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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 03.04.2008
Aktenzeichen: 10 L 2/07
Rechtsgebiete: BG LSA, DO LSA, DSVollz


Vorschriften:

BG LSA § 77
DO LSA § 5
DSVollz
Ein Justizvollzugsbeamter, der entgegen den eindeutigen Dienst- und Sicherheitsvorschriften für den Justizvollzug (DSVollz) Gegenstände, insbesondere verbotene Anabolika in die Justizvollzugsanstalt einschmuggelt, um dieses Gefangenen zu überlassen, verstößt massiv gegen die ihm gemäß § 55 Abs. 2 BG LSA obliegenden Pflichten zu einer korrekten Amtsführung. Dieses Verhalten ist geeignet, das Vertrauen des Dienstherrn und der Öffentlichkeit in die Integrität des Beamten nachhaltig zu beeinträchtigen.
Gründe:

I.

Der jetzt (...) Jahre alte Beamte erwarb im Jahr (...) das Abitur und absolvierte sodann erfolgreich eine Ausbildung zum Bürokaufmann. Nach Abbruch eines anschließenden Studiums der Betriebswirtschaftslehre wurde er zum (...) in den Justizdienst des Landes Sachsen-Anhalt übernommen und unter Verleihung der Eigenschaft eines Beamten auf Widerruf zum Obersekretärsanwärter im JVD ernannt. Nach Bestehen der Laufbahnprüfung mit befriedigendem Ergebnis wurde er mit Wirkung vom (...) zum Obersekretär z. A. im JVD ernannt. Mit Wirkung vom (...) wurde ihm schließlich die Eigenschaft eines Beamten auf Lebenszeit unter Ernennung zum Obersekretär im JVD verliehen.

Seit Anfang 1999 wurde der Beamte bei der JVA D-Stadt im Einsatzdienst verwendet, bis er mit Verfügung vom 15. Dezember 2004 wegen der hier zugrunde liegenden Vorwürfe gemäß § 78 DO LSA vorläufig des Dienstes enthoben wurde.

Der Beamte ist ledig; er hat für keine Kinder zu sorgen. Mit der vorläufigen Dienstenthebung war keine Einbehaltung seiner Dienstbezüge verbunden, so dass er derzeit über monatliche Nettobezüge von (...) Euro verfügt; davon hat er indes etwa (...) Euro für laufende Verbindlichkeiten, u. a. für Kredite aufzuwenden.

II.

Mit Verfügung des C. vom 15. Dezember 2004 wurde das förmliche Disziplinarverfahren gegen den Beamten eingeleitet. Mit der nach Abschluss des Untersuchungsverfahrens erstellten Anschuldigungsschrift vom 7. Februar 2007 wird dem Beamten als Dienstvergehen zur Last gelegt, dass er

1. an nicht mehr genau bestimmbaren Tagen in den Jahren (...) und (...) verbotene Gegenstände (Dopingmittel, Einwegspritzen, Alkohol-Pads) in die JVA D-Stadt eingebracht, diese an Gefangene verteilt und dafür eine geldwerte Gegenleistung in Form eines Anteils an den Dopingmitteln erhalten sowie gegen das Arzneimittelgesetz verstoßen habe,

2. in einem nicht mehr näher bestimmbaren Zeitraum zwischen Sommer (...) und Ende Oktober (...) unerlaubt Betäubungsmittel (Kokain) erworben habe sowie

3. für die Gefangenen Kleindienst, E. und G. Lebensmittel (Gehacktes, Brötchen, Fastfood, Kuchen, Quark) und Gegenstände (DVD's, Parfüm, Gold- kette) in die JVA D-Stadt eingebracht und die Lebensmittel teilweise mit den Gefangenen verspeist habe.

Mit - rechtskräftigem - Strafbefehl des Amtsgerichts Halle-Saalkreis vom 5. April 2005 - 310 Cs 182 JS 25907/04 - wurde der Beamte wegen Bestechlichkeit in zwei Fällen, dabei in Tateinheit mit Verstößen gegen das Arzneimittelgesetz zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Der Strafbefehl enthält - im Wesentlichen - folgende Feststellungen:

