigung auch der Höhe nach zutreffend nach Maßgabe der GVEntschVO in der Fassung der 5. ÄnderungsVO festgesetzt. Auch insoweit hat die Klägerin keine weiteren Einwendungen erhoben.

Soweit die Klägerin hingegen geltend macht, die Höhe der Bürokostenentschädigung sei deswegen zu niedrig festgesetzt worden, weil die 5. ÄnderungsVO nichtig und daher die GVEntschVO in der Fassung, welche sie zuletzt durch die Vierte Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Abgeltung der Gerichtsvollzieher-Bürokosten vom 2. Mai 2002 (GVBl. LSA, S. 248) mit Wirkung vom 1. Januar 2001 erfahren hat, anzuwenden sei, vermag der Senat dem nicht zu folgen.

Der beschließende Senat hat vielmehr bereits mit seinem Urteil vom 24. Januar 2007 in dem Normenkontrollverfahren 1 K 349/05 (veröffentlicht bei juris = JMBl. LSA 2007, S. 124; nachfolgend: BVerwG, Beschluss vom 23. August 2007 - Az.: 2 BN 2.07 -, veröffentlicht bei juris) entschieden, dass die 5. ÄnderungsVO nicht gegen höherrangiges Recht verstößt und daher nicht ungültig ist. Danach ist zum einen geklärt, dass die 5. ÄnderungsVO den aus § 49 Abs. 3 BBesG folgenden Anforderungen an die Bürokostenentschädigung, insbesondere dem Gebot, den jährlichen Sach- und Personalkostenaufwand aktuell und realitätsnah zu ermitteln, genügt. Zum anderen ist hiernach geklärt, dass die 5. ÄnderungsVO weder gegen § 2 Abs. 2 GVEntschVO noch gegen § 49 Abs. 3 BBesG und das rechtsstaatliche Rückwirkungsverbot verstößt. Sowohl der Prozentsatz in § 2 Abs. 1 Satz 2 GVEntschVO als auch der Höchstbetrag in § 3 Abs. 2 Satz 1 GVEntschVO durften durch die 5. ÄnderungsVO rückwirkend zum 1. Januar 2002 in dem geregelten Umfang abgesenkt werden. Ebenso wenig wie dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 GVEntschVO 1998 zu entnehmen ist, dass eine Neufestsetzung zwingend noch in demselben Kalenderjahr erfolgen muss, enthält § 49 Abs. 3 BBesG nämlich ein - einfachgesetzliches - Rückwirkungsverbot. Die rückwirkende Absenkung des Vomhundertsatzes wie des Höchstbetrages verstößt nach der o. g. Senatsrechtsprechung mangels anzunehmenden und schützenswerten Vertrauens der Gerichtsvollzieher auch nicht gegen das aus Art. 20 Abs. 3 GG folgende Rückwirkungsverbot, und zwar unabhängig davon, ob die mit der 5. ÄnderungsVO bewirkten Rechtsfolgen als sog. unechte oder echte Rückwirkung anzusehen sind (siehe hierzu auch: BVerwG, Beschlüsse vom 13. Dezember 2006 - Az.: 2 B 70.06 -, vom 4. Dezember 2006 - Az.: 2 B 23.06 - und vom 27. November 2006 - Az.: 2 B 37.06 -, jeweils zitiert nach juris). Das Vorbringen der Klägerin, welches in dem o. g. Urteil vom 24. Januar 2007 der Sache nach bereits Berücksichtigung gefunden hat, gibt dem erkennenden Senat keinen Anlass zu einer anderen rechtliche Betrachtung.

b) Ist damit die Bürokostenentschädigung für die Klägerin in Bezug auf das hier streitbefangene Jahr 2002, soweit sie gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 GVEntschVO aus dem Gebührenanteil besteht, bestandskräftig und im Übrigen rechtmäßig festgesetzt worden, unterliegt der mit dem angefochtenen Bescheid in der Gestalt des Widerspruchs-bescheides bestimmte, von der Klägerin (noch) abzuführende Betrag in Höhe von 367,32 € gleichfalls keinen rechtlichen Bedenken.

