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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 12.09.2006
Aktenzeichen: 10 L 4/06
Rechtsgebiete: BG LSA


Vorschriften:

BG LSA § 77 Abs. 1 S. 2
BG LSA § 54 S. 3
Der von einem Polizeibeamten begangene sexuelle Missbrauch eines Schutzbefohlenen ist geeignet, das Vertrauen der Öffentlich in die Integrität des Polizeidienstes infrage zu stellen; betrügerisches Verhalten eines - hochverschuldeten - Polizeibeamten in Zusammenhang mit der Eingehung von Darlehensverpflichtungen ist geeignet, die Integrität des Polizeidienstes infrage zu stellen.
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT URTEIL

Aktenz.: 10 L 4/06

Datum: 12.09.2006

Gründe:

I.

Der jetzt 44 Jahre alte Beamte besuchte die Polytechnische Oberschule und absolvierte sodann eine Berufsausbildung zum Facharbeiter für geologische Bohrungen. Nach Ableistung seines Wehrdienstes trat er im (...) als Wachtmeister in die Deutsche Volkspolizei ein. Zum (...) erfolgte die Übernahme in den Polizeidienst des Landes Sachsen-Anhalt, zum (...) die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. Der Beamte wurde zuletzt als Sachbearbeiter Streifendienst der Polizeistation F. des Polizeireviers G. verwendet. Seit dem (...) ist er aufgrund der Vorwürfe, die den Gegenstand dieses Disziplinarverfahrens darstellen, gemäß § 78 DO LSA a. F. vorläufig des Dienstes enthoben. Seine dienstlichen Leistungen sind zuletzt im Jahr 1994 mit der Note "befriedigend" bewertet worden.

Der Beamte ist seit dem 19. Januar 1999 rechtskräftig geschieden. Er ist für zwei Kinder unterhaltspflichtig. Seine Dienstbezüge betragen monatlich ca. 2.075,00 € brutto. Allerdings wird dem Beamten seit August 1996 nur noch der pfändungsfreien Betrag seiner Dienstbezüge (ca. 1.180,00 €) ausbezahlt. Der Pfändung in seine Dienstbezüge unterliegt derzeit noch ein Betrag von 40.835,13 € nebst Zinsen, daneben monatlicher Unterhalt in Höhe von 223,00 €.

II.

Gegenstand dieses Disziplinarverfahrens sind folgende Vorwürfe:

Zunächst wird dem Beamten vorgeworfen, am 30. April 1996 sexuelle Handlungen an der in dem damaligen gemeinsamen Haushalt lebenden 14jährigen Tochter seiner damaligen Ehefrau vorgenommen zu haben. Wegen dieses Vorfalls ist der Beamte mit Strafbefehl des Amtsgerichts D-Stadt vom 9. Juli 1998 wegen sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen (§ 174 Abs. 1 StGB) rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt worden, wobei die Strafvollstreckung zur Bewährung ausgesetzt worden ist.

Daneben wird dem Beamten der Vorwurf gemacht, ein Dienstvergehen dadurch begangen zu haben, dass er in der Zeit von 1991 bis 2001 leichtfertig Schulden gemacht habe, so dass eine Vielzahl von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen gegen ihn ergangen seien. In diesem Zusammenhang wird dem Beamten zur Last gelegt, er habe sich im Zusammenhang mit einem mit der Sparkasse H. am 16. Februar 1999 abgeschlossenen Darlehensvertrag betrügerisch verhalten, indem er seine Vorbelastungen nicht korrekt angegeben habe; daneben habe er bei Abschluss einer Stundungsvereinbarung mit seiner Vermieterin, der Verwaltungsgemeinschaft I., vom 16. Oktober 2001 wahrheitswidrig verschwiegen, dass bereits eine hohe Zahl von Vollstreckungsverfahren gegen ihn anhängig gewesen seien. Im Zusammenhang mit dem letztgenannten Vorwurf führte die Staatsanwaltschaft B-Stadt gegen den Beamten ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Betruges; das Verfahren wurde durch Beschluss des Amtsgerichts H. vom 28. Juli 2005 gemäß § 153 a Abs. 2 StPO vorläufig unter der Auflage der Ableistung gemeinnütziger Arbeit eingestellt.