a) An nicht mehr genau bestimmbaren Tagen im Frühjahr/Sommer (...) nahmen Sie von dem gesondert verfolgten F. in Halberstadt 60 Ampullen Omnadren an sich. 40 der erhaltenen Ampullen brachten Sie unter Missachtung Ihrer Dienstvorschriften in die JVA D-Stadt ein und übergaben diese dem gesondert verfolgten E. Darüber hinaus übergaben Sie wiederum unter Verletzung der Dienstvorschriften ca. 20 Einwegspritzen und 20 Alkohol-Pads an den in der JVA inhaftierten E., um eine sterile Verwendung des eingeschmuggelten Omnadrens zu gewährleisten. Die Übergabe des Omnadrens, bei dem es sich um ein anaboles Steroid (Anabolika) zum Aufbau der Muskelmasse handelt, hatte der Strafgefangene E. zwischen Ihnen und dem gesondert verfolgten F. vermittelt. Für das Einschmuggeln der anabolen Steroide, Spritzen und Alkohol-Pads unter Missachtung Ihrer Dienstvorschriften behielten Sie als Gegenleistung von den 60 Ampullen ca. 20 Ampullen für Ihren Eigenbedarf. Die schädlichen Wirkungen des anabolen Steroides waren Ihnen aufgrund des Eigenkonsums bekannt. Des Weiteren war Ihnen auch bewusst, dass Sie für die Abgabe dieses Medikaments keine erforderliche Erlaubnis besaßen. Ferner war Ihnen auch bekannt, dass anabole Steroide als Medikament für die Leistungssteigerung bei sportlichen Aktivitäten im Wettkampf, Training oder in der Freizeit verwendet werden.

b) Im November (...) vermittelte der Strafgefangene der JVA D-Stadt, E., ein Treffen am H-Markt in D-Stadt mit dem gesondert verfolgten I. I. übergab Ihnen ca. 500 Tabletten anaboler Steroide, so genannte Thai-Tabletten. In Absprache mit dem Strafgefangenen E. schmuggelten Sie ca. 300 Thai-Tabletten unter Verletzung Ihrer Dienstvorschriften in die JVA D-Stadt ein und übergaben diese Tabletten dort dem Strafgefangenen E. Als Gegenleistung konnten Sie ca. 200 Thai-Tabletten von den übergebenen 500 Tabletten zum Eigenkonsum verwenden. Auch bei den sog. Thai-Tabletten war Ihnen die schädliche Wirkung dieses Medikamentes bekannt. Sie wussten auch, dass Sie zur Abgabe dieses Medikamentes nicht die erforderliche Erlaubnis hatten. ...

Daneben wurde der Beamte mit Urteil des Amtsgerichts Wolfenbüttel vom 29. Januar 2004 - 10 Ds 801 Js 23169/03 - wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten mit Aussetzung zur Bewährung verurteilt. Das Urteil wurde hinsichtlich des Strafausspruches vom Landgericht Braunschweig mit Berufungsurteil vom 28. Juli 2004 - 4 Ns 108/04 - dahin gehend geändert, dass nunmehr lediglich eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen verhängt wurde. Gegenstand der - rechtskräftigen - Verurteilung ist folgender Vorwurf:

"Zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt im Zeitraum zwischen Sommer (...) und Ende Oktober (...) erwarb der Angeklagte von der gesondert verfolgten Frau J. am Parkplatz des Sternhauses nördlich von K-Stadt zumindest einmal 1 Gramm Kokain für 75,00 Euro, ohne dafür eine betäubungsmittelrechtliche Erlaubnis zu besitzen."

In der Hauptverhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Beamte den ihm vorgeworfenen Sachverhalt im Wesentlichen eingeräumt, sich indes ergänzend wie folgt eingelassen:

Er habe mit dem Hineinbringen der verbotenen Gegenstände in die JVA keinen Handel betrieben und sich daraus keinen finanziellen Vorteil verschafft. Auch die Ampullen mit dem Mittel Omnadren habe er nicht gewinnbringend veräußert oder verbraucht. Den gegen ihn ergangenen Strafbefehl habe er lediglich akzeptiert, um Schaden von der JVA D-Stadt im Falle eines öffentlichen Verfahrens abzuwenden; auch habe er sich aufgrund erheblicher psychischer Probleme nicht in der Lage gesehen, das Strafverfahren durchzuführen. Das Kokain habe er lediglich aus Neugier erworben, es jedoch nicht verbraucht. Hinsichtlich der in die JVA D-Stadt eingebrachten Lebensmittel hat sich der Beamte dahin gehend eingelassen, er habe diese lediglich zum Eigenverzehr mitgebracht; indes hätten Gefangene die Küche mit nutzen und deswegen die Reste der Nahrungsmittel verzehren dürfen.