Sowohl aus dem Ausgangsbescheid wie dem Widerspruchsbescheid ergibt sich - entgegen den Einwendungen der Klägerin - zunächst mit hinreichender Deutlichkeit, dass die Festsetzung als auch die "Rückforderung" denjenigen Teil der Bürokostenentschädigung betrifft, welcher sich im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 GVEntschVO aus dem Gebührenanteil zusammensetzt. Diese Verfügung stellt sich indes nicht als Rückforderung seitens des Dienstherrn gezahlter Bezüge oder sonstiger Leistungen dar. Vielmehr handelt es sich um die Aufforderung, von der Klägerin selbst (zu Unrecht) einbehaltene Gebührenanteile nunmehr abzuliefern. Rechtsgrundlage hierfür sind daher - entgegen der Annahme der Klägerin und des Verwaltungsgerichtes - weder § 12 BBesG noch § 87 BG LSA, sondern in Ermangelung einer spezialgesetzlichen Bestimmung vielmehr das allgemeine Dienst- und Treuverhältnis zwischen Beamtem und Dienstherrn (vgl. insoweit auch: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 27. August 2007 - Az.: 2 A 10364/07.OVG -; OVG Berlin-Brandenburg, Urteile vom 8. November 2007 - Az.: OVG 4 B 18.06 und OVG 4 B 19.06 -, jeweils zitiert nach juris [m. w. N.]).

§ 12 Abs. 1 und 2 BBesG findet auf den Fall der Ablieferung zuvor von einem Gerichtsvollzieher vorläufig einbehaltener Gebührenanteile auf Grundlage des § 49 Abs. 3 BBesG i. V. m. der GVEntschVO keine Anwendung. Bei der den Gerichtsvollziehern gemäß § 49 Abs. 3 BBesG zu gewährenden Abgeltung der ihnen für die Verpflichtung zur Einrichtung und Unterhaltung eines Büros entstehenden Kosten handelt es sich nämlich schon nicht um Bezüge im Sinne von § 12 Abs. 1 und 2 BBesG (vgl.: OVG Rheinland-Pfalz, a. a. O.; OVG Berlin-Brandenburg, a. a. O.; die Anwendung von § 12 Abs. 2 BBesG durch das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in dem Urteil vom 27. Januar 2006 - Az.: 1 A 4120/04 -, zitiert nach juris [dort Rn. 142], beruht ausschließlich auf der speziellen landesgesetzlichen Bestimmung des § 98 LBG NW).

Vielmehr stellt sich die Abgeltung von Bürokosten als bloße Entschädigung ohne jeglichen Alimentationscharakter dar; die Entschädigung soll nicht zu einer zusätzlichen Alimentation der Gerichtsvollzieher führen (siehe: BVerwG, Urteil vom 19. August 2004 - Az.: 2 C 41.03 -, NVwZ-RR 2005, 214). Sie gehört damit weder zu den Dienstbezügen im Sinne von § 1 Abs. 2 BBesG noch zu den sonstigen Bezügen im Sinne von § 1 Abs. 3 BBesG. Daran vermag auch der Umstand, dass die Bürokostenentschädigung im "4. Abschnitt. Zulagen, Vergütungen" des BBesG geregelt ist, nichts zu ändern. Im Übrigen regelt § 49 BBesG allein in seinen Absätzen 1 und 2 die in der Gesetzesüberschrift angeführte "Vergütung für Beamte im Vollstreckungsdienst". Daraus kann nicht geschlossen werden, die in Abs. 3 der Norm geregelte Bürokostenentschädigung solle entgegen dem ihr innewohnenden Charakter als "Vergütung" und damit als ein Bezug im Sinne des BBesG zu betrachten sein. Die Bürokostenentschädigung ist vielmehr nur anlässlich der getroffenen Vergütungsregelungen für Beamte im Vollstreckungsdienst zugleich mitgeregelt worden.