In der Hauptverhandlung vor der Disziplinarkammer hat der Beamte den sexuellen Missbrauch seiner Stieftochter eingeräumt und im Übrigen erklärt, ihm sei die Übersicht über seine Verschuldung etwa 1997/1998 "entglitten". Er schätze seine aktuelle Verschuldung auf ca. 70.000,00 €; der Unterhalt für beide Kinder betrage monatlich unter 400,00 €. Das Verwaltungsgericht - Disziplinarkammer - hat den Beamten wegen Dienstvergehens gemäß § 77 BG LSA aus dem Dienst entfernt. Zum einen hat die Disziplinarkammer den sexuellen Übergriff des Beamten gegenüber seiner Stieftochter als außerdienstliches Dienstvergehen angesehen, zum anderen ist es davon ausgegangen, dass der Beamte im Zusammenhang mit dem leichtfertigen Schuldenmachen gegen seine beamtenrechtlichen Wohlverhaltenspflichten verstoßen und damit ein Dienstvergehen begangen hat. Dabei hat die Disziplinarkammer insbesondere ein unlauteres bzw. unredliches Verhalten im Zusammenhang mit der Eingehung der Stundungsvereinbarung mit der Verwaltungsgemeinschaft I. bzw. dem Abschluss eines Darlehensvertrages mit der Sparkasse H. als außerdienstliche Dienstpflichtverletzung angesehen. Hinsichtlich der Sanktionsfindung hat die Disziplinarkammer ausgeführt, der Beamte habe mit seinem Verhalten die Vertrauensgrundlage zu seinem Dienstherrn zerstört, so dass die Entfernung aus dem Dienst die einzig mögliche Entscheidung darstellen könne, die Integrität des Berufsbeamtentums zu wahren und damit die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes zu sichern. Dem stehe auch nicht die lange Dauer des Ermittlungsverfahrens entgegen.

III.

Gegen die Entscheidung der Disziplinarkammer hat der Beamte - nunmehr anwaltlich vertreten - rechtzeitig Berufung eingelegt, welche er im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Pflichtenverstoß wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen sowie der gemäß § 153 a StPO eingestellte Betrugsvorwurf bei der Eingehung der Stundungsvereinbarung rechtfertigten keine Entfernung aus dem Dienst. Bei dem sexuellen Missbrauch handele es sich um einen einmaligen Vorgang, der als minderschwerer Fall einzuschätzen sei. Der Pflichtverstoß im Zusammenhang mit der Eingehung der Stundungsvereinbarung sei für sich genommen als nicht als schwerwiegend zu beurteilen. Es handele sich um einen einmaligen Betrugsfall, der sich als ein "leichter" Fall darstellen dürfte. Die Entfernung aus dem Dienst scheide daher bei Gesamtbetrachtung beider Pflichtverletzungen aus. Hinsichtlich des Abschlusses des Darlehensvertrages mit der Sparkasse H. sei ein strafrechtlich relevanter Eingehungsbetrug nicht zu erkennen. Es müsse berücksichtigt werden, dass mit dem Darlehensbetrag Dispokredite und bereits gewährtes Allzweckdarlehen des Klägers abgelöst worden seien, also bereits eingeräumte Kredite. Mit dem Abschluss des Darlehensvertrages seien keine neuen Verbindlichkeiten begründet worden; es handele sich insoweit lediglich um eine Umschuldungsmaßnahme. Im Übrigen sei der Kreditvertrag auch etwa eineinhalb Jahre lang vereinbarungsgemäß bedient worden. Die von der Disziplinarkammer verhängte Sanktion der Entfernung aus dem Dienst sei überzogen, wobei auch zu berücksichtigen sei, dass der Beamte im Übrigen disziplinarrechtlich unbelastet sei und seine dienstliche Tätigkeit beanstandungsfrei geführt habe.

