Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 21.11.2003
Aktenzeichen: 2 K 94/01
Rechtsgebiete: VwGO, LSA-GO, BauGB


Vorschriften:

VwGO § 47 I Nr. 1
VwGO § 47 II 1
VwGO § 47 V 4
LSA-GO § 6 II 2
LSA-GO § 6 III
LSA-GO § 6 IV 1
LSA-GO § 31 I
LSA-GO § 31 VI 3
BauGB § 10 I
BauGB § 10 III 1
BauGB § 10 III 5
BauGB § 205 I 2
BauGB § 215a I
1. Der Bebauungsplan wird für unwirksam erklärt, wenn Verfahrensfehler vorliegen, die nach § 215a BauGB heilbar sind. Einer Aussetzung des Normenkontrollverfahrens zur Heilung der Fehler bedarf es nicht.

2. Der Bebauungsplan ist unwirksam, wenn die Satzung oder die Genehmigung nicht in der Weise bekannt gemacht worden ist, welche das Ortsrecht vorsieht.

3. Befangen i. S. des § 31 GO LSA ist, wer im Plangebiet Eigentümer eines Grundstücks ist und sich an der Beschlussfassung über den Plan beteiligt.

4. Die Jahresfrist für die Geltend-Machung dieses Fehlers beginnt nicht bereits mit der Beschluss-fassung zu laufen, weil für die Veröffentlichung des Bebauungsplans die Bekanntmachung allein der Genehmigung genügt, sondern erst mit der Bekanntmachung der Genehmigung, welche die Satzung über den Bebauungsplan in Kraft setzt.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT URTEIL

Aktenz.: 2 K 94/01

Datum: 21.11.2003

Tatbestand:

Der Antragsteller begehrt im Wege der Normenkontrolle, den Bebauungsplan "Windpark Badingen/Querstedt" der Antragsgegnerin für nichtig zu erklären.

Der Antragsteller ist Eigentümer eines in ... Badingen gelegenen Wohngrundstücks, welches ca. 700 m entfernt vom Plangebiet liegt.

Der Bebauungsplan soll die planungsrechtliche Grundlage für den Bau von 21 Windkraftanlagen des Typs VESTAS V-47 im Außenbereich der Gemeinden Badingen und Querstedt bilden. Sämtliche (genehmigten) Anlagen wurden im Jahr 2001 errichtet und werden inzwischen betrieben.

Der Bebauungsplan "Windpark Badingen/Querstedt" wurde vom Antragsgegner am 12. Januar 2000 als Satzung (Beschl.-Nr. PV 15-17/2000) beschlossen.

Der Bürgermeister der Gemeinde Badingen ist Eigentümer des im Plangebiet liegenden Flurstücks 24/2, Flur 6, in der Gemarkung Badingen. Er wirkte am Bebauungsplanverfahren bis zum endgültigen Satzungsbeschluss mit.

Das Regierungspräsidium Magdeburg genehmigte den Plan am 6. Juli 2000. Die Genehmigung der Satzung über den Bebauungsplan "Windpark Querstedt/Badingen" wurde durch den stellvertretenden Vorsitzenden des Beklagten im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft Kläden Nr. 8 vom 01. August 2000 bekannt gemacht.

Am 23.08.2002 erhob der Antragsteller "Widerspruch" gegen den Bebauungsplan.

Mit Schreiben vom 15. März 2001 rügten die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers gegenüber dem Antragsgegner die Befangenheit des Bürgermeisters der Gemeinde Badingen wegen seiner Eigentümerschaft an Teilflächen im Plangebiet.

Zur Begründung seines am 5. April 2001 gestellten Normenkontrollantrags macht der Antragsteller im Wesentlichen geltend:

Der Bebauungsplan leide an formellen und materiellen Mängeln.

Er sei bereits wegen Verstoßes gegen das Mitwirkungsverbot des § 31 Abs. 1 GO LSA nichtig; denn an der Beschlussfassung vom 12. Januar 2000 habe der Bürgermeister der Mitgliedsgemeinde Badingen mitgewirkt, obwohl er Eigentümer eines Grundstücks im Plangebiet sei.

