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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 10.04.2008
Aktenzeichen: 10 L 6/07
Rechtsgebiete: BG LSA, DG LSA, VwGO


Vorschriften:

BG LSA § 54
BG LSA § 56
DG LSA § 3
VwGO § 60
Justizvollzugsbedienstete sind verpflichtet, sich von der Anstaltsleitung angeordneten Personenkontrollen zu unterziehen. Die Personenkontrollen können durch Anstaltspersonal - welches gemäß den Richtlinien des Ministeriums der Justiz besonders zu verpflichten ist - durchgeführt werden.

Ein Rechtsanwalt ist verpflichtet, seine Bediensteten dazu anzuhalten, die gerichtlichen Fax-Nummern auf ihre Richtigkeit zu kontrollieren.


Gründe:

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zwar gemäß §§ 3 DG LSA, 60 VwGO zulässig, insbesondere innerhalb der Zwei-Wochen-Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt worden. Er hat indes in der Sache keinen Erfolg, da nicht davon auszugehen ist, dass der Kläger ohne Verschulden daran gehindert war, die gesetzliche Antragsfrist gemäß §§ 64 Abs. 2 DG LSA i. V. m. 124 a Abs. 4 Satz 1 VwGO einzuhalten.

Aus den Gerichtsakten ergibt sich, dass das hier streitgegenständliche Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 5. November 2007 zugestellt worden ist; mithin lief die Frist für den Zulassungsantrag am Mittwoch, 5. Dezember 2007 ab. Zwar datiert der an das Verwaltungsgericht Magdeburg adressierte Antrag auf Zulassung der Berufung vom 5. Dezember 2007; er ist indes erst am folgenden Tag, dem 6. Dezember 2007 bei dem - zuständigen - Verwaltungsgericht Magdeburg eingegangen. Grund für die Verzögerung war, dass die Antragsschrift infolge der dort bezeichneten falschen Fax-Nummer: 03 91/6 06 - 60 05 (Fax-Nummer des Amtsgerichts Magdeburg) am 5. Dezember 2007 um 16:23 Uhr in der Fax-Annahmestelle des Amtsgerichts Magdeburg eingegangen und erst am folgenden Morgen dem Verwaltungsgericht zugeleitet worden ist.

Der Antrag des Klägers, ihm wegen der Versäumung der Antragsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß §§ 3 DG LSA, 60 Abs. 1 VwGO zu gewähren, hat keinen Erfolg. Denn es ist davon auszugehen, dass der Kläger, welcher sich das Verhalten seines Prozessbevollmächtigten zurechnen lassen muss, nicht ohne Verschulden an der Einhaltung der gesetzlichen Frist gehindert war.

Zwar kann der Rechtsanwalt die Auswahl der zutreffenden Telefax-Nummer einer hinreichend geschulten und überwachten Bürokraft überlassen. Indes hat er gerade zur Vermeidung der Fristversäumung aufgrund von Fehlern im Zusammenhang mit der Eingabe der zutreffenden Telefax-Nummer zumutbare organisatorische Vorkehrungen dahin gehend zu treffen, dass derartige Übertragungsfehler vermieden werden. Er hat daher für eine Büroorganisation zu sorgen, welche eine Überprüfung der per Telefax übermittelten Schriftsätze auch auf die Verwendung einer zutreffenden Empfängernummer gewährleistet. Dabei kann er sich nicht darauf beschränken, einen Sendebericht ausdrucken zu lassen und diesen auf die Übereinstimmung mit der verwendeten Empfängernummer zu überprüfen. Vielmehr bedarf es zusätzlich einer Überprüfung der Richtigkeit der im Sendebericht ausgewiesenen Empfängernummer, etwa anhand eines aktuellen Verzeichnisses, der Handakte des Rechtsanwalts oder einer anderen geeigneten Quelle (wie hier: BVerwG, B. v. 9.1.2008 - 6 B 51.07 - juris unter Hinweis auf die übrige höchstrichterliche Rspr.).

Dies bedeutet, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers nicht nur gehalten war, die Übereinstimmung der gewählten Fax-Nummer mit derjenigen auf dem Sendeprotokoll überprüfen zu lassen; vielmehr war er zudem gehalten, die Richtigkeit der gewählten Nummer kontrollieren zu lassen. Dies hätte insofern keine Mühe bedeutet, als der Rechtsanwalt bereits mehrere Schriftsätze (etwa v. 4.5.2007 und vom 20.7.2007) sowie Empfangsbekenntnisse unter Verwendung der zutreffenden Fax-Nummer (03 91/ 6 06 - 70 32), insbesondere auch nach dessen Umzug in das Justizzentrum Magdeburg im Mai 2007 an die Disziplinarkammer bei dem Verwaltungsgericht Magdeburg hatte senden lassen. Es hätte sich daher - jedenfalls in dieser Konstellation - geradezu aufgedrängt, die Übereinstimmung der nunmehr angewählten (falschen) Fax-Nummer mit der zuvor mehrfach verwendeten (richtigen) Fax-Nummer abzugleichen.