Der Beamte beantragt daher,

auf eine mildere Maßnahme als auf die Entfernung aus dem Dienst zu erkennen. Die Vertreterin der Einleitungsbehörde beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Sie hält die Entfernung des Beamten aus dem Dienst nach wie vor für geboten.

IV.

Der Senat geht auf der Grundlage der vorliegenden Disziplinarvorgänge, des Ergebnisses der Hauptverhandlung, insbesondere auch der Einlassungen des Beamten zunächst davon aus, dass sich dieser im April 1996 des sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen strafbar gemacht hat. Hinsichtlich der Vorwürfe im Zusammenhang mit seiner finanziellen Situation ist von Folgendem auszugehen:

In dem Zeitraum ab 1991 ging der Beamte zahlreiche Zahlungsverpflichtungen ein, u. a. Darlehensverträge mit der Franken VKV Bank in J., mit der Sparkasse K. und mit der L-Bank AG; daneben bestellte er Waren, die er ersichtlich nicht bezahlen konnte mit der Folge, dass bis April 1997 Verbindlichkeiten in Höhe von mindestens 30.000,00 DM entstanden waren, zu deren Begleichung der Beamte nicht in der Lage war. Demzufolge liefen bereits seit Juni 1996 Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, welche auch zur Pfändung in seiner Dienstbezüge führten. Ab 1997/1998 hatte der Beamte - wie er selbst angegeben hat - den Überblick über seine finanziellen Verhältnisse verloren.

Im Februar 1999 liefen gegen den Beamten mehrere Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aus früheren Kreditverträgen. Am 16. Februar 1999 schlossen der Beamte und seine damalige Lebensgefährtin mit der Sparkasse H. einen Kreditvertrag über eine Kreditsumme von 16.000,00 DM ab. Dieser Kredit diente zur Ablösung von Dispositionskrediten, die ebenfalls bei der Sparkasse H. geführt wurden, sowie eines bereits 1997 ausgereichten Allzweckdarlehens über 14.000,00 DM. Bei Vertragsabschluss gab der Beamte wahrheitswidrig an, lediglich monatliche Belastungen in Höhe von 460,00 DM zu haben, worauf hin ihm die Sparkasse H. das Anschlussdarlehen - vor allem im Vertrauen auf seine Zahlungsfähigkeit als Beamter - gewährte. Ab Juni 2000 geriet der Beamte in Zahlungsrückstand, so dass schließlich über eine Hauptforderung in Höhe von 14.140,45 DM nebst Zinsen am 15. Juni 2001 ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erging. Die Forderung ist heute noch in einer Höhe von 11.840,00 € offen.

Im Mai 2001 war der Beamte Mieter einer der Verwaltungsgemeinschaft I. in F. gehörenden Mietwohnung, für welche er monatlich 415,15 DM zu zahlen hatte. Nachdem er über mehrere Monate keine Miete gezahlt hatte, kam es am 16. Oktober 2001 zu einer Stundungsvereinbarung. Zuvor hatte der Beamte der Vermieterin eine Besoldungsmitteilung für Oktober 2001 vorgelegt und erklärt, dass er über ein Einkommen von ca. 2.300,00 DM verfüge, welchem lediglich Ausgaben in Höhe von 1.376,00 DM gegenüber stünden. Seine damaligen Verbindlichkeiten in ca. von ca. 50.000,00 DM sowie die gegen ihn laufenden Vollstreckungsmaßnahmen verschwieg er. Die Mietrückstände sollten durch zusätzliche Abbuchungen in Höhe von monatlich 150,00 DM beglichen werden, zusätzlich durch eine einmalige Summe von 1.000,00. In der Folgezeit zahlte der Beamte jedoch keine Miete; die Abbuchungen gingen ins Leere, so dass schließlich in die Dienstbezüge des Beamten gepfändet werden musste und zudem gegen ihn Strafanzeige wegen Betruges erstattet wurde. Die Forderung der Verwaltungsgemeinschaft I. ist heute noch in einer Höhe von 1.823,15 € offen.

V.