Er sei im Übrigen dienstlich stark belastet gewesen, was hätte Berücksichtigung finden müssen. Seine Vorgesetzten hätten ihn damals nicht unterstützt, vielmehr seine besonderen Fähigkeiten im Umgang mit Inhaftierten ausgenutzt.

Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil festgestellt, dass sich der Beamte eines Dienstvergehens i. S. von § 77 Abs. 1 BG LSA schuldig gemacht habe, denn er habe in schwerwiegender Weise gegen die ihm als Justizvollzugsbeamten obliegendem - innerdienstlichen wie außerdienstlichen - Dienstpflichten verstoßen. Gemessen an dem Fehlverhalten des Beamten komme als Disziplinarmaßnahme nur seine Entfernung aus dem Dienst gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 5 DO LSA in Betracht. Ein Justizbediensteter, der das Gegenteil von dem zu verantworten habe, was ihm aufgetragen sei, sich der Bestechlichkeit durch Inhaftierte schuldig gemacht habe, dabei gegen das Arzneimittelgesetz verstoßen habe, die Gesundheit Anderer durch unkontrollierten Gebrauch von Anabolika beschädigt und selbst außerdienstlich Kokain erworben habe, sei untragbar. Es sei weder gegenüber den korrekten Beamten noch gegenüber der Öffentlichkeit zu vermitteln, dass ein derartig pflichtvergessener Beamter im Dienst verbleiben könne. Zwar sehe die Kammer durchaus, dass der Beamte nicht in erster Linie eigennützig gehandelt habe, sondern sich - fälschlich - als Freund einiger Inhaftierter gesehen habe. Dies führe allerdings nicht dazu, von der schwersten Maßnahme der Entfernung aus dem Dienst absehen zu können.

III.

Mit der fristgerecht eingelegten Berufung begehrt der Beamte, unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Magdeburg auf eine mildere Disziplinarmaßnahme als auf die Entfernung aus dem Dienst zu erkennen. Zur Begründung führt der Beamte - zusammenfassend - folgendes aus:

Er habe den Strafbefehl des Amtsgerichts Halle-Saalkreis vom 5. April 2005 seinerzeit akzeptiert, um so Schaden von JVA D-Stadt sowie von seinem Dienstherrn abzuwenden. Im Übrigen habe er sich aufgrund erheblicher psychischer Probleme nicht in der Lage gefühlt, "dieses Verfahren durchzuführen". Schließlich sei er davon ausgegangen, dass er "aufgrund dieses Urteils" weiterhin seinem Dienstherrn als Beamter dienen könne.

Das Verwaltungsgericht könne sich auch nicht auf die polizeiliche Vernehmung am (...) durch Beamte des Landeskriminalamts Sachsen-Anhalt stützten. Die Vernehmung habe von 10.00 Uhr bis abends 18.00 Uhr gedauert. Er habe zum damaligen Zeitpunkt "alles, was man von ihm hören wollte", erzählt, um der weiteren Untersuchungshaft zu entgehen und vor allem eine Inhaftierung in der JVA L-Stadt in M. zu vermeiden. Durch die Inaussichtstellung weiterer Haft in der JVA L-Stadt habe er sich bedroht gefühlt; diese Art der Vernehmung dürfte unter § 136 a StPO fallen.

Hinsichtlich des Kokainerwerbs sei ihm nicht zu widerlegen, dass es sich lediglich um einen einmaligen Erwerb von Kokain gehandelt habe. Auch insoweit stütze sich das Verwaltungsgericht unzulässigerweise auf seine polizeiliche Vernehmung vom (...), die jedoch wegen Verstoßes gegen § 136 a StPO nicht herangezogen werden dürfe. Schließlich sei ein einmaliger Kokainerwerb, der lediglich als außerdienstliches Fehlverhalten anzusehen sei, nicht geeignet, das Ansehen des Beamtentums in bedeutsamer Weise zu beeinträchtigen.

Zudem habe er - was die Disziplinarkammer zutreffend festgestellt habe - nicht eigennützig gehandelt. Vielmehr sei seine Gutmütigkeit und Menschlichkeit durch einige Gefangene ausgenutzt worden. Überdies sei er durch seine Vorgesetzten nicht ausreichend unterstützt und mit den "unhaltbaren Zuständen" in der JVA D-Stadt alleingelassen worden. Insofern sehe er sich hier als "bloßen Sündenbock".

