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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 07.02.2008
Aktenzeichen: 1 L 72/07
Rechtsgebiete: LSA-VwVfG


Vorschriften:

LSA-VwVfG § 48 Abs. 2
Unterlässt es ein Zuwendungsempfänger, entgegen seiner Verpflichtung aus Ziffer 5.5.1 ANBest-P auf die Inanspruchnahme anderweitiger Fördermittel hinzuweisen, so kann er sich grundsätzlich nicht auf Vertrauensschutz berufen; vielmehr liegen dann regelmäßig die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG LSA ("erwirkt") vor.
Gründe:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle - 1. Kammer - vom 21. Februar 2007 hat keinen Erfolg.

Die Berufung ist zunächst nicht wegen der vom Kläger geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung i. S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung bestehen dann, wenn der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg. Gemäß § 124 a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO ist der Zulassungsgrund in der gebotenen Weise darzulegen. Dies erfordert, dass ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten infrage gestellt wird. Der Zulassungsantrag hat sich substantiiert mit den Gründen der angegriffenen Entscheidung auseinander zu setzen und unter anderem konkret auszuführen, dass die erhobenen Einwände entscheidungserheblich sind (vgl. OVG LSA, B. v. 9.1.2007 - 1 L 265/06 - m. w. N.). In Anlehnung an diesen Maßstab lassen sich überwiegende Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht feststellen.

Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht von der Anwendbarkeit des § 48 VwVfG LSA ausgegangen, denn es handele sich bei dem hier streitgegenständlichen Zuwendungsbescheid vom 28. Mai 2002 nicht um einen rechtswidrigen, sondern um einen rechtmäßigen Verwaltungsakt, auf dessen Rücknahme die Regelung des § 49 VwVfG LSA anwendbar sei. Dieser Rechtsauffassung vermag der Senat nicht zu folgen. Vielmehr ist - mit dem Verwaltungsgericht - davon auszugehen, dass der Bescheid des Beklagten vom 28. Mai 2002 rechtswidrig ergangen ist, und zwar aufgrund falscher bzw. unterlassener Angaben des Klägers. Gemäß Ziffer 5.4.4 der vom Kläger in seinem Förderantrag vom 20. Februar 2002 ausdrücklich in Bezug genommenen Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Pilot- und Demonstrationsanlagen im Rahmen des Energieprogramms (RdErl. des MW v. 19.9.1991, MBl. S. 1056, geändert durch RdErl. v. 4.2.1993, MBl. S. 1081) durfte für das zur Förderung angemeldete Projekt - Entwicklung einer Vergasungsanlage zur Erzeugung eines hochkalorischen Brenngases aus Biomassen - lediglich ein Zuschuss in Höhe von maximal 40 v. H. des Projektvolumens gewährt werden. In Anbetracht des vom Kläger mit 430.000,00 Euro angegebenen Gesamtvolumens war der vorgenannte Höchstförderungsbetrag bereits durch die dem Kläger seitens der Stiftung Klimaschutz Sachsen-Anhalt mit Bescheid vom 12. April 2002 bewilligte Zuwendung in Höhe von bis 245.000,00 Euro erreicht.

Entgegen der Rechtsauffassung des Klägers ist die eindeutige Regelung in der vorgenannten Förderrichtlinie des MW nicht dahin gehend zu verstehen, dass bei der Bemessung des Förderhöchstbetrages ausschließlich auf eine Förderung nach dieser Richtlinie abzustellen wäre, sondern es kommt auf die Gesamtförderung eines Projektes - gerade auch unter Berücksichtigung anderweitiger Förderungen - an. Dem steht auch nicht der von dem Kläger zitierte Satz in Ziffer 4 der Förderrichtlinie entgegen: "Zuwendungen aus anderen Förderprogrammen schließen die Förderung nicht grundsätzlich aus"; damit soll zwar grundsätzlich die Möglichkeit einer anderweitigen Förderung eingeräumt werden, allerdings ist deren Höhe stets bei der Bemessung der 40 %igen Förderhöchstsumme im Rahmen der Förderung nach der hier maßgeblichen Richtlinie des MW zu berücksichtigen.