Disziplinarrechtlich sind hier gemäß § 81 Abs. 4 bis 6 DG LSA vom 21. März 2006 (GVBl. LSA S. 102) die Vorschriften der DO LSA weiter anzuwenden und hiernach ist das Verhalten des Beamten wie folgt zu werten:

Der sexuelle Missbrauch einer Schutzbefohlenen ist als strafrechtliches Vergehen gemäß § 174 StGB in besonderem Maße geeignet, achtungs- und ansehensbeeinträchtigend zu wirken und damit ein Dienstvergehen i. S. von § 77 Abs. 1 Satz 2 BG LSA darzustellen. Dabei hängt das Disziplinargewicht von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere von der Intensität der sexuellen Bedrängung, dem seelischen und körperlichen Schaden des Opfers und von den Auswirkungen auf den dienstlichen Bereich. Zwar ist hier zugunsten des Beamten zu berücksichtigen, dass es sich um einen lediglich einmaligen Vorfall gehandelt hat und es nicht zu bleibenden Schäden des Mädchens gekommen ist. Andererseits ist dem Beamten aber vorzuhalten, dass gerade von einem Polizeibeamten, zu dessen Hauptaufgaben die Verhinderung bzw. Verfolgung von Straftaten gehört, erwartet werden muss, sich seinerseits straffrei zu verhalten, und zwar gerade auch im Bereich des Sexualstrafrechts. Das Verhalten des Beamten ist danach ohne weiteres geeignet, das Vertrauen des Dienstherrn und vor allem der Öffentlichkeit in die Integrität der Beamtenschaft, insbesondere des Polizeidienstes infrage zu stellen.

Von disziplinarrechtlicher Relevanz ist auch das Verhalten des Beamten seinen Gläubigern gegenüber. Angesichts des Umstandes, dass bereits im April 1997 Verbindlichkeiten in Höhe von mehr als 30.000,00 DM entstanden waren, zu deren Begleichung der Beamte - wie er wusste - bereits damals nicht in der Lage war, zumal bereits Vollstreckungsmaßnahmen liefen, ist davon auszugehen, dass dem Beamten bei Eingehen weiterer Verbindlichkeiten bewusst war, dass er auch zu deren vollständiger Begleichung nicht in der Lage sein würde. Dementsprechend hat der Beamte selbst in der Hauptverhandlung vor der Disziplinarkammer eingeräumt, ab spätestens 1997/1998 keinen Überblick mehr über seine wirtschaftlichen Verhältnisse gehabt zu haben. Zwar berücksichtigt der Senat durchaus die jüngere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 5.11.1982 - 1 D 29.81), wonach ein unehrenhaftes Eingehen von Schulden, d. h. ein disziplinarrechtlich relevantes Verhalten eines Beamten, nicht bereits dann vorliegt, wenn dieser über seine finanziellen Verhältnisse lebt und damit auch über die Grenze seiner eigen wirtschaftlichen Belastbarkeit hinausgeht. Allerdings sind hohe Verschuldungen und die damit verbundenen Zahlungsschwierigkeiten beamtenrechtlich dann bedeutsam, wenn sie die Zuverlässigkeit und Vertrauenswürdigkeit des betreffenden für einen bestimmten Dienstposten fraglich erscheinen lassen; dies gilt insbesondere bei einem unehrenhaften, betrügerischen Schuldenmachen (vgl. dazu BVerwG, U. v. 24.3.1981 - 1 D 24.80 -). Nach dem hier zugrunde liegenden Sachverhalt ist davon auszugehen, dass sich der Beamte in disziplinarrechtlicher Hinsicht zweifach dienstpflichtwidrig i. S. von § 77 Abs. 1 Satz 2 BG LSA verhalten hat:

