Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 11.12.2008
Aktenzeichen: 2 K 235/06
Rechtsgebiete: ROG, VwGO


Vorschriften:

ROG § 3
ROG § 7
VwGO § 47
1. Die Festsetzung eines Vorbehaltsgebiets iSv § 7 Abs.4 Nr.2 ROG stellt keine andere im Rang unter dem Landesrecht stehende Rechtsvorschrift iSd § 47 Abs. 1 Nr.2 VwGO dar.

2. Grundsätzen der Raumordnung fehlt es am erforderlichen Merkmal der Verbindlichkeit, da sie nur als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen zu dienen bestimmt und ohne weiteres im Wege der Abwägung überwindbar sind.

3. Die Festsetzung eines Vorbehaltsgebiets iSv § 7 Abs.4 Nr. 2 ROG stellt einen Grundsatz der Raumordnung dar.


Gründe:

Die Antragstellerin begehrt im Wege der Normenkontrolle, die im Regionalen Entwicklungsplan für die Planungsregion C-Stadt - künftig REP MD - unter Teil 5.7.7, Nr.16 (S...) (Hartgestein) enthaltene Festsetzung eines Vorbehaltsgebiets für die Rohstoffgewinnung für unwirksam erklären zu lassen.

Die Aufstellung des Regionalen Entwicklungsplanes erfolgt auf der Grundlage des § 7 LPlG LSA. Der Regionale Entwicklungsplan ist gemäß § 6 Abs.1 LPlG LSA aus dem Landesentwicklungsplan des Landes Sachsen-Anhalt - LEP-LSA - vom 23. Mai 1999 (GVBl LSA Nr. 28), zuletzt geändert durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Landesentwicklungsplan des Landes Sachsen-Anhalt vom 15. August 2005 (GVBl. LSA 2005, S. 550), zu entwickeln. Die im LEP-LSA festgelegten Ziele und Grundsätze der Raumordnung sind gemäß § 6 Absatz 1 LPlG LSA zu übernehmen und, soweit erforderlich, zu konkretisieren und zu ergänzen. Dabei sind die Ziele und Grundsätze der Raumordnung, die der Entwicklung, Ordnung und Sicherung der nachhaltigen Raumentwicklung in der Planungsregion dienen, festzulegen.

Für das Gebiet, zu dem auch die im Landkreis Börde gelegene Antragstellerin gehört, hat die Antragsgegnerin den REP MD aufgestellt. Die Regionalversammlung der Antragsgegnerin beschloss in ihrer Sitzung am 20.02.2002 die Aufstellung des REP MD. Mit der Bekanntmachung des Beschlusses zur Aufstellung des REP MD war die Aufforderung verbunden, Vorschläge für den Entwurf des REP MD mitzuteilen. Weiterhin ging den öffentlichen Stellen und Personen des Privatrechts, für die eine Beachtenspflicht nach § 4 des Raumordnungsgesetzes begründet werden soll, sowie den Verbänden und Vereinigungen, deren Aufgabenbereich für die Regionalentwicklung von Bedeutung ist, der Aufstellungsbeschluss mit der Aufforderung zur Abgabe von Vorschlägen ebenfalls zu. Mit Schreiben vom 25.09.2002 teilte die Verwaltungsgemeinschaft "Nördliche Börde" der Antragsgegnerin im Auftrag der Mitgliedsgemeinden, zu denen auch die Antragstellerin gehört, mit, dass aufgrund des kurzen Zeitraums eine schriftliche Stellungnahme der einzelnen Gemeinden nicht möglich sei. Die Gemeinden behielten sich aber ihr Einspruchsrecht gemäß § 7 Abs. 2 LPIG vor. In der Folge erarbeitete die Antragsgegnerin den Entwurf des REP MD. Dieser wurde der obersten Landesplanungsbehörde mitgeteilt. Danach fanden nochmals Abstimmungen statt. In einer Beratung im Landratsamt des ehemaligen Landkreises Ohrekreis am 22.10.2003 mit der VG "Nördliche B." wurde u. a. der Hinweis eingebracht, dass das im "Vorentwurf" des REP MD enthaltene Vorranggebiet für die Rohstoffgewinnung in ein Vorbehaltsgebiet für die Rohstoffgewinnung umzuwandeln sei. Begründung dafür sei der nicht vorhandene Bedarf an Hartgestein. In ihrer Sitzung am 26.02.2004 beschloss die Regionalversammlung der Antragsgegnerin den Entwurf des REP MD und leitete das Beteiligungsverfahren zum Entwurf ein.

