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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 06.04.2004
Aktenzeichen: 1 L 433/02
Rechtsgebiete: LSA-KAG


Vorschriften:

LSA-KAG § 5
1. Weder die Gemeindeordnung noch das Kommunalabgabengesetz enthalten Regelungen, nach denen eine Gemeinde oder ein Zweckverband gehalten wäre, vor der Bestimmung eines Gebührensatzes in einer Gebührensatzung eine Gebührenkalkulation zu erstellen oder erstellen zu lassen.

2. Während die Rechtmäßigkeit einer behördlichen Ermessensentscheidung davon abhängt, ob die Behörde von ihrem Ermessen dem Zweck der Ermächtigung entsprechend Gebrauch gemacht hat (vgl. § 40 VwVfG LSA), so dass die Entscheidung fehlerhaft ist, wenn die Behörde nicht alle abwägungs-relevanten Tatsachen zutreffend ermittelt und bei der Abwägung entsprechend ihrem Gewicht berücksichtigt hat (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Auflage 2003, § 40 Rdnr. 62), ist eine Rechtsnorm und damit auch eine Gebührensatzung aus inhaltlichen Gründen nur dann ungültig, wenn sie im Ergebnis dem höherrangigen Recht widerspricht.

3. Das gesetzgeberische Ermessen findet im Satzungsbeschluss seinen Ausdruck. Ob und wie diese Ermessensentscheidung begründet worden ist, wirkt sich auf die Gültigkeit der Satzung nicht aus.

4. § 5 Abs. 3 Satz 3 KAG LSA gilt, wie Wortlaut und systematische Stellung im § 5 KAG LSA verdeutlichen, allein für die Gebührenbemessung. Macht der Satzungsgeber von der Ermächtigung in § 5 Abs. 3 Satz 3 KAG LSA Gebrauch und bestimmt zugunsten bestimmter Gruppen aus sozialen Gründen abweichend von § 5 Abs. 3 Satz 1 KAG LSA einen anderen Gebührensatz, so führt dies, weil es sich um eine Maßstabsregelung und nicht um eine Billigkeitsregelung handelt, nur dazu, dass ein auf die Festsetzung nach § 5 Abs. 3 Satz 3 KAG LSA zurückgehender Mehrbedarf auf die Gesamtheit der übrigen Abgabenschuldner zu verteilen ist.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 1 L 433/02

Datum: 06.04.2004

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.

1) Eine Zulassung der Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt nicht in Betracht, weil an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung entgegen der Auffassung des Klägers Zweifel nicht bestehen.

a) Ohne Erfolg wendet der Kläger ein, der Beklagte dürfe die Gebühr schon deshalb nicht erheben, weil die Zusammenfassung der dezentralen Abwasserbeseitigung in den Kommunen (...) und (...), deren Abwasser mit Fahrzeugen gesammelt und über das Pumpwerk (...) der verbandsfremden Kläranlage (...) zugeführt wird, mit der dezentralen Abwasserbeseitigung in den übrigen Mitgliedsgemeinden, deren Abwasser in der verbandseigenen Kläranlage in (...) gereinigt werde, gegen den Gleichheitssatz verstoße.

Willkürlich i. S. d. Art. 3 Abs. 1 GG kann die Bestimmung des Umfangs einer Einrichtung im Rechtssinne nur sein, wenn mehrere technisch selbständige Anlagen zu einer Einrichtung im Rechtssinne zusammengefasst werden, die hinsichtlich ihrer Arbeitsweise und des Nutzens, den sie für die jeweiligen Benutzer vermitteln, schlechterdings unvergleichbar sind. Das ist etwa der Fall, wenn eine zentrale öffentliche leitungsgebundene Anlagen mit einer nachgeschalteten Kläranlage einerseits und eine öffentliche leitungsgebundene Anlage ohne nachgeschaltete Kläranlage andererseits (sog. Bürgermeisterkanäle) zu einer Einrichtung zusammengefasst werden sollen (vgl. zuletzt: OVG LSA, Urt. v. 12.02.2004 - 1 K 516/02 -).

