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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 18.08.2009
Aktenzeichen: 1 L 132/08
Rechtsgebiete: BBVAnpG 2003/2004, BBesG, GG, BSZG LSA


Vorschriften:

BBVAnpG 2003/2004 Art. 1
BBVAnpG 2003/2004 Art. 2
BBVAnpG 2003/2004 Art. 13
BBVAnpG 2003/2004 Art. 18
BBesG § 67
GG Art. 20 Abs. 3
GG Art. 57
GG Art. 74a Abs. 1
GG Art. 74a Abs. 4
GG Art. 79
GG Art. 82 Abs. 1
GG Art. 82 Abs. 2 S. 2
BSZG LSA § 1
BSZG LSA § 2
BSZG LSA § 4
BSZG LSA § 5
BSZG LSA § 6
BSZG LSA § 8
BSZG LSA § 10
Den Beamten und Richtern des Landes Sachsen-Anhalt steht für das Jahr 2004 kein Urlaubsgeld nach dem Urlaubsgeldgesetz zu; dieses ist vielmehr mit In-Kraft-Treten des Gesetzes über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung (BSZG-LSA) mit Wirkung vom 29. November 2003 nicht weiter anzuwenden (Fortführung von: OVG LSA, Urteil vom 25. April 2007 - Az.: 1 L 453/05 -, Beschlüsse vom 6. Februar 2009 - Az.: 1 L 101/08, 1 L 104/08 -).
Gründe:

I.

Der Kläger begehrt für das Jahr 2004 die Zahlung von Urlaubsgeld nach dem Urlaubsgeldgesetz.

Der Kläger ist Richter des Landes Sachsen-Anhalt und wird nach Maßgabe der Besoldungsgruppe R 1 BBesO besoldet. Mit an die Beklagte gerichtetem Schreiben vom 12. September 2004 bat der Kläger "um Festsetzung und Auskehr" von Urlaubsgeld für das Jahr 2004.

Mit - dem Kläger am 4. November 2004 zugestellten - Bescheid vom 14. Oktober 2004 lehnte die Beklagte den Antrag auf Zahlung von Urlaubsgeld für das Jahr 2004 unter Hinweis auf das zwischenzeitlich in Kraft getretene Beamtenrechtliche Sonderzahlungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (BSZG-LSA) und das als verfassungskonform erachtete BBVAnpG 2003/2004 ab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers vom 29. November 2004, mit dem dieser die Fortgeltung des Urlaubsgeldgesetzes aufgrund nicht verfassungsgemäßer Ausfertigung des BBVAnpG 2003/2004 geltend machte, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 2005 unter Aufrechterhaltung ihrer Rechtsauffassung zurück.

Mit am 2. März 2005 bei dem Verwaltungsgericht Halle eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung er im Wesentlichen geltend gemacht hat: Das BBVAnpG 2003/2004 sei formell verfassungswidrig, da dieses nicht vom seinerzeitigen Bundespräsidenten gezeichnet und ausgefertigt worden sei. Dieser sei auch nicht im Sinne von Art. 57 GG verhindert gewesen. Selbst wenn ein Verhinderungsfall anzunehmen gewesen sei, wäre der Präsident des Bundesrates mit der Wahrnehmung der Befugnisse des Bundespräsidenten betraut gewesen. Der seinerzeitige Bundesratspräsident, Ministerpräsident Prof. Dr. Böhmer, habe das BBVAnpG 2003/2004 nicht zeichnen wollen. Insofern sei sein erster Vertreter gehindert gewesen, die Befugnisse des Bundespräsidenten wahrzunehmen. Überdies sehe das Grundgesetz eine Vertretung des Bundesratspräsidenten nicht vor. Eine allgemeine Verfassungspraxis ändere nicht das Grundgesetz. Ein verfassungswidriges, auch langjähriges Dulden einer gewissen Praxis mache ein ausdrücklich änderndes Verfassungsgesetz nicht obsolet. Da das BBVAnpG 2003/2004 verfassungswidrig zustande gekommen sei, sei das mit diesem Gesetz aufgehobene Bundesrecht weiterhin anzuwenden.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 14. Oktober 2004 und deren Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm 255,65 € Urlaubsgeld für das Jahr 2004 zu bewilligen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat sie im Wesentlichen geltend gemacht: Das Urlaubsgeldgesetz sei in Folge des In-Kraft-Tretens des BSZG-LSA auf der Grundlage von § 67 BBesG in der Fassung des BBVAnpG 2003/2004 außer Kraft getreten und daher für das hier maßgebliche Jahr 2004 nicht mehr anzuwenden. Das BBVAnpG 2003/2004 sei auch ordnungsgemäß ausgefertigt und verkündet worden. Der damalige Bundespräsident sei aufgrund einer Auslandsreise verhindert gewesen, so dass gemäß Art. 57 GG die Befugnisse des Bundespräsidenten durch den Präsidenten des Bundesrates, Ministerpräsident Prof. Dr. Böhmer, wahrzunehmen gewesen seien. Da indes auch dieser verhindert gewesen sei, sei nach der in Schrifttum anerkannten, üblichen Verfassungspraxis dessen Vertreter mit der Wahrnehmung der Befugnisse des Bundespräsidenten betraut gewesen. Dieser habe das BBVAnpG 2003/2004 auch ordnungsgemäß ausgefertigt.