Er habe zwischenzeitlich aus seinen Fehlern gelernt. So bestehe durchaus die Möglichkeit, ihn weiterhin als Beamten zu beschäftigen, und zwar auch außerhalb der eigentlichen Aufsicht über Gefangene, etwa im Verwaltungsdienst. Er sei jedenfalls willens und in der Lage, seine Arbeitskraft dem Dienstherrn zu 100 % zur Verfügung zu stellen.

In der Hauptverhandlung vor dem Senat hat der Beamte ergänzend ausgeführt: Eine Distanzwahrung gegenüber den Gefangenen sei kaum möglich gewesen. Er sei auch immer "vorgeschickt" worden, um Ruhe zu schaffen. Sein Verhalten, etwa auch das Mitbringen von Nahrungsmitteln, habe dazu gedient, den Dienst so gut wie möglich zu verrichten. Er habe sich oft von seinen Dienstvorgesetzten im Stich gelassen gefühlt und sei allein auf sich gestellt gewesen. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass er freiwillig zur Sachaufklärung beigetragen habe und dass die Vorfälle schon sehr lange zurücklägen.

Der Beamte beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Magdeburg - Disziplinarkammer - vom 17. April 2007 auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen.

Die Einleitungsbehörde beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält weiter die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis für geboten. Hohe Zuverlässigkeit und ein hohes Maß an Integrität seien unerlässlich und wesentliche Voraussetzung für eine Tätigkeit im Justizvollzug. Der Beamte habe sich wegen fortgesetzten erheblichen Verstoßes im Kernpflichtbereich als nicht mehr tragfähig im allgemeinen Justizvollzugsdienst erwiesen. Er habe mit seinen illegalen Verbindungen zu Gefangenen die Vertrauensbasis zu seinem Dienstherrn zerstört; für korrupte Beamte könne es im Justizvollzugsdienst keinen Platz geben.

Eine Weiterverwendung des Beamten im mittleren Verwaltungsdienst sei schon deswegen nicht möglich, weil er insoweit keine Laufbahnbefähigung besitze. Im Übrigen gebe es in diesem Bereich - anders als im Vollzugsbereich - bereits einen Personalüberhang. Unabhängig davon komme eine Weiterverwendung des Beamten schon deswegen nicht in Betracht, weil das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn durch das Fehlverhalten des Beamten irreparabel zerstört sei.

IV.

Die Berufung hat keinen Erfolg, denn die vom Verwaltungsgericht verhängte Disziplinarmaßnahme ist nicht zu beanstanden. Dabei ist das Verwaltungsgericht mit Recht von der weiteren Anwendbarkeit der DO LSA aufgrund der Übergangsvorschriften des § 81 Abs. 4 - 6 DG LSA ausgegangen.

Zunächst bemerkt der Senat, dass auch unter Berücksichtigung der Einlassungen des Beamten in seiner Berufungsbegründungsschrift sowie in der Hauptverhandlung kein Anlass dazu besteht, die tatsächlichen Vorkommnisse anders zu sehen als sie im Urteil des Verwaltungsgerichts festgestellt worden sind. Soweit der Beamte einwendet, er habe den Strafbefehl des Amtsgerichts Halle-Saalkreis vom 5. April 2005 so akzeptiert, um einen - aus seiner Sicht mit einer öffentlichen Verhandlung verbundenen - Schaden für die JVA D-Stadt abzuwenden, ist diese Einlassung nicht geeignet, die Richtigkeit des vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Verfahrensablaufs infrage zu stellen.

Ebenso gilt dies hinsichtlich der Einlassung des Beamten, er habe den Strafbefehl in der Annahme akzeptiert, er könne weiterhin seinem Dienstherrn "als Beamter" dienen.

