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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 20.02.2003
Aktenzeichen: 1 L 431/02
Rechtsgebiete: LSA-SperrzeitVO


Vorschriften:

LSA-SperrzeitVO § 2
LSA-SperrzeitVO § 4
Es verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz, wenn für Spielhallen und Spielbanken unterschiedliche Öffnungszeiten zulässig sind, wenn eine Spielbank in der Nähe einer Spielhalle betrieben wird.
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT URTEIL

Aktenz.: 1 L 431/02

Datum: 20.02.2003

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Verkürzung der Sperrzeiten für eine Spielhalle.

Seit 1992 betreibt sie eine Spielhalle in der L... Straße in H.... Die Beklagte gewährte der Klägerin seit Oktober 1992 jeweils befristet Verkürzungen der Sperrzeit. Zuletzt wurde die Sperrzeit bis zum 13. April 1998 auf 1.00 Uhr bis 7.00 Uhr montags bis freitags und 2.00 Uhr bis 7.00 Uhr samstags und sonntags verkürzt.

Den Antrag der Klägerin vom 13. März 1998 auf Fortführung der zuletzt bewilligten Sperrzeitverkürzung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. April 1998 ab: Weder besondere örtliche Verhältnisse noch ein öffentliches Bedürfnis für ein Hinausschieben der Sperrzeit seien nachgewiesen. Selbst wenn diese Voraussetzungen erfüllt wären, würde bei einer Ermessensabwägung dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der allgemeinen Sperrzeit Vorrang gegeben.

Hiergegen legte die Klägerin am 13. Mai 1998 Widerspruch ein: Trotz verlängerter Öffnungszeiten in der Vergangenheit sei es zu keinerlei Beschwerden gekommen. Besondere örtliche Verhältnisse ergäben sich daraus, dass der Automatensaal der staatlich konzessionierten Spielbank nur 500 m von der Spielhalle entfernt sei. Der Automatensaal der Spielbank habe täglich bis 3.00 Uhr nachts geöffnet. Dies bestätige das Bedürfnis für das Unterhaltungsspiel auch zur Nachtzeit. Dieses Bedürfnis werde durch den Automatensaal der Spielbank nicht hinreichend abgedeckt, da die Spielhalle ein wesentlich größeres Angebot an Unterhaltungsautomaten ohne Gewinnmöglichkeit biete und im Übrigen dort die Verlustgefahren wesentlich geringer seien als bei den Spielbankautomaten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 4. August 1999 wies das Regierungspräsidium Halle den Widerspruch als unbegründet zurück.