Hinsichtlich des Eingehens der Stundungsvereinbarung mit der Verwaltungsgemeinschaft I. vom Oktober 2001 hat der Beamte selbst sein betrügerisches Verhalten dadurch, dass er die Verwaltungsgemeinschaft offensichtlich über das Ausmaß seiner Vorbelastung bzw. sonstiger Zahlungsverpflichtungen im Unklaren gelassen hat, eingeräumt. Es ist danach davon auszugehen, dass dem Beamten bei Abschluss der Stundungsvereinbarung klar war, dass er zu einer Bezahlung weder der laufenden Miete noch der Mietrückstände in Lage sein würde und dass seine Vermieterin die Stundungsvereinbarung nur deswegen abschloss, weil sie von der Richtigkeit der Angaben des Beamten zu seinen Zahlungsverpflichtungen ausging. Die in der Verhandlung vor dem Senat gegebene Einlassung des Beamten, er habe gehofft, dass sich seine damalige Bekannte an der Behebung der Mietschulden beteiligen würde, ist als bloße Hoffnung anzusehen, die nicht weiter durch den Beamten sachlich begründet werden konnte. Rechtlich war der Beamte allein verpflichtet, und so ist es ihm allein zuzuschreiben, dass in der Folgezeit weder die Mietschulden beglichen noch die laufende Miete gezahlt wurde, d. h. die Stundungsvereinbarung ist Leere ging. Der Senat schließt sich der Würdigung dieses Verhaltens als eines Betrugs i. S. von § 263 StGB durch die Staatsanwaltschaft B-Stadt und auch durch das Amtsgericht H. an.

Auch hinsichtlich des Abschlusses des Darlehensvertrages mit der Sparkasse H. vom 16. Februar 1999 ist davon auszugehen, dass der Beamte die kreditgebende Stelle über seine tatsächliche Zahlungsfähigkeit, insbesondere seine Verbindlichkeiten von etwa 50.000,00 DM und die gegen ihn laufenden Vollstreckungsmaßnahmen bewusst getäuscht hat. Der Beamte hat dabei unter Vorlage seiner Gehaltsmitteilung suggeriert, dass ihm - bis auf von ihm angegebene Verbindlichkeiten in Höhe von lediglich 460,00 DM - entsprechende Mittel zur Begleichung des neuen Darlehens zur Verfügung stünden. Es besteht kein Zweifel daran, dass die Sparkasse H. keinen neuen Darlehensvertrag - auch als Umschuldung früherer Verbindlichkeiten - abgeschlossen hätte, wenn sie die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse des Beamten gekannt hätte; vielmehr hat sie auf die Richtigkeit der Angaben des Beamten und nicht zuletzt auch seiner Position als Besoldungsempfänger vertraut. Hätte die Sparkasse H. die tatsächlichen Verbindlichkeiten, vor allem die laufenden Vollstreckungsmaßnahmen gekannt, so hätte sie ohne weiteres die bisherigen Kreditverträge fällig gestellt und daraus die Zwangsvollstreckung betrieben, anstatt sich zum Abschluss eines neuen, weiteren Kreditvertrages bewegen zu lassen. Es ist daher letztlich auch unerheblich, dass die Sparkasse die nunmehr vereinbarte Kreditsumme nicht in vollem Umfang an den Beamten ausgezahlt, sondern damit alte Kreditverträge "bedient" hat; die Tilgung alter Kreditverbindlichkeiten steht letztlich der Auszahlung einer Kreditsumme an den Schuldner gleich. Wirtschaftlich ist der Sparkasse H. durch die Verhaltensweise des Beamten ein erheblicher zusätzlicher Schaden entstanden, auch wenn er zunächst einige der fälligen Monatsraten beglichen hat. Es kann letztlich dahinstehen, ob das Verhalten des Beamten als ein Eingehungsbetrug i. S. von § 263 StGB zu würdigen ist; jedenfalls liegt in der vorsätzlich unvollständigen bzw. fehlenden Information des Darlehensgebers ein Verstoß gegen die sich für einen Beamten, vor allem einen Polizeibeamten ergebenden Pflicht zu einem achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten auch außerhalb seines Dienstes (§ 54 Satz 3 BG LSA).