Der beschlossene Entwurf enthielt unter 5.3.5.6, Z als Nr. XV "(S...)" ein Vorranggebiet für die Rohstoffgewinnung. Das bisherige Regionale Entwicklungsprogramm für den ehemaligen Regierungsbezirk C-Stadt, welches von der Antragstellerin nicht angegriffen worden war und das am 30.06.2006 durch Zeitablauf seine Gültigkeit verlor, sah an der betroffenen Stelle ebenfalls ein Gebiet für die Rohstoffgewinnung (Vorsorgegebiet) vor. Der Aufstellungsbeschluss wurde im Amtsblatt des Landesverwaltungsamtes (3/2004), dem Amtsblatt des ehemalige Bördekreises (4/2004), des Landkreises Jerichower Land (10 Jahrgang Nr.6), des ehemaligen Landkreises Ohrekreis (Nr 10/02), des ehemaligen Landkreises Schönebeck (13 Jahrgang Nr. 6) und der Landeshauptstadt C-Stadt (Nr.9/2004) bekannt gemacht. Daneben wurde in den Städten und Gemeinden der Planungsregion der Beschluss öffentlich bekannt gemacht und der Planentwurf in den Verwaltungen der Mitgliedskörperschaften der Antragsgegnerin und in den Städten und Verwaltungsgemeinschaften öffentlich ausgelegt. Mit der Bekanntgabe des Beschlusses war die Aufforderung verbunden, Hinweise, Anregungen und Bedenken bis zum 30.06.2004 an die Antragsgegnerin zu senden. Die VG "Nördliche B." hat den Empfang von 8 Exemplaren des Planentwurfes am 30.03.2004 bestätigt. Auch die Antragstellerin gab eine Stellungnahme zum Entwurf des REP MD ab, die fristgemäß am 24.06.2004 bei der Antragsgegnerin einging. In der Sitzung der Regionalversammlung der Antragsgegnerin am 30.06.2004 fasste die Regionalversammlung den Beschluss, den Entwurf des REP MD zu ändern. Die Änderung bezog sich auf die Gebiete für die Nutzung der Windenergie. Der Beschluss wurde in der bereits oben beschriebenen Art und Weise bekannt gemacht. Mit der Bekanntgabe des Beschlusses zur Änderung des Entwurfes war die Aufforderung verbunden, Hinweise, Anregungen und Bedenken bis zum 05.08.2005 an die Antragsgegnerin zu senden. Nach Erarbeitung aller Abwägungsvorschläge lud die Antragsgegnerin unter dem 26.08.2005 alle Beteiligten zu den Anhörungen am 05. und 06.10.2005 ein. Mit der Einladung wurden die Beteiligten darüber informiert, dass die Abwägungsunterlagen im Internet einsehbar seien und diejenigen, die das Internet nicht nutzen könnten, die Abwägungsunterlagen als CD oder Druckversion bei der Antragsgegnerin bestellen könnten. Die Protokolle der Erörterungsveranstaltungen sowie die aus den Erörterungsterminen resultierenden Veränderungen bei den Abwägungsunterlagen wurden ebenfalls ins Internet gestellt und die Beteiligten darüber informiert mit dem Hinweis, die Unterlagen auch als CD oder Druckversion abfordern zu können. In Sitzungen vom 28.11.2005, 31.01.2006 sowie 17.05.2006 nahm die Regionalversammlung der Antragsgegnerin die Abwägung der eingegangenen Hinweise, Anregungen und Bedenken vor und beschloss den REP MD.