Die Klägerin hat am 6. September 1999 Klage bei dem Verwaltungsgericht in Halle erhoben und vorgetragen: Die Ablehnung der Sperrzeitverkürzung habe zur Folge, dass die Sperrzeiten für den Automatensaal der Spielbank erheblich kürzer seien als die Sperrzeiten für die Spielhalle der Klägerin. Eine solche Benachteiligung sei mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar. Dies gelte jedenfalls dann, wenn nach den örtlichen Verhältnissen und dem Spielangebot sich die Spielbank und die Spielhalle in einem Wettbewerbsverhältnis befänden. Dies sei hier der Fall. Beide Spielstätten würden mit Glücksspielautomaten um denselben Kundenkreis werben. Deshalb müsse die Beklagte im Wege der Ausnahmegenehmigung die Sperrzeit für die Spielhalle in dem begehrten Ausmaß verkürzen, um wenigstens annähernd eine Gleichheit der Sperrzeiten bei beiden konkurrierenden Spielstätten herbeizuführen. Die für unterschiedliche Öffnungszeiten angeführten Gründe seien nicht durchgreifend. Dass Spielhallenrecht und Spielbankenrecht unterschiedlichen Ordnungsbereichen angehörten, sei eine zwischenzeitlich überholte Vorstellung und im Übrigen eine Formalie, die für die Frage des Maßstabs des Art. 3 GG ohne Gewicht sei. Verfehlt sei auch der Hinweis auf ein angeblich unterschiedliches Spielangebot. Denn der Unterschied bestehe ausschließlich darin, dass ein Teil der Spielbankautomaten den strengen gewerberechtlichen Einschränkungen nicht unterliege und somit bei den Spielgeräten der Spielbank die Verlustgefahr erheblich größer sei. Die unterschiedliche Gewinnverwendung sei kein Grund, der unterschiedliche Öffnungs- bzw. Sperrzeitregelungen rechtfertige. Der Schutz des Art. 12 GG und des Art. 3 GG könne nicht nach der Art der Gewinnverwendung abgestuft werden. Geradezu absurd sei die Annahme, auf die Eindämmung der Betätigung des Spieltriebs und auf den Schutz der Spielhallenbesucher könne rechtlich umso eher verzichtet werden, je mehr der Gewinn für gemeinnützige Zwecke verwendet werde. Soweit der Spielbankunternehmer Automaten betreibe, übe er dieselbe berufliche Betätigung aus wie der Spielhallenbetreiber. Die unterschiedliche Behandlung bewirke unmittelbar eine Ungleichbehandlung i. S. d. Art. 3 GG und habe darüber hinaus Auswirkung auf die Ausübung der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 GG. Dies führe zu einer Einengung des gesetzgeberischen und behördlichen Gestaltungsspielraums mit der Folge, dass eine bloße Willkürprüfung nicht mehr ausreiche, sondern eine Verhältnismäßigkeitsprüfung geboten sei. An dem Zweck der Differenzierung sei die Verhältnismäßigkeit des Ausmaßes dieser Differenzierung zu messen, der verfolgte Zweck müsse die Ungleichbehandlung in ihrem ganzen Ausmaß legitimieren. An einer solchen Legitimation fehle es aber hier. Sowohl die Regelung der Sperrzeit für die Spielbank als auch die Regelung der Sperrzeit für die Spielhalle fielen in die Zuständigkeit des Landes Sachsen-Anhalt. Da es auf die örtlichen Verhältnisse und die dadurch gegebenen Wettbewerbssituation ankomme, könne das Land die Berücksichtigung des Gleichheitssatzes der zuständigen Gemeindebehörde bei der Entscheidung über eine Ausnahmegenehmigung überlassen. Der Wortlaut der Sperrzeitverordnung ermögliche eine Ermessensentscheidung, durch die dem Gleichbehandlungserfordernis in dem dargelegten Umfange Rechnung getragen werden könne.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 28. April 1998 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Halle vom 4. August 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin eine Sperrzeitverkürzung bis 1.00 Uhr sowie in den Nächten von Freitag auf Samstag und Samstag auf Sonntag bis 2.00 Uhr zu erteilen.

Die Beklagte hat die Ablehnung der begehrten Sperrzeitverkürzung verteidigt und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Durch Urteil vom 7. August 2002 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und ausgeführt: Weder ein öffentliches Bedürfnis für eine Sperrzeitverkürzung noch besondere örtliche Verhältnisse seien ersichtlich. Die Spielhalle der Klägerin liege in keiner Gegend, in der ein durch das Nachtleben bestimmter Lebensrhythmus herrsche und die durch auf das Nachtleben bezogene Vergnügungsangebote geprägt sei. Besondere örtliche Verhältnisse ergäben sich auch nicht durch die dort betriebene Spielbank mit einem Automatensaal. Auch wenn die Spielbank im Spielbereich ein gewisses Zentrum darstelle, könne sie bei den örtlichen Verhältnissen im Gebiet der Beklagten keine Änderung des allgemeinen Lebensrhythmusses zu erzeugen. Die Klägerin habe auch aus den Grundrechten keinen Anspruch auf die begehrte Ausnahmegenehmigung. Es könne offen bleiben, ob bei einer unterschiedlichen Behandlung von Spielbanken und Spielhallen Art. 3 GG verletzt sei. Hieraus ergebe sich kein Anspruch auf Erteilung der Ausnahmegenehmigung. Wie bereits die Überschrift des § 4 Sperrzeit-VO LSA "Ausnahmen für einzelne Betriebe" zeige, diene diese Regelung nur dazu, im Einzelfall eine Änderung herbeizuführen, wenn die generelle Regelung zu sinnwidrigen Ergebnissen führen würde. Lege man die Argumentation der Klägerin in Bezug auf den Gleichheitsverstoß zugrunde, so würde dies dazu führen, dass zumindest im Bereich der Beklagten allen Spielhallen eine Sperrzeitverkürzung zu erteilen wäre. Für solche flächendeckenden Regelungen sei die Ausnahmevorschrift jedoch nicht geschaffen. Derartige Regelungen seien dem Verordnungsgeber oder einer allgemeinen Ausnahme nach § 3 Sperrzeit-VO LSA überlassen, die jedoch nicht Streitgegenstand sei. Sollte ein Gleichheitsverstoß vorliegen, könne er von der Rechtsprechung - auch der Verfassungsrechtsprechung - nur festgestellt werden. Es bleibe dem Gesetzgeber überlassen, wie er den Gleichheitsverstoß beseitige. In Betracht komme eine Angleichung der Sperrzeit für Spielhallen an diejenige für Spielbanken, aber auch eine Erweiterung der Sperrzeit für Spielbanken oder auch nur für die Automatensäle. Selbst wenn aus Art. 12 GG i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG hergeleitet werde, dass eine längere Öffnungszeit für Spielhallen zu gewähren sei, als dies die Sperrzeitverordnung vorsehe, so könne dies nicht zur Erteilung der begehrten Erlaubnis führen, sondern zu einer Teilnichtigkeit des § 2 Abs. 1 Sperrzeit-VO LSA, soweit die Sperrzeit eine kürzere Öffnungszeit bei einer Spielhalle als bei einer Spielbank auslöse. Dies ergebe eine allgemeine Zulässigkeit der Öffnung einer Spielhalle zu den begehrten Zeiten. Eine Ausnahmegenehmigung bedürfe es insoweit nicht.