Aus den beigezogenen Gerichtsakten der Staatsanwaltschaft Halle (182 Js 25907/04) ergibt sich, dass der Beamte seinen zunächst gegen den Strafbefehl eingelegten Einspruch wieder zurückgenommen hat, und zwar ersichtlich in Kenntnis der darin getroffenen Feststellungen. Auch die - häufig zu vernehmende - Annahme, bei Verhängung einer Freiheitsstrafe von unter einem Jahr könne von einem Verbleib im Beamtenverhältnis ausgegangen werden, ist ebenso rechtlich unzutreffend wie dazu geeignet, die einem rechtskräftigen Strafbefehl zugrunde liegenden Feststellungen mit Erfolg infrage zu stellen. Dies gilt umso mehr, als der Beamte weder in seiner Berufungsbegründung noch in der Hauptverhandlung vor dem Senat Anlass zu einer anderweitigen Feststellung seines tatsächlichen Verhaltens gegeben hat. Soweit sich der Beamte dahin gehend eingelassen hat, das Protokoll über seine Vernehmung durch das Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt am (...) mit dem darin enthaltenen umfassenden Geständnis sei wegen Verstoßes gegen § 136 a StPO nicht berücksichtigungsfähig, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Es ist bereits nicht erkennbar, dass der Beamte verbotenen Vernehmungsmethoden ausgesetzt war, etwa dass er seine Aussage unter Zwang oder Drohung mit einem empfindlichen Übel abgegeben hat. Allein die Inaussichtstellung einer möglichen Untersuchungshaft in der JVA L-Stadt in M. ist ersichtlich nicht geeignet, einen körperlichen Eingriff oder eine Drohung mit einer unzulässigen Maßnahme i. S. von § 136 a Abs. 1 StPO zu begründen. Vielmehr erscheint es dem Senat als durchaus sachgerecht, wenn ein Justizvollzugsbeamter, gegen den wegen strafbaren Verhaltens im Zusammenhang mit der Verletzung seiner Dienstpflichten ermittelt wird, im Falle einer begründeten Anordnung von Untersuchungshaft in einer anderen JVA, möglichst in einem anderen Bundesland untergebracht wird; dies dient dazu, Ermittlungen gegen andere Bedienstete bzw. Gefangene nicht zu beeinträchtigen. Ebenso wenig vermag allein der Umstand, dass die Vernehmung des Beamten mehrere Stunden angedauert hat, ein Verwertungsverbot i. S. von § 136 a StPO zu begründen. Eine mehrstündige Vernehmung ist keineswegs unzulässig, insbesondere wenn - wie hier - ein umfangreicher Sachverhalt schnell aufzuklären ist (vgl. BGH, Urt. v. 15.5.1992 - 3 StR 419/91 - juris). Im Übrigen hat sich der Beamte weder während seiner Vernehmung noch in dem folgenden Strafverfahren jemals darauf berufen, er habe wegen Ermüdung der Vernehmung nicht mehr folgen können. Das Verwaltungsgericht hat daher mit Recht den sich aus den beigezogenen strafrechtlichen Ermittlungsakten ergebenden Sachverhalt zugrunde gelegt. Soweit sich der Beamte dahin gehend eingelassen hat, ihm sei bezüglich der Verurteilung wegen Kokainerwerbs nicht zu widerlegen, dass es sich lediglich um einen einmaligen Erwerb gehandelt habe, schließt sich der Senat den insoweit getroffenen tatsächlichen Feststellungen durch das Amtsgericht Wolfenbüttel in seinem - rechtskräftigen - Urteil vom 29. Januar 2004 (10 DS 801 Js 23169/03) dahin gehend an, dass lediglich von einem einmaligen unerlaubten Erwerb von Betäubungsmitteln ausgegangen werden kann.

Es bleibt danach dabei, dass der Beamte gegen sämtlichen Justizvollzugsbeamten - so auch ihm - bekannte zentrale Regelungen in den Dienst- und Sicherheitsvorschriften (DSVollz) für den Strafvollzug verstoßen hat. Danach dürfen gemäß § Nr. 2 Abs. 2 DSVollz die Bediensteten unter keinem Vorwand mit den Gefangenen Geschäfte eingehen; sie dürfen ohne ausdrückliche Erlaubnis des Anstaltleiters keine Nachrichten und Aufträge vermitteln und von Gefangenen weder Geld noch andere Sachen entgegennehmen oder an diese aushändigen.

Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass der Beamte im Frühjahr/Sommer (...) 60 Ampullen des Wirkstoffs Omnadren - eine anaboles Steroid zum Aufbau der Muskelmasse - entgegengenommen und davon 40 Ampullen unter bewusster Missachtung seiner Dienstvorschriften in die JVA D-Stadt eingebracht und diese einem Gefangenen übergeben hat. Daneben hat er - erneut unter bewusster Verletzung der Dienst- und Sicherheitsvorschriften - einem Gefangenen etwa 20 Einwegspritzen und 20 Alkohol-Pads zukommen lassen, um eine sterile Verabreichung des Omnadrens zu ermöglichen. Für das Einschmuggeln des Omnadrens, der Spritzen und der Alkohol-Pads unter Missachtung der Dienstvorschriften behielt er als Gegenleistung etwa 20 Ampullen Omnadren für seinen "Eigenbedarf".