Unter "5.7.7 Vorbehaltsgebiete für Rohstoffgewinnung" enthielt der beschlossene Plan folgende Festsetzung:

5.7.7.1 Vorbehaltsgebiete für Rohstoffgewinnung sind Gebiete mit Rohstoffvorkommen, die rohstoffgeologisch und rohstoffwirtschaftlich noch nicht abschließend untersucht sind. Die Vorbehaltsgebiete sollen in erster Linie der nachhaltigen Sicherung von Rohstoffvorkommen dienen. Nutzungen in diesen Gebieten sollen das Vorhandensein eines potenziell nutzbaren Bodenschatzes und die künftige Möglichkeit einer Gewinnung des Rohstoffs berücksichtigen.

5.7.7.2 Mineralische Rohstoffe sind standortgebunden und nicht vermehrbar bzw. erneuerbar. Für die vorsorgliche Absicherung des regionalen Bedarfs der Industrie mit qualitativ hochwertigen Rohstoffen sind für die Planungsregion C-Stadt folgende Vorbehaltsgebiete für Rohstoffgewinnung festgelegt:

..........

16. (S...) (Hartgestein)

............ .

In Teil 2 der Begründung des REP MD wird unter "Vorbehaltsgebiete für Rohstoffgewinnung 5.7.7.1 G" ausgeführt:

"Die Lagerstätten, welche als Vorbehaltsgebiete für Rohstoffgewinnung festgelegt sind, sind zwar von regionaler bzw. überregionaler Bedeutung, der rohstoffgeologische und rohstoffwirtschaftliche Erkundungsstand lässt aber noch Spielraum für andere Raumnutzungen zu.

Da im Rahmen von anderen Planungen und Verfahren durch die Vorbehaltsfestlegungen die Belange der Rohstoffwirtschaft und Rohstoffsicherung mit erhöhtem Gewicht in die Abwägung eingestellt werden müssen, kann auch über diese Festlegung der Sicherung der Rohstofflagerstätten Rechnung getragen werden.

5.7.7.2 Z

Auch die Festlegung der Vorbehaltsgebiete für die Rohstoffgewinnung erfolgte in enger Abstimmung mit dem Landesamt für Geologie und Bergwesen des Landes Sachsen-Anhalt als zuständiger Fachbehörde. Die von der zuständigen Fachbehörde als regional oder überregional bedeutsam eingestuften Lagerstätten bilden die Grundlage zur Festlegung von Vorbehaltsgebieten für Rohstoffgewinnung.

Es wurden die Lagerstätten als Vorbehaltsgebiete festgelegt, welche aufgrund des Erkundungsstandes nicht die Kriterien zur Festlegung eines Vorranggebietes erfüllen, die aufgrund der Bedeutung des Rohstoffes eine Lagerstättensicherung erforderlich machen".

Der Plan wurde mit Bescheid vom 29.05.2006 von der obersten Landesplanungsbehörde ohne Auflagen genehmigt. Entsprechend § 7 Abs. 7 LPlG wurde der REP MD sodann bekannt gemacht. Dabei wurde für die Begründung und den Kartenteil von der Ersatzbekanntmachung durch Auslegung entsprechend den für die Satzungen der Mitgliedskörperschaften vorgesehenen Ersatzbekanntmachungsvorschriften Gebrauch gemacht. Die Bekanntmachung erfolgte im Amtsblatt für den ehemaligen Bördekreis Nr.12 des 10. Jahrgangs vom 30.06.2006, im Amtsblatt für den Landkreis Jerichower Land Nr. 10 des 12. Jahrgangs vom 30.06.2006, im Amtsblatt für die Landeshauptstadt C-Stadt Nr.21 des 16. Jahrgangs vom 19.06.2006, im Amtsblatt für den ehemaligen Landkreis Ohrekreis Nr.27 des 12.Jahrgangs vom 28.06.2006, im Amtsblatt für den ehemaligen Landkreis Schönebeck Nr.59 vom 18.06.2006.