Nach diesen Grundsätzen war die Versäumung der Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung hier nicht unverschuldet, denn der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat nicht glaubhaft gemacht, seine Bediensteten ausdrücklich zur Kontrolle der Richtigkeit der tatsächlich gewählten Fax-Nummer nach Maßgabe der vorbezeichneten Anforderungen angehalten zu haben.

Dem Kläger war auch nicht unter dem Gesichtspunkt Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, dass das unzuständige Amtsgericht im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflichten gehalten ist, fristgebundene Schriftsätze, welche fälschlich bei ihm eingereicht werden, im Zuge eines ordentlichen Geschäftsganges unverzüglich an das zuständige Gericht weiterzuleiten. Gegen diese Pflicht hat das Amtsgericht offensichtlich nicht verstoßen, denn es hat den - erst nach Dienstschluss am 5. Dezember 2007 eingegangenen Schriftsatz - unverzüglich am Morgen des Folgetages dem zuständigen Verwaltungsgericht zugeleitet.

Der Senat bemerkt allerdings zur Unterrichtung der Beteiligten ergänzend folgendes:

Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte in der Weigerung des Klägers, sich der für den Morgen des 14. Juni 2006 angeordneten Personenkontrolle zu unterziehen, ein Dienstvergehen i. S. von § 77 Abs. 1 BG LSA gesehen hat. Nach den hier zugrunde liegenden, mit Zustimmung des Hauptpersonalrats erlassenen Richtlinien des Ministeriums der Justiz des Landes Sachsen-Anhalt vom 24. März 2006 sollen Personenkontrollen dazu dienen, ein Ein- und Ausbringen unerlaubter Gegenstände in bzw. aus den Justizvollzugsanstalten zu verhindern. Die Durchführung von Personenkontrollen soll einerseits eine generalpräventive Wirkung erzielen, andererseits korrekt handelndes Personal vor unberechtigten Verdächtigungen schützen. Pro Jahr sollen etwa 15 bis 20 Ein- und Ausgangskontrollen in den Justizvollzugsanstalten stattfinden, wobei die Durchführung der Personenkontrollen kurzfristig vom Anstaltsleiter anzuordnen ist. Die Personenkontrollen haben sich auf die gesamte hauptamtliche und nebenamtliche/ehrenamtliche Bedienstetenschaft einer Justizvollzugsanstalt zu erstrecken.

Danach bietet die hier streitgegenständliche Anordnung von Personenkontrollen durch den Leiter der C. für den Morgen des 14. Juni 2006 keinen rechtlichen Bedenken. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, Personenkontrollen dürften nur durch die Polizei, nicht aber durch Anstaltsbedienstete durchgeführt werden, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Zwar mag die Hinzuziehung von Polizeibeamten dann geboten sein, wenn tatsächlich Hinweise auf strafbare Handlungen - etwa ein Hineinschmuggeln unerlaubter Gegenstände - gegeben sind; indes ist die Durchführung von Personenkontrollen in den Justizvollzugsanstalten grundsätzlich Aufgabe der Anstalten selbst, welche hierfür eigenes Personal einsetzen dürfen.

Zu der Besorgnis des Klägers, eine Untersuchung durch Kollegen könne dazu führen, dass Kenntnisse über sein Privatleben "unter den anderen Kollegen ausgewertet werden", ist zu bemerken: Die mit den Kontrollen beauftragten Bediensteten unterliegen einer spezifischen Verschwiegenheitspflicht (Nr. 6 der Richtlinien des MJ), auf welche sie besonders hinzuweisen sind. Die Verschwiegenheitspflicht gilt insbesondere in Bezug auf die Planung der Personenkontrollen sowie deren nachträgliche Auswertung. Im Übrigen ist das Kontrollpersonal nicht befugt, in Taschen oder mitgeführte Behältnisse hineinzufassen. Es erfolgt kein Abtasten und keine körperliche Berührung (Nr. 3 Abs. 2 der Richtlinien des MJ). Danach besteht für die Befürchtung des Klägers, es könne zu Indiskretionen bzgl. seiner Person kommen, kein Raum, zumal der Kläger selbst sein diesbezügliches Vorbringen auch nicht ansatzweise spezifiziert hat.

Im Übrigen wäre - worauf die Beklagte zutreffend hinweist - der Kläger gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 BG LSA zunächst gehalten gewesen, gegen die ihm erteilte dienstliche Anordnung, sich einer Personenkontrolle zu unterziehen, zu remonstrieren, anstatt sich dieser Anordnung sogleich pauschal zu verweigern. Mit Recht hat daher die Beklagte in dem Verhalten des Klägers auch insoweit einen Verstoß gegen Dienstpflichten i. S. v. § 77 Abs. 1 BG LSA gesehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 72 Abs. 4 DG LSA i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Gebührenfreiheit dieses Verfahrens ergibt sich aus § 73 Abs. 1 Satz 1 DG LSA.

Ende der Entscheidung

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