Danach ist hier der zweifache Tatbestand des dienstpflichtwidrigen Verhaltens im Zusammenhang mit der Eingehung bzw. Abwicklung von Verbindlichkeiten gegeben. Die Gläubiger des Beamten sollten durch seine falschen Angaben von der Verfolgung berechtigter Forderungen abgehalten werden. Dies ist nicht zuletzt auch daran erkennbar, dass die offenen Forderungen bis heute nicht beglichen sind, sondern aus ihnen nunmehr die Zwangsvollstreckung in die Dienstbezüge des Beamten betrieben werden muss. Für den Senat besteht daher kein Zweifel, dass es sich hier nicht um ein lediglich "privates" Schuldenmachen ohne disziplinarrechtliche Relevanz handelt; vielmehr liegt in dem Verhalten des Beamten ein Verstoß gegen die jedem Beamten - vor allem aber einem Polizeibeamten - obliegende Verpflichtung zu einem achtungswürdigen Verhalten außerhalb des Dienstes gemäß § 54 Satz 3 BG LSA, so dass insoweit von außerdienstlichem Dienstvergehen i. S. von § 77 Abs. 1 Satz 2 BG LSA auszugehen ist.

Insgesamt ist der Senat - wie bereits die Disziplinarkammer - der Auffassung, dass die für einen Verbleib des Beamten im Dienst erforderliche Vertrauensgrundlage sowohl gegenüber dem Dienstherrn, aber auch gegenüber der Öffentlichkeit vollständig und endgültig entfallen ist. Es ist dem Dienstherrn nicht zumutbar, einen Beamten im Dienst, zumal im Polizeidienst, zu belassen, der erkennbar nicht die Gewähr für ein straffreies Verhalten bietet. Gegen den Beamten sind - trotz jahrelanger Pfändung eines Teils seiner Dienstbezüge - noch 15 Pfändungsmaßnahmen über eine Gesamtsumme von mehr als 40.000,00 € anhängig; er selbst hat seine Schulden auf über 50.000,00 € beziffert. Im Übrigen ist auch nicht zu erkennen, dass der Beamte Anstalten dahin gehend unternommen hat, etwa durch die Einleitung eines Privatinsolvenzverfahrens zu einer wirksamen Besserung seiner desolaten wirtschaftlichen Verhältnisse beizutragen. Vielmehr hat er sich offensichtlich mit seiner katastrophalen Finanzsituation abgefunden. Ein Polizeibeamter, der dermaßen hoffnungslos verschuldet ist wie hier der Beamte, wird indes stets der Gefahr unterliegen, sich in wirtschaftliche Abhängigkeit von anderen, insbesondere auch von Kriminellen zu begeben; die Integrität des Polizeidienstes erfordert es, ein solches Risiko von vornherein auszuschließen.

Der Verhängung der Sanktion der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis steht auch nicht entgegen, dass sich das - behördliche - Ermittlungsverfahren über einen langen Zeitraum hingezogen hat. Dies ist im Übrigen nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass relativ umfängliche Ermittlungen erforderlich waren, um die finanziellen Verhältnisse des Beamten einschließlich der konkreten Verbindlichkeiten im Einzelnen aufzuklären. Auch die - vom Zeugen PHK A. bestätigten - im Übrigen ordentlichen dienstlichen Leistungen des Beamten stehen angesichts des vollständigen Vertrauensverlustes des Dienstherrn seiner Entfernung aus dem Dienst nicht entgegen.

Ist danach die von der Disziplinarkammer erkannte Entfernung des Beamten aus dem Dienst gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 Nr. 5 DO LSA a. F. die gebotene Disziplinarmaßnahme, so dient die dem Beamten zugleich zuerkannte Bewilligung eines Unterhaltsbeitrags gemäß § 97 DO LSA a. F. dazu, ihm für eine Übergangsfrist eine Mindestversorgung zu ermöglichen. Im Übrigen mag der Beamte zur Kenntnis nehmen, dass dem Dienstherrn im Falle schwerer Pflichtverstöße eines Beamten die Möglichkeit bleiben muss, sich von diesem wieder zu trennen, anstatt ihm weiter eine lebenslange Alimentation - die im Übrigen letztlich in nicht unerheblichem Maße seinen Gläubigern zugute käme - zu gewähren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 101 Abs. 1 Satz 1 DO LSA a. F.

Dieses Urteil wurde mit seiner Verkündung rechtskräftig, § 77 DO LSA a. F.

Ende der Entscheidung

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