Am 13.07.2006 hat die Antragstellerin gegen den REP MD den Normenkontrollantrag gestellt. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor:

Abschnitt 5.7.7.1 des REP MD sei abwägungsfehlerhaft, da er eine Festlegung eines Vorbehaltsgebietes für die Rohstoffgewinnung in (S...) vorsehe, ohne dass eine raumordnerische und eine abschließende rohstoffgeologische Untersuchung stattgefunden hätten. Dies ergebe sich aus den Festsetzungen und Begründungen des REP MD selbst dann, wenn diese Begründungen bis zur endgültigen Beschlussfassung über den REP MD verändert und ausgetauscht worden seien. Der REP MD enthalte in seinem Teil 2 Anhang 1, Abschnitt 4.5 daneben einen weiteren Wertungswiderspruch, weil er seine gesamten Festlegungen unter den Generalvorbehalt des Vorliegens einer Bergbauberechtigung etc. stelle. Dadurch würde ihre dem Bergbau bzw. der Rohstoffgewinnung entgegenstehende Planungshoheit "völlig ausgeblendet". Das öffentliche Interesse liege "keineswegs in der Durchsetzung eines REP zur Befriedigung von Profitinteressen eines einzelnen Unternehmens zulasten der gemeindlichen Integrität, der Grundrechte und der Lebensqualität hunderter von Bürgerinnen und Bürgern, deren Lebensgrundlagen und der Wirtschaftsstruktur einer ganzen Region." Die unmittelbare Verletzung ihrer eigenen Rechte durch den angegriffenen REP MD ergebe sich daraus, dass dieser mit privilegierender Wirkung im Raumordnungsverfahren auf ihrem Gemeindegebiet ein Vorbehaltsgebiet für die Rohstoffgewinnung ausweise und insoweit ihre auf landwirtschaftliche und in einem kleinen Teilbereich archäologisch-touristische Nutzung ausgerichtete Planung konterkariere. Im Übrigen habe sie sich in ihrer Stellungnahme vom 24.06.2004 nicht für die Ausweisung eines Vorbehaltsgebietes für die Rohstoffgewinnung, sondern für die Ausweisung eines Vorsorgegebiets in Verbindung mit einem Vorranggebiet für die Landwirtschaft ausgesprochen.

Die Antragstellerin beantragt,

die im Regionalen Entwicklungsplan für die Planungsregion C-Stadt enthaltene Festsetzung eines Vorbehaltsgebiets für die Rohstoffgewinnung "Nr.16 (S...) (Hartgestein)" in der Fassung des Beschlusses der Regionalversammlung am 17.Mai 2006 für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzulehnen.

Sie verteidigt den REP MD hinsichtlich der Festsetzung von Rohstoffgebieten und trägt hierzu vor:

Ob der Normenkontrollantrag gegen den REP MD überhaupt zulässig sei, erscheine bereits zweifelhaft. Die Antragstellerin wolle mit ihrem Normenkontrollantrag erreichen, dass der Regionale Entwicklungsplan hinsichtlich der Festlegungen von Vorbehaltsgebieten für die Rohstoffgewinnung für unwirksam erklärt werde. Hiermit verbinde die Antragstellerin die Vorstellung, dass dann das eingeleitete Raumordnungsverfahren mit einer den Rohstoffabbau ablehnenden Entscheidung ende. Diese Bedeutung komme dem REP MD allerdings nicht zu. Von einem Raumordnungsverfahren könne nur abgesehen werden, wenn die Beurteilung der Raumverträglichkeit der Planung oder Maßnahme bereits auf anderer planerischer Grundlage hinreichend gewährleistet sei. Dies gelte insbesondere, wenn die Planung oder Maßnahme den Zielen der Raumordnung entspreche oder widerspreche (§15 Abs. 1 und 2 ROG). Derartige Bindungswirkungen gingen von dem REP MD nicht aus. Der Plan enthalte in dem hier fraglichen Bereich kein bindendes Ziel, sondern lediglich die Ausweisung eines Vorbehaltsgebietes, das bei der Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Nutzungen lediglich zu berücksichtigen sei. Würde der Regionale Entwicklungsplan mit der Ausweisung von Vorbehaltsgebieten für die Rohstoffgewinnung in diesem Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO für unwirksam erklärt werden, würde es bei der grundsätzlichen Privilegierung der Rohstoffgewinnung nach § 35 Abs.1 Nr. 3 BauGB durch ortsgebundene Betriebe verbleiben, so dass das Raumordnungsverfahren bei der Raumverträglichkeitsprüfung vor den gleichen Fragen stünde, vor denen es auch jetzt stehe. Etwas anderes würde nur gelten, wenn der REP MD für den hier interessierenden Bereich bindende Ziele (§ 3 Nr. 2 BauGB) enthalten würde, durch die nachfolgende Verfahren strikt gebunden wären. Dies sei jedoch nicht der Fall.