Unabhängig vom Vorstehenden ist § 12 Abs. 1 BBesG auch seinem Sinn und Zweck nach nicht auf die Abführung von Gebührenanteilen, die erst aufgrund nachfolgender Reduzierung der Berechnungsparameter in §§ 2 und 3 GVEntschVO nicht hätten einbehalten werden dürfen, anzuwenden. Die Regelung im BBesG beruht nämlich auf dem aus Art. 33 Abs. 5 GG folgenden Schutzgedanken, wonach die nach dem bisherigen Rechtszustand zustehenden Besoldungs- und Versorgungsansprüche nach Grund und Höhe durch ein eigentumsähnliches Recht geschützt sind (siehe: BVerfG, Beschluss vom 7. November 1979 - Az.: 2 BvR 513/73 und 2 BvR 558/74 -, BVerfGE 52, 303 [344 f.], Beschluss vom 30. September 1987 - Az.: 2 BvR 933/82 -, E 76, 256 [345 f.], jeweils m. w. N.; Fürst, GKÖD, Band I, Teil 2 b, § 87 BBG Rn. 3 [m. w. N.]; Battis, BBG, 3. Auflage, § 87 Rn. 3). Da die Bürokostenentschädigung - wie bereits ausgeführt - keinen Alimentationscharakter aufweist, unterliegt sie nicht dem besonderen eigentumsähnlichen Schutz, wie ihn die Besoldungs- und Versorgungsansprüche nach Maßgabe von Art. 33 Abs. 5 GG genießen. Würde § 12 Abs. 1 BBesG gleichwohl auf die vorliegende Fallgestaltung Anwendung finden, führte dies schließlich zu dem systemwidrigen Ergebnis, dass es auf der Grundlage der erst nachträglich ermittelbaren Höhe der Bürokostenentschädigung in keinem Fall zu einer Reduzierung der Abgeltungshöhe kommen könnte, wenn die Gerichtsvollzieher - wie üblich - Gebührenanteile (vorläufig) wie "Abschlagszahlungen" einbehalten. Dies gälte überdies unabhängig davon, welches Entschädigungsmodell gewählt würde, so etwa bei einer einzelfallbezogenen oder der typisierenden und generalisierenden Abgeltung wie bisher, denn beides bedingte eine Abrechnung bzw. Feststellung der angefallenen Bürokosten jeweils erst nach Ablauf eines Geschäftsjahres. Die fehlende Möglichkeit der (nachträglichen) Reduzierung der Bürokostenentschädigung im Falle der Anwendung von § 12 Abs. 1 BBesG führte vielmehr zu dem gesetzessinnwidrigen Ergebnis, dass entgegen § 49 Abs. 3 BBesG die (vorab) einbehaltene, aber zu hohe Bürokostenentschädigung prinzipiell in eine zusätzliche Alimentation erwüchse.

Aus dem Vorstehenden folgt zugleich, dass § 87 Abs. 1 BG LSA auf den Fall der Ablieferung zuvor von einem Gerichtsvollzieher vorläufig einbehaltener Gebührenanteile auf Grundlage des § 49 Abs. 3 BBesG i. V. m. der GVEntschVO ebenfalls keine Anwendung findet. Denn zum einen ist auch nach dieser Vorschrift Voraussetzung für die Nicht-Erstattung von Unterschiedsbeträgen, dass Beamte oder Versorgungsempfänger durch eine Änderung ihrer Bezüge oder ihrer Einreihung in die Gruppen der Besoldungsordnungen mit rückwirkender Kraft schlechter gestellt werden. Zum anderen betrifft diese Norm ebenso wie § 12 Abs. 1 BBesG nur die gemäß Art. 33 Abs. 5 GG eigentumsähnlich geschützten Besoldungs- und Versorgungsansprüche.

§ 12 Abs. 2 BBesG kommt ungeachtet der obigen Ausführungen des beschließenden Senates auch deswegen nicht zur Anwendung, weil es sich bei den vom Gerichtsvollzieher vorerst einbehaltenen Gebührenanteilen zur Abgeltung der angefallenen Bürokosten nicht um vom Dienstherrn "gezahlte Bezüge" handelt, die zurückgefordert werden (ebenso: OVG Berlin-Brandenburg, a. a. O.; vgl. auch: OVG Rheinland-Pfalz, a. a. O.).