Hiergegen hat die Klägerin die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie vorträgt: Die Ermächtigung an die zuständige Behörde zur Verkürzung oder Verlängerung der Sperrzeit für einzelne Betriebe beinhalte den Gesetzesbefehl, von dieser Ermächtigung verfassungskonform Gebrauch zu machen. Dies verlange auch die Beachtung des Gleichheitsgebotes nach Art. 3 GG. Im konkreten Fall bedeute dies, dass die Klägerin bei der Sperrzeitentscheidung nicht gegenüber einem Konkurrenten benachteiligt werden dürfe. Konkurrenz sei die Spielbank mit ihrem Automatensaal, der nur 500 m von der Spielhalle der Klägerin entfernt sei. Zwischen beiden Vergnügungsstücken bestehe ein Wettbewerbsverhältnis. Besondere örtliche Verhältnisse lägen auch vor, wenn - so liege es hier - ein Konkurrent, der sich in unmittelbarer Nähe befinde, gegenüber dem Antragsteller sperrzeitrechtlich bevorzugt werde. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Rechtsauffassung der Klägerin führe zu einer flächendeckenden Verkürzung der Sperrzeit, sei unrichtig. Die besonderen örtlichen Verhältnisse bestünden nur zwischen den im unmittelbaren örtlichen Umfeld tätigen Wettbewerbern. Andere Spielhallenbetreiber könnten sich auf eine Sperrzeitverkürzung nicht berufen, weil zwischen ihren Betriebsstätten und der Spielbank sowie ihren Betriebsstätten und der klägerischen Spielhalle Entfernungen lägen, die es ausschlössen, besondere örtliche Verhältnisse anzunehmen. Verfehlt sei auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts, Art. 3 GG führe im vorliegenden Fall nicht zu einer Ungleichbehandlung, die ausschließlich durch die beantragte Sperrzeitverkürzung beseitigt werden könne. Das Gegenteil sei richtig. Während die Sperrzeit für die Spielbank verbindlich festgelegt sei, sei es der zuständigen Behörde überlassen, bei der Sperrzeit für eine Spielhalle besondere örtliche Verhältnisse zu berücksichtigen und damit auch dafür Sorge zu tragen, dass eine unterschiedliche Sperrzeit von benachbarten Spielhallen und Spielbanken nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führe.

Die Klägerin beantragt,

in Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Halle - 1. Kammer - vom 7. August 2002 nach dem erstinstanzlichen Antrag zu erkennen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Gründe:

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Ablehnung der beantragten Sperrzeitverkürzung ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

Gemäß § 2 Abs. 1 der Verordnung über die Festsetzung der Sperrzeit für Schank- und Speisewirtschaften sowie für öffentliche Vergnügungsstätten vom 21. Oktober 1991 (GVBl. LSA S. 375), geändert durch Verordnung vom 18. Dezember 2001 (GVBl. LSA S. 589) - Sperrzeit-VO LSA - beginnt die Sperrzeit für Spielhallen um 22.00 Uhr und endet um 7.00 Uhr. Diese Regelung hält sich in dem vom Bundesgesetzgeber in § 18 Abs. 1 Gaststättengesetz vorgegebenen Rahmen und ist vereinbar mit Verfassungsrecht (OVG LSA, GewArch 2002, 342 m. w. N.).

Die Vorschrift verstößt insbesondere nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist nicht dadurch verletzt, dass gemäß § 4 Abs. 1 der Spieleverordnung für die öffentlichen Spielbanken im Land Sachsen-Anhalt vom 21. April 1993 (GVBl. S. 241), zuletzt geändert durch Verordnung vom 7. Dezember 2001 (GVBl. S. 540, 551) - SpielO-VO LSA - die Spielbanken im Land Sachsen-Anhalt täglich für Automatenspiele zwischen 9.00 Uhr und 7.00 Uhr und für die übrigen Spiele zwischen 13.00 Uhr und 7.00 Uhr geöffnet sein dürfen. Es verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn für Spielhallen einerseits und Spielbanken einschließlich der Automatenspielsäle andererseits unterschiedliche Öffnungszeiten zulässig sind (BVerwG, GewArchiv 1995, 155, 157; VGH Ba-Wü, GewArchiv 1995, 285; OVG Rh-Pfz, GewArchiv 1992, 190; ebenso zur strengeren Behandlung eines Spielhallenbetreibers im Zusammenhang mit der Aufstellung von Gewinnspielgeräten: BVerwG, GewArchiv 2001, 476; Bay. VGH, Gew-Archiv 2001, 377, 378). Der allgemeine Gleichheitssatz enthält kein verfassungsrechtliches Gebot, ähnliche Sachverhalte in verschiedenen Ordnungsbereichen gleich zu behandeln (BVerfGE 75, 78). Solange nicht feststeht, dass eine Bestimmung innerhalb des eigenen Sachbereichs nicht oder nicht mehr sachgerecht ist, kann sie nicht mit Hilfe des Gleichheitssatzes im Hinblick auf andere Bestimmungen eliminiert werden, die anderen rechtlichen Ordnungsbereichen angehören und in anderen systematischen und sozialgeschichtlichen Zusammenhängen stehen (BVerfGE 40, 121; BVerwGE 97, 245). Anders sind die Verhältnisse zu beurteilen, wenn die Regelung nicht auf Besonderheiten des einen oder anderen Ordnungsbereiches, sondern auf allgemeinen sie übergreifenden Erwägungen beruhen (BVerfGE 38, 187; BVerwGE 97, 245).

Das Spielbankenrecht als landesrechtliches Ordnungsrecht (zur Einordnung des Spielbankenrechts zum Recht zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zuletzt: BVerfG, GewArchiv 2001, 61, 62) gehört einem anderen Ordnungsbereich an als das bundesrechtliche Gaststättenrecht und die darauf beruhende Sperrzeitverordnung (BVerwG, GewArchiv 1995, 155, 157) sowie die bundesrechtliche Gewerbeordnung, die das Recht der Spielhallen regelt (BVerwG, GewArchiv 2001, 476; BVerwG, GewArchiv 1995, 155, 157). Für Spielhallen und Spielbanken gelten Regelungswerke, die inhaltlich erheblich voneinander abweichen. Die Bestimmungen der Gewerbeordnung über die Erteilung einer Erlaubnis zur Aufstellung von Gewinnspielgeräten und zur Veranstaltung von anderen Spielen mit Gewinnmöglichkeit finden auf die Zulassung und den Betrieb von Spielbanken gemäß § 33 h Nr. 1 GewO keine Anwendung. Für Spielbanken gelten vielmehr die Sondervorschriften des Spielbankgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt vom 26. Juni 1991 (GVBl. S. 147), zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.3.2002 (GVBl. S. 130) - SpielbG LSA - und der SpielO-VO LSA. Eine übergeordnete Leitlinie, die ungeachtet der Verschiedenartigkeit der Ordnungsbereiche eine in jeder Hinsicht einheitliche Regelung der Öffnungszeiten gebietet, ist nicht ersichtlich.

Unabhängig von der Verschiedenheit der Ordnungsbereiche rechtfertigen weitere Gesichtspunkte, Spielhallen und Spielbanken im Lande Sachsen-Anhalt bei den Öffnungszeiten unterschiedlich zu behandeln. Spielbanken sind im Land Sachsen-Anhalt zahlenmäßig nur sehr beschränkt in Halle und Magdeburg zugelassen. Die zwei Spielbanken stellen ein ungleich geringeres Gefährdungspotenzial dar als die vielen über das Land verteilten Spielhallen. Spielbanken pflegen auch ein anderes Publikum anzuziehen als Spielhallen. Spielhallen stehen der Bevölkerung aufgrund ihrer Vielzahl und der räumlichen Nähe ständig zur Verfügung, während das Aufsuchen einer Spielbank für den Großteil der Bevölkerung wegen der räumlichen Entfernung mit einem größeren Aufwand verbunden ist (vgl. zur Rechtslage in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ebenso: VGH Ba-Wü und VGH Rh.-Pfz. a. a. O.). Zudem gelten für den Eintritt in die Spielbank besondere Regelungen: Die Spielbank überwacht die Einhaltung der Spielverbote für die nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 3 SpielO-VO LSA genehmigten Spiele durch Ausgabe von Eintrittskarten zum Besuch der Spielbank (§ 6 Abs. 1 Satz 1 SpielO-VO LSA). Die Eintrittskarte darf nur gegen Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises ausgegeben werden (§ 6 Abs. 2 SpielO-VO LSA). Eintrittskarten sind nicht erforderlich für Personen, die durch die Spielbankleitung persönlich eingeführt werden (§ 6 Abs. 1 Satz 2 SpielO-VO LSA). Die Spielbank kann mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde auch Eintrittskarten für den ausschließlichen Besuch der Räume, in denen Automatenspiele veranstaltet werden, ausgeben (§ 6 Abs. 3 Satz 2 SpielO-VO LSA). Darüber hinaus ist die Spielbank gemäß § 7 Abs. 2 SpielO-VO LSA berechtigt, von Besucherinnen und Besuchern Auskünfte über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zur Prüfung eines Spielverbots zu verlangen. Die Spielbank ist gemäß § 7 a Abs. 3 SpielO-VO berechtigt, den Eintritt in die Spielsäle ohne Angabe von Gründen zu verwehren oder die Besuchsberechtigung ohne Angabe von Gründen zu entziehen und die Betroffenen zum Verlassen einer Spielbank aufzufordern. Gewinne aus dem Automatenspiel über 1500 Euro dürfen gemäß § 8 Abs. 5 Satz 5 SpielO-VO LSA nur gegen Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweise, der die Identität der Person eindeutig erkennen lässt, ausgezahlt werden. Der Eintritt in die Spielsäle ist gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 SpielO-VO LSA Personen nicht gestattet, bei denen Anlass zu der Annahme besteht, dass ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse die Teilnahme an Glücksspielen nicht angemessen erscheinen lassen. Diese Rahmenbedingungen erzeugen gerade für jüngere Personen eine hohe Hemmschwelle zum Besuch einer Spielbank, die weit über die Schwelle zum Aufsuchen einer Spielhalle in der Nachbarschaft hinausgeht. Die strengen rechtlichen Rahmenbedingungen für den Besuch einer Spielbank lassen es vertretbar erscheinen, für die Spielbank längere Öffnungszeiten zuzulassen.