Der Normenkontrollantrag sei auch unbegründet. Der REP MD leide an keinen i.S.v. § 9 Abs.1 Nr. 3 LPlG beachtlichen Abwägungsfehlern. Eine Abwägung der Belange habe in der Sitzung der Regionalversammlung vom 18.11.2005 stattgefunden. Grundlage der Abwägungsentscheidung seien der Entwurf des REP MD und die dazu weiter eingegangenen Hinweise, Anregungen und Bedenken gewesen. Bei der Aufstellung des Entwurfs zum REP MD habe sie die Grundsätze der Raumordnung (§ 2 ROG) gegeneinander und untereinander abgewogen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Verwaltungsvorgänge und die Gerichtsakte verwiesen. Ihr Inhalt ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag ist unzulässig.

Der Normenkontrollantrag der Antragstellerin ist bereits nicht statthaft. In der hier vorliegenden Konstellation unterliegt der REP MD, der die Darstellung einer Vorbehaltsfläche für die Rohstoffgewinnung zum Gegenstand hat, nicht dem Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO. Die Festsetzung einer Vorbehaltsfläche für die Rohstoffgewinnung stellt keine andere im Rang unter dem Landesrecht stehende Rechtsvorschrift i. S. von § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO dar. Sie hat weder in formeller noch in materieller Hinsicht Normcharakter.

Nach der Rechtsprechung des Bundsverwaltungsgerichts (Urt. v. 20.11.2003 - 4 CN 6/03 - zitiert nach juris) sind in einem Regionalplan enthaltene Ziele der Raumordnung Rechtsvorschriften im Sinne des § 47 Abs.1 Nr. 2 VwGO. Ziele der Raumordnung im Sinne des § 3 Nr. 2 ROG haben den Charakter von Außenrechtsvorschriften. Der Bundesgesetzgeber umschreibt den Begriff der Ziele in § 3 Nr. 2 ROG einheitlich für die Raumordnung im Bund und in den Ländern. Danach handelt es sich um verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raums. Sie können auch als Regelungen mit beschränktem Adressatenkreis Außenwirkung haben (BVerwG, Beschl. v. 20.11.2003 a.a.O.).

Dies gilt indes nicht für Grundsätze der Raumordnung, da es ihnen am Merkmal der Verbindlichkeit fehlt. Nach § 3 Nr. 3 ROG sind Grundsätze der Raumordnung nur als Vorgaben für nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen zu dienen bestimmt. Sie sind ohne weiteres im Wege der Abwägung überwindbar (BVerwG, Urt. v. 20.11.2003, a.a.O).

Die Festsetzung eines Vorbehaltsgebiets im Sinne von § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 ROG stellt nur einen Grundsatz der Raumordnung dar. Nach § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 ROG können die Festlegungen nach den Absätzen 2 und 3 auch Gebiete bezeichnen, in denen bestimmten, raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen bei der Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Nutzungen besonderes Gewicht beigemessen werden soll (Vorbehaltsgebiete). § 7 Abs. 4 S.1 Nr. 2 ROG begründet mit der Festlegung eines Vorbehaltsgebiets in einem Regionalplan für die Gemeinde keine strikte Pflicht zur Anpassung der Bauleitplanung an die Ziele der Raumordnung. Das Raumordnungsgesetz stellt durch Legaldefinition klar, dass das Wesentliche eines landesplanerischen Vorbehaltsgebiets die besondere Gewichtung eines bestimmten Belangs ist, jedoch der abwägenden Gemeinde ein Abwägungsspielraum zuzubilligen ist, der ihr auch die Möglichkeit einräumt, dieses besondere Gewicht bei noch gravierenderen Belangen in der Abwägung unterlegen zu lassen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 10.04.2003 - 15 ZB 99.1658 - nach juris). Vorbehaltsgebiete wirken als Gewichtungsvorgaben auf nachfolgende Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen ein und dürfen durch öffentliche oder private Belange von höherem Gewicht überwunden werden. § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 ROG ordnet sie daher den Grundsätzen und nicht den Zielen der Raumordnung zu (BVerwG, Urt. v. 13.03.2003 - 4 C 4/02 - nach juris). § 7 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 ROG zielt auf "nachfolgende Abwägungsentscheidungen" ab. Träger der Abwägung in § 7 Abs. 4 S.1 Nr. 2 ROG, bei der "mit konkurrierenden raumbedeutsamen Nutzungen besonderes Gewicht beigemessen werden soll", ist nicht der Träger des Raumordnungsplans. Diese Abwägung wird auch nicht im Raumordnungsplan vorgenommen - schon gar nicht abschließend -, sondern durch den Träger der "nachfolgenden Abwägungsentscheidung" in seinem Gesamt- oder Fachplan, so z. B. die Gemeinde bei der Abwägung im Rahmen der Aufstellung von Bauleitplänen. Bei dieser Abwägung unterliegt der Planungsträger der nachfolgenden Planungsebene einem gesetzlich geregelten Gewichtungsvorrang. Dass diese mit besonderem Gewicht vorzunehmende "Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Nutzungen" nicht die Abwägung des Planungsträgers der Raumordnung sein kann - das besondere Gewicht wird bei und mit der Abwägung des nachgeordneten Planungsträgers "beigemessen" -, ergibt sich bereits aus dem Wortlaut: Auf der einen Seite stehen die raumbedeutsamen Funktionen oder Nutzungen, die der Raumordnungsplan bestimmt hat, auf der anderen Seite stehen die mit ihnen konkurrierenden raumbedeutsamen Nutzungen, die die Gemeinde (oder ein sonstiger Planungsträger) abzuwägen hat. Bei dieser Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Nutzungen hat der nachfolgende Planungsträger diesen vom Raumordnungsplan bestimmten Belangen (Funktionen, Nutzungen) ein besonderes Gewicht beizumessen. Im Ausgleich mit den anderen Belangen muss dem besonderen Gewicht Rechnung getragen werden. In der Ausgleichsphase kann die Gemeinde aber die Belange, die die raumbedeutsamen Funktionen und Nutzungen i S. des § 7 Abs. 4 S. 1, 2 ROG mit sich bringen, zurücktreten lassen, wenn sachgerechte und hinreichende gewichtige Gründe es zu rechtfertigen vermögen, diese Belange den qualifizierten Belangen des Vorbehaltsgebiets vorzuziehen. Mit anderen Worten: Auch diese mit einem besonderen Gewicht ausgestatteten Belange des § 7 Abs. 4 S. 1 Nr.2 ROG können durch Abwägung überwunden werden. Keineswegs bedeutet die "Soll"- Vorschrift des § 7 Abs. 4 S. 1, Nr. 2 ROG, dass die Gemeinde diese Vorbehaltsgebiets-Belange nur in atypischen und vom Gesetzgeber unvorhersehbaren Fallgestaltungen zurückstellen könnte. Die Ausgleichsentscheidung unter Berücksichtigung des besonderen Gewichts der Vorbehaltsgebietsbelange räumt der Gemeinde entschieden mehr Freiräume ein als lediglich eine Ventil-Funktion für exceptionelle Situationen, die vom Normgeber nicht vorgesehen werden konnten und damit nicht von der ratio legis erfasst sind (so Hoppe, in: Die Beimessung eines besonderen Gewichts "bei der Abwägung mit konkurrierenden raumbedeutsamen Nutzungen" in Vorbehaltsgebieten nach § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 ROG 1998, DVBl.1998, S.108 ff.).

Der Antrag ist nicht deshalb statthaft, weil der REP MD im Übrigen, z. B. hinsichtlich der Festsetzungen über die Windenergienutzung, verbindliche Ziele der Raumordnung enthält. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO setzt nicht voraus, dass alle in einem Plan oder sonstigen Rechtsakt enthaltenen Einzelregelungen ein und dieselbe rechtliche Qualität aufweisen. Vielmehr ist für jede Regelung gesondert zu prüfen, ob sie den Kriterien genügt, die für eine Rechtsvorschrift unabdingbar sind. Insoweit unterscheiden sich Raumordnungspläne nicht von sonstigen Normzusammenhängen, bei denen es ebenfalls Regelungen mit unterschiedlichem Rechtscharakter geben kann (BVerwG, Urt. v. 20.11.2003). Nach den in der Rechtsprechung zu diesem Problemkreis entwickelten Grundsätzen kommt es mithin nicht entscheidend darauf an, ob dem REP MD insgesamt Rechtsnormqualität beizumessen ist. Abzustellen ist vielmehr darauf, ob dieser Plan hinsichtlich der Festsetzung eines Vorbehaltsgebiets für die Rohstoffgewinnung in (S...) den Anforderungen entspricht, die an Rechtsvorschriften im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO zu stellen sind.

§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO verstößt auch nicht gegen Vorschriften des europäischen Gemeinschaftsrechts, wie die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat. Die Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.05.2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61 EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten (ABl. EG Nr. L 156, S.17 v. 25.06.2003) ist durch das Gesetz über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz) vom 07.12.2006 (BGBl. I S. 2816) umgesetzt. Weder die Richtlinie 2003/35/EG noch das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz enthalten einen Ansatzpunkt dafür, dass den Gemeinden in der landesplanungsrechtlichen Raumordnung mehr oder andere Rechte eingeräumt werden müssten, als dies in § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. den landesplanerischen Vorschriften der Fall ist.

Die Antragstellerin vermag auch nicht mit dem Einwand durchzudringen, aus Gründen effektiven Rechtsschutzes müsse sie auch gegen die Vorbehaltsgebietsfestsetzung im Wege der Normenkontrolle vorgehen können, weil diese Festsetzung jedenfalls die Wirkung habe, dass bei nachfolgenden Zulassungsentscheidungen das besondere Gewicht dieses Grundsatzes der Raumordnung nicht mehr beseitigt werden könne. Bei der gerichtlichen Überprüfung einer solchen Zulassungsentscheidung kann inzidenter die Vorbehaltsgebietsfestsetzung auf Fehler insbesondere bei der Abwägung überprüft werden. Insofern gilt nichts anderes als beispielsweise bei der Inzidentkontrolle von Bauleitplänen im Rahmen von Anfechtungsklagen gegen Baugenehmigungen.

Soweit die Antragsgegnerin Zweifel am erforderlichen Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin hat, folgt der Senat dem nicht. Zutreffend macht die Antragsgegnerin insofern zwar geltend, dass der Ausgang dieses Normenkontrollverfahrens keinerlei Auswirkungen auf das Raumordnungsverfahren hat, das die Antragstellerin zum Anlass genommen hat, dieses Normenkontrollverfahren überhaupt einzuleiten. Dem Zulässigkeitserfordernis des erforderlichen Rechtsschutzinteresses ist aber schon dann genügt, wenn sich nicht ausschließen lässt, dass die gerichtliche Entscheidung für den Rechtsschutzsuchenden gegebenenfalls von Nutzen sein kann (BVerwG, Urt. v. 20.11.2003 a.a.O.). Dass diese geringen Anforderungen an das erforderliche Rechtsschutzinteresse im Fall der Antragstellerin nicht vorliegen, vermag der Senat nicht zu erkennen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 709 S.1, 708 Nr. 11 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.

Ende der Entscheidung

Zurück