Das mit der GVEntschVO praktizierte Entschädigungsmodell, insbesondere das vorläufige Einbehalten von Gebührenanteilen und die sich anschließende gesonderte, endgültige Festsetzung der Höhe der Entschädigung mit der etwaigen Bestimmung über noch abzuliefernde Gebührenanteile stellt nämlich nicht den von § 12 Abs. 2 BBesG erfassten Fall der Rückforderung von vom Dienstherrn gezahlten Bezügen dar. Gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 GVEntschVO können die Gebührenanteile bei den Abrechnungen mit der Kasse nämlich seitens des Gerichtsvollziehers ausdrücklich nur vorläufig berechnet und einbehalten werden. § 4 Abs. 2 Satz 2 GVEntschVO bestimmt überdies, dass über die Gebührenanteile erst nach Ablieferung der der Landeskasse verbleibenden Gebühren verfügt werden darf. Erst nach Ablauf des Geschäftsjahres erfolgt - wie eingangs ausgeführt - gemäß § 4 Abs. 1 GVEntschVO i. V. m. der GVO die endgültige Festsetzung und Anweisung der Gebührenanteile zur Abgeltung der Bürokosten. Durch das Recht des Gerichtsvollziehers, die vereinnahmten Gebühren vorläufig einzubehalten, wird aber keine Leistung des Dienstherrn bewirkt. Das praktizierte Entschädigungsmodell beinhaltet vielmehr, dass die Gerichtsvollzieher von den vereinnahmten Gebühren zunächst (quartalsweise) nur diejenigen Gebühren abführen, die sie nach den Berechnungen auf der Grundlage des vorläufigen Gebührenanteiles abzuführen haben, und erst hiernach die Festsetzung der Entschädigung nach Maßgabe des für das Jahr geltenden Vomhundertsatzes (§ 2 Abs. 1 GVEntschVO) sowie des Höchstbetrages (§ 3 Abs. 2 GVEntschVO) eine Art "Schlussabrechnung" erfolgt, in deren Folge dem Gerichtsvollzieher einerseits eine höhere Bürokostenentschädigung zustehen kann oder aber - wie hier - er weitere Anteile der vorläufig einbehaltenen Gebühren abzuliefern hat. Dieser Vorgang stellt sich als eine Regelung der Ablieferungspflicht in zwei Schritten dar, nämlich einer zunächst vorläufigen und sodann endgültigen Berechnung der an die Staatskasse abzuführenden Gebühren (so - überzeugend -: OVG Berlin-Brandenburg, a. a. O.). Dementsprechend stellt sich der "zweite Schritt" des Verfahrens nicht als Rückforderung bereits durch den Dienstherrn gezahlter, d. h. erbrachter Leistungen, sondern als bloße weitere Ablieferung von Gebührenanteilen seitens des Gerichtsvollziehers dar. Dies wird überdies deutlich an der Regelung des § 4 Abs. 3 GVEntschVO, wonach die Beträge, die u. a. nach § 3 Abs. 2 GVEntschVO erst nach der Festsetzung und Anweisung der Entschädigung abzuliefern sind, auch schon vorher durch den Gerichtsvollzieher abgeliefert werden können. Der Dienstherr hat die Gebührenanteile daher nicht im kondiktionsrechtlichen Sinne bereits an den Gerichtsvollzieher "geleistet", sondern lediglich deren (partielle) vorläufige Nichtablieferung freigestellt. Letztlich betrifft das praktizierte Entschädigungsmodell damit den Zeitpunkt der Ablieferung der einbehaltenen Gebühren. Mit dem vorläufigen Behalten- und Verfügendürfen ist mangels Vermögensverschiebung zur Erfüllung einer Verbindlichkeit keine Leistung des Dienstherrn an den Beamten verbunden. Die nach der Festsetzung und Anweisung gemäß § 4 Abs. 1 GVEntschVO letztlich abzuführenden Gebührenanteile unterliegen insofern keiner anderen rechtlichen Betrachtungsweise als diejenigen, die der Gerichtsvollzieher bereits quartalsweise abliefert. Letztere unterfallen ebenso wenig den Regeln über die Rückforderung von Bezügen. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die Möglichkeit von Entreicherungseinreden oder eine etwaig zu treffende Billigkeitsentscheidung. Anderenfalls würde das mit der GVEntschVO praktizierte Entschädigungsmodell - worauf der Senat bereits an anderer Stelle hingewiesen hat - seinen Zweck verfehlen und gegebenenfalls zu einer nach § 49 Abs. 3 BBesG rechtlich unzulässigen zusätzlichen Alimentation von Gerichtsvollziehern führen (können).

Aus dem Vorstehenden ergibt sich schließlich, dass § 87 Abs. 2 BG LSA auf die vorliegende Fallgestaltung gleichfalls keine Anwendung findet, weil auch diese Norm voraussetzt, dass es sich um die Rückforderung von vom Dienstherrn zuviel "gezahlten Dienst- oder Versorgungsbezügen" handelt.