Der Bebauungsplan sei auch nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht; denn die Veröffentlichung im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft Kläden entspreche nicht den an öffentliche Bekanntmachungen gestellten Anforderungen des § 9 der Verbandssatzung des Antragsgegners.

Materiell werde die Verletzung des Bundesnaturschutzgesetzes, des Bundesimmissionsschutzgesetzes, die fehlende Berücksichtigung der Belange des Lärmschutzes, der Wahrung gesunder Wohnverhältnisse sowie der durch die FFH-Vogelschutzrichtlinie geschützten Güter gerügt.

Der Antragsteller beantragt,

die am 12. Januar 2000 beschlossene Satzung über den Bebauungsplan "Windpark Badingen/Querstedt" für nichtig zu erklären.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er macht im Wesentlichen geltend:

Nachdem die Baugenehmigungen für die Windkraftanlagen erteilt und der Bebauungsplan somit ausgeschöpft sei, bestünden schon Zweifel am Rechtsschutzinteresse des Antragstellers.

Die Erteilung der Genehmigung des streitbefangenen Bebauungsplans sei ordnungsgemäß im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft Kläden bekannt gemacht. Sonstige, den Hinweiszweck nicht beeinträchtigende Fehler bei der Bekanntmachung seien für die Wirksamkeit des Bebauungsplans nicht beachtlich.

Die Mitwirkung des Bürgermeisters führe ebenfalls nicht zu einem formellen Fehler. Dieser habe erst am 1. Februar 2001, mithin ein Jahr nach dem Satzungsbeschluss zum Bebauungsplan am 12. Januar 2000, erfahren, dass sich das Flurstück ... nur in seinem Eigentum und nicht in dem der Erbengemeinschaft ... befinde.

Ungeachtet dessen sei ein - unterstellter - Verstoß gegen § 31 GO LSA nach den §§ 31 Abs. 5; 6 Abs. 4 GO LSA unbeachtlich; denn die mit dem Tag der Beschlussfassung am 12. Januar 2000 beginnende einjährige Rügefrist sei am 15. März 2001 bereits verstrichen gewesen. Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 BauGB, der die landesrechtliche Bekanntmachungsregelung des § 6 Abs. 2 Satz 2 GO-LSA verdränge, sei nur die Erteilung der Genehmigung des Plans ortsüblich bekanntzumachen, was geschehen sei. Für den Beginn der Jahresfrist sei deshalb hier § 31 Abs. 6 Satz 3 GO LSA maßgebend.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers sei weder eine förmliche Umweltverträglichkeitsprüfung noch eine Verträglichkeitsprüfung nach der FFH-Vogelschutzrichtlinie erforderlich. Die nähere Umgebung des Grundstücks des Antragstellers erweise sich nach der Baunutzungsverordnung als Gemengelage. Eine Aufstellung von Lärmminderungsplänen sei deshalb nicht geboten; weil nach dem Schallgutachten die Immissionsschutzrichtwerte für ein allgemeines Wohngebiet eingehalten würden.

Die von dem Antragsteller geltend gemachten Fehler hätten hinsichtlich ihres Ausmaßes nicht die Nichtigkeit des Plans zur Folge; denn es handele sich um Mängel, die gemäß § 215a Abs. 1 BauGB in einem ergänzenden Verfahren behoben werden könnten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf die vom Antragsgegner vorgelegten Bebauungsplanakten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

I. Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

1. Der Antragsteller ist antragsbefugt i. S. v. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO; denn er macht geltend, als Eigentümer eines ca. 700 m vom Plangebiet entfernt liegenden Grundstücks durch die von den festgesetzten Windkraftanlagen ausgehenden Immissionen in seinen Rechten verletzt zu sein (zum Darlegungsmaßstab vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.07.1997 - BVerwG 4 BN 11.97 -, BauR 1997, 972; Urt. v. 10.03.1998 - BVerwG 4 CN 6.97 -, NVwZ 1998, 732; Urt. v. 24.09.1998 - BVerwG 4 CN 2.98 -, NJW 1999, 592).

2. Der Antragsteller verfügt ebenso über das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis; denn er kann im Falle des Erfolges seines Normenkontrollantrages seine Rechtsstellung verbessern, weshalb sich die In-Anspruch-Nahme des Gerichts nicht als nutzlos erweist (allgemein zum Rechtsschutzbedürfnis vgl. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 47 RdNrn. 89 ff.). Dies gilt auch für den Fall hier bereits ausgenutzter, jedoch noch angefochtener Baugenehmigungen; denn diese können nach § 50 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Sachsen-Anhalt i. d. F. d. Bek. v. 07.01.1999 (LSA-GVBl., S. 3) - VwVfG LSA -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.03.2002 (LSA-GVBl., S. 130 [135 <Nr. 34>]), bzw. nach § 113 Abs. 1 VwGO wieder beseitigt werden.

II. Der Normenkontrollantrag hat in der Sache Erfolg.

Er führt gemäß § 47 Abs. 5 Satz 4 VwGO zu der gerichtlichen Feststellung der Unwirksamkeit des Bebauungsplans "Windpark Badingen/Querstedt" des Antragsgegners.

Der streitbefangene Plan leidet an Mängeln, die nicht nach den §§ 214 und 215 des des Baugesetzbuchs - BauGB - i. d. F. d. Bek. v. 27.08.1997 (BGBl I 2141, ber.: BGBl. 1998 I 137), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23.07.2002 (BGBl I 2850 [2852]), unbeachtlich sind und die durch ein ergänzendes Verfahren i. S. v. § 215a Abs. 1 Satz 1 BauGB behoben werden können. Bis zur Behebung der Mängel entfaltet der Plan keine Rechtswirkungen (§ 215a Abs. 1 Satz 2 BauGB), was gemäß § 47 Abs. 5 Satz 4 VwGO auszusprechen ist.

1. Die Satzung über den Bebauungsplan ist bereits wegen fehlerhafter ortsüblicher Bekanntmachung der Genehmigungserteilung unwirksam.

Nach § 10 Abs. 1 BauGB beschließt die Gemeinde bzw. der nach § 205 Abs. 1 Satz 2 BauGB an ihre Stelle tretende Planungsverband den Bebauungsplan als Satzung. Im Falle der erforderlichen Plangenehmigung ist diese nach § 10 Abs. 3 Satz 1 BauGB ortsüblich bekannt zu machen. Die Bekanntmachung tritt an die Stelle der sonst für Satzungen vorgeschriebenen Veröffentlichung (§ 10 Abs. 3 Satz 5 BauGB).

Was unter "ortsüblicher" Bekanntmachung zu verstehen ist, bestimmt sich, soweit das Baugesetzbuch - wie in § 10 Abs. 3 Satz 1 - keine besonderen Regelungen trifft, nach Landesrecht (BVerwG, Urt. v. 07.05.1971 - BVerwG 4 C 18.70 -; BRS 24 Nr. 20). Dementsprechend ist die Frage der wirksamen Bekanntmachung anhand der vom Landesrecht aufgestellten Maßstäbe (vgl. hierzu OVG LSA Urt. v. 20.01.1994 - 2 L 2/93 -), zu prüfen.

Da es an einer näheren landesrechtlichen Ausgestaltung auf der Grundlage des § 6 Abs. 3 der Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt - GO LSA - vom 05.10.1993 (LSA-GVBl., S. 568), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16.07.2003 (LSA-GVBl., S. 158 [158 <Art. 2>]), fehlt, richtet sich die vorgeschriebene Form der öffentlichen Bekanntmachung nach den gemeindlichen bzw. diesen gleichgestellten Veröffentlichungsregelungen, wie hier nach § 9 der "Satzung über die Bildung des Antragsgegners durch die Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Kläden" vom 17. Mai 1990. Dessen Abs. 3 schreibt vor, dass Satzungen im Amtsblatt des Landkreises Stendal veröffentlicht werden. Tritt die Bekanntmachung in Gestalt einer Ersatzverkündung an die Stelle der Veröffentlichung der Satzung (vgl. § 10 Abs. 3 Satz 4, 5 BauGB) so hat sie der einschlägigen Veröffentlichungsregelung zu folgen. Die am 1. August 2000 im Amtsblatt Nr. 8 der Verwaltungsgemeinschaft Kläden genügt diesen Vorgaben mit der Folge nicht, dass es an ihrer wirksamen Bekanntmachung fehlt.

2. Der gemäß § 10 Abs. 1 BauGB am 12. Januar 2000 als Satzung beschlossene Bebauungsplan ist darüber hinaus wegen Verstoßes gegen § 31 Abs. 1 und 6 GO LSA unwirksam.

Nach § 31 Abs. 1 GO LSA darf derjenige, der ehrenamtlich tätig ist, bei Angelegenheiten nicht beratend oder entscheidend mitwirken, wenn die Entscheidung ihm selbst, seinem Ehegatten, seinen Verwandten bis zum dritten oder Verschwägerten bis zum zweiten Grade oder einer von ihm kraft Gesetzes oder Vollmacht vertretenen Person einen besonderen Vorteil oder Nachteil bringen kann.

Es ist anerkannt, dass ein besonderer Vor- oder Nachteil in diesem Sinne gegeben ist, wenn ein Gemeinderat oder die unter die Befangenheitsregelung fallende Person aufgrund persönlicher Beziehungen an dem Gegenstand der Beratung oder Beschlussfassung ein individuelles Sonderinteresse hat, das zu einer Interessenkollision führen kann und die Besorgnis rechtfertigt, dass der Betreffende nicht mehr uneigennützig und nur zum Wohl der Gemeinde handelt; denn nur bei dieser Auslegung kann die Befangenheitsvorschrift ihren Zweck erreichen, das Vertrauen der Bürger in eine am Wohl der Allgemeinheit orientierte und unvoreingenommene Kommunalverwaltung zu stärken. Bereits der "böse Schein" einer Interessenkollision zwischen dem vom Gemeinderatsmitglied uneigennützig zu verfolgenden Wohl der Allgemeinheit und der Verfolgung von Sonderinteressen soll vermieden werden (so auch der erkennende Senat, OVG LSA, Urt. v. 12.12.2002 - 2 K 259/01 -).

Ein die Mitwirkung ausschließendes individuelles Sonderinteresse ist dabei in jedem individualisierbaren materiellen oder immateriellen Vorteil oder Nachteil zu sehen, der zu einer Interessenkollision in dem hier maßgeblichen Sinne führen kann, ohne dass es darauf ankommt, ob die Interessenkollision tatsächlich besteht. Der Eintritt des Sondervorteils oder -nachteils muss aber konkret möglich, d. h. hinreichend wahrscheinlich sein (Wiegand, in: Wiegand/Grimberg, Gemeindeordnung Sachsen-Anhalt, 3. Aufl., § 31 RdNr. 4).

Ein individuelles Sonderinteresse ist bei der Entscheidung über den Erlass eines Bebauungsplans grundsätzlich - bereits - dann zu bejahen, wenn die in der Befangenheitsvorschrift bezeichnete Person Eigentümer eines Grundstücks im Geltungsbereichs des Planes ist. Eine Befangenheit im Sinne des § 31 Abs. 1 GO LSA ist nur dann zu verneinen, wenn eindeutig und nach jeder Betrachtungsweise ein individuelles Sonderinteresse nicht besteht. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber weitere als die gesetzlich vorgesehenen Differenzierungen gestattet, wie etwa den Grad der Entscheidungsbetroffenheit, bestehen nicht.

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe war der Bürgermeister der Gemeinde Badingen an der Mitberatung und Beschlussfassung über den Satzungsbeschluss des Bebauungsplans Badingen/Querstedt am 12. Januar 2000 gehindert; denn er ist Eigentümer des innerhalb des Plangebiets gelegenen Flurstücks ..., Flur ..., Gemeinde Badingen.

Unabhängig von der bloßen - bereits ein Sonderinteresse begründenden - Eigentümerstellung würde die Realisierung des angefochtenen Bebauungsplans in der Person des Bürgermeisters mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem individualisierbaren Vorteil führen. Dem angefochtenen Bebauungsplan liegt die planerische Konzeption für die Errichtung eines Windparks mit 21 Windkraftanlagen zugrunde, dessen Realisierung auch dem Bürgermeister wegen der dadurch erlangten Bebaubarkeit des ihm gehörenden Grundstücks im Plangebiet einen wirtschaftlichen Vorteil bringen kann, ohne dass es darauf ankommt, ob tatsächlich eine Bebauung stattfindet. Dass dies nicht fernliegend ist, zeigt bereits ein vom Bürgermeister unterzeichneter Beschluss des Gemeinderats der Gemeinde Badingen vom 20. Mai 1999, der dem Bauantrag zur Errichtung eines Windparks mit acht Windkraftanlagen unter ausdrücklichem Einschluss des Flurstücks ... zustimmt.

Ein Mitwirkungsverbot lässt sich auch nicht deshalb verneinen, weil - wie der Antragsgegner vorgetragen hat - der Bürgermeister erst am 1. Februar 2001 - also mehr als ein Jahr nach dem Satzungsbeschluss - erfahren habe, dass er Allein-Eigentümer des innerhalb des Plangebiets befindlichen Grundstücks sei. Abgesehen davon, dass der Senat erhebliche Zweifel an der Unkenntnis über privates Grundeigentum hegt - zumal im Falle einer notariell zu beurkundenden Grundstücksveräußerung durch eine Erbengemeinschaft - lässt dies nicht den rechtlichen Schluss zu, ein unmittelbarer Vorteil im Sinne von § 31 Abs. 1 GO LSA bestehe nicht; denn es soll bereits der "böse Schein" einer Interessenkollision vermieden werden, was den Bürgermeister angesichts der breiten öffentlichen Diskussion über den Windpark zu besonderer Sensibilität in bezug auf ein Mitwirkungsverbot hätte veranlassen müssen.

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist der Verstoß gegen das Mitwirkungsverbot auch nicht unbeachtlich, weil die Verletzung nicht schriftlich innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung der Genehmigung der Satzung gegenüber dem Antragsgegner geltend gemacht worden wäre; denn angesichts der Fehlerhaftigkeit der Bekanntmachung ist die Jahresfrist gar nicht in Lauf gesetzt worden.

Dabei ist von der "Satzungs-Alternative" des § 31 Abs. 6 GO LSA auszugehen und nicht von der "Beschluss-Alternative". Auf § 6 Abs. 4 Satz 1 GO LSA ist abzustellen (§ 31 Abs. 6 Satz 2 GO LSA), weil der Bebauungsplan als Satzung (§ 10 Abs. 1 BauGB) beschlossen wird. Dass für die Bekanntmachung einer solchen Satzung bundesrechtliche Sondervorschriften gelten, berührt die Auslegung der landesrechtlichen Befangenheitsvorschrift des § 31 GO LSA nicht. § 31 Abs. 6 Satz 3 GO LSA bezieht sich wegen der Sonderbestimmung für Satzungen (§ 31 Abs. 6 Satz 2 GO LSA) nur auf die Fälle, in welchen der Beschluss, um Geltung zu erlangen, gerade nicht dem Sonderrecht für Satzungen unterliegt.

Die fehlerhafte Bekanntmachung führt ebenso wenig wie das festgestellte Mitwirkungsverbot zur Nichtigkeit des Bebauungsplans. Beide Fehler können - im Sinne der Planerhaltung - in einem ergänzenden Verfahren gemäß § 215a BauGB i. V. m. § 47 Abs. 5 Satz 4 VwGO behoben werden. Deshalb ist anstelle der Nichtigkeit allein die Unwirksamkeit des Bebauungsplans - bis zur Behebung der Mängel - gemäß § 47 Abs. 5 Satz 4 VwGO festzustellen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 47 RdNr. 133).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

Zurück