Mit - dem Kläger am 11. September 2008 zugestellten - Urteil vom 13. August 2008 hat das Verwaltungsgericht Halle unter Zulassung der Berufung die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Der Kläger habe für das Jahr 2004 keinen Anspruch auf Urlaubsgeld nach dem Urlaubsgeldgesetz, da dieses durch Art. 18 Abs. 1 Nr. 2 BBVAnpG 2003/2004 aufgehoben worden und in Folge des In-Kraft-Tretens des BSZG-LSA nicht mehr weiter anzuwenden sei. Das BBVAnpG 2003/2004 mit den darin enthaltenen Regelungen (hier vor allem Art. 18) sei entgegen der Auffassung des Klägers verfassungskonform zustande gekommen. Insoweit verwies das Verwaltungsgericht auf das Urteil des beschließenden Senates vom 25. April 2007 in dem Verfahren 1 L 453/05.

Am 1. Oktober 2008 hat der Kläger mit anwaltlichem Schriftsatz bei dem Verwaltungsgericht Halle Berufung eingelegt und diese wie folgt begründet: Das BBVAnpG 2003/2004 sei nicht ordnungsgemäß ausgefertigt und verkündet worden. Daher sei das bisherige Bundesrecht weiter anzuwenden. Nach Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG seien die nach dem Grundgesetz zustande gekommenen Bundesgesetze vom Bundespräsidenten nach Gegenzeichnung auszufertigen und im Bundesgesetzblatt zu verkünden. Der Bundespräsident habe dementsprechend eine formelle und materiell-rechtliche Prüfungskompetenz. Nach Art. 57 GG würden die Befugnisse des Bundespräsidenten im Falle seiner Verhinderung oder bei vorzeitiger Erledigung des Amtes durch den Präsidenten des Bundesrates wahrgenommen. Der Fall, wer zuständig wäre, wenn auch der Präsident des Bundesrates verhindert sei, sei im Grundgesetz nicht geregelt. Einen Ansatz dazu gebe Art. 61 Abs. 2 Satz 2 GG, wonach der Bundespräsident nach Anklageerhebung an der Ausübung seines Amtes verhindert sei. Hieraus lasse sich ableiten, dass nicht jede Form der Abwesenheit des Bundespräsidenten seine Verhinderung begründe. Diese müsse vielmehr nachhaltig und von gewisser nicht absehbarer Dauer sein und aufzeigen, dass der Bundespräsident tatsächlich oder rechtlich vollkommen nicht in der Lage sei, seinen Amtsgeschäften nachzukommen; er dürfe sich nicht einmal im Dienst befinden. Art. 81 GG regele den Gesetzgebungsnotstand für die Fälle des Art. 68 GG. Auch hieraus sei zu schlussfolgern, dass nur in absoluten Notfällen verfassungsrechtlich klar vorgegebene Vertreter tätig werden dürften bzw. diese Befugnisse durch Notstandshandlungen von anderen Verfassungsorganen ersetzt werden könnten. Dementsprechend müsse ein Notfall vorliegen und das Amtsgeschäft unaufschiebbar sein. Dieser Grundsatz gelte auch für die Vertretungsregelung des Art. 57 GG. Es gelte nämlich zu verhindern, dass in Fällen, in denen ein Bundespräsident aus verfassungsrechtlichen Gründen ein Gesetz nicht zeichnen will, abgewartet werde, bis dieser einen Urlaub oder einen Dienstreise antritt, um sodann von dem Vertreter das Gesetz zeichnen und ausfertigen zu lassen. Im vorliegenden Fall sei der damalige Bundespräsident Rau allein wegen seiner Auslandsreise nicht verhindert gewesen. Im Übrigen sei das Gesetz auch nicht eilig gewesen.

Selbst wenn die seinerzeitige Verhinderung des Bundespräsidenten anzunehmen sei, hätte der damalige Präsident des Bundesrates, Ministerpräsident Prof. Dr. Böhmer, die Befugnisse des Bundespräsidenten wahrnehmen müssen. Diesem ständen die Rechte und Pflichten des Bundespräsidenten vollumfänglich zu. Daraus schlussfolgere er - der Kläger -, dass der damalige Präsident des Bundesrates das BBVAnpG 2003/2004 nicht habe zeichnen wollen, weil er Bedenken gegen das Gesetz gehabt habe. Dieser habe damit von seiner Befugnis, ein Gesetz nicht zu unterzeichnen, abschließend Gebrauch gemacht. Wenn nunmehr der damalige Präsident des Bundesrates verhindert gewesen sei, könne es nicht sein, dass sich sein Vertreter über diese Entscheidung hinwegsetze und gleichwohl das Gesetz unterzeichne. Im Übrigen sei der damalige Präsident des Bundesrates im Rechtssinne nicht verhindert gewesen. Das Königsteiner Übereinkommen und die Geschäftsordnung des Bundesrates könnten an dieser Verfassungsrechtslage nichts ändern. Bereits nach dem Wortlaut von § 7 der Geschäftsordnung des Bundesrates sei ein Fall der Untervertretung nicht ableitbar. Im Übrigen handele es sich bei der Geschäftsordnung des Bundesrates auch nicht um ein Gesetz im formellen Sinne. Selbst eine allgemeine Verfassungspraxis könne das Grundgesetz nicht ändern. Dies setze nach Art. 79 GG ein formelles Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes voraus. Außerdem könne die Art und Weise der Verfassungspraxis nicht langjährig und immer bestanden haben. Dagegen spreche insbesondere die Vielzahl vom Bundesverfassungsgericht zu entscheidenden Organstreitverfahren und Vorlagen, in welchem Umfang ein Bundespräsident Prüfungsrechte und Unterschriftsverweigerungsrechte habe. Auch lägen keine Vereinzelungen nach Jahreszahl, Gesamtaufkommen betreffende Gesetzesmaterialien vor, auch nicht in dem Urteil des beschließenden Senates in dem Verfahren 1 L 453/05.

Ohnehin stelle sich hier abschließend die Frage, ob nicht ehedem für alle Richter im Bundesgebiet, auch für die Richter der Länder, weiterhin die Bundesbesoldungsordnung mit den bundesrechtlichen Regelungen unmittelbar gelte.

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des angefochtenen Urteiles des Verwaltungsgerichtes Halle die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 14. Oktober 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2005 zu verpflichten, ihm 255,65 € zu bewilligen und auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt im Wesentlichen auf ihre erstinstanzlichen Ausführungen sowie die Entscheidungsgründe in dem Urteil des beschließenden Senates in dem Verfahren 1 L 453/05 Bezug.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten, sowie auf die Verwaltungsvorgänge der Beklagten (Beiakten A und B) verwiesen.

II.

1. Der Senat entscheidet über die Berufung des Klägers gemäß § 130a Satz 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und - wie sich aus den nachfolgenden Gründen ergibt - die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden (§§ 130a Satz 2, 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

2. Die gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtes Halle - 5. Kammer - vom 13. August 2008 gerichtete Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere den Anforderungen des § 67 Abs. 4 VwGO entsprechend durch einen Rechtsanwalt fristgemäß am 1. Oktober 2008 eingelegt worden, hat indes in der Sache keinen Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Bescheid der Beklagten vom 14. Oktober 2004 sowie ihr Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 2005 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger mithin nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Der Kläger hat bezogen auf das hier streitbefangene Jahr 2004 keinen Anspruch auf die Gewährung von Urlaubsgeld nach Maßgabe des Urlaubsgeldgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Mai 2002 (BGBl. I S. 1780). Denn das Urlaubsgeldgesetz wurde gemäß Art. 18 Abs. 1 Nr. 2 BBVAnpG 2003/2004 aufgehoben. Die Aufhebung erfolgte gemäß Art. 21 Abs. 3 BBVAnpG 2003/2004 mit Wirkung vom 16. September 2003. Zugleich wurde durch Art. 13 Nr. 7 BBVAnpG 2003/2004 § 67 BBesG neu gefasst. Die neu gefasste Bestimmung regelt seitdem lediglich Modalitäten der - Höhe der - jährlichen Sonderzahlung, soweit der Bund oder die Länder durch Gesetz jährliche Sonderzahlungen gewähren (vgl. § 67 Abs. 1 Satz 1 BBesG). Dementsprechend bestimmt Art. 18 Abs. 2 BBVAnpG 2003/2004, dass das Urlaubsgeldgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Mai 2002 (BGBl. I S. 1780) nur bis zum In-Kraft-Treten bundes- oder landesgesetzlicher Regelungen zur Gewährung von jährlichen Sonderzahlungen weiter anzuwenden ist.

Im Falle des Klägers als Richter im Landesdienst ist hier das Gesetz über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung - künftig: BSZG-LSA - für die dem Geltungsbereich dieses Gesetzes unterfallenden Bediensteten maßgeblich. Denn mit dem BSZG-LSA sind im Sinne von Art. 18 Abs. 2 BBVAnpG 2003/2004 landesgesetzliche Regelungen zur Gewährung von jährlichen Sonderzahlungen mit Wirkung vom 29. November 2003 in Kraft getreten (siehe hierzu im Einzelnen: Urteil des beschließendes Senates vom 25. April 2007 - Az.: 1 L 453/05 -, veröffentlicht bei juris = JMBl. LSA 2007, 153; bestätigt durch: BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2009 - Az.: 2 C 23.07 -).

Ausgenommen Ehrenbeamte und ehrenamtliche Richter erhielten gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 BSZG LSA Beamte des Landes, der Gemeinden, der Landkreise sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts (Nr. 1), Richter des Landes (Nr. 2) sowie Versorgungsempfänger, denen laufende Versorgungsbezüge zustehen, die das Land, eine Gemeinde, ein Landkreis oder eine der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts zu tragen hat (Nr. 3), eine jährliche Sonderzahlung. Voraussetzung für den Anspruch war, dass der Berechtigte am 1. Dezember in einem der in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BSZG LSA bezeichneten Rechtsverhältnisse stand (§ 2 BSZG LSA). Gemäß § 8 BSZG LSA war die Sonderzahlung mit den laufenden Bezügen für den Monat Dezember zu zahlen. Die Höhe der Sonderzahlung bei Beamten und Richtern bemaß sich gemäß § 4 Abs. 1 BSZG LSA in Festbeträgen nach der Besoldungsgruppe des am 1. Dezember bereits verliehenen Amtes. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 BSZG LSA wurde dem Berechtigten neben der Sonderzahlung nach den §§ 4 und 5 BSZG LSA für jedes Kind, für das ihm im Monat Dezember Kindergeld zusteht oder ohne Berücksichtigung der §§ 64, 65 EStG oder der §§ 3, 4 BKGG zustehen würde, ein Sonderbetrag von 25,56 € gewährt.

Durch Art. 1 des Haushaltsbegleitgesetzes 2005/2006 vom 17. Dezember 2004 (GVBl. LSA S. 834), welches nach seinem Art. 4 am 1. Januar 2005 in Kraft getreten ist, wurde das BSZG LSA geändert. U. a. wurden die §§ 4 bis 6 BSZG LSA aufgehoben (Art. 1 Nr. 3) und § 2 BSZG LSA dahin gefasst (Art. 1 Nr. 1), dass Beamte in den Besoldungsgruppen A 2 bis A 8 neben ihren Dienstbezügen für den Monat Dezember eine jährliche Sonderzahlung in Höhe von 120,00 € erhalten. Überdies erhalten Beamte, Richter und Versorgungsempfänger neben ihren Dienst-, Anwärter- oder Versorgungsbezügen für den Monat Dezember für jedes Kind, für das ihnen in Bezug auf den Monat Dezember ein Familienzuschlag gewährt wird, eine jährliche Sonderzahlung in Höhe von 25,56 €; für das dritte und jedes weitere berücksichtigungsfähige Kind beträgt die Sonderzahlung 400,00 €.

Ein verfassungsrechtlicher Zwang zur Regelung der gesamten Besoldung auch der Richter im Landesdienst durch Bundesgesetz bestand und besteht - entgegen der Ansicht des Klägers - nach dem GG nicht. Vielmehr folgt aus Art. 74a GG in der bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung i. V. m. Art. 13, 18, 21 BBVAnpG 2003/2004, dass den Ländern nunmehr die Möglichkeit eröffnet war, in gewissen Grenzen landesrechtliche Regelungen zur Gewährung von Sonderzahlungen an die Richter und Beamten zu erlassen (siehe: BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2009, a. a. O.; OVG LSA, Urteil vom 25. April 2007, a. a. O.). Unabhängig davon sah bzw. sieht das GG im Hinblick auf die grundlegende Regelung des Art. 70 GG jedenfalls eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Bereich der Länderrichterbesoldung nicht vor.

Soweit der Kläger einwendet, das BBVAnpG 2003/2004 mit den darin enthaltenen Regelungen (hier vor allem Art. 13 und 18) sei nicht verfassungsgemäß ausgefertigt und verkündet worden, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Vielmehr ist dieses, wie der beschließende Senat bereits in seinem Urteil vom 25. April 2007 in dem Verfahren 1 L 453/05 entschieden hat, wirksam ausgefertigt worden. Es ist danach verfassungsrechtlich nicht zu erinnern, dass das BBVAnpG 2003/2004 vom 1. Vizepräsidenten des Bundesrates ausgefertigt und im Bundesgesetzblatt verkündet wurde; Entsprechendes gilt in Bezug auf die Art der Unterzeichnung (siehe - bestätigend - zudem: BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2009 - Az.: 2 C 23.07 -). Damit scheidet die vom Kläger hilfsweise gemäß Art. 100 GG beantragte Aussetzung und Vorlage des Verfahrens an das Bundesverfassungsgericht aus.

Zwar obliegt es gemäß Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG dem Bundespräsidenten, die - nach den Vorschriften des GG zustande gekommenen - Gesetze nach Gegenzeichnung auszufertigen und zu verkünden. Im Falle seiner Verhinderung werden gemäß Art. 57 GG die Befugnisse des Bundespräsidenten jedoch durch den Präsidenten des Bundesrates wahrgenommen. Für die Frage, wer danach ein Gesetz auszufertigen hat, ist auf den Zeitpunkt der Ausfertigung abzustellen, hier mithin auf den 10. September 2003. Dabei ist zu prüfen, ob der Bundespräsident am Tag der Ausfertigung verhindert war, wer sein Vertreter war, ob auch dieser an diesem Tag verhindert war und wer schließlich diesen gegebenenfalls zu vertreten hatte (siehe: BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2009 - Az.: 2 C 23.07 -).

Hier hat im Zeitpunkt der Ausfertigung des BBVAnpG 2003/2004 ein Fall der Verhinderung sowohl des Bundespräsidenten als auch des Präsidenten des Bundesrates vorgelegen. Dies hat der Senat in seinem Urteil vom 25. April 2007 in dem Verfahren 1 L 453/05 festgestellt. Das Vorbringen des Klägers gibt dem Senat weder Veranlassung zu einer anderen (verfassungs)rechtlichen Ausgangsbetrachtung noch zu einer anderen rechtlichen Bewertung des festgestellten Sachverhaltes.

Einwendungen gegenüber den insoweit festgestellten tatsächlichen Feststellungen werden vom Kläger im Übrigen auch nicht substantiiert erhoben. Entgegen der bloßen Behauptung des Klägers war und ist jedenfalls nicht festzustellen, dass der seinerzeitige Bundespräsident oder der damalige Präsident des Bundesrates das BBVAnpG 2003/2004 nicht haben unterzeichnen wollen bzw. sich gerade deswegen ihre Befugnisse vorbehalten hätten.

Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers gebieten für die Annahme eines Verhinderungsfalles weder Art. 82 Abs. 1 Satz 1, 57 GG noch Art. 20 Abs. 3, 79 GG die Annahme eines "Gesetzgebungsnotstandes", eines "Notfalles" oder eine ähnliche besonders restriktive Auslegung.

Bereits aus dem Wortlaut von Art. 57 GG folgt, dass eine den Vertretungsfalls auslösende Verhinderung eines Amtsträgers stets dann vorliegt, wenn dieser zum maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich oder rechtlich gehindert ist, seine Amtsbefugnisse auszuüben. Dabei ist unerheblich, aus welchen Gründen der Amtsträger verhindert ist, da die Ausübung des Amtes und damit die Funktionsfähigkeit der Staatsverwaltung im Vordergrund stehen. Art. 57 GG hat, wie sowohl die beiden Regelungsalternativen zueinander zeigen als auch Sinn und Zweck der Norm belegen, keinen von diesem herkömmlichen Verständnis abweichenden Begriff der "Verhinderung" schaffen wollen. Entsprechendes gilt für die Verhinderung des Präsidenten des Bundesrates (siehe zum Vorstehenden eingehend: BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2009 - Az.: 2 C 23.07 -). Dass die Befugnisse des Bundespräsidenten bei dessen Verhinderung und zugleich derjenigen des Präsidenten des Bundesrates durch den 1. Vizepräsidenten als dessen Vertreter wahrgenommen werden, unterliegt mithin keinen verfassungsrechtlichen Bedenken und entspricht einer langjährigen Staatspraxis.

Im Übrigen besteht auch in der verfassungsrechtlichen Literatur weitgehend Einigkeit darüber, dass auch im Falle einer kurzzeitigen Abwesenheit oder Nichterreichbarkeit des Bundespräsidenten grundsätzlich eine Verhinderung vorliegt, die zur Wahrnehmung der Befugnisse durch den Präsidenten des Bundesrates gemäß Art. 57 GG führen kann. Entsprechendes gilt, soweit der Bundespräsident zwar durchaus im Sinne von Art. 57 GG "im Amt ist", gleichwohl tatsächlich nicht imstande ist, ein bestimmtes Amtsgeschäft bzw. bestimmte Befugnisse wahrzunehmen. Insofern besteht weitgehend Einigkeit auch darin, dass der Präsident des Bundesrates den Bundespräsidenten bei dessen Geschäften "vertreten" kann, etwa wenn sich der Bundespräsident auf einer offiziellen Auslandsreise befindet und erklärt, dass er die oder bestimmte Amtsgeschäfte bzw. Befugnisse nicht wahrnehmen werde, also sich zur Übernahme der - weiteren - Amtsgeschäfte von vornherein nicht bereit erklärt. Dementsprechend wird - gerade im Hinblick die geübte Praxis - als ein sog. Normalfall angesehen, dass sich der Bundespräsident und der Präsident des Bundesrates absprechen, etwa der Bundespräsident vor dem Antritt eines Urlaubs oder einer Auslandsreise den Präsidenten des Bundesrates darüber unterrichtet und zugleich darum bittet, die Präsidialgeschäfte bzw. -befugnisse wahrzunehmen. In Zweifelsfällen, in denen mithin nicht eindeutig ist, ob der Bundespräsident tatsächlich verhindert ist, kommt es grundsätzlich auf die Wertung des Bundespräsidenten an, ob er einen Fall seiner Verhinderung annimmt. Nur ausnahmsweise ist diese Wertung nicht als maßgeblich anzusehen, insbesondere für den Fall des missbräuchlichen Handelns. Entsprechendes gilt nach übereinstimmender Auffassung in der verfassungsrechtlichen Literatur für die Vertretung des Präsidenten des Bundesrates durch dessen Vertreter (1. Vizepräsident) bei der Wahrnehmung der Befugnisse des Bundespräsidenten (siehe im Einzelnen hierzu [m. w. N.]: OVG LSA, Urteil vom 25. April 2007, a. a. O.; siehe zudem hierauf Bezug nehmend: Sachs; GG, 5. Auflage, Art. 57 Rn. 5; siehe zudem: Maunz/Dürig, GG, Stand: Januar 2009, Art. 57 Rn. 14 ff.).

Nach alledem ist auch nach dem Vorbringen des Klägers nicht anzunehmen, dass der frühere Bundespräsident oder der damalige Präsident des Bundesrates hier in einer missbräuchlichen Weise den Fall ihrer Verhinderung angenommen haben (siehe hierzu im Einzelnen: OVG LSA, Urteil vom 25. April 2007, a. a. O.).

Schließlich ist es auch unerheblich, mit welcher Funktionsbezeichnung der Regierende Bürgermeister von Berlin für den Bundespräsidenten das BBVAnpG 2003/2004 unterzeichnet hat. Entscheidend ist allein, dass er "für den Bundespräsidenten" gezeichnet hat. Eine etwaige bloße Falschbezeichnung wäre im Übrigen unbeachtlich und schlicht im Bundesgesetzblatt zu berichtigen (siehe: BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2009, a. a. O.; OVG LSA, Urteil vom 25. April 2007, a. a. O.).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

5. Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in §§ 132 VwGO, 127 BRRG genannten Gründe vorliegt.

6. Die Entscheidung über die Festsetzung der Höhe des Streitwertes für das Berufungsverfahren folgt aus §§ 52 Abs. 1, 40, 47 GKG.

Ende der Entscheidung

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