Damit bliebt es dabei, dass Rechtsgrundlage der hier maßgeblichen Bescheide das allgemeine beamtenrechtliche Dienst- und Treueverhältnis (siehe hierzu zusammenfassend zuletzt: BVerfG, Beschluss vom 19. September 2007 - Az.: 2 BvF 3/02 -, NVwZ 2007, 1396 [m. z. N.]) in Verbindung mit der damit einhergehenden Dienstpflicht der Klägerin, die für die Staatskasse vereinnahmten Gebühren an diese abzuführen, ist. Das Dienst- und Treueverhältnis umfasst nämlich auch die Pflicht des Beamten, die von ihm für die Staatskasse vereinnahmten Gelder an den Dienstherrn abzuliefern. Denn der Beamte trägt für die Rechtmäßigkeit seiner dienstlichen Handlungen die volle persönliche Verantwortung (§ 56 Abs. 1 BG LSA) mit der Folge, dass er der ihm obliegenden Verpflichtung zur Abführung der Gebührenanteile an den Dienstherrn nachzukommen hat, soweit er sie nicht aufgrund eines entsprechenden Festsetzungsbescheides endgültig behalten darf. Kommt der Beamte seiner dahingehenden Dienstpflicht nicht nach, besteht für den Dienstherrn korrespondierend damit die Befugnis, den Beamten durch Verwaltungsakt, der die Höhe des - noch - abzuliefernden Betrages der vorab einbehaltenen Gebührenanteile bestimmt, hierzu anzuhalten.

Selbst wenn im Übrigen § 12 Abs. 2 BBesG oder § 87 Abs. 2 BG LSA im gegebenen Fall anzuwenden wäre, stellte sich eine dahingehende "Rückforderung" der einbehaltenen Gebührenanteile nicht als rechtswidrig dar. Da der Beklagte - wie oben ausgeführt - die der Klägerin in Gestalt der Gebührenanteile zustehende Bürokostenentschädigung der Höhe nach bestandskräftig und im Übrigen zutreffend festgesetzt hat, hätte die Klägerin die über die festgesetzten Beträge hinaus vorläufig einbehaltenen Gebührenanteile im Sinne von § 12 Abs. 1 Satz 1 BBesG bzw. § 87 Abs. 2 Satz 1 BG LSA "zuviel", d. h. ohne rechtlichen Grund, erhalten. Auf den Wegfall der Bereicherung könnte sich die Klägerin gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 und 2 BBesG bzw. § 87 Abs. 2 Satz 1 und 2 BG LSA jeweils i. V. m. § 818 Abs. 3 BGB dabei nicht mit Erfolg berufen. Nicht nur wegen der bundesweit seit Jahrzehnten, sondern auch seit dem Jahre 1992 im Land Sachsen-Anhalt durchgehend gehandhabten Verfahrensweise (siehe hierzu im Einzelnen: OVG LSA, Urteil vom 27. Januar 2007, a. a. O.) war allen Gerichtsvollziehern bekannt, dass die Bürokostenentschädigung erst nachträglich endgültig abgerechnet wird. Dementsprechend wusste sie oder hätte sie jedenfalls wissen müssen, dass sich aufgrund der für jedes Geschäftsjahr durchgeführten endgültigen Abrechnung (Jahresnachweisung) sowie der jährlich erfolgten Änderung der GVEntschVO (siehe auch hierzu: OVG LSA, a. a. O.) Rückforderungsbeträge ergeben können. Demzufolge wäre die Klägerin - zumindest - im Sinne von § 12 Abs. 2 Satz 2 BBesG bzw. § 87 Abs. 2 Satz 2 BG LSA jeweils i. V. m. § 819 Abs. 1 BGB bösgläubig.

Schließlich ist die gemäß § 12 Abs. 2 Satz 3 BBesG bzw. § 87 Abs. 2 Satz 3 BG LSA erforderliche Billigkeitsentscheidung jedenfalls im Widerspruchsbescheid getroffen worden. Etwaige Härten, die diese Entscheidung als unzutreffend und damit letztlich rechtswidrig erscheinen lassen, hat die Klägerin indes nicht (substantiiert) geltend gemacht.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

5. Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in §§ 132 VwGO, 127 BRRG genannten Gründe vorliegt. Nach Auffassung des Senates besteht angesichts der oben dargelegten mitunter differierenden landesspezifischen Rechtslagen keine divergierende obergerichtliche Rechtsprechung, die zur grundsätzlichen Bedeutung der vorliegenden Rechtssache führte.

6. Die Entscheidung über die Festsetzung der Höhe des Streitwertes für das Berufungsverfahren folgt aus §§ 52 Abs. 3, 40, 47 GKG und entspricht dem festgesetzten Ablieferungsbetrag.

Ende der Entscheidung

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