Unzutreffend ist auch die Rechtsauffassung des Klägers, er könne sich auf Vertrauensschutz berufen, denn er habe den Zuwendungsbescheid nicht durch falsche Angaben i. S. von § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 VwVfG LSA erwirkt. Dazu ist zunächst zu bemerken, dass der Kläger die in seinem Förderantrag vom 20. Februar 2002 zu beantwortende Frage zu Ziffer 3.4 "sonstige beantragte/bewilligte/öffentliche Förderung" schlicht unbeantwortet gelassen hat, obwohl er mit dem erst wenige Tage zuvor gestellten Antrag vom 15. Februar 2002 für dasselbe Projekt eine Projektförderung bei der Stiftung Klimaschutz Sachsen-Anhalt beantragt hatte. Im Übrigen hat es der Kläger auch in der Folgezeit unterlassen, den Beklagten entgegen der - allgemein bekannten und ihm auch im Bewilligungsbescheid vom 28. Mai 2002 ausdrücklich zur Kenntnis gegebenen - Verpflichtung gemäß Ziffer 5.5.1 der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) nachzukommen und den Beklagten über weitere beantragte oder bereits erhaltene Zuwendungen für den selben Zweck zu informieren. Dieses Verhalten des - in Förderangelegenheiten nicht unerfahrenen - Klägers lässt auch für den Senat nur den Schluss zu, dass der Kläger den Beklagten über die Tatsache einer parallel beantragten und entgegengenommenen Doppelförderung bewusst im Unklaren gelassen und damit den Erlass des hier streitbefangenen Zuwendungsbescheides erwirkt hat. Es begegnet keinem Zweifel, dass der Beklagte den Zuwendungsbescheid nicht erlassen hätte, hätte er von der Tatsache der Doppelförderung Kenntnis gehabt. Es ist letztlich rechtlich auch unerheblich, ob der Kläger sich auf eine - vermeintliche - Falschberatung durch einen nachgeordneten Bediensteten des Beklagten berufen kann. Dieser Bedienstete hat den Zuwendungsbescheid vom 28. Mai 2002 zwar bearbeitet, aber gerade nicht verantwortlich gezeichnet. Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, dass die übrigen beteiligten Bediensteten (Bl. 40 d. Beiakte A) - mangels Mitteilung durch den Kläger - aktenkundig Kenntnis von der doppelten Zuwendung(santragstellung) hatten. Abgesehen davon, dass der Senat nicht davon auszugehen vermag, dass die Mitglieder des Klägers in (förder-)rechtlichen Dingen völlig unerfahren waren, muss auch von "juristischen Laien" verlangt werden, jedenfalls die einfache Frage nach einer Beantragung bzw. dem Erhalt anderweitiger Fördermittel korrekt zu beantworten, im Zweifelsfall wenigstens den Sachverhalt der Zuwendungsbehörde wahrheitsgemäß zu schildern. Für die Richtigkeit der Angaben ist dabei stets der Förderwillige selbst verantwortlich. Mit Recht hat das Verwaltungsgericht im Übrigen darauf hingewiesen, dass sich schon aus dem vom Kläger dem Förderantrag beigefügten "Kostenvoranschlag und Kostengliederung" ergibt, dass ihm die Tatsache einer 40 %igen Maximalförderung "Fördermittel (40 %)" durchaus bekannt war.

Die Zulassung der Berufung rechtfertigt sich auch nicht wegen der von dem Kläger geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache, denn diese ist nicht den Erfordernissen des § 124 a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO entsprechend dargelegt. "Grundsätzliche Bedeutung" i. S. von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO besitzt eine Rechtssache nur dann, wenn zu erwarten ist, dass die Entscheidung im angestrebten Rechtsmittelverfahren zur Beantwortung von entscheidungserheblichen konkreten Rechts- oder Tatsachenfragen beitragen kann, die eine über den Einzelfall hinausgehende Tragweite besitzen und die im Interesse der Rechtseinheit oder Weiterentwicklung des Rechts einer Klärung bedürfen (vgl. OVG LSA, B. v. 3.1.2007 - 1 L 245/06 - m. w. N.). Dementsprechend verlangt das Darlegungsgebot des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO, dass der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert, ausführt, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich und zudem klärungsbedürftig ist und schließlich darlegt, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinaus gehende Bedeutung zukommt. Diesen Anforderungen genügt die Zulassungsbegründungsschrift nicht. Soweit die grundsätzliche Bedeutung in der Klärungsbedürftigkeit der Frage gesehen wird, "welche Anforderungen an das Vorliegen bzw. das Nichtvorliegen eines Vertrauensschutzes im Rahmen des § 48 VwVfG LSA gestellt werden müssen", wird bereits keine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage aufgezeigt, von der die Entscheidung des Rechtsstreits abhängen soll. Die weiter für klärungsbedürftig gehaltene Frage, ob sich ein "rechtschaffener Antragsteller" auf die ordnungsgemäße und rechtmäßige Behandlung eines Vorgangs durch den zuständigen Bearbeiter in der jeweils zuständigen Behörde verlassen kann, ist nicht grundsätzlich klärungsbedürftig, sondern stets unter Berücksichtigung des konkreten Einzelfalles zu entscheiden. Der Senat verweist insoweit auf seine vorstehenden Ausführungen.