Es begegnet auch keinem Zweifel, dass der Beamte im November (...) ca. 500 so genannte Thai-Tabletten, d. h. anabole Steroide entgegengenommen und davon - in Absprache mit einem Strafgefangenen - etwa 300 Tabletten wiederum unter bewusster Verletzung der Dienst- und Sicherheitsvorschriften in die JVA D-Stadt eingeschmuggelt und sie dort einem Strafgefangenen übergeben hat. Als Gegenleistung konnte er etwa 200 Thai-Tabletten zum "Eigenkonsum" behalten.

Der Senat schließt sich auch der Feststellung des Verwaltungsgerichts an, der Beamte habe nicht nur "Essensreste" an Inhaftierte aus Gefälligkeit übergeben, sondern vielmehr gezielt eiweißhaltige Lebensmittel in die JVA gebracht, um damit erst die Wirkung der Anabolika - entsprechenden Muskelaufbau - herbeizuführen. Das gleiche gilt für die Feststellung des Verwaltungsgerichts, der Beamte habe auch einige DVD's, eine Goldkette sowie Parfüm unerlaubt in die JVA eingebracht und diese Gefangenen zukommen lassen.

Mit dem vorgenannten Verhalten hat der Beamte gegen die ihm aus seinem Beamtenverhältnis als Vollzugsbeamter obliegenden Dienstpflichten im Kernbereich massiv verstoßen und damit ein Dienstvergehen i. S. von § 77 Abs. 1 BG LSA begangen. Auch wenn - wovon der Senat zugunsten des Beamten ausgeht - es sich bei der Beschaffung von Kokain um einen lediglich einmaligen, zudem außerdienstlichen Vorfall gehandelt haben mag, so genügen indes die übrigen Dienstpflichtverletzungen - bereits für sich genommen - dazu, gegen den Beamten auf die disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme zu erkennen.

Vollzugsbedienstete sollen durch gewissenhafte Pflichterfüllung vorbildlich wirken (Nr. 1 Abs. 2 DSVollz); sie sollen zudem gegenüber Gefangenen die notwendige Zurückhaltung wahren (Nr. 2 Abs. 1 DSVollz).

Wenn ein Justizbeamter - wie hier - entgegen den eindeutigen Dienst- und Sicherheitsvorschriften für den Strafvollzug Gegenstände in die Justizvollzugsanstalt einschmuggelt und diese - aus welchen Gründen auch immer - Gefangenen überlässt, verstößt er damit massiv gegen die ihm gemäß § 55 Abs. 2 BG LSA obliegenden Pflichten zu einer korrekten Amtsführung. Die Beachtung des Verbots des unbefugten Mitbringens von Gegenständen für Gefangene ist eine zentrale Vorschrift zur Sicherstellung eines ordnungsgemäßen, unbeeinträchtigten Justizvollzuges und stellt damit eine der zentralen Pflichten eines jeden Vollzugsbeamten dar. Die Verletzung dieser Pflicht ist regelmäßig geeignet, nicht nur das Vertrauen des Dienstherrn, sondern auch der Öffentlichkeit in die Integrität der Justizvollzugsbeamten und damit des Justizvollzugs überhaupt zu beeinträchtigen. Hinzu kommt, dass sich der Beamte wegen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz zudem strafbar gemacht hat.