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. So ist ausgehend von den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, die vom Kläger mit dem Zulassungsantrag nicht substanziiert in Frage gestellt werden, schon fraglich, ob der Beklagte - wie der Kläger meint - zwei technisch selbständige Anlagen zur dezentralen Abwasserbeseitigung betreibt. Denn technisch selbständige Anlagen liegen bei der Abwasserbeseitigung nur dann vor, wenn die Anlagen räumlich und funktional voneinander getrennt sind und jeweils für sich unterschiedlichen Entsorgungsgebieten ausschließlich zur Nutzung dienen. An dieser räumlichen und funktionalen Trennung fehlt es hier. Zwar wird das Abwasser aus abflusslosen Sammelgruben und der Klärschlamm aus Kleinkläranlagen sowohl in der verbandseigenen Kläranlage in (...) als auch in der verbandsfremden Kläranlage (...) behandelt. Die Abwasserbeseitigung umfasst indes nicht nur die Behandlung des Abwassers, sondern auch das Sammeln des zu behandelnden Abwassers (vgl. § 150 Abs. 3 WG LSA). Bei der dezentralen Abwasserentsorgung erfolgt die Beseitigung i. S. d. § 151 Abs. 1 Satz 1 WG LSA des in abflusslosen Sammelgruben gesammelten Abwassers und des in Kleinkläranlagen anfallenden Klärschlamms durch den Transport des auf den Grundstücken gesammelten Entsorgungsguts mittels Tankfahrzeugen zu den Fäkalannahmestationen der Klärwerke, bzw. hier zur Pumpstation (...). Die Entsorgungsfahrzeuge der beiden vom Beklagten beauftragten Firmen liefern das gesammelte Entsorgungsgut jeweils sowohl der Annahmestation der Kläranlage (...) als auch der Pumpstation (...). Dabei ist die räumliche Nähe eines bestimmten Grundstücks im Verbandsgebiet des Beklagten zu einer der beiden Annahmestationen nach den vom Kläger nicht angegriffenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht entscheidendes Kriterium dafür, dass das auf dem Grundstück beseitigte Abwasser auch der jeweils nächstgelegenen Annahmestation zugeführt wird. Entscheidend ist vielmehr die jeweilige Einsatzroute des jeweiligen Fahrzeugs und die Nähe des zuletzt angefahrenen Grundstücks, so dass nicht von vornherein feststeht, wohin das auf ihm gesammelte Entsorgungsgut verbracht wird. Gibt es somit im Verbandsgebiet des Beklagten nicht mehrere selbständige technische Anlagen zur dezentralen Abwasserbeseitigung, so stellt sich auch nicht die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob die Zusammenfassung mehrerer technisch selbständiger Anlagen zu einer Einrichtung im Rechtssinne zulässig ist (OVG LSA, Urt. v. 12.02.2004 - 1 L 153/03 - UA S. 6).

b) Ohne Erfolg wendet der Kläger ein, der Beklagte verstoße gegen das Gebot, Gebühren nach Art und Umfang der Inanspruchnahme zu bemessen (§ 5 Abs. 3 Satz 1 KAG LSA), wenn er einen einheitlichen Gebührensatz bestimme und damit die auf die dezentrale Abwasserbeseitigung entfallenden Anteile der kalkulatorischen Kosten (Zinsen und Abschreibungen) des Kostenträgers Kläranlage (...) auf die Gesamtheit der an die dezentrale Einrichtung angeschlossenen Grundstücke abwälze, obwohl das Abwasser bestimmter Grundstücke über das Pumpwerk (...) der Kläranlage (...) zugeführt werde. Denn nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts lässt sich eine grundstücksgenaue Zuordnung, wessen Abwasser wo gereinigt wird, gerade nicht vornehmen (s. o.: Nr. 1 Buchst a).

c) Zu Unrecht rügt der Kläger, der Beklagte habe bei der Kalkulation des Gebührensatzes nicht bedacht, dass zur Bildung von Abschreibungssätzen die Investitionskosten für die Kläranlage nicht nur um die erhaltenen Fördermittel, sondern auch um kalkulierte Beiträge zu mindern sei. Es kann dahinstehen, wie ein gebührenmindernder Abzug von Beiträgen i. S. d. § 5 Abs. 2 a Satz 2 Halbs. 2 KAG LSA vorzunehmen ist. Denn bei der Kalkulation von Gebühren für die dezentrale Abwasserbeseitigung sind Beiträge nach keiner der vom Kläger erwogenen Methoden abzusetzen. Wird neben einer dezentralen Einrichtung zur Abwasserbeseitigung - wie hier - eine zentrale Einrichtung zur Abwasserbeseitigung als rechtlich selbständige Einrichtung betrieben, so kann und darf das Aufkommen aus Beiträgen für die zentrale öffentliche Abwasserbeseitigung i. S. d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA gebührenmindernd nur bei der Einrichtung für die zentrale Abwasserbeseitigung berücksichtigt werden. Beiträge können nach § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA nur für leitungsgebundene Einrichtungen erhoben werden. Diejenigen aber, die - wie der Kläger - an die dezentrale Abwasserbeseitigungseinrichtung angeschlossen sind und infolgedessen zu Beiträgen i. S. d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA nicht herangezogen werden können, können auch nicht davon profitieren, dass andere Beiträge zur Deckung des Aufwands für eine Einrichtung gezahlt haben, die der Kläger nicht nutzt und nicht nutzen kann.

d) Aus demselben Grund neben der Sache liegt der Einwand, die Festsetzung der Gebühren für die dezentrale Abwasserbeseitigung führe dazu, dass das Verhältnis von Investitionskostendeckung durch Beiträge einerseits und Gebühren andererseits verändert werde und dass das Aufkommen aus Gebühren und Beiträgen den Gesamtaufwand überschreite. Der Grad der Aufwandsdeckung durch Beiträge für die Herstellung der zentralen Abwasserbeseitigungsanlage des Beklagten hat mit der Erhebung von Gebühren für die dezentrale Abwasserbeseitigung nichts zu tun, weil der Aufwand zu unterscheidende rechtlich selbständige Einrichtungen betrifft. Wie der Kläger selbst deutlich macht, hat der Beklagte den Deckungsgrad anhand eines bestimmten Anteils der "beitragsfähigen Investitionskosten" bemessen. Der Aufwand für die Anlageteile der Kläranlage Merschwitz, die ausschließlich durch die dezentrale Abwasserbeseitigungseinrichtung genutzt werden, ist jedoch nicht beitragsfähig, weil Beiträge nach § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA nur für zentrale leitungsgebundene Einrichtungen, nicht aber für dezentrale Abwasserbeseitigungseinrichtungen erhoben werden können (s. o. Nr.: 1 Buchst. c).

e) Ohne Erfolg schließlich wendet der Kläger ein, in der Gebührenkalkulation sei das Entgelt, dass der Beklagte für die Überleitung von Abwasser vom Pumpwerk (...) zur Kläranlage in (...) an den Betreiber dieser Anlage zu zahlen habe, unberücksichtigt geblieben. Wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat, hätte die Berücksichtigung dieses Entgelts bei der Kalkulation neben den Betriebskosten dazu geführt, dass der kalkulierte Aufwand zu niedrig bemessen und die festgesetzte Gebühr nicht kostendeckend wäre. Damit indes lässt sich die Gültigkeit des in der Satzung bestimmten Gebührensatzes nicht in Frage stellen.

Zwar ist die der Bestimmung des Gebührensatzes zugrunde liegende Kalkulation methodisch fehlerhaft, wenn sie gebührenfähigen Aufwand unberücksichtigt lässt. Indes ist eine Gebührensatzung nicht bereits deshalb nichtig, weil der Verbandsversammlung anlässlich des Satzungsbeschlusses keine oder lediglich eine methodisch fehlerhafte Gebührendarfsberechung vorgelegen hat. Daran hält der Senat auch unter Berücksichtigung der in einem obiter dictum enthaltenen Erwägungen des 2. Senats (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 09.03.2004 - 2 L 259/03 - BA S. 7 ff.) fest:

Satzungen sind als Rechtsnormen nur dann nichtig, wenn sie gegen das Gesetz oder die Verfassung verstoßen. Weder die Gemeindeordnung noch das Kommunalabgabengesetz enthalten Verfahrensregelungen, nach denen eine Gemeinde oder ein Zweckverband gehalten wäre, vor der Bestimmung eines Gebührensatzes in einer Gebührensatzung eine Gebührenkalkulation zu erstellen oder erstellen zu lassen. Das mag wünschenswert erscheinen, um einen möglichen Verstoß gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot zu vermeiden. Unterlässt gleichwohl eine Gemeinde, den höchstzulässigen Abgabensatz in einer Gebührenbedarfsberechnung zu ermitteln, so liegt darin allein kein Verstoß gegen gesetzliche Regelungen, sofern dem Aufwandsüberschreitungsverbot im Ergebnis Rechnung getragen ist.

Der Einwand, die Gemeinde könne das ihr eingeräumte Ermessen, innerhalb der gesetzlichen Grenzen über die Höhe des Gebührensatzes zu entscheiden, nicht sachgerecht ausüben, sofern dem Gemeinderat als dem zuständigen Rechtsetzungsorgan (vgl. § 44 Abs. 3 Nr. 6 GO LSA) eine methodisch fehlerfreie Gebührenbedarfsberechnung nicht vorliege, ändert daran nichts. Satzungsrechtliche Normen sind, wie Rechtsnormen im Übrigen auch, einzig dann nichtig, wenn der Normgeber zwingende höherrangige formelle oder materielle Rechtsvorschriften nicht beachtet hat.

Formelle Gründe, eine Gebührenbedarfsberechnung zu verlangen, bestehen nach der Rechtslage in Sachsen-Anhalt nicht, weil § 44 Abs. 3 Nr. 6 GO LSA, anders als die Kommunalverfassungen anderer Bundesländer, nach denen dem Gemeinderat die Ermittlung der Abgabensätze obliegt (vgl. § 22 KV MV; dazu: OVG MV, Beschl. v. 15.07.2003 - 1 M 60/03 -, DVBl. 2003, 1224 <1225; nur LS>), lediglich bestimmt, dass dem Gemeinderat die Festsetzung allgemein geltender öffentlicher Abgaben obliegt.

Auch der Einwand, der Satzungsgeber könne das ihm bei der Festsetzung des Gebührensatzes eröffnete Ermessen zur Bestimmung des Kostendeckungsgrades nicht sachgerecht ausüben, wenn ihm wegen fehlender oder methodisch fehlerhafter Gebührenbedarfsberechungen keine zutreffende Darstellung des kostendeckenden Gebührensatzes zur Verfügung stehe, ist unbegründet. Dieser Einwand verkennt den grundlegenden Unterschied zwischen der gerichtlichen Kontrolle von Verwaltungsakten einerseits und Rechtsnormen andererseits. Während die Rechtmäßigkeit einer behördlichen Ermessensentscheidung davon abhängt, ob die Behörde von ihrem Ermessen dem Zweck der Ermächtigung entsprechend Gebrauch gemacht hat (vgl. § 40 VwVfG LSA), so dass die Entscheidung fehlerhaft ist, wenn die Behörde nicht alle abwägungsrelevanten Tatsachen zutreffend ermittelt und bei der Abwägung entsprechend ihrem Gewicht berücksichtigt hat (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Auflage 2003, § 40 Rdnr. 62), ist eine Rechtsnorm und damit auch eine Gebührensatzung aus inhaltlichen Gründen nur dann ungültig, wenn sie im Ergebnis dem höherrangigen Recht widerspricht. Ohne Bedeutung ist demgegenüber für die Gültigkeit einer Satzung wie eines formellen Gesetzes, ob dem Gesetzgeber für die Regelung eine Gesetzesbegründung vorlag, ob diese Gesetzesbegründung auf fehlerfreien Annahmen beruht und ob der Gesetzgeber bei dem Gesetzesbeschluss von den zutreffenden Vorstellungen ausgegangen ist (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 24.10.2003 - 1 L 301/03 -), sofern jedenfalls das Ergebnis des Gesetzgebungsverfahrens mit höherrangigem Recht vereinbar ist. Diese Übereinstimmung mit höherrangigem Recht hängt nicht von den subjektiven Vorstellungen der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organe oder einzelner ihrer Mitglieder ab (vgl. BVerfGE 1, 299 <312>). Das gesetzgeberische Ermessen findet im Satzungsbeschluss seinen Ausdruck. Ob und wie diese Ermessensentscheidung begründet worden ist, wirkt sich auf die Gültigkeit der Satzung nicht aus, solange der festgesetzte Gebührensatz nicht gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot des § 5 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 KAG LSA verstößt.

Deshalb kommt es nicht darauf an, ob der Satzungsgeber eine (zutreffende) Vorstellung von der Höhe kostendeckender Gebühren gehabt hat als er den Gebührensatz beschlossen hat. Das gilt auch und insbesondere für die in der Entscheidung des 2. Senats hervorgehobene Frage der Bestimmung des Kostendeckungsgrades (OVG LSA, Beschl. v. 09.03.2004 - 2 L 259/03 - BA S. 8 f.). Die Bestimmung eines unter 100 v. H. liegenden Kostendeckungsgrades (vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 KAG LSA) hat seinen Grund vielfach gerade in der Unsicherheit, ob bestimmte Kostenpositionen aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen ganz oder nur teilweise umlagefähig sind. Sie erfolgt, um den Bestand der Satzung auch für den Fall zu sichern, dass ein Verwaltungsgericht in einem nachfolgenden gerichtlichen Verfahren einzelne Kostenpositionen als nicht gebührenfähig erkennt. Diesem Willen Rechnung zu tragen, wäre nicht möglich, wenn der Gebührensatz bereits deshalb ungültig wäre, weil bei der Gebührenbedarfsmessung einzelne Kostenpositionen nicht oder nicht in diesem Umfang gebührenfähig sind. Ein unter der Gebührenobergrenze liegender und mangels Gebührenbedarfsberechnung nichtiger Gebührensatz könnte dann sogar rückwirkend durch einen kostendeckenden höheren Gebührensatz ersetzt werden, weil das Schlechterstellungsverbot i. S. d. § 2 Abs. 2 Satz 4 KAG LSA auf die rückwirkende Ersetzung nichtiger Satzungen keine Anwendung findet (vgl. dazu: OVG LSA, Beschl. v. 25.10.2003 - 2 M 450/03 -). Auch § 5 Abs. 3 Satz 3 KAG LSA, wonach Kommunen bei der Gebührenbemessung und bei der Festlegung der Gebührensätze auch zugunsten bestimmter Gruppen von Gebührenpflichtigen soziale Gesichtspunkte berücksichtigen können, sofern daran ein öffentliches Interesse bestehe, ist nicht geeignet, eine andere Sicht der Dinge zu rechtfertigen. Das gilt schon deshalb, weil diese Bestimmung, wie Wortlaut und systematische Stellung im § 5 KAG LSA verdeutlichen, allein die Gebührenbemessung und damit den Maßstab betrifft. Macht der Satzungsgeber von der Ermächtigung in § 5 Abs. 3 Satz 3 KAG LSA Gebrauch und bestimmt zugunsten bestimmter Gruppen aus sozialen Gründen abweichend von § 5 Abs. 3 Satz 1 KAG LSA einen anderen Gebührensatz, so führt dies, weil es sich um eine Maßstabsregelung und nicht um eine Billigkeitsregelung handelt, nur dazu, dass ein auf die Festsetzung nach § 5 Abs. 3 Satz 3 KAG LSA zurückgehender Mehrbedarf auf die Gesamtheit der übrigen Abgabenschuldner zu verteilen ist, so dass der in der Entscheidung des 2. Senats unterstellte Zusammenhang zwischen der Ermittlung des gebührenfähigen Aufwands und der Ermessensentscheidung, ob von der Möglichkeit nach § 5 Abs. 3 Satz 3 KAG LSA Gebrauch gemacht werden soll, nicht besteht.

Der Senat hat keine Veranlassung, vor einer Entscheidung in dieser Sache zur Auslegung des § 5 KAG LSA eine Entscheidung des Großen Senats herbeizuführen, weil gemäß §§ 12 Abs. 1, 11 Abs. 2 VwGO die Ausführungen in einem obiter dictum nicht eine Vorlage gebieten, sondern nur Rechtsfragen, die für die Vorentscheidung entscheidungserheblich gewesen sind (Pietzner, in: Schoch/Schmidt-Aßmann, VwGO, § 11 Rdnr. 31 m. w. N; Geiger in: Eyermann, VwGO, 10. Aulage, § 11 Rdnr. 3).

2) Eine Zulassung der Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO kommt nicht in Betracht, weil es auf die vom Kläger als grundsätzlich klärungsbedürftig angesehene Frage, wie die Beiträge von den für die Bildung von Abschreibungssätzen maßgeblichen Anschaffungs- und Herstellungskosten abzusetzen sind (vgl. dazu: § 5 Abs. 2 a Satz 2 Halbs. 2 KAG LSA), nicht ankommt. Denn bei der Kalkulation der Gebühren für die dezentrale Abwasserbeseitigung sind Beiträge nach keiner der vom Kläger erwogenen Methoden abzusetzen. Wird neben einer dezentralen Einrichtung zur Abwasserbeseitigung - wie hier - eine zentrale Einrichtung zur Abwasserbeseitigung als rechtlich selbständige Einrichtung betrieben, so kann und darf das Aufkommen aus Beiträgen für die zentrale öffentliche Abwasserbeseitigung i. S. d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA gebührenmindernd nur bei der Einrichtung für die zentrale Abwasserbeseitigung berücksichtigt werden. Denn Beiträge können nach § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA nur für leitungsgebundene Einrichtungen erhoben werden. Diejenigen hingegen, die - wie der Kläger - an die dezentrale Abwasserbeseitigungseinrichtung angeschlossen sind und infolgedessen zu Beiträgen i. S. d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA nicht herangezogen werden dürfen, können nicht davon profitieren, dass andere Beiträge zur Deckung des Aufwands für eine Einrichtung gezahlt haben, die sie nicht nutzen (können).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 2 GKG. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO, 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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