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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 27.04.2009
Aktenzeichen: 1 M 42/09
Rechtsgebiete: LSA-PersVG, VwGO


Vorschriften:

LSA-PersVG § 61 Abs. 1
LSA-PersVG § 66 Nr. 6
VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 123 Abs. 1
1. Gegen die Umsetzung eines Beamten kann mangels eines Verwaltungsakts keine Anfechtungsklage, sondern eine allgemeine Leistungsklage erhoben werden, die darauf gerichtet ist, die Umsetzung rückgängig zu machen und den Beamten amtsgemäß, d. h. entsprechend seinem Amt im statusrechtlichen und abstrakt-funktionellen Sinn zu beschäftigen. Dementsprechend ist die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 VwGO gemäß § 123 Abs. 5 VwGO ausgeschlossen, sondern nach Maßgabe der Regelungen des § 123 VwGO zu gewähren.

2. Ist eine Umsetzung wegen des Verfahrensfehlers der mangelnden Beteiligung des Personalrates rechtswidrig, so kann sie nur dadurch wirksam rückgängig gemacht werden, dass - jedenfalls zunächst - der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt wird.

3. Das Beteiligungsverfahren kann nicht mehr nachgeholt, der Verfahrensmangel mithin nicht mehr geheilt werden, wenn das Verwaltungsverfahren abgeschlossen ist.

4. Im Falle des Erlasses einer entsprechenden Regelungsanordnung würde der Beamte faktisch und rechtlich dieselbe Stellung erhalten, wie er sie mit einer allgemeinen Leistungsklage erstreiten könnte. Für eine dahingehende Vorwegnahme der Hauptsache besteht kein Anlass, wenn nicht dargelegt und glaubhaft gemacht wurde, dass der Beamte schlechthin unzumutbaren, anders nicht abwendbaren Nachteilen ausgesetzt wäre, wenn er auf den rechtskräftigen Abschluss eines Klageverfahrens verwiesen würde.


Gründe:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 5. Kammer - vom 17. März 2009, deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die von ihm dargelegten Gründe beschränkt ist, hat keinen Erfolg.

Die Einwendungen des Antragstellers rechtfertigen die begehrte Abänderung des angefochtenen Beschlusses nicht. Das Verwaltungsgericht hat die begehrte einstweilige Anordnung im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf das streitige Rechtsverhältnis erlassen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder wenn die Regelung aus anderen Gründen nötig erscheint. Der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sowie die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit den §§ 920 Abs. 2, 924 ZPO glaubhaft zu machen. Wird mit einer Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO die Hauptsache ganz oder teilweise vorweggenommen und dadurch in aller Regel ein faktisch endgültiger Zustand geschaffen, kann eine Regelung nur ergehen, wenn der Antragsteller in der Hauptsache zumindest überwiegende Erfolgsaussichten hat und schlechthin unzumutbaren, anders nicht abwendbaren Nachteilen ausgesetzt wäre, wenn er auf den rechtskräftigen Abschluss eines Klageverfahrens verwiesen werden müsste. Überwiegende Erfolgsaussichten in der Hauptsache bestehen hingegen nur dann, wenn der geltend gemachte Anspruch mit größter Wahrscheinlichkeit begründet ist und aller Voraussicht nach auch im Hauptsacheverfahren bestätigt werden wird (vgl.: OVG LSA, Beschluss vom 5. Januar 2007 - Az.: 1 M 1/07 -, veröffentlicht bei juris [m. w. N.]).

Vorliegend kann dahinstehen, ob dem vom Verwaltungsgericht mit Recht als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO ausgelegten Antrag schon deshalb der Erfolg versagt bleibt, weil der Antragsteller entgegen § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO seine die Umsetzung anordnende Dienstbehörde und nicht das Land Sachsen-Anhalt in Anspruch nimmt (vgl. hierzu: OVG Niedersachsen, Beschluss vom 15. März 2007 - Az.: 5 ME 295/06-, zitiert nach juris).

Jedenfalls hat der Antragsteller weder dargelegt noch glaubhaft gemacht, dass er schlechthin unzumutbaren, anders nicht abwendbaren Nachteilen ausgesetzt wäre, wenn er auf den rechtskräftigen Abschluss eines Klageverfahrens verwiesen würde. Dies wäre indes erforderlich gewesen, denn mit der hier begehrten Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO würde die Hauptsache ganz oder teilweise vorweggenommen.

Die Umsetzung eines Beamten ist kein Verwaltungsakt, da sie das statusrechtliche Amt und das funktionelle Amt im abstrakten Sinne unberührt lässt, sondern vielmehr nur eine Zuweisung eines anderen Dienstpostens (funktionelles Amt im konkreten Sinne) innerhalb der Behörde zum Gegenstand hat (siehe: BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1980 - Az.: 2 C 30.78 -, BVerwGE 60, 144). Gegen die Umsetzung eines Beamten kann mangels eines Verwaltungsakts daher keine Anfechtungsklage erhoben, jedoch Rechtsschutz in Form der allgemeinen Leistungsklage geltend gemacht werden. Diese ist darauf gerichtet, die Umsetzung rückgängig zu machen und den Beamten amtsgemäß, d. h. entsprechend seinem Amt im statusrechtlichen und abstrakt-funktionellen Sinn zu beschäftigen (siehe: BVerwG, Beschluss vom 19. August 1998 - Az.: 2 B 10.98 -, Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 38 [m. w. N.]). Dementsprechend ist die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 VwGO gemäß § 123 Abs. 5 VwGO ausgeschlossen, sondern nach Maßgabe der Regelungen des § 123 VwGO zu gewähren.

Der Senat teilt allerdings nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichtes, dass im gegebenen Fall der Anordnungsgrund schon deshalb nicht vorliegt, weil die Rückumsetzung des Antragstellers nicht möglich sei. Ist die Umsetzung wegen des Verfahrensfehlers, insbesondere wegen der - hier vom Verwaltungsgericht gerade angenommenen - mangelnden Beteiligung des Personalrats rechtswidrig, so kann sie nur dadurch wirksam rückgängig gemacht werden, dass - jedenfalls zunächst - der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt wird (siehe: BVerwG, Urteil vom 13. November 1986 - Az.: 2 C 20.84 -, BVerwGE 75, 138). Eine Umsetzung ist u. a. dann rechtswidrig und folglich rückgängig zu machen, wenn die personalvertretungsrechtlich erforderliche Zustimmung des Personalrats fehlt (BVerwG, a. a. O.).

Die organisatorische Ermessensfreiheit des Dienstherrn bei Umsetzungen und das damit korrespondierende Fehlen eines Anspruchs des Beamten auf unveränderte und ungeschmälerte Ausübung des ihm übertragenen konkreten Amtes im funktionellen Sinne haben nämlich nicht zur Folge, dass auch ein Anspruch des Beamten, eine fehlerhafte Umsetzung rückgängig zu machen, sich notwendig von vornherein nur auf eine neue ermessensfehlerfreie Entscheidung über seinen dienstlichen Einsatz beschränkt. Der Beamte kann Rechtsschutz gegen eine rechtswidrige Umsetzung in der Weise beanspruchen, dass der ihn belastende Fehler, mit dem die Umsetzung behaftet ist, ausgeräumt wird. Ist die Umsetzung deshalb fehlerhaft, weil der Personalrat an ihr nicht ordnungsgemäß beteiligt worden ist, so kann dieser Mangel nur dadurch wirksam beseitigt werden, dass der Dienstherr über den dienstlichen Einsatz des Beamten unter Wahrung des vorgeschriebenen Beteiligungsrechtes des Personalrates entscheidet (so ausdrücklich: BVerwG, Urteil vom 13. November 1986, a. a. O.).

Da der Personalrat gemäß § 66 Nr. 6 PersVG LSA bei - wie hier - anderweitiger Verwendung eines Beamten in derselben Dienststelle für eine Dauer von mehr als drei Monaten, wenn damit ein Wechsel des Dienstortes verbunden ist, mitzubestimmen hat, kann der Dienstherr eine solche Maßnahme insgesamt nur mit dessen Zustimmung treffen (§ 61 Abs. 1 PersVG LSA). Schon darüber, ob der Beamte seinen bisherigen Dienstposten aufgeben soll, kann der Dienstherr ohne Zustimmung des Personalrates nicht entscheiden. Mithin kann die infolge unterbliebener Mitbestimmung des Personalrates fehlerhafte Umsetzung nur dadurch in einer dem Rechtsschutzanspruch des Beamten genügenden Weise rückgängig gemacht werden, dass der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt, d. h. dem Beamten sein früherer Dienstposten wieder übertragen wird. Andernfalls würde das Beteiligungsrecht des Personalrates in personellen Angelegenheiten, dessen Beachtung auch der einzelne Beamte verlangen kann, im Ergebnis unterlaufen. Erst von der Rückübertragung des alten Dienstpostens ausgehend darf der Dienstherr gegebenenfalls ein neues Umsetzungsverfahren - unter ordnungsgemäßer Beteiligung des Personalrates - durchführen (siehe: BVerwG, Urteil vom 13. November 1986, a. a. O.).

Da die Beklagte bereits unter dem 16. Dezember 2008 einen Widerspruchsbescheid erlassen hat und damit das Verwaltungsverfahren abgeschlossen ist, kann das Beteiligungsverfahren - entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtes - auch nicht mehr nachgeholt, der Verfahrensmangel mithin nicht mehr geheilt werden (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 24. November 1983 - Az.: 2 C 9.82 -, BVerwGE 68, 189; OVG Niedersachsen: Beschluss vom 15. März 2007, a. a. O.).

Im Erfolgsfalle würde der Antragsteller nach alledem vorliegend mit einer entsprechenden Regelungsanordnung faktisch und rechtlich dieselbe Stellung erhalten, wie er sie mit einer allgemeinen Leistungsklage erstreiten könnte (vgl. auch: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. Januar 1994 - Az.: 6 B 2944/93 -, zitiert nach juris). Für eine dahingehende Vorwegnahme der Hauptsache besteht im gegebenen Fall jedoch kein Anlass, da der Antragsteller weder dargelegt noch glaubhaft gemacht hat, dass er schlechthin unzumutbaren, anders nicht abwendbaren Nachteilen ausgesetzt wäre, wenn er auf den rechtskräftigen Abschluss eines Klageverfahrens verwiesen würde.

Zu den insoweit unerheblichen Belastungen gehört jedenfalls ein Wechsel des Dienstortes, sofern er - wie hier - innerhalb der Behörde erfolgt (ebenso: OVG Nordrhein-Westfalen, a. a. O. [m. w. N.]). Es ist auch weder dargelegt noch ersichtlich, dass der Antragsteller gegenwärtig nicht seinem Amt entsprechend verwendet wird (vgl. hierzu etwa: OVG Bremen, Beschluss vom 18. März 1993 - Az.: 2 B 4/93 -, zitiert nach juris).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG, wobei im Hinblick auf die Vorläufigkeit des Begehrens der hälftige Auffangstreitwert zugrunde gelegt wurde (siehe Ziffer II., 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, Fassung 2004, NVwZ 2004, 1327).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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