Dem Senat sind auch keine Gründe ersichtlich, die das massive Fehlverhalten des Beamten im Kernbereich seiner Dienstpflichten etwa in einem milderen Licht erscheinen lassen könnten. Die Einlassung des Beamten, er habe nicht eigennützig gehandelt und sich letztlich als "Freund oder Partner" der Inhaftierten betrachtet, rechtfertigt jedenfalls keine mildere Betrachtungsweise. Denn eine solche Sichtweise verkennt massiv die Aufgabe von Justizvollzugsbeamten: diese sollen sich gerade nicht als Freund oder Partner von Gefangenen empfinden, sondern vielmehr als - verlässliche und vorschriftenorientierte - Bedienstete, deren Aufgabe darin liegt, für die Durchführung eines ordnungsgemäßen beanstandungsfreien Justizvollzugs zu sorgen. Dass damit ein freundlicher, höflicher Umgang mit Gefangenen nicht ausgeschlossen ist, liegt auf der Hand; dies darf indes nicht falsch dahin gehend verstanden werden, dass etwa "Kumpanei" oder "Gefälligkeiten" gegenüber den Gefangenen hingenommen werden können. Dementsprechend ist in der DSVollz (Nr. 2 Abs. 1 Satz 2) ausdrücklich geregelt, dass jede Beziehung, die geeignet sein könnte, Zweifel an einer ordnungsgemäßen Dienstausübung zu begründen, der Anstaltsleitung zur Kenntnis zu bringen. Das allgemeine, überragende Interesse an der Integrität des Justizvollzugsdienstetes gebietet es, dass Pflichtverletzungen aufgrund von Gefälligkeiten für Gefangene von vornherein unterbunden werden. Den Beamten vermögen auch die von ihm behaupteten "katastrophalen" Zustände in der JVA D-Stadt in keiner Weise zu entlasten. Selbst wenn die damalige Belegungssituation zu einer erheblichen Inanspruchnahme der Justizvollzugsbediensteten geführt haben sollte, gab dies keinem Bediensteten die Legitimation, von grundlegenden Sicherheitsvorschriften abzuweichen. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall: der Dienstherr muss sich unbedingt darauf verlassen können, dass die Justizvollzugsbediensteten auch in Zeiten hoher psychischer und/oder personeller Inanspruchnahme unbedingt ihren Dienstpflichten nachkommen. Für eine - falsch verstandene - "Freundschaft" zwischen Vollzugsbediensteten und Inhaftierten, die nicht selten zu den auch hier zugrunde liegenden Fehlhandlungen der Bediensteten führt, besteht jedenfalls überhaupt keine Rechtfertigung. Im Übrigen hat jeder Vollzugsbedienstete für den Fall, dass Gefangene von ihm "Dienstleistungen" erwarten, einen möglicherweise entstehenden Interessenkonflikt dadurch zu lösen, dass er sich vertrauensvoll an die Leitung der Justizvollzugsanstalt wendet, anstatt den Weg der Illegalität (weiter) zu gehen und sich letztlich vollends von dem Wohlwollen der Gefangenen abhängig zu machen. Es liegt im besonderen Interesse der Integrität des öffentlichen Strafvollzuges insgesamt, dass derartige - leider immer wieder festzustellende - Abhängigkeiten einiger Justizvollzugsbeamter von den Gefangenen von vornherein unterbunden werden.

Dem Beamten kann letztlich auch nicht zugute gehalten werden, dass er sich "freiwillig" an der Aufklärung des Sachverhaltes beteiligt habe. Seine Motivation zu einem umfassenden Geständnis war offensichtlich davon geprägt, unter allen Umständen der von ihm befürchteten Inhaftierung zu entgehen. Dies hat das Strafgericht bereits insofern honoriert, als er durch Strafbefehl zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden ist. Auch kann von einer überlangen Verfahrensdauer keine Rede sein; insbesondere hat das gesamte gerichtliche Verfahren - in beiden Instanzen - nur wenig länger als ein Jahr in Anspruch genommen.

Danach muss es bei der Feststellung des Verwaltungsgerichts bleiben, wonach es weder den korrekten Beamten noch der Öffentlichkeit zu vermitteln ist, dass ein derart pflichtvergessener Beamter im Dienst verbleiben kann. Dem entsprechend war auch nach Auffassung des Senats die schwerste Maßnahme der Entfernung aus dem Dienst gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 5 DO LSA als Disziplinarmaßnahme zu verhängen. Das Begehren des Beamten dahin gehend, in einer Verwendung außerhalb des eigentlichen Justizvollzuges weiter beschäftigt zu werden, hält der Senat schon deswegen für abwegig, weil - worauf die Einleitungsbehörde mit Recht hinweist - auch für die Bediensteten im Verwaltungsdienst des Justizvollzugs hinsichtlich ihrer Integrität ähnlich hohe Anforderungen zu stellen sind, wie an das übrige Vollzugspersonal.

Danach war die Berufung mit der Kostenfolge des § 101 Abs. 1 Satz 2 DO LSA zurückzuweisen. Die Gebührenfreiheit des Verfahrens ergibt sich aus § 98 Abs. 1 DO LSA.

Ende der Entscheidung

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