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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 23.05.2006
Aktenzeichen: 1 M 95/06
Rechtsgebiete: VwGO, GG


Vorschriften:

VwGO § 80 II 1 Nr. 4
VwGO § 80 IV
VwGO § 80 V
VwGO § 113 I 4
VwGO § 123
GG Art. 19 IV
GG Art. 20 III
1. Ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO findet im Hinblick auf die Natur und den Prüfungsumfang in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes weder in Verfahren nach § 123 VwGO noch in Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO statt.

2. Dies gilt auch für die Fälle, in denen die streitige Rechtsfrage - etwa betreffend die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfes - in einem Hauptsacheverfahren nicht mit Rechtskraft- und Bindungswirkung geklärt werden könnte.

3. Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4, 20 Abs. 3 GG besteht für den Betroffenen die Möglichkeit, sich gegebenenfalls im Wege einer Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß oder analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO gegen einen in der Hauptsache erledigten Verwaltungsakt zu wehren.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 1 M 95/06

Datum: 23.05.2006

Gründe:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Magdeburg - 5. Kammer - vom 12. April 2006, deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die fristgerecht dargelegten Gründe beschränkt ist, hat keinen Erfolg.

Die Einwendungen des Antragstellers rechtfertigen die begehrte Abänderung des angefochtenen Beschlusses nicht. Der Antragsteller weist im Rahmen seiner Beschwerdebegründung selbst darauf hin, dass - wovon das Verwaltungsgericht ebenfalls ausgeht (vgl. Seite 2 der Beschlussabschrift) - nach seiner am 27. März 2006 erfolgten Abwahl "kein Rechtschutzbedürfnis seitens des Antragstellers an der gerichtlichen Verfügung der Aussetzung der Vollziehung" (vgl. Seite 5 [unten] der Beschwerdebegründungsschrift) mehr besteht. Damit bezieht sich der Antragsteller auf seinen erstinstanzlich gestellten Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruches gegen das von der Antragsgegnerin unter Anordnung der sofortigen Vollziehung verfügte Verbot des Führens von Dienstgeschäften einschließlich eines Hausverbotes. Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang letztlich geltend macht, das Verwaltungsgericht hätte infolge des Fehlens einer prozessbeendenden Erklärung des Antragstellers "analog feststellen müssen, dass der eingelegte Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hatte und eine Feststellung der Rechtswidrigkeit des Sofortvollzuges geboten war und ist" (vgl. Seite 5 [unten] der Beschwerdebegründungsschrift), gehen die dahingehenden Ausführungen in der Beschwerdebegründungsschrift insgesamt rechtlich fehl.

Dem Antragstellervorbringen ist rechtlich bereits nicht zu folgen, soweit die Beschwerde geltend macht, der vorbezeichnete Widerspruch des Antragstellers habe (ipso iure) aufschiebende Wirkung entfaltet. Angesichts der von der Antragsgegnerin angeordneten sofortigen Vollziehung des Verbotes des Führens von Dienstgeschäften und des Hausverbotes entfiel nämlich gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die aufschiebende Wirkung des Widerspruches. Diese Wirkung vermag hiernach allenfalls im Wege der Behördenentscheidung gemäß § 80 Abs. 4 VwGO oder - wie im gegebenen Fall - erst im Wege einer gerichtlichern Wiederherstellung einzutreten. Dass sich die Antragsgegnerin zu Unrecht der sofortigen Vollziehbarkeit ihrer Verfügung berühmt hätte, macht der Antragsteller im Übrigen weder geltend, noch ist dafür in Anbetracht der Sofortvollzugsanordnung etwas ersichtlich.

Ungeachtet dessen hat das Feststellungsbegehren der Beschwerde keinen Erfolg. Ein Fortsetzungsfeststellungsbegehren analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO findet nämlich im Hinblick auf die Natur und den Prüfungsumfang nicht nur im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nach § 123 VwGO nicht statt (vgl. hierzu etwa: OVG LSA, Beschluss vom 19. Januar 2005 - Az.: 3 M 13/0ß5 - [m. z. N.]), sondern ebenso wenig - wie hier - in Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO (so OVG LSA in ständiger Rechtsprechung, etwa: Beschluss des 3. Senates vom 3. Februar 1993 - Az.: 3 M 142/92 - sowie Beschlüsse des 2. Senates vom 3. Januar 1995 - Az.: 2 M 61/94 -, vom 25. Februar 2004 - Az.: 2 M 58/04 - und 19. April 2006 - Az.: 2 M 112/06 - [jeweils m. w. N.]; siehe ebenso zudem: VGH Hessen, Beschlüsse vom 10. Juni 1988 - Az.: 1 TH 2568/87 -, NVwZ-RR 1989, 518, und vom 7. September 1988 - Az.: 10 TH 1154/87 -, zitiert nach juris.web; OVG Berlin, Beschluss vom 23. Mai 1989 - Az.: 2 S 31.88 -, zitiert nach juris.web; VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 16. Oktober 1989 - Az.: 10 S 3374/88 -, zitiert nach juris.web, und vom 12. März 1996 - Az.: 1 S 2856/95 -, DÖV 1996, 792; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 6. Juni 1990 - Az.: 7 M 42/90 -, zitiert nach juris.web; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 1. März 1993 - Az.: 1 M 75/92 -, zitiert nach juris.web; ). Dies gilt auch für die Fälle, in denen die streitige Rechtsfrage - etwa betreffend die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfes - in einem Hauptsacheverfahren nicht mit Rechtskraft- und Bindungswirkung geklärt werden könnte (siehe: OVG LSA, Beschluss vom 19. April 2006, a. a. O.).

Die Beschwerde gibt dem Senat keinen Anlass, von der vorbezeichneten allgemeinen wie langjährigen Rechtsprechung abzuweichen. Insbesondere besteht im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4, 20 Abs. 3 GG für den Betroffenen die Möglichkeit, gegebenenfalls im Wege einer Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß oder analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO gegen einen sich in der Hauptsache erledigten Verwaltungsakt zu wehren. Dem Antragsteller wurde im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes im Übrigen die Gelegenheit eröffnet, das gerichtliche Verfahren in der Hauptsache für erledigt zu erklären. Davon hat er innerhalb des als angemessen zu wertenden Zeitraumes zwischen Bekanntgabe des gerichtlichen Hinweises und Ergehen des angefochtenen Beschlusses keinen Gebrauch gemacht. Mit der Rüge des Antragstellers, ihm sei keine Frist gesetzt worden, vermag er nicht durchzudringen. Das Gericht hat eine angemessene Frist mit einer Entscheidung zugewartet. Ungeachtet dessen hat der Antragsteller - zugleich mit der Folge des Rügeverlustes - nicht einmal die Möglichkeit wahrgenommen, im Wege der Beschwerde das vorläufige Rechtsschutzverfahren in der Hauptsache für erledigt zu erklären.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die Festsetzung der Höhe des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 1 Nr. 2, 47 GKG, wobei in dem vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes der sich hiernach ergebende Betrag zu halbieren war (vgl. Ziffer II., 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, Fassung 2004, NVwZ 2004, 1327).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 4 GKG i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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