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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 12.08.2004
Aktenzeichen: 2 L 157/01
Rechtsgebiete: BauGB, LSA-KAG, DDR-StrVO


Vorschriften:

BauGB § 242 IX
LSA-KAG § 6 I 1
LSA-KAG § 6 II
LSA-KAG § 6 III 1
DDR-StrVO § 3 III
1. Wies eine Anlage am 03.10.1990 zwei oder mehrere Teil-Einrichtungen auf und war von den zu diesem Zeitpunkt angelegten zumindest eine bereits hergestellt, so ist diese Einrichtung aus dem Erschließungsbeitragsrecht entlassen (wie BVerwG, Urt. v. 18.11.2002 - BVerwG 9 C 2.02 -, BVerwGE 117, 200).

2. Dem Kommunalabgabengesetz des Landes Sachsen-Anhalt liegt derselbe Anlagenbegriff für den Straßenausbau zugrunde wie dem Erschließungsbeitragsrecht.

Für die Frage, wie weit eine beitragsfähige Anlage reicht, ist deshalb auf die natürliche Be-trachtungsweise abzustellen. Maßgeblich ist das Erscheinungsbild, das sich dem unbefangenen Betrachter vermittelt.

Auch rechtliche Gesichtspunkte können die Länge der Anlage einschränken, so die durch Widmung unterschiedene abweichende Verkehrsfunktionen (z. B. für eine Fußgängerzone).

3. Eine Aufwandspaltung bedarf keines Ratsbeschlusses, wenn bereits durch § 242 Abs. 9 BauGB vorgegeben ist, dass einzelne Teile dem Erschließungsbeitragsrecht, andere dem Straßenaus-baubeitragsrecht unterworfen sind.

Soweit das Kommunalabgabengesetz gilt (§ 6 Abs. 2 LSA-KAG), bedarf die Aufwandspaltung keines förmlichen Ratsbeschlusses, weil es sich dabei um einen "innerdienstlichen Ermessensakt" der Gemeinde handelt, zu dem bereits das Gesetz selbst ermächtigt (so bereits entschieden zur Abschnittsbildung: OVG LSA, Beschl. v. 23.11.2000 - B 2 S 704/99 -; Beschl. v. 20.02.2002 - A 2 S 521/98 -; Beschl. v. 12.02.2002 - 2 L 153/01 -).

4. In welchem Umfang eine Anlage oder eine Teil-Einrichtung ausgebaut werden soll, bestimmt die Gemeinde nach Ermessen. Der Umfang kann durch ein "Bauprogramm" beschrieben sein. Es bestimmt dann, wann eine Maßnahme beendet ("endgültig hergestellt") ist. Wird in einem solchen Bauprogramm eine Maßnahme ausgenommen, so gilt die Anlage mit Erfüllung des Programms im Übrigen als hergestellt.

Um ein "gemeindliches" Bauprogramm kann es sich auch dann handeln, wenn die Gemeinde eine fremde Planung übernommen hat.

5. Der Grunderwerb ist für eine Erschließungs(-Teil-)Anlage Herstellungsmerkmal, wenn die Satzung dies bestimmt.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT URTEIL

Aktenz.: 2 L 157/01

Datum: 12.08.2004

Tatbestand:

Die Klägerin ist Eigentümerin eines ...bebauten und gewerblich genutzten Grundstücks an der S-Straße in der Gemarkung W., ....

Die S-Straße war bis 1960 ein Feldweg und wurde in diesem Jahr - für Schwerlastverkehr befahrbar - auf ihrer gesamten Länge von 330 m und einer Breite von 7,50 m mit einer hohlraumreichen (bituminösen) Deckschicht bis 8 cm und einer Tragschicht über 20 cm befestigt. Die Fahrbahn wurde durch Borde eingefasst und entwässert. Nachfolgend wurden auf dem Gelände nördlich der S-Straße in Richtung der nach Nordwesten abzweigenden Bahnlinie verschiedene gewerblich genutzte Gebäude errichtet und genutzt, u. a. ein Kühlhaus mit Gleisanschluss an die Bahnlinie. Die vorhandene Bebauung ist in dem 1990 von der Beklagten entwickelten Entwurf eines Flächennutzungsplanes eingezeichnet. Auf dessen zeichnerische Darstellung wird verwiesen.

Nach den Feststellungen der Beklagten zum Ausbauzustand der S-Straße am 03.10. 1990 verfügte diese oberflächlich über eine bituminöse Verschleißdecke, geringfügig wellig mit leichten Rissen. An der südlichen Straßenseite war kein Gehweg vorhanden und an der nördlichen Straßenseite ein Gehweg von der R-Straße bis zur Einfahrt des jetzt von einem Tiefbauunternehmen genutzten Grundstücks; in der verbleibenden Länge existierte kein Fußweg. Eine Straßenbeleuchtung war "ortsüblich vorhanden". Die Entwässerung der Fahrbahn war funktionstüchtig. Sie führte direkt in den ...graben.

In südlicher Richtung grenzen an die S-Straße Grundstücke mit bereits seit Jahrzehnten vorhandener Wohnbebauung. Die vor dem 03.10.1990 nördlich der S-Straße errichteten, gewerblich genutzten Gebäude reichen in der ersten Reihe unmittelbar an die Straße heran.

In der ersten Hälfte des Jahres 1991 wurden in der S-Straße neue Hauptsammler für die Schmutzwasserbeseitigung verlegt. Auftraggeberin war die damalige M-GmbH mit Sitz in Magdeburg. Hierzu musste die Oberflächenbefestigung der S-Straße in ihrer gesamten Breite aufgenommen werden. Ausweislich der vorliegenden Unternehmerrechnungen wurden nach der Verlegung der Abwassersammler durch die ausführenden Baufirmen Straßeneinläufe für die Straßenentwässerung eingebaut und angeschlossen. Auf der Grundlage einer sich bei den Verwaltungsvorgängen befindenden "Ausführungsplanung", auf die hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen wird, wurde die Straßenoberfläche einschließlich Unterbau mit einer Schwarzdecke wiederhergestellt, Bordsteine und Parktaschen hergestellt und gepflasterte Gehwege beidseitig angelegt. Es liegen Unternehmerrechnungen für Straßenbauarbeiten in Höhe von insgesamt 552.851,71 DM vor. Die letzte Rechnung stammt vom 05.08.1991. Sie wurden jeweils von der Antragsgegnerin bezahlt.

Im Jahre 1990 beschloss der Stadtrat der Beklagten die Aufstellung eines Bebauungsplanes für ein Gebiet, welches im Süden durch die S-Straße, im Osten durch die R-Straße, im Westen durch die Bahnlinie bis zu deren Abzweigen nach Nordosten und anschließend durch die Linie ihrer gedachten Verlängerung bis zu einer in etwa 1.000 m parallel zur S-Straße verlaufenden nördlichen Begrenzung des Gebietes (Bebauungsplan Nr. ..., Gewerbegebiet ...) begrenzt ist. Nach der zeichnerischen Darstellung der Grenze des Plangebietes verläuft diese im Süden auf der Mitte der S-Straße. Am 16.04.1998 beschloss der Stadtrat den Bebauungsplan als Satzung.

Am 26.11.1992 beschloss der Stadtrat der Beklagten (erstmals) eine Satzung über die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen - in Kraft seit 13.02.1993 - und am selben Tage eine Satzung über die Erhebung von Erschließungsbeiträgen - in Kraft seit 25.10.1993 -. Eine weitere Erschließungsbeitragssatzung vom 23.05.1996 trat nach Veröffentlichung rückwirkend zum 25.10.1993 in Kraft. Rückwirkend zum 13.02.1993 trat die zweite Straßenausbaubeitragssatzung vom 23.05.1996 in Kraft.

Mit Bescheid vom 01.08.1999 zog die Beklagte die Klägerin zu einem Erschließungsbeitrag "für die durchgeführten Erschließungsmaßnahmen an der Anlage S-Straße" in Höhe von insgesamt 5.832,02 DM heran. Die Beklagte ging von einem beitragsfähigen Gesamtaufwand jeweils nach Abzug eines 10-%-igen Gemeindeanteils von 118.390,05 DM für Gehwege und Parktaschen und von 379.328,59 DM für die Herstellung von Fahrbahn und Entwässerung aus. Als beitragspflichtige Gesamtfläche legte sie jeweils eine solche von 204.992,50 m² zugrunde. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheides verwiesen.

Dagegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 11.08.1999 Widerspruch, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 01.03.2000 zurückwies. Im Wesentlichen führte sie aus: Die S-Straße sei am 03.10.1990 keine endgültig hergestellte Erschließungsanlage i. S. von § 127 Abs. 2 BauGB gewesen. So sei der Gehweg nur auf einer Länge von 120 m vorhanden gewesen, aber nicht in der Länge der gesamten Straße (330 m). Südlich der S-Straße sei seit den 30er Jahren ein Gebiet i. S. des § 34 BauGB vorhanden. Allerdings seien die dortigen Grundstücke von den von der S-Straße abzweigenden Anbaustraßen M-Straße, D-Straße und S-Weg erschlossen. Nördlich der S-Straße hätten sich bis zum 03.10.1990 Nutzungsverhältnisse entwickelt, die als zulässige Außenbereichsnutzungen i. S. v. § 35 BauGB zu werten seien. Ein wichtiger Grund für die Straßenbaumaßnahmen an der S-Straße sei die Verlegung von Abwassersammelleitungen. Außerdem habe sich erst durch Aufstellung eines Bebauungsplanes die Funktion der S-Straße in eine Anbaustraße gewandelt. Die Beitragspflicht für die Anlieger der S-Straße sei daher erstmals durch Wirksamwerden des Bebauungsplanes entstanden. Den beitragsfähigen Aufwand habe sie nach Abzug der Kosten für die Verlegung der Hauptsammler ("tiefbautechnische Erschließung") ermittelt. Zuwendungen Dritter (Fördermittel) habe sie nur für die Verlegung der Hauptsammler erhalten und nicht für den Straßenbau. Soweit ihr Fördermittel in Höhe von 13.000,00 DM für die erstmalige Herstellung der Gehwege zugute gekommen seien, seien diese zunächst auf den Gemeindeanteil verwendet worden. Außerdem führte die Beklagte im Widerspruchsbescheid aus: "Da das nördlich der S-Straße gelegene Gebiet ebenfalls 1990 im Flächennutzungsplan ausgewiesen war, sollte nach dem gemeindlichen Willen die S-Straße nach der Verlegung der Hauptsammler nicht lediglich wiederhergestellt, sondern erstmalig so hergestellt werden, dass diese Merkmale einer endgültig hergestellten Anbaustraße entspricht. Ursache der Maßnahme ist hier sowohl die Durchführung der tiefbautechnischen Erschließung als auch die Herstellung dieser Anlage erstmalig als Anbaustraße gewesen. Diesen Willen kann die Stadt nachweisbar durch Belege dokumentieren".

Am 07.03.2000 hat die Klägerin Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben, zu deren Begründung sie vorgetragen hat: Die Voraussetzungen zur Erhebung von Erschließungsbeiträgen lägen hier nicht vor. Die S-Straße sei nicht erstmals hergestellt worden. Sie habe spätestens seit 1998 über alle notwendigen Teileinrichtungen verfügt. Die S-Straße habe auch am 03.10.1990 nicht im Außenbereich gelegen. Das ergebe sich aus der tatsächlichen vorhandenen Bebauung nördlich der Straße. Im Übrigen seien die Beitragsforderungen der Beklagten verjährt. Schließlich stehe der überbaute Teil der Straßenfläche in ihrem und nicht im Eigentum der Beklagten. Sie habe der Beklagten auch keine Zustimmung zur Herstellung der Verkehrsfläche gegeben.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 1. August 1999 und den Widerspruchsbescheid vom 1. März 2000 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die angefochtenen Bescheide verteidigt und vorgetragen, sie habe am 29.06. 2000 einen Kostenspaltungsbeschluss gefasst, wonach nunmehr die "beitragsrechtliche Verselbstständigung der hergestellten Teileinrichtungen" Fahrbahn, Straßenentwässerung, Gehwege und Parktaschen bewirkt worden sei. Vor diesem Zeitpunkt hätten sachliche Beitragspflichten überhaupt nicht entstehen können; denn die Teileinrichtung Straßenbeleuchtung sei von der Ausbaumaßnahme bisher nicht erfasst gewesen. An der dem Bebauungsplan beigelegten Wirkung für die Funktion der S-Straße werde nicht mehr festgehalten. Nunmehr sei eine nach Erschließungs- und Straßenbaubeitragsrecht getrennte Abrechnung geboten. Der Kostenspaltungsbeschluss sei auch nötig gewesen, weil ein Teil der Straßenfläche noch nicht im Eigentum der Beklagten stehe. Auf die mit Schriftsatz vom 02.04.2001 vorgelegte "Hilfsberechnung" getrennt für die Teileinrichtungen "Fahrbahn und -entwässerung" sowie Gehwege und Parktaschen wird verwiesen. Der teileinrichtungsbezogenen Kostenaufstellung sind u. a. Herstellungskosten ausschließlich für die Parktaschen in Höhe von:

2,566,20 DM Mineralgemisch + 2.244,72 DM Frostschutzkies + 3.774,87 DM Aushub + 1.292,61 DM Feinplanum, d. h. gesamt: 9.878,40 DM

zu entnehmen. Zuzüglich + 1.382,98 DM (14 % MWSt) ergibt sich ein beitragsfähiger Aufwand von 11.261,38 DM und ein umlagefähiger Aufwand von 10.135,24 DM nach Abzug des 10-%-igen Gemeindeanteils.

Mit dem hier angefochtenen Urteil vom 19.04.2001 hat das Verwaltungsgericht die zulässige Klage für begründet gehalten, soweit die Beklagte die Klägerin mit dem angefochtenen Beitragsbescheid vom 01.08.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.03.2000 zu Beiträgen auf der Grundlage von Straßenbaumaßnahmen an der Fahrbahn und Fahrbahnentwässerung sowie der Gehwege der S-Straße in W. herangezogen hat. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Die Straßenfahrbahn und -entwässerung seien nur als Straßenausbaubeiträge zu veranlagen. Die Beitragspflichten seien aber spätestens im Jahre 1993 entstanden und damit im Zeitpunkt der Beitragsveranlagung verjährt gewesen. Der von der Beklagten vorgelegte "Kostenspaltungsbeschluss" vom 29.06.2000 ändere an dem Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten nichts. Der Beschluss gehe in Bezug auf die Teileinrichtungen "Fahrbahn und -entwässerung" ins Leere. Eine Kostenspaltung hinsichtlich der Straßenbeleuchtung sei nicht erforderlich gewesen. Sie sei nach den vorliegenden Akten der Beklagten am 03.10.1990 in der S-Straße vorhanden, funktionstüchtig und zu keinem Zeitpunkt Bestandteil des maßgeblichen Bauprogramms der Beklagten gewesen. Mit der Erfüllung des Bauprogramms sei die Maßnahme beendet gewesen.

Hieran ändere auch die Tatsache nichts, dass Teilflächen des Straßenkörpers mit den Teileinrichtungen Fahrbahn und -entwässerung nicht vollständig im Eigentum der Beklagten ständen. Das Eigentum an der überbauten Fläche sei im Straßenausbaubeitragsrecht kein Herstellungsmerkmal. Auch hinsichtlich der Gehwege sei die Klage begründet. Diese seien zwar mit Recht als erschließungsbeitragsfähige Maßnahme angesehen worden, da aber die maßgebliche Erschließungsbeitragssatzung den Grunderwerb als Herstellungsmerkmal vorsehe und dieser nicht abgeschlossen sei, könne die sachliche Beitragspflicht nicht entstehen. Daran ändere der Kostenspaltungsbeschluss vom 29.06.2000 nichts, weil er sich inhaltlich nicht auf den Grunderwerb beziehe. Die Veranlagung zu Erschließungsbeiträgen hinsichtlich der Parktaschen sei hingegen nicht zu beanstanden.

Der Senat hat die Berufung auf Antrag der Beklagten mit Beschluss vom 24.11.2003 wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, weil die Fragen des "Anlagenbegriffs" i. S. v. § 6 Abs. 1 KAG-LSA und die Anforderungen an eine "Aufwandsspaltung i. S. v. § 6 Abs. 2 KAG-LSA" ungeklärt seien.

Die Beklagte hat die Berufung begründet und dazu im Wesentlichen vorgetragen: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei der Straßenbaubeitrag für die Teileinrichtungen "Fahrbahn" und "Straßenentwässerung" nicht verjährt. Sie habe nicht alle dem Straßenbaubeitragsrecht unterliegenden Teileinrichtungen ausgebaut. Im Straßenbaubeitragsrecht gelte grundsätzlich der gleiche Anlagenbegriff wie im Erschließungsbeitragsrecht. Am 03.10.1990 seien bei der "S-Straße" die Teileinrichtungen Fahrbahn, Straßenentwässerung und die -beleuchtung sowie auf der Nordseite auf einer Teillänge die Teileinrichtung Gehweg angelegt gewesen. Da von diesen Teileinrichtungen nur die Fahrbahn, die Straßenentwässerung und die Straßenbeleuchtung den ortsüblichen Ausbaugepflogenheiten entsprechend fertiggestellt gewesen seien, sei die Erschließungsanlage S-Straße nicht insgesamt fertiggestellt gewesen und deshalb auch nicht insgesamt aus dem Erschließungsbeitragsrecht entlassen. Bei den Teileinrichtungen, die aus dem Erschließungsbeitragsrecht entlassen seien und dem Straßenausbaurecht unterlägen, zwinge der enge Anlagenbegriff, wenn eine von diesen Teileinrichtungen vom Ausbau nicht erfasst sei, zu einer beitragsrechtlichen Verselbständigung der abzurechnenden Teileinrichtungen durch einen entsprechenden Aufwandsspaltungsbeschluss nach § 6 Abs. 2 KAG-LSA. Selbst wenn der Senat für einen Aufwandsspaltungsbeschluss einen innerdienstlichen Willensentschluss als ausreichend ansehen und keinen Ratsbeschluss für erforderlich halten sollte, so liege ein innerdienstlicher Willensentschluss hier ebenfalls nicht vor. Demgegenüber stelle das Verwaltungsgericht nur darauf ab, welche Teileinrichtung im Bauprogramm erwähnt sei, so dass bei Erfüllung des Bauprogramms - ganz unabhängig davon, ob alle Teileinrichtungen erfasst seien - eine Beitragspflicht entstehen solle, ohne dass es eines Aufwandsspaltungsbeschlusses bedürfe. Ein eigenes Ausbauprogramm der Beklagten habe es 1991 nicht gegeben, allenfalls ein solches der M-AG. Unabhängig davon verkenne das Verwaltungsgericht den geltenden Anlagenbegriff. Natürlich könne eine Gemeinde ein Bauprogramm wählen, das zunächst nur einzelne Teileinrichtungen dem Ausbau unterwerfe. Wenn sie aber für diese auch programmgemäß hergestellten Teileinrichtungen Ausbaubeiträge erheben wolle, bedürfe es dazu wegen des engen Anlagenbegriffs eines Aufwandsspaltungsbeschlusses. Diese Entscheidung sei erst am 29.06.2000 ergangen und die Beitragspflicht erst zu diesem Zeitpunkt entstanden.

Der Straßenausbaubeitragsanspruch für die Teileinrichtung Fahrbahn sei auch deshalb nicht verjährt, weil die S-Straße nicht auf ihrer ganzen Länge straßenrechtlich öffentlich sei. Die Benutzung des auf dem Flurstück ... verlaufenden Teils der S-Straße sei vom Eigentümer weder gestattet noch geduldet. Die rechtmäßige Benutzung der Straße durch die Allgemeinheit ende somit an der Südgrenze ... mit der Folge, dass die ausgebaute Straße nicht in ihrer vollen Länge öffentlich sei, da sie insoweit weder förmlich gewidmet noch betriebsöffentlich i. S. der Überleitungsvorschrift des § 51 Abs. 3 StrG LSA sei. Demgegenüber vertrete das Verwaltungsgericht die Auffassung, dass der öffentliche Straßenraum an der Grenze zum Flurstück 1 ende, wenn derjenige Teil der S-Straße auf dem (privaten) Flurstück ... bei In-Kraft-Treten des Straßengesetzes LSA keine betriebsöffentliche Straße gewesen sein sollte. Eine solche Reduzierung der Länge der öffentlichen Anlage S-Straße führe lediglich zu einer Reduzierung der beitragsfähigen Kosten. Diese Auffassung sei mit dem maßgeblichen Anlagenbegriff nicht vereinbar; es komme allein auf die natürliche Betrachtungsweise an. Wenn eine auf der ganzen Länge ausgebaute Verkehrsanlage lediglich auf einer Teillänge straßenrechtlich öffentlich sei, so seien für die Ausbaumaßnahme Beitragspflichten (noch) nicht entstanden. Fehle es an der straßenrechtlichen Öffentlichkeit, so könne die Gemeinde allerdings Beiträge im Wege der Aufwandsspaltung geltend machen. Auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Erhebung eines Erschließungs(-teil-)beitrags Gehweg sei rechtswidrig, weil die sachlichen Beitragspflichten für diese Teileinrichtung nicht entstanden seien, da die selbständige Abrechnung der Teileinrichtung durch den Kostenspaltungsbeschluss vom 29.06.2000 nicht gedeckt sei, sei unzutreffend. In § 9 Abs. 1 Nr. 2 EBS sei für die endgültige Herstellung einer Erschließungsanlage das Eigentum an der Fläche der Erschließungsanlage zum Herstellungsmerkmal bestimmt. § 127 Abs. 3 BauGB ermächtige die Gemeinden, den Erschließungsbeitrag für den Grunderwerb selbständig zu erheben. Wolle eine Gemeinde von dieser Ermächtigung Gebrauch machen, so müsse sie die Abrechnung im Wege der Kostenspaltung anordnen, wobei eine Kostenspaltungsentscheidung deutlich machen müsse, für welche Teileinrichtung die Abrechnung erfolgen solle. Im Beschluss vom 29.06.2000 sei die Kostenspaltung für die Teileinrichtungen Fahrbahn, Fahrbahnentwässerung, Gehwege und Parktaschen angeordnet worden. Damit stehe fest, dass auch eine getrennte Beitragsfestsetzung für die Teileinrichtung Gehwege gewollt gewesen sei. Wenn das Urteil beanstande, der Kostenspaltungsbeschluss verdeutliche nicht, dass die Kostenspaltung sich auch auf die Kosten des Grunderwerbs der Gehwegflächen beziehe, so sei diese Auffassung überspannt und von § 127 Abs. 3 BauGB nicht gedeckt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 19. April 2001 - 2 A 169/00 MD - zu ändern und die Klage hinsichtlich eines weiteren Teilbetrags in Höhe von 2.535,17 € abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie beruft sich auf die Gründe des angefochtenen Urteils und ihr bisheriges Vorbringen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Die Unterlagen sind Gegenstand der Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht ist richtigerweise davon ausgegangen, dass der Beitragsbescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 VwGO).

Dabei ist zu differenzieren nach der Veranlagung für die Teileinrichtungen Fahrbahn und Straßenentwässerung (1.) und Gehwege (2.). 1. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urt. v. 18.11.2002 - BVerwG 9 C 2.02 -, BVerwGE 117, 200) davon ausgegangen, dass die Teileinrichtungen Fahrbahn und Straßenentwässerung dem Straßenausbaubeitragsrecht nach dem Kommunalabgabengesetz des Landes Sachsen-Anhalt unterliegen. Wies eine Straße am 03.10.1990 zwei oder mehrere Teileinrichtungen auf und war von den am 03.10.1990 angelegten Teileinrichtungen zumindest eine in diesem Zeitpunkt bereits hergestellt - hier Fahrbahn und Straßenentwässerung -, ist für diese Teileinrichtungen bei einem weiteren Ausbau das Straßenbaubeitragsrecht anzuwenden (BVerwG, Urt. v. 18.11.2002, a. a. O.; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 7. Aufl., § 2 RdNr. 38).

Gleichwohl ist der Beitragsbescheid vom 01.08.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.03.2000 rechtswidrig; denn entweder war die Beitragspflicht im Zeitpunkt der Beitragsveranlagung am 01.08.1999 bereits verjährt oder die Anlage ist noch nicht fertiggestellt mit der Folge, dass die Beitragspflicht noch nicht entstanden ist. Dies ergibt sich aus folgendem:

Nach § 6 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes - KAG-LSA 96 - i. d. F. d. Bek. v. 13.12.1996 (LSA-GVBl., S. 405) erheben die Landkreise und Gemeinden zur Deckung ihres Aufwandes für die erforderliche Herstellung, Anschaffung, Erweiterung, Verbesserung und Erneuerung ihrer öffentlichen Verkehrsanlagen (Straßen, Wege, Plätze sowie selbständigen Grünanlagen und Parkeinrichtungen) von den Beitragspflichtigen im Sinne des Absatzes 8, denen durch die In-Anspruch-Nahme oder die Möglichkeit der In-Anspruch-Nahme dieser Leistungen ein Vorteil entsteht, Beiträge, soweit der Aufwand nicht durch Gebühren gedeckt ist. Während dem Kommunalabgabengesetz vom 11.06.1991 (LSA-GVBl., S. 105) - KAG LSA 91 - unzweifelhaft der erschließungsbeitragsrechtliche Anlagenbegriff zugrunde lag, ist nicht eindeutig, welche rechtliche Bedeutung dem Begriff "öffentliche Verkehrsanlage" in § 6 Abs. 1 S. 1 KAG-LSA in der Neufassung vom 13.06.1996 zukommt. Denkbar ist einerseits ein weiter Anwendungsbereich im Sinne von Verkehrsanlage als jeder Maßnahme, die im Bereich der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze nach Maßgabe des Bauprogramms einer Gemeinde eine Herstellung, Erweiterung, Verbesserung oder Erneuerung darstellt (so OVG NW für § 8 Abs. 2 Satz 1 KAG NW: Urt. v. 24.10.1986 - 2 A 840/84 -, KStZ 1987, 74). Dies hätte zur Folge, dass es für eine Veranlagung einer solchen Maßnahme weder einer Abschnittsbildung noch einer Aufwandsspaltung bedürfte.

Der Begriff könnte aber auch bedeuten, "Verkehrsanlagen" sind die Straßen, Wege und Plätze insgesamt, d. h. auf ihrer gesamten Länge und mit allen ihren Teileinrichtungen (so NdsOVG für § 6 Abs. 1 NKAG [wortgleich mit § 6 Abs. 1 KAG LSA 91]: Beschl. v. 11.2.1987 - 9 OVG B 122/86 -, NdsRpfl. 1987, 162). Dies bedeutet, dass bei einem Teilausbau stets eine wirksame Abschnittsbildung oder Kostenspaltung erforderlich wäre.

Während der erkennende Senat diese Rechtsfrage früher offen gelassen hat (vgl. Beschl. v. 04.03.1998 - B 2 S 441/96 -) schließt er sich seit seiner Entscheidung vom 26.02 2004 (2 L 33/04) der letzteren Auslegung an. Für sie sprechen die Entstehungsgeschichte des § 6 Abs. 1 KAG-LSA 96 und der Regelungszusammenhang mit § 242 Abs. 9 des Baugesetzbuchs - BauGB - i. d. F. d. Bek. v. 27.08.1997 (BGBl I 2141, ber.: BGBl. 1998 I 137), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24.06.2004 (BGBl I 1359).

Während § 6 Abs. 1 KAG LSA 91 textgleich mit der Fassung des niedersächsischen Kommunalabgabengesetzes war und damit als beitragsfähige Anlage auf Straßen, Wege und Plätze insgesamt, d. h. auf ihrer gesamten Länge und mit allen ihren Teileinrichtungen, abstellte, lehnte sich das Kommunalabgabengesetz in der Fassung vom 13.06.1996, offenbar bedingt durch die erstmalige Einführung von "wiederkehrenden Beiträgen" (§ 6a KAG-LSA 96) an die straßenausbaubeitragsrechtliche Terminologie des Kommunalabgabengesetzes für das Land Rheinland-Pfalz vom 20.06.1995 an: § 10 Abs. 1 Kommunalabgabengesetz des Landes Rheinland-Pfalz - KAG RP - : "Die Gemeinden können für die Herstellung und den Ausbau öffentlicher Straßen, Wege und Plätze sowie selbständiger Parkflächen und Grünanlagen (Verkehrsanlagen) einmalige oder wiederkehrende Beiträge erheben."

Ausweislich der Gesetzesbegründung (Drucksache 2/1556 v. 01.11.1995, Landtag von Sachsen-Anhalt, Zweite Wahlperiode) war mit der Neufassung des § 6 Abs. 1 keine Änderung des Anlagenbegriffs in Bezug des § 6 Abs. 1 KAG LSA 91 beabsichtigt. Auch § 10 Abs. 1 KAG-RP liegt der erschließungsbeitragsrechtliche Anlagenbegriff zugrunde (vgl. OVG RP, Urt. v. 06.03.2002 - 6 A 11508/01 -, KStZ 2002, 235; Urt. v. 18.03.2003 - 6 A 11867/02 -, NVwZ-RR 2004, 70).

Für die Annahme, dass auch dem § 6 Abs. 1 KAG LSA 96 nur der erschließungsbeitragsrechtliche Anlagenbegriff zugrunde liegen kann, spricht auch folgende Überlegung:

In den neuen Bundesländern besteht ein enger Zusammenhang zwischen Straßenausbaubeiträgen und dem Erschließungsbeitrag. Im Gegensatz zu den alten Ländern ist es hier möglich, dass Erschließungsbeiträge nur für Teileinrichtungen erhoben werden können, während die Gemeinden für weitere Teileinrichtungen einer Erschließungsanlage allenfalls Straßenausbaubeiträge erheben (können). Dieser Zusammenhang, der sich aus § 242 Abs. 9 (früher: § 246a Abs. 4) BauGB ergibt, bestimmt auch die Auslegung des KAG LSA 91 und 96, da angesichts der obwaltenden Verhältnisse solche Abrechungsverhältnisse sehr häufig sind. Im Sinne der Praktikabilität und der gleichmäßigen Heranziehung der Beitragspflichtigen muss daher von einem identischen Anlagenbegriff ausgegangen werden (vgl. OVG MV, Beschl. v. 03.06.1996 - 6 M 20/95 -, DVBl. 97, 225; Driehaus, a. a. O., § 31 RdNr. 11).

Demnach ist für die Frage, ob eine Straße bzw. ein Straßenzug eine einzelne Verkehrsanlage ist oder aus mehreren Anlagen besteht und wie weit die Fläche einer bestimmten Verkehrsanlage reicht, auch im Straßenausbaubeitragsrecht auf eine natürliche Betrachtungsweise abzustellen. Maßgebend ist insoweit das durch die tatsächlichen Gegebenheiten wie Straßenführung, Straßenlänge, Straßenbreite und Straßenausstattung geprägte Erscheinungsbild, d. h. der Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln (OVG LSA, Beschl. v. 19.07.2001 - 2 L 133/01 -; Beschl. v. 26.09.2003 - 2 M 487/02 -; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 22.04.1994 - BVerwG 8 C 18.92 -, KStZ 1995, 209; Urt. v. 22.03.1996 - BVerwG 8 C 17.94 -, BVerwGE 101, 12; Urt. v. 07.06.1996 - BVerwG 8 C 30.94 -, DÖV 1997, 294; VGH BW, Urt. v. 05.11.1998 - 2 S 2603/97 - [juris]). Unterscheiden sich Straßenteile nach dieser Betrachtungsweise derart, dass die Unterschiede jeden Straßenteil zu einem augenfällig abgegrenzten Element des Straßennetzes machen, ist jeder dieser Straßenteile als eine eigene Verkehrsanlage anzusehen (vgl. auch Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, a. a. O., § 12 RdNr. 10).

Die Besonderheit der Veranlagung der S-Straße besteht darin, dass die Fläche, auf der die Straße gebaut ist, am 13.02.1993 lediglich bis zur Grenze zwischen den Flurstücken 3 und 2 im Eigentum der Beklagten stand (seit dem Zuordnungsbescheid der Oberfinanzdirektion vom 25.05.2001 und derzeit immer noch bis zur Grenze zwischen den Flurstücken 1 und ...; die Flurstücksbezeichnungen werden verwendet wie aus Blatt ... der Beiakte A des Verfahrens 2 A 169/00 MD ersichtlich) und darüber hinaus auf fremden Grund und Boden errichtet worden ist.

Unter Berücksichtigung dieser Sachlage teilt der Senat die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die S-Straße am 13.02.1993 auch bei Zugrundelegung des erschließungsbeitragsrechtlichen Anlagenbegriffs als öffentliche Einrichtung nur so weit reichte, wie sie eine öffentliche Anlage war; insofern sind der Anlagenanfang und das Anlagenende zwangsbestimmt.

Eine vom erschließungsbeitragsrechtlichen Anlagenbegriff abweichende Bewertung ist nämlich immer dann vorzunehmen, wenn die einzelnen Teile eines nach seinem Erscheinungsbild einheitlichen Straßenzugs unterschiedlichen Verkehrsfunktionen dienen; der Ausbau eines Teilstücks einer Straße zu einer Fußgängerzone lässt sie demnach beispielsweise ausbaubeitragsrechtlich in zwei selbständige Anlagen zerfallen (vgl. Driehaus, a. a. O., § 31 RdNrn. 9; 18; vgl. zum Erschließungsbeitragsrecht: BVerwG, Urt. v. 23.06.1972 - BVerwG IV C 16.71 -, BVerwGE 40, 182 [184 f.]; Urt. v. 23.06.1995 - BVerwG 8 C 33.94 -, KStZ 1996, 156).

Da die Verkehrsfunktion einer Straße durch die straßenrechtliche Widmung bestimmt wird, entscheidet diese, ob ein Ausbau die Straße in zwei selbständige Anlagen aufteilt. Das Fortbestehen einer einheitlichen Verkehrsanlage hängt also davon ab, dass die Widmung nach einem geplanten Ausbau unverändert bleibt. Wird beispielsweise eine Teileinziehung eines Abschnitts der Straße erforderlich, ist der Unterschied der Verkehrsbedeutung der dadurch entstehenden beiden Teilbereiche offensichtlich. Die Notwendigkeit einer Umwidmung eines Teilstücks bedeutet, dass dann (mindestens) zwei selbständige Verkehrsanlagen vorhanden sind (vgl. hierzu OVG SchlH, Beschl. v. 24.10.1996 - 2 L 108/96 -, Gemeindehaushalt 1998,190).

Auch das Bundesverwaltungsgericht vertritt zum Erschließungsbeitragsrecht die Rechtsansicht, Teilstrecken von Straßen, die eine unterschiedliche Erschließungsfunktion wahrnehmen, könnten nicht eine einheitliche Erschließungsanlage bilden (Urt. v. 23.06.1972 - BVerwG IV C 16.71 -, BVerwGE 40, 182 [184 f.]; Urt. v. 23.06.1995 - BVerwG 8 C 33.94 -, a. a. O.; jeweils für eine Straße, die nur teilweise uneingeschränkt dem öffentlichen Verkehr gewidmet, im Übrigen aber dem Fußgängerverkehr vorbehalten ist; s. ferner Urt. v. 09.11.1984 - BVerwG 8 C 77.83 -, BVerwGE 70, 247 [271], für einen dem Fahrrad- oder Fußgängerverkehr vorbehaltenen Stichweg).

Auch der Senat hat in seiner Entscheidung vom 10.04.2002 - 2 M 52/02 - bereits angenommen, dass ein nach dem äußeren Erscheinungsbild einheitlicher Straßenzug, der teilweise wegen § 242 Abs. 9 BauGB als Straßenausbaubeitrag und im Übrigen als Erschließungsbeitrag abzurechnen ist, als zwei selbständige Anlagen angesehen werden muss, ohne dass es eines Abschnittsbildungsausspruches bedürfte.

Wäre die S-Straße am 13.02.1993 nur bis zur Flurstücksgrenze zwischen den Flurstücken 18/6 und 19/6 eine "öffentliche Einrichtung" i. S. v. § 6 KAG LSA 1991 gewesen, wäre die Anlage zu diesem Zeitpunkt insgesamt hergestellt. Anders als im Erschließungsbeitragsrecht ist der Grunderwerb im Straßenausbaubeitragsrecht nämlich kein Herstellungsmerkmal für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht. Etwas Anderes lässt sich nicht aus § 6 Abs. 2 KAG LSA herleiten, wonach Beiträge auch für den Grunderwerb, die Freilegung und für nutzbare Teile einer Einrichtung erhoben werden (Aufwandsspaltung). Diese Vorschrift ist nämlich gleichlautend mit dem erschließungsbeitragsrechtlichen § 127 Abs. 3 BauGB. Auch im Erschließungsbeitragsrecht ist der Grunderwerb nicht schon wegen § 127 Abs. 3 BauGB Herstellungsmerkmal, sondern nur dann, wenn die Erschließungsbeitragssatzung dies ausdrücklich vorsieht (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.02.1974 - BVerwG IV C 21.72 -, Buchholz 406.11 [BBauG] § 130 Nr. 15, S. 269). Sieht man die Anlage an der Grenze zwischen den Flurstücken 18/6 und 19/6 als beendet an, dann wäre die Beitragspflicht am 13.02.1993 entstanden.

Insoweit würde der Senat die Auffassung des Verwaltungsgerichts teilen, dass die Beitragsforderung der Beklagten hinsichtlich der Teilanlagen Fahrbahn und Straßenentwässerung vor Erlass des angefochtenen Beitragsbescheides vom 10.07.2001 gemäß §§ 13 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b; 1 Abs. 2 KAG-LSA i. V. m. §§ 169 Abs. 2 Nr. 2, 170 Abs. 1 der Abgabenordnung vom 16.03.1976 (BGBl III 610-1-3) - AO - verjährt war; denn die sachliche Beitragspflicht der Klägerin wäre im Jahre 1993 mit dem (rückwirkenden) In-Kraft-Treten der Straßenausbaubeitragssatzung vom 23.05.1996 zum 13.02.1993 entstanden. Zu diesem Zeitpunkt stand der Aufwand der Beklagten und der auf die Abgabenschuldner entfallende Anteil fest, da der straßenbaubeitragsrechtlich abzurechnende Teil der S-Straße bereits vor In-Kraft-Treten der Satzung der Beklagten endgültig hergestellt worden wäre und die letzten Unternehmerrechnungen eingegangen waren.

Die sachliche Beitragspflicht ist nicht, wie die Beklagte meint, erst mit dem Ratsbeschluss vom 29.06.2000 entstanden. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es im vorliegenden Fall für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht eines solchen Ratsbeschlusses nicht bedurft hätte. Auch unter Zugrundelegung des erschließungsbeitragsrechtlichen Anlagenbegriffs wäre die straßenbaurechtliche Beitragspflicht für die öffentliche Verkehrsanlage "S-Straße" nicht erst mit dem Beschluss des Rates der Beklagten vom 29.06.2000 entstanden.

Hinsichtlich der Teileinrichtungen Gehwege und Parkstreifen war ein Aufwandsspaltungsausspruch nicht erforderlich, weil diese Teileinrichtungen bereits durch Gesetz § 242 Abs. 9 BauGB abgespalten sind. § 242 Abs. 9 Satz 1 BauGB zwingt zu einer gespaltenen Abrechnung, bei der die Kosten für den Ausbau der bis zum 03.10.1990 bereits hergestellten Teileinrichtungen nach den Regeln des Straßenbaubeitragsrechts und die Kosten für den gleichzeitigen Ausbau der übrigen, bis zum 03.10.1990 noch nicht bereits hergestellten Teileinrichtungen nach den Regeln des Erschließungsbeitragsrechts abzurechnen sind. Eines Aufwandsspaltungsbeschlusses bedarf es in solchen Konstellationen nicht. Die getrennte Abrechnung der Teileinrichtungen beruht nicht auf einer Willensentscheidung der Gemeinde, sondern unmittelbar auf § 242 Abs. 9 BauGB (vgl. auch Driehaus, a. a. O. § 2 RdNr. 38).

Der Berufung ist zwar einzuräumen, dass für das Entstehen der sachlichen Beitragspflicht ein Aufwandsspaltungsausspruch nach § 6 Abs. 2 KAG-LSA hinsichtlich der Straßenbeleuchtung erforderlich war. Für einen Aufwandsspaltungsausspruch im Straßenbaubeitragsrecht nach dem Kommunalabgabengesetz des Landes Sachsen-Anhalt bedarf es aber keines Ratsbeschlusses.

Der Senat vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass bei der Entscheidung darüber, den beitragsfähigen Aufwand nur für selbständig nutzbare Abschnitte einer Anlage zu ermitteln, es sich um eine sog. "innerdienstliche Ermessensentscheidung" handelt (st. Rspr. des Senats; OVG LSA, Beschl. v. 23.11.2000 - B 2 S 704/99 -; Beschl. v. 20.02.2002 - A 2 S 521/98 -; Beschl. v. 12.04.2002 - 2 L 153/01 -; so auch VGH BW, Urt. v. 25.11.1986 - 14 S 161/68 -, VBlBW 87, 190; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, a. a. O., § 30 RdNr. 38), die keiner besonderen Bekanntmachung (Driehaus, a. a. O., § 14 RdNr. 11; OVG LSA, a. a. O.) und keiner speziellen satzungsrechtlichen Grundlage bedarf, weil Landesrecht (§ 6 Abs. 4 KAG-LSA) bereits dazu ermächtigt (vgl. insoweit Driehaus, a. a. O., § 30 RdNr. 38). Für die Annahme einer Abschnittsbildung reicht ein die Absicht offenbarendes Handeln der Gemeinde, das ihren Willen deutlich bekundet, aus (vgl. zum Erschließungsbeitragsrecht: BVerwG, Urt. v. 27.09.1982 - BVerwG 8 C 145.81 -, KStZ 83, 95 ff.). Von der Notwendigkeit eines Abschnittsbildungsbeschlusses ist der Senat bisher nur dann ausgegangen, wenn das maßgebliche Ortsrecht (Straßenausbaubeitragssatzung) für die Entstehung der Beitragspflicht zusätzlich einen solchen Beschluss verlangt (OVG LSA, Beschl. v. 04.03.1998 - B 2 S 441/96 -; Beschl. v. 30.04.1998 - B 2 S 496/96 -; Beschl. v. 20.02.2002 - A 2 S 521/98 -).

Diese Rechtauffassung vertritt der Senat nunmehr auch für den Aufwandsspaltungsausspruch nach § 6 Abs. 2 KAG-LSA.

Die deutliche Bekundung des Willens der Beklagten zur Aufwandsspaltung sieht der Senat im Bauprogramm der Beklagten zum Ausbau der S-Straße, "Ausführungsplanung, Bauvorhaben, Rekonstruktion der S-Straße vom 04.01.1991". In dem "Erläuterungsbericht" wird der Umfang der Ausbaumaßnahme in und in Bezug auf alle ihre Teileinrichtungen präzise beschrieben und zeichnerisch dargestellt.

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Senats ausgeführt, dass die Beendigung oder "endgültige Herstellung" einer Maßnahme vorliegt, wenn das Bauprogramm vollständig erfüllt ist. Mangels Regelung der Herstellungsmerkmale durch Satzung lässt sich im Straßenbaubeitragsrecht regelmäßig erst an Hand des gemeindlichen Bauprogramms feststellen, ob die Maßnahme beendet ist. Über dessen Inhalt bestimmt die Gemeinde nach pflichtgemäßem Ermessen. Entschließt sich die Gemeinde - wie hier - aus Kostengründen, vom Bauprogramm eine funktionsfähig vorhandene Teileinrichtung auszunehmen und diese in ihrem Zustand zu belassen, so ist das Programm auch ohne deren Erneuerung/Verbesserung erfüllbar. Das muss jedenfalls dann gelten, wenn die konkrete Ausführungsplanung diese Teileinrichtung nachweislich nicht erfasst und die Gemeinde auch in der nachfolgenden Zeit bis zum Erlass des Beitragsbescheides in keiner Weise zum Ausdruck gebracht hat, dass auch die Teileinrichtung (hier: Straßenbeleuchtung) in absehbarer Zeit erneuert werden soll.

Dass dem gemeindlichen Bauprogramm eine derartige Bedeutung beikommt, ergibt sich für das Straßenausbaubeitragsrecht in Sachsen-Anhalt zum einen aus der Entstehungsgeschichte des § 6 Abs. 1 KAG-LSA und aus dem Zusammenhang mit § 242 Abs. 9 BauGB. In der Gesetzesbegründung zu § 6 (LdTgDrs. 2/1556, S. 15) hat der Gesetzgeber ausgeführt: "Der Umfang der Kosten, die als beitragsfähig qualifiziert werden können, wird durch den Grundsatz der Erforderlichkeit beschränkt. Erforderlichkeit bedeutet zum einen die Erforderlichkeit der Baumaßnahme schlechthin als auch die Art ihrer Durchführung (anlagebezogene Erforderlichkeit) und zum anderen die Erforderlichkeit (i. S. d. Angemessenheit) der entstandenen Kosten (kostenbezogene Erforderlichkeit). In beiden Richtungen markiert dieser Grundsatz eine äußerste Grenze, deren Überschreiten durch die Gemeinde zur Folge hat, dass entstandene Kosten deshalb nicht oder jedenfalls nicht in vollem Umfang als beitragsfähig zu qualifizieren sind. Im übrigen hat die Gemeinde bei der Entscheidung, ob überhaupt und welche Ausbaumaßnahme vorgenommen werden soll, sowie bei der Entscheidung über den Inhalt des Bauprogramms (Ausbauart) einschließlich der Einzelarbeiten, die zur Verwirklichung des mit der jeweiligen Maßnahme verfolgten Ziels erforderlich sind, einen weiten Ermessensspielraum.

Auch der bereits dargelegte enge Zusammenhang zwischen dem Erschließungsbeitragsrecht und dem Straßenausbaubeitragrecht in den neuen Bundesländern belegt die Bedeutung des gemeindlichen Bauprogramms. In § 242 Abs. 9 S. 2 BauGB heißt es, bereits hergestellte Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen sind die einem technischen Ausbauprogramm (oder den örtlichen Ausbaugepflogenheiten) entsprechend fertiggestellten Erschließungsanlagen oder Teile von Erschließungsanlagen.

Der Bedeutung des Bauprogramms vermag die Berufung nicht entgegen zu halten, dass es sich insoweit nur um eine Planung der M-AG und nicht um ihre eigene Planung gehandelt habe, die M-AG insoweit als Geschäftsführerin ohne Auftrag gehandelt hätte. Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass sich die Beklagte das von der M-AG erstellte Bauprogramm zu eigen gemacht und diesen gemeindlichen Willen auch deutlich bekundet hat. Zwar hat sie vorgetragen, dass sie sämtliche Unterlagen, über die sie aus dieser Zeit verfüge, zu den Verwaltungsvorgängen im gerichtlichen Verfahren eingereicht habe und weitere Unterlagen nicht vorhanden seien. Für die Annahme einer Bekundung des gemeindlichen Willens spricht gleichwohl, dass die Beklagte nach ihren eigenen Angaben in der Berufungsverhandlung zur damaligen Zeit einen Kredit aufgenommen hatte, der in etwa genau der Summe entspricht, die ihr nach dem Ausbau von der M-AG in Rechnung gestellt worden ist. Ferner spricht der Umstand, dass sie die Unternehmerrechnungen bezahlt hat, ohne dass sie eine unberechtigte Geschäftsführung der MAWAG eingewendet hätte, für das einvernehmliche Handeln mit der M-AG. In besonderer Weise schließt der Senat aus den Angaben des damaligen Bürgermeisters der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 01.03. 2000 darauf, dass die Beklagte sich das Bauprogramm der M-AG zu eigen gemacht hat. In diesem Widerspruchsbescheid hatte der Bürgermeister ausgeführt: "Da das nördlich der S-Straße gelegene Gebiet ebenfalls 1990 im Flächennutzungsplan ausgewiesen war, sollte nach dem gemeindlichen Willen die S-Straße nach der Verlegung der Hauptsammler nicht lediglich wiederhergestellt, sondern erstmalig so hergestellt werden, dass diese Merkmale einer endgültig hergestellten Anbaustraße entspricht. Ursache der Maßnahme ist hier sowohl die Durchführung der tiefbautechnischen Erschließung als auch die Herstellung dieser Anlage erstmalig als Anbaustraße gewesen. Diesen Willen kann die Stadt nachweisbar durch Belege dokumentieren".

Eine andere Beurteilung der Grenzen der Anlage und Rechtmäßigkeit der Veranlagung könnte sich allenfalls ergeben, wenn man davon ausgehen müsste, dass die S-Straße über die Flurstücksgrenze 3 zum Flurstück 2 hinaus bereits am 13.02.1993 eine öffentliche Straße gewesen ist.

Im maßgeblichen Zeitpunkt, dem 13.02.1993, galt in Sachsen-Anhalt für die Frage, ob eine Straße eine öffentliche ist, die durch Anlage II Kapitel XI Sachgebiet D Abschnitt III zu Art. 9 sowie aufgrund des Art. 9 Abs. 1 S.1 des Einigungsvertrags vom 31. 08.1990 - EV - i. d. F. der Vereinbarung vom 18.09.1990 [Gesetz vom 20.09.1990 [GBl-DDR I Nr. 64, S. 1627; BGBl. II 885 [1224]); Bek. v. 29.09.1990 (GBl-DDR I Nr. 65 S. 1988)] als Landesrecht fortgeltende Verordnung über die öffentlichen Straßen - Straßenverordnung - vom 22.08.1974 (DDR-GBl. I S. 515), geändert durch Verordnung vom 12.12.1978 (DDR-GBl. 1979 I S. 9) - StrVO-DDR - sowie die durch die gleichen Bestimmungen des Einigungsvertrags ebenfalls als Landesrecht übergeleiteten Durchführungsbestimmungen (Erste Durchführungsbestimmung zur Straßenverordnung - 1. DB-StrVO-DDR - vom 22.08.1974 [DDR-GBl. I S. 522]).

Nach dem Wegerecht der ehemaligen DDR war das Straßenstück jenseits der Flurstücksgrenze 3 zu 2 keine Straße, die ausschließlich der öffentlichen Nutzung diente (§ 3 Abs. 2 S.1 StrVO-DDR); denn sie befand sich am 03.10.1990 nicht in der "Rechtsträgerschaft" der Beklagten (vgl. § 3 Abs. 2 S. 2 StrVO-DDR), sondern in derjenigen des Rechtsvorgängers der Klägerin.

Nach § 3 Abs. 3 StrVO-DDR waren öffentlich auch Straßen, die überwiegend den Interessen ihrer Rechtsträger oder Eigentümer und daneben der öffentlichen Nutzung dienten. Sie wurden als betrieblich-öffentliche Straßen bezeichnet. Nach § 1 Abs. 1, 1. DB-StrVO-DDR zu § 3 der Straßenverordnung gehörten zu den betrieblich-öffentlichen Straßen in der Regel u. a. "Zufahrtsstraßen", die zu Objekten der Betriebe, Kombinate, Genossenschaften oder Einrichtungen führten. § 1 Abs. 2, 1. DB-StrVO-DDR regelte hingegen, dass "Werkstraßen" grundsätzlich nicht zu den öffentlichen Straßen gehörten.

War das Straßenstück jenseits der Flurstücksgrenze 3 zu 2 oder später der vom Flurstück 2 zum Flurstück ... "Werkstraße", dann war dieses Straßenstück bereits wegen § 1 Abs. 2, 1. DB-StrVO-DDR keine öffentliche Straße mit der Folge, dass die Anlage am 13.02.1993 mit dem tatsächlichen Ausbau endgültig fertiggestellt war. Handelte es sich bei diesem Straßenstück um eine "Zufahrtstraße" zu einem Werksgelände, dann könnte es sich insoweit um eine "betrieblich-öffentliche Straße" gehandelt haben. Das setzte allerdings zum einen voraus, dass die Nutzung der Anlage allen Verkehrsteilnehmern und nicht nur den Betriebsangehörigen offen stand (Beschl. d. Sen. v. 24.06.2003 - 2 M 255/02 -). Zum anderen war nach § 4 Abs.1 StrVO-DDR eine Straße nur dann betrieblich-öffentlich, wenn der Rat der Stadt bzw. der Gemeinde durch Beschluss über die Zuordnung zu den betrieblich-öffentlichen Straßen entschieden hatte (Beschl. d. Sen. v. 06.03.2000 - B 2 S 163/99 -). Obwohl der Beklagten die Problematik der Öffentlichkeit der S-Straße in ihrer Gesamtlänge mindestens seit der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht bekannt ist, hat sie Unterlagen weder über eine Gestattung der Benutzung für alle Verkehrsteilnehmer durch den Rechtsträger noch gar den erforderlichen Ratsbeschluss über die Öffentlichkeit des fraglichen Straßenstücks vorgelegt. In der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren hat sie lediglich erklärt, dass sie sämtliche Unterlagen aus dieser Zeit zu den Verwaltungsvorgängen eingereicht habe.

Selbst wenn man aber zugunsten der Beklagten unterstellen würde, dass sie sowohl den Nachweis für die Gestattung durch den ehemaligen Rechtsträger als auch den erforderlichen Ratsbeschluss noch erbringen könnte, würde dies an der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Veranlagung nichts ändern, und zwar unabhängig davon, an welchem Punkt dann das Ende der "Öffentlichkeit" der S-Straße anzunehmen wäre, entweder am tatsächlichen Ausbauende oder am nachträglich von der Klägerin errichteten "weißen Tor".

Wäre das Ende des tatsächlichen Ausbaus auch das Ende einer betrieblich-öffentlichen Zufahrtsstraße gewesen - wofür immerhin spricht, dass eine Gemeinde gemäß Art. 20 GG gehalten ist, rechtmäßig zu handeln und im Jahre 1991 noch eine zeitliche Nähe zu den straßenrechtlichen Regelungen der ehemaligen DDR vorhanden war -, wäre die Anlage endgültig hergestellt und die Beitragspflicht ebenfalls am 13.02.1993 entstanden.

Könnte die Beklagte den Nachweis der betrieblichen Öffentlichkeit über das tatsächliche Ausbauende hinaus erbringen, dann wäre die S-Straße noch nicht in ihrer gesamten Länge endgültig fertiggestellt mit der Folge, dass eine Beitragspflicht bis zum heutigen Tag noch nicht entstanden wäre.

Dabei könnte die Beklagte sich insofern auch nicht auf eine nachträgliche Abschnittsbildung der S-Straße bis zum tatsächlichen Ausbauende durch die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 7/92 vom März 2001 berufen. Eine solche Abschnittsbildung genügte nämlich nicht den materiell-rechtlichen Anforderungen, die an eine Abschnittsbildung nach KAG LSA zu stellen sind. Ein (Straßen-)Abschnitt ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats eine Straßenteilstrecke, die vorwiegend durch äußere, in den tatsächlichen Verhältnissen begründete Merkmale begrenzt ist und der eine gewisse selbständige Bedeutung als Verkehrsweg zukommt, d. h. die selbständig in Anspruch genommen werden kann (vgl. Beschl. v. 20.02.2002 - 2 L 112/00 -). Die Straßenteilstrecke zwischen dem tatsächlichen Ausbauende und dem "weißen Tor" auf dem Grundstück 21/6, dem Punkt, den wohl die Beklagte als das Ende der öffentlichen Anlage S-Straße ansieht, erfüllt diese Voraussetzungen ersichtlich nicht.

2. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Teileinrichtung Gehwege nach dem Erschließungsbeitragsrecht abzurechnen ist und die Anlage wegen des noch immer nicht durchgeführten Grunderwerbs nicht endgültig hergestellt ist.

Wies eine Straße am 03.10.1990 zwei oder mehr Teileinrichtungen auf, von denen jedenfalls eine - hier die Gehwege - und folglich auch die Straße insgesamt seinerzeit noch nicht bereits hergestellt war, unterliegen die Kosten des Ausbaus dieser Teileinrichtung Gehwege dem Erschließungsbeitragsrecht (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2002, a. a. O.; Driehaus, a. a. O. , § 2 RdNr. 38).

Da der Grunderwerb nach der maßgeblichen Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten Herstellungsmerkmal sowie der Grunderwerb für die Gehwege noch nicht abgeschlossen ist, ist die Erschließungsanlage noch nicht endgültig im Sinne des § 133 Abs. 2 BauGB hergestellt und die Erschließungsbeitragspflicht bisher für diese Teileinrichtung noch nicht entstanden.

Die Beklagte vermag dem nicht entgegenzuhalten, dass sie die Kosten für den Grunderwerb mit dem Ratsbeschluss vom 29.06.2000 i. S. v. 127 Abs. 3 BauGB abgespalten habe.

Ist eine Erschließungsanlage bereits technisch fertig gestellt, gleichwohl aber deshalb noch nicht endgültig im Sinne der § 133 Abs. 2 BauGB hergestellt, weil der Grunderwerb, der nach der einschlägigen Satzung ein Herstellungsmerkmal ist, noch nicht abgeschlossen ist, kann die Gemeinde im Erschließungsbeitragsrecht zwar grundsätzlich eine Kostenspaltung hinsichtlich der Grunderwerbskosten nach § 127 Abs. 3 BauGB vornehmen und den Aufwand für bereits endgültig hergestellte Teileinrichtungen (Teilanlagen) im Wege der Kostenspaltung geltend machen. Fraglich ist jedoch, ob im Wege der Kostenspaltung - wie hier - lediglich die Kosten für den Grunderwerb einzelner Flurstücke zum Gegenstand einer solche Kostenspaltung gemacht werden können. Grunderwerb und Freilegung sind nämlich Maßnahmen, die sich regelmäßig auf die ganze Länge der Erschließungsanlage beziehen. Will man den Grunderwerb nur eines einzelnen Grundstücks zum Gegenstand einer Kostenspaltung machen, bedürfte es noch einer im Wege der "Querspaltung" abzurechnenden Straßenteillänge, bestehend nur aus dem betroffenen Grundstück (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.09.1978 - BVerwG 4 C 50.76 -, BVerwGE 56, 238).

Ob hier die Kostenspaltung schon wegen einer fehlenden Abschnittsbildung (Querspaltung) scheitert, kann letztendlich dahingestellt bleiben.

Dem Ratsbeschluss kann nämlich inhaltlich nicht - wie bereits das Verwaltungsgericht festgestellt hat - eine Kostenspaltung hinsichtlich der Grunderwerbskosten im Bereich der Gehwege entnommen werden. In dem dem Gericht vorliegenden Beschