Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 30.01.2003
Aktenzeichen: 1 L 459/02
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 114 I S 1
Sieht eine Satzung vor, dass der Anschlusskanal einschließlich Revisionsschacht grundsätzlich bis einen Meter hinter der Grundstücksgrenze gesetzt wird, so ist die Frage, ob ein Ausnahmefall vorliegt, der ein Abweichen rechtfertigt, eine Rechtsfrage und nicht eine Frage der Begründung der Ermessensentscheidung. Lässt sich der Abwasserzweckverband bei der Bestimmung der Lage von Revisionsschächten von einheitliche Maßstäben leiten, so ist diese Ermessenspraxis auch dann nicht willkürlich, wenn bauausführende Betriebe in Einzelfällen von diesen Vorgaben ohne Billigung des Verbandes abweichen.
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT URTEIL

Aktenz.: 1 L 459/02

Datum: 30.01.2003

Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen die Aufforderung des Beklagten, den Anschluss an die öffentliche zentrale Trinkwasserversorgungsanlage zu dulden. Sie sind Eigentümer des in der .... Straße 14 in der Gemeinde B... belegenen Grundstücks.

Mit Bescheid vom 30. November 1998 gab der Beklagte den Klägern auf, die Herstellung einer Hausanschlussleitung einschließlich eines Revisionsschachtes auf ihrem Grundstück, zirka einen Meter hinter der straßenseitigen Grundstücksgrenze durch eine vom Beklagen beauftragte Baufirma zu dulden. Der Beklagte ordnete die sofortige Vollziehung an. Den dagegen am 03. Dezember 1998 erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 1999 zurück. Bereits am 04. Dezember 1998 wurde die Hausanschlussleitung einschließlich Revisionsschacht bis zirka einen Meter hinter der straßenseitigen Einfriedung auf dem Grundstück der Kläger errichtet.

Mit der am 16. August 1999 erhobenen Klage haben die Kläger geltend gemacht, die Duldungsverfügung sei rechtswidrig, weil die Satzung des Beklagten, deren formelle Wirksamkeit fraglich sei, die Verlegung der Hausanschlussleitung und des Revisionsschachtes auch im Straßenraum zulasse und die Inanspruchnahme des Grundstücks der Kläger eine unverhältnismäßige Beschränkung des Eigentumsrechts der Kläger darstelle, zumal die Verlegung außerhalb des Grundstücks der Kläger auf dem Gehweg auch tatsächlich möglich sei. Zudem habe der Beklagte den Revisionsschacht entgegen der Regelung in der Satzung nicht bis einen Meter, sondern zirka 2,50 m hinter der Grundstücksgrenze gesetzt, weil er verkannt habe, dass die Einfriedung nicht auf der Grundstücksgrenze, sondern erst in einem Abstand von zirka 1,50 m von der Grundstücksgrenze entfernt verlaufe. Abgesehen davon habe der Beklagte die Revisionsschächte bei den Grundstücken W... Straße 4 und W.... Straße 5 auch vor die Einfriedung gesetzt. Es sei deshalb nicht nachvollziehbar, warum der Beklagte bei den Klägern anders verfahre.

Sie haben beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 30. November 1998 und dessen Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 1999 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Revisionsschacht zu entfernen und außerhalb des Grundstücks neu zu erstellen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen,

und dazu vorgetragen: Zwar sei der Revisionsschacht entgegen der Regelung in der Satzung nicht einen Meter hinter der Grundstücksgrenze gesetzt worden, weil der Beklagte nicht erkannt habe, dass die straßenseitige Einfriedung des Grundstücks nicht dem Grundstücksgrenzverlauf entspreche. Das jedoch hätten die Kläger selbst zu vertreten, weil sie den Beklagten auf den tatsächlichen Grenzverlauf nicht hingewiesen hätten.

Das Verwaltungsgericht Halle hat die angefochtenen Bescheide mit Urteil vom 24. Juli 2002 aufgehoben, den Beklagten verurteilt, den Revisionsschacht zu entfernen und die Klage im Übrigen hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf Verpflichtung des Beklagten zur Errichtung des Revisionsschachtes außerhalb des Grundstücks der Kläger abgewiesen: Die Duldungsverfügung sei rechtswidrig, weil der Beklagte sein Ermessen, den Schacht auch jenseits eines Meters hinter der Grundstücksgrenze zu setzen, nicht ausgeübt habe. Wenngleich sich die Duldungspflicht nach dem Wortlaut des Bescheides auf eine Inanspruchnahme des Grundstücks bis zu einer Tiefe von 1 m beschränke, sei die Anordnung dahin auszulegen, dass damit die Duldung des tatsächlich errichteten Schachtes bezweckt wurde, da eine Errichtung auf dem öffentlich zugänglichen Bereich vor der Einfriedung ausdrückliche abgelehnt worden sei. Die so verstandene Regelung im Bescheid sei rechtswidrig, weil die Behörde bei den Ermessenserwägungen nicht dargelegt habe, welche Besonderheiten im vorliegenden Fall ein Abweichen von dem in der Satzung bestimmten Regelfall, wonach der Schacht grundsätzlich bis einen Meter hinter der Grundstücksgrenze errichtet werde, erforderlich machen solle. Dass die Behörde bei Erlass des Bescheides und des Widerspruchsbescheides irrtümlich davon ausgegangen sei, der Grenzverlauf stimme mit der Einfriedung überein, gehe nicht zu Lasten der Kläger, weil es zu den Amtspflichten des Beklagten gehöre, sich vor Beginn von Kanalbauarbeiten Kenntnis von den Grundstücksverhältnissen zu verschaffen. Da der Duldungsbescheid rechtswidrig sei, stehe den Klägern auch ein Anspruch auf Beseitigung des errichteten Revisionsschachtes zu.

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung macht der Beklagte geltend, dass die Ermessensentscheidung des Beklagten hinsichtlich des Standorts für den Revisionsschacht auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass sich der Beklagte hinsichtlich des Grenzverlaufs geirrt habe, nicht zu beanstanden sei. Der Sinn der satzungsrechtlichen Regelung, wonach die Revisionsschächte auf den Grundstücken der Anschlussnehmer in einem Bereich bis zu einem Meter hinter der Grundstücksgrenze gesetzt werden, bestehe darin, Mehraufwendungen zu vermeiden, die entstünden, wenn ein Revisionsschacht im Straßenraum errichtet und dabei andere dort verlegte Leitungen umverlegt werden müssen. Ferner diene die Wahl des Standorts dem Schutz des Revisionsschachtes vor dem unbefugten Zugriff Dritter. Auf diese Erwägungen habe er in den angefochtenen Bescheiden hingewiesen.

Er beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle - 1. Kammer - vom 24. Juli 2002 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie beziehen sich der Sache nach auf ihr Vorbringen in der ersten Instanz.

Gründe:

II.

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben.

1) Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens nicht überschritten sind und von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde (vgl. § 114 Satz 1 VwGO).

a) Rechtsgrundlage für die angefochtene Duldungsverfügung des Beklagten ist § 9 Abs. 1 Satz 2 der Satzung über die Entwässerung und den Anschluss an die öffentliche Abwasseranlage des Abwasserzweckverbandes Saalkreis-Ost (Allgemeine Entwässerungssatzung - AES) vom 25. April 1998 (Amtsblatt der VWG Saalkreis-Ost Nr. 8/1998 vom 21.08.1998, S. 5).

aa) Es liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass diese Satzung aus formellen Gründen zu beanstanden sein könnte. Der Vortrag der Kläger hierzu erschöpft sich in einer reinen Mutmaßung. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass die Satzung nicht ordnungsgemäß veröffentlicht sein könnte. Denn die Bekanntgabe der Satzung in der Ausgabe Nr. 8/1998 vom 21. August 1998 des Amtsblattes der Verwaltungsgemeinschaft Saalkreis-Ost entspricht der Regelung in § 16 Abs. 4 der Verbandssatzung des Abwasserzweckverbandes Saalkreis-Ost vom 29. Mai 1997 (Saalkreis-Kurier vom 18. Juni 1998, S. 9). Der Senat hat auch im Hinblick auf die Anregung der Kläger keine Veranlassung, gemäß § 86 Abs. 1 VwGO weitere Ermittlungen zum ordnungsgemäßen Zustandekommen der Satzung anzustellen. Selbst wenn dem Beklagten dabei Verfahrens- oder Formfehler unterlaufen sein sollten, wären diese gemäß §§ 6 Abs. 4 Satz 1 GO LSA, 16 Abs. 1 GKG LSA nur beachtlich, wenn sie gegenüber dem Beklagten binnen eines Jahres seit Bekanntgabe der Satzung gerügt worden wären. Dazu haben die Kläger nichts vorgetragen.

bb) Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 AES bestimmt der Beklagte Lage und lichte Weite des Anschlusskanals und die Anordnung der Revisionsschächte/-kästen auf dem zu entwässernden Grundstück. Das dem Beklagten mit dieser Regelung eingeräumte Ermessen hinsichtlich der Bestimmung der Lage des Revisionsschachtes ist ihm jedoch nur nach Maßgabe des § 9 Abs. 3 Satz 1 AES eröffnet. Nach dieser Bestimmung lässt der Beklagte den Anschlusskanal für das Schmutzwasser einschließlich des Revisionsschachtes grundsätzlich bis etwa 1 m hinter der Grundstücksgrenze herstellen. Von diesem Regelfall ist der Beklagte im vorliegenden Fall abgewichen. Zwar werden die Kläger nach dem Wortlaut im Tenor des Duldungsbescheides des Beklagten vom 30. November 1998 verpflichtet, die Errichtung eines Grundstücksanschlusses einschließlich Revisionsschachtes auf ihrem Grundstück bis etwa 1 m hinter der Grundstücksgrenze zu dulden. Indes lässt die Begründung des Bescheides und des Widerspruchsbescheides - wie das Verwaltungsgericht zutreffend darlegt - hinreichend deutlich erkennen, dass die Kläger verpflichtet werden sollen, die Errichtung des Schachtes etwa 1 m hinter der Einzäunung zu dulden. Denn der Beklagte stellt tragend darauf ab, die Standortwahl beruhe auf der Erwägung, dass die Errichtung des Revisionsschachtes auf dem vorgesehen Standort eine hinreichende Sicherheit vor dem unbefugten Zugriff Dritter biete. Diese Erwägung würde keinen Sinn ergeben, wenn der Beklagte für den Revisionsschacht den von der Straße gesehen vor der Einfriedung liegenden Standort 1 m hinter der Grundstücksgrenze gewählt hätte, der mangels Einfriedung oder sonst äußerlich erkennbarer Abgrenzung jedermann zugänglich ist.

Der Beklagte durfte auch von dem in § 9 Abs. 3 Satz 1 AES vorgesehen Regelfall der Errichtung des Schachtes 1 m hinter der Grundstücksgrenze abweichen und den Schacht etwa 2,50 m hinter der Grundstücksgrenze setzen, weil die Satzung durch die Formulierung "grundsätzlich" für den Ausnahmefall einen abweichenden Standort zulässt. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist die Frage, ob ein Ausnahme vorliegt, eine Rechtsfrage und nicht eine Frage der Begründung der Ermessensentscheidung. Liegt ein Regelfall vor, so ist dem Beklagten die Befugnis, von der Regel in § 9 Abs. 3 Satz 1 AES nach eigenem Ermessen abzuweichen, nicht eröffnet. Erst wenn die gerichtlich voll nachprüfbare Frage, ob ein Ausnahmefall vorliegt, bejaht wird, ist dem Beklagten ein Ermessen eröffnet. Der Sinn der Regelung liegt darin, die Grundstücke der Anschlussnehmer durch für den Anschluss erforderliche Bauten nur in Anspruch zu nehmen, soweit dies für einen sicheren und störungsfreien Betrieb der Einrichtung notwendig ist. Die für den Regelfall vorgesehene Beschränkung des Maßes der Inanspruchnahme von Grundstücken der Anschlussnehmer soll sicherstellen, dass diese in den Nutzungsmöglichkeiten sowenig wie möglich beschränkt werden. Kann jedoch durch den Einbau eines Revisionsschachtes bis 1 m hinter der Grundstücksgrenze ein sicherer und störungsfreier Betrieb ausnahmsweise nicht hinreichend sichergestellt werden, so darf der Beklagte die Lage des Schachtes gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 AES abweichend von § 9 Abs. 3 Satz 1 AES nach seinem Ermessen bestimmen.

Im vorliegendem Fall liegt ein Ausnahmefall vor. Würde der Revisionsschacht bis 1 m hinter der Grundstücksgrenze gesetzt, so befände er sich noch außerhalb der durch den Zaun gegen unbefugten Zugriff besonders geschützten öffentlich zugänglichen Teil des Grundstücks der Kläger. Der Beklagte sieht die Errichtung des Revisionsschachtes auf den Grundstücken der Anschlussnehmer nicht nur vor, um zu verhindern, dass Mehraufwendungen entstehen, die erforderlich würden, wenn im öffentlichen Verkehrsraum durch den Einbau eines Revisionsschachtes die Verlegung vorhandener Leitungen erforderlich würde. Vielmehr soll die Errichtung auf den Grundstücken der Anschlussnehmer darüber hinaus sicherstellen, dass der Betrieb nicht durch den unbefugten Zugriff Dritter auf den Schacht gestört wird. Der Schutz vor dem Zugriff durch unbefugte Dritte kann jedoch im vorliegenden Fall, anders als dies der Satzungsgeber für den Regelfall als zutreffend angenommen hat, nicht erreicht werden, weil sich die straßenseitige Einfriedung des Grundstücks, die den öffentlich zugänglichen Straßenraum äußerlich erkennbar vom befriedeten Besitztum der Kläger abgrenzt, anders als im Regelfall, nicht auf der Grundstücksgrenze, sondern etwa 1 1/2 m hinter der Grundstücksgrenze auf dem Grundstück der Kläger befindet.

b) Darf der Beklagte somit nach § 9 Abs. 1 Satz 2 AES die Lage des Schachtes nach eigenem Ermessen bestimmen, so ist die Ermessensentscheidung dann nicht zu beanstanden, wenn er sein Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausgeübt und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten hat (vgl. § 40 VwVfG LSA).

aa) Gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides könnte nicht mit Erfolg eingewendet werden, der Beklagte habe sein Ermessen entgegen § 40 VwVfG LSA nicht ausgeübt. Zwar lassen sich Ermessenserwägungen dem Wortlaut der Begründung des Bescheides vom 30. November 1998 und des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 1999 ausdrücklich nicht entnehmen. Anhand der Erwägungen, die der Beklagte zur Rechtfertigung der satzungsrechtlichen Regelung in § 9 Abs. 3 Satz 1 AES anstellt, namentlich hinsichtlich des Schutzes der Übergabestellen vor dem unbefugten Zugriff Dritter, wird jedoch deutlich, welche Gründe für den Beklagten bei der Festlegung des Standorts des Revisionsschachtes maßgeblich gewesen sind. Zwar hat der Beklagte bei seiner Entscheidung verkannt, dass er das Grundstück der Kläger auch in einer über eine Grundstückstiefe von 1 m hinausgehende Tiefe in Anspruch nehmen muss, um den von ihm mit der Standortbestimmung bezweckten Schutz der Anlage erreichen zu können. Indes hat der Beklagte im gerichtlichen Verfahren in nach § 114 Satz 2 VwGO zulässiger Weise dargelegt, dass und warum er die zusätzliche Inanspruchnahme des Grundstücks der Kläger als notwendig erachtet.

Zu Unrecht wendet das Verwaltungsgericht gegen diesen für den Beklagten bestimmenden Gesichtspunkt für die Wahl des Standortes des Revisionsschachtes ein, es sei nicht erkennbar, dass die satzungsrechtliche Ausgestaltung des Anschlusszwanges von der Erwägung getragen werde, dass Revisionsschächte auf umfriedeten Grundstücksbereichen zu erstellen sind. Der Beklagte hat in den angefochtenen Bescheiden dargelegt, dass der Zweck des § 9 Abs. 3 Satz 1 AES darin besteht, die Gefahr des Zugriffs unbefugter Dritter auf den Schacht durch den Einbau auf den Grundstücken der Anschlussnehmer zu mindern. Diese Erwägung ist angesichts der Erfahrungstatsache, dass die Bereitschaft, auf den Revisionsschacht unbefugt zuzugreifen, geringer ist, wenn dieser nicht öffentlich zugänglich, sondern auf befriedetem Besitztum befindlich ist, nicht zu beanstanden. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob das Grundstück durch einen Zaun oder ähnliche Einrichtungen gegen unbefugten Zutritt besonders gesichert sind. Es genügt, dass der Ort, an dem der Schacht eingebaut wird, äußerlich erkennbar als Privatgrundstück genutzt wird und deshalb der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist.

bb) Der Beklagte hat sein Ermessen auch dem Zweck der Ermächtigung entsprechend ausgeübt. Er hat im angefochtenen Bescheid und im Widerspruchsbescheid der Sache nach geltend gemacht, die Errichtung des Schachtes hinter der Einfriedung sei erforderlich, um sicherzustellen, dass die Anlage infolge ihrer Lage innerhalb des befriedeten Besitztums vor dem unbefugten Zugriff Dritter hinreichend sicher ist. Diese Erwägung entspricht dem in § 9 Abs. 3 Satz 1 AES zum Ausdruck gebrachten Zweck des in der Satzung vorgesehenen Einbaus der Revisionsschächte auf den jeweiligen Grundstücken der Anschlussnehmer.

cc) Der Beklagte hat auch die gesetzlichen Grenzen des Ermessens i. S. d. § 40 VwVfG LSA beachtet.

() Die gesetzlichen Grenzen des Ermessens werden durch das aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Willkürverbot bestimmt. Der Beklagte hat sich bei der Ausübung seines Ermessens von einheitlichen Maßstäben leiten lassen, wenngleich die Revisionsschächte in zwei Fällen, nämlich bei den Grundstücken Wurper Straße 4 a und 5, vor die Einfriedung gesetzt worden sind. Der Beklagte hat hierzu in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, er habe die Baubetriebe, die die Grundstücksanschlüsse in seinem Auftrag hergestellt haben, angewiesen, die Grundstücksanschlüsse im Benehmen mit den Grundstückseigentümern bis auf die jeweiligen Grundstücke der Anschlussnehmer an Stellen zu setzen, die einen Schutz vor dem unbefugten Zugriff Dritter gewährleisten, es sei denn, die Grundstücksbebauung lasse die Errichtung des Revisionsschachtes auf dem Grundstück des Anschlussnehmers nicht zu. Warum die Revisionsschächte bei den Grundstücken W.... Straße 4 a und 5 abweichend davon jeweils in dem öffentlich zugänglichen Bereich der Grundstücke der Anschlussnehmer gesetzt worden sind, sei ihm nicht erklärlich. Dies könne nur auf Absprachen beruhen, die der Baubetrieb ohne seine Billigung mit den Anwohnern vor Ort getroffen habe. Diese Ausführungen machen nach Auffassung des Senats deutlich, dass die Anordnung der Revisionsschächte in den o. g. beiden Fällen auf von den Vorgaben des Beklagten nicht gedeckten und vom Beklagten nicht autorisierten Abweichungen des Baubetriebes beruhen. Nicht autorisierte Abweichungen von der Verwaltungspraxis des Beklagten haben indes bei der Frage der Selbstbindung außer Betracht zu bleiben (vgl. BVerwGE 86, 55; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 5. Auflage, zu § 40 Rdnr. 111).

Die weiteren von den Klägern herangezogenen Vergleichsfälle, in denen Revisionsschächte nicht auf befriedetem Besitztum, sondern im öffentlich zugänglichen Straßenraum verlegt worden sind, vermögen die von dem Beklagten dargelegten Maßstäbe für die einheitliche Ermessensausübung nicht in Frage zu stellen, weil sie darauf beruhen, dass die Grundstücke bis zur Straßengrenze bebaut sind, so dass die Errichtung des Schachtes auf den Grundstücken der Anschlussnehmer nicht möglich war.

() Entgegen der Auffassung der Kläger verstößt die Inanspruchnahme des Grundstücks nicht gegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG. Die Inanspruchnahme von Grundstücken zur Durchsetzung des Anschluss- und Benutzungszwanges ist eine zulässige Inhaltsbestimmung i. S. d. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG. Deshalb ist es entgegen der Auffassung der Kläger nicht von Belang, ob es technisch möglich ist, den Revisionsschacht auch vor die Einfriedung zu setzen. Dass und warum die Kläger durch die Duldungsverfügung in ihren Möglichkeiten, das Grundstück sinnvoll und angemessen zu nutzen, durch die Ausgestaltung des Anschlusses im vorliegenden Fall über das notwendige Maß hinaus unangemessen und unzumutbar beschränkt werden, ist weder erkennbar noch geltend gemacht.

2) Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf Beseitigung des bereits errichteten Schachtes. Die §§ 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO, 1004 Abs. 1 BGB analog scheiden als Anspruchsgrundlagen aus, weil der angefochtene Bescheid des Beklagten nach den vorstehenden Ausführungen rechtmäßig ist und die Kläger infolgedessen analog § 1004 Abs. 2 BGB analog zur Duldung der Störung verpflichtet sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.



Ende der Entscheidung

Zurück