Die Berufung ist auch nicht im Hinblick auf die geltend gemachte Divergenzrüge gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO zuzulassen. Der Kläger meint insoweit, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts weiche von derjenigen des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Februar 1987 (3 C 22.86) ab, in der das Bundesverwaltungsgericht folgenden Grundsatz aufgestellt habe:

"Hängt die Entscheidung des Verwaltungsrechtsstreites von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses ab, das nur von dem Gericht eines anderen Rechtsweges festgestellt werden kann, so ist in entsprechender Anwendung des § 94 VwGO das Gericht auch dann, wenn darüber noch kein Rechtsstreit anhängig ist, gehalten, das Verfahren unter Fristsetzung auszusetzen."

Zunächst zeigt der Kläger nicht auf, dass das Verwaltungsgericht einen von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts abweichenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat. Soweit der Kläger im Übrigen unter Bezugnahme auf die vorgenannte Rechtsprechung meint, das Verwaltungsgericht sei gemäß § 94 VwGO gehalten gewesen, das Verfahren im Hinblick auf einen möglichen Schadenersatzanspruch (Amtshaftung) des Klägers wegen Fehlverhaltens eines Bediensteten des Beklagten auszusetzen, geht diese Rechtsauffassung fehl. Es ist vielmehr umgekehrt so, dass mögliche Amtshaftungsansprüche gegen den Beklagten die Klärung der Frage voraussetzen, ob der Kläger die ihm bewilligte Zuwendung zurückerstatten muss. Insofern ist gerade die Klärung der hier streitgegenständlichen Rechtsfragen vorgreiflich gegenüber einem möglichen - vor den Landgerichten zu führenden - Rechtsstreit, in welchem es um eventuelle Regressansprüche geht.

Die Berufung ist schließlich auch nicht wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Soweit der Verfahrensmangel darin liegen soll, dass es das Verwaltungsgericht unterlassen habe, das Verfahren gemäß § 94 VwGO im Hinblick auf einen möglichen Amtshaftungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten auszusetzen, ist auf die vorstehenden Ausführungen zu verweisen. Soweit der Kläger daneben eine unterlassene Sachaufklärung durch das Verwaltungsgericht rügt, geht auch diese Rüge fehl. Der Einwand, das Verwaltungsgericht habe es unterlassen, sich mit der Rechtsnatur des Bewilligungsbescheides sowie der Anrechenbarkeit anderweitiger Fördermittel auf die 40-%-Quote zu beschäftigen, geht schon deswegen fehl, weil sich das Verwaltungsgericht eben mit diesen Fragen hinreichend befasst hat. Das Verwaltungsgericht war auch nicht gehalten, der Beweisanregung des Klägers im Schriftsatz vom 30. November 2006 zu entsprechen und Zeugen zu der Frage zu hören, aus welchen Motiven die Angabe der anderweitigen Förderung des Projekts durch die Stiftung Klimaschutz Sachsen-Anhalt unterlassen worden ist. Ausgehend von der allein maßgeblichen - und im Übrigen auch nach Ansicht des Senats zutreffenden -Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts dahin gehend, dass im Rahmen der Prüfung des § 48 Abs. 2 Satz 3 VwGO maßgeblich auf die unterlassene Angabe der Doppelförderung in Ziffer 3.4 des Antragsformulars abzustellen ist, bedurfte es erkennbar keiner weiteren Beweiserhebung zu der Frage, welche Beweggründe dieser Angabe zugrunde gelegen haben. Eine "Anhörung" von Mitgliedern des Klägers zu dieser Frage hätte das Urteil nicht auf eine "solidere tatsächliche und rechtliche Basis" stellen können. Unabhängig davon stellt die Aufklärungsrüge kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz, vor allem das Unterlassen von Beweisanträgen, zu kompensieren.

Ist danach der Antrag auf Zulassung der Berufung insgesamt nicht begründet, so war auch dem zugleich gestellten Begehren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussichten gemäß § 173 VwGO, 114 ZPO der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes für das Zulassungsverfahren ergibt sich aus §§ 40, 47, 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 124 a Abs. 5 Satz 4, 152 Abs. 1 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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