Gleiche Öffnungszeiten von Spielhallen und Spielbanken sind auch nicht im Hinblick auf Art. 3, 12 GG auf Grund eines Wettbewerbsverhältnisses aus Verhältnismäßigkeitserfordernissen (vgl. hierzu BVerfGE 88, 87; 89, 69) geboten. Dass in beiden Fällen hinsichtlich der Spielautomaten u. a. auch die Chance angeboten wird, durch Geldeinwurf in ein Geldspielgerät einen Gewinn zu erzielen, rechtfertigt nicht die Annahme, es liege ein Wettbewerbsverhältnis von solchem Gewicht vor, dass die Öffnungszeiten angeglichen werden müssten. Unterschiedliche Öffnungszeiten sind zum einen aus den o. g. Gründen vertretbar. Zum anderen ist wegen der unterschiedlichen Spielangebote und Kundenkreise sowie des weitaus größeren Einzugsbereiches und besonderen Eintrittsbedingungen der beiden Spielbanken kein Wettbewerbsverhältnis von solchem Gewicht gegeben, dass die Öffnungszeiten nivelliert werden müssten.

Soweit das Finanzgericht Münster in seinem Urteil vom 26. Oktober 2001 - 5 K 4280/00 U - (a. A.: Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, B. v. 9.4.2001 - IV 64/99) entschieden hat, dass kein Grund für eine Ungleichbehandlung der Spielbanken einerseits und Spielhallen andererseits bei der Erhebung der Mehrwertsteuer gegeben sei, führt dies hier zu keinem anderen Ergebnis. Denn für die finanzgerichtliche Entscheidung war der Grundsatz der steuerlichen Neutralität maßgebend. Soweit schließlich das Finanzgericht Münster ausgeführt hat, es bestehe eine Wettbewerbssituation zwischen beiden Spielstätten, kann dem aus den o.g. Gründen nicht gefolgt werden.

Gemäß § 4 Satz 1 Sperrzeit-VO LSA kann die zuständige Behörde für einzelne Betriebe bei Vorliegen eines öffentlichen Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse die Sperrzeit befristet und widerruflich verkürzen oder aufheben. Die nach dieser Vorschrift eine Ermessensentscheidung eröffnenden tatbestandlichen Voraussetzungen liegen nicht vor.

Ein öffentliches Bedürfnis für eine von der allgemeinen Sperrzeit abweichende Festsetzung erfordert die Feststellung von Tatsachen, welche die Annahme rechtfertigen, dass die Leistungen des in Rede stehenden Betriebes während der allgemeinen Sperrzeit in erheblichem Maße in Anspruch genommen werden. Aus der Sicht der Allgemeinheit - nicht aus des an der Verkürzung interessierten Gewerbetreibenden - muss eine Bedarfslücke bestehen. An der erstrebten individuellen Verkürzung der allgemeinen Sperrzeit muss eine öffentliches Interesse bestehen. Hinreichende Gründe müssen ein Abweichen von der Regel im Interesse der Allgemeinheit rechtfertigen (OVG LSA, GewArchiv 2002, 342; BVerwGE 101, 157, 160 f.). Es kommt darauf an, ob im lokalen Einzugsbereich eine erhebliche Zahl von Interessenten ihr Bedürfnis nach dem Besuch von Spielhallen ohne die Verkürzung der Sperrzeit nicht befriedigen könnte, wobei die Wünsche einzelner Bürger, etwa der Stammgäste, ein öffentliches Bedürfnis an der Verkürzung der Sperrzeit nicht begründen könnten (OVG LSA, GewArchiv 2002, 342; VGH Ba-Wü, GewArchiv 1988, 235, 236). Dabei ist in Rechnung zu stellen, dass Spielhallen nicht zu den Vergnügungsstätten gehören, deren Angebote typischerweise erst nach Beginn der allgemeinen Sperrzeit angenommen werden und für die Betriebszeiten innerhalb der allgemeinen Sperrzeit prägend sind. § 2 Sperrzeit-VO LSA geht vielmehr davon aus, dass im Regelfall dem Bedürfnis der Allgemeinheit nach dem Besuch einer Spielhalle durch Öffnungszeiten bis 22.00 Uhr hinreichend Rechnung getragen ist (ebenso entsprechende landesrechtliche Regelungen in Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland; vgl. die Nachweise bei Michel/Kienzle, Gaststättengesetz, 12. Aufl., Anh.). Selbst wenn eine erhebliche Anzahl von Kunden der Klägerin bislang zur allgemeinen Sperrzeit die Spielhalle der Klägerin aufgesucht haben sollte und diese Möglichkeit auch für die Zukunft wünschte, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, dass deren Bedürfnis nach dem Besuch einer Spielhalle nicht bis 22.00 Uhr befriedigt werden könnte.

Besondere örtliche Verhältnisse liegen vor, wenn die Verhältnisse im örtlichen Bereich sich so von den Verhältnissen anderer örtlicher Bereiche unterscheiden, dass eine Abweichung von der allgemeinen Sperrzeit gerechtfertigt erscheint (OVG LSA, GewArchiv 2002, 342; OVG NRW, GewArchiv 1972, 195, 196). Die Spielhalle der Klägerin liegt in keiner Gegend, in der ein durch das Nachtleben bestimmter Lebensrhythmus herrscht oder die durch auf das Nachtleben bezogene Vergnügungsangebote geprägt ist (vgl. OVG HH, GewArchiv 1994, 409, 413). Dies macht die Klägerin auch nicht geltend. Besondere örtliche Verhältnisse sieht die Klägerin vielmehr allein darin, dass ein Wettbewerbsverhältnis zu der ca. 500 m entfernten Spielbank, deren Automatenspielsaal bis 3.00 Uhr nachts geöffnet hat, bestehe. Hiermit kann die Klägerin jedoch nicht durchdringen. Für den Begriff der örtlichen Verhältnisse i. S. d. § 4 Sperrzeit-VO LSA sind die Eigenart der näheren Umgebung, die anzutreffenden Lebensgewohnheiten und der prägende Lebensrhythmus maßgebend. Es kommt darauf an, wie der Betrieb in die Umgebung hineinpasst (vgl. Michel/Kienzle, GastG, 12. Aufl., § 18 Anm. 20). Ein eventuelles Wettbewerbsverhältnis ist hierfür unerheblich. Für eine verfassungskonforme Auslegung des § 4 Satz 1 Sperrzeit-VO LSA, wie sie die Klägerin fordert, ist unter diesen Umständen kein Raum.

Ein Verstoß gegen Art. 3, 12 GG ergibt sich nicht daraus, dass § 4 Sperrzeit-VO LSA keine Möglichkeit vorsieht, eine Verkürzung der Sperrzeit für eine Spielhalle zuzulassen, wenn in der Nähe eine Spielbank mit Automatensaal zu erheblich längeren Öffnungszeiten betrieben wird. Die Grundrechte gebieten eine solche zusätzliche Ausnahme nicht. Unterschiedliche Öffnungszeiten für Spielhallen und Spielbanken sind aus den o.g. Gründen auch im Hinblick auf eine Wettbewerbsverhältnis von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Nichts anderes gilt, wenn eine Spielhalle in der Nähe einer Spielbank betrieben wird. Auch hier ist allenfalls in Teilbereichen ein Wettbewerb gegeben, der nicht von solchem Gewicht ist, dass die Öffnungszeiten nivelliert werden müssten.

Selbst wenn demgegenüber - wie die Klägerin geltend macht - der allgemeine Gleichheitssatz und das Grundrecht der Berufsfreiheit erforderten und eine verfassungskonforme Auslegung des § 4 Satz 1 Sperrzeit-VO LSA es ermöglichten, ein Wettbewerbsverhältnis bei dem Tatbestandsmerkmal der besonderen örtlichen Verhältnisse zu berücksichtigen und die Sperrzeiten anzugleichen, wären im vorliegenden Fall keine besonderen Verhältnisse anzunehmen. Denn zwischen der Spielhalle der Klägerin und der Spielbank besteht auf Grund des unterschiedlichen Besuchsbedingungen und Spielangebote kein Wettbewerb solchen Gewichts, dass der Klägerin zum Ausgleich etwaiger Nachteile großzügigere Öffnungszeiten gewährt werden müssten. Dass die Klägerin gerade wegen der großzügigeren Öffnungszeiten des Automatensaals der Spielbank eine erhebliche Anzahl von Kunden an die Spielbank verliert, hat sie im Übrigen auch nicht substanziiert dargelegt.

Nach alledem hat die Klägerin keinen Anspruch auf die begehrte Sperrzeitverkürzung. Auch ein Anspruch auf erneute ermessensfehlerfreie Entscheidung ist nicht gegeben, weil ein Ermessen für eine die Klägerin günstigere Entscheidung mangels Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 4 SpielO-VO LSA nicht besteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 VwGO) liegen nicht vor.



Ende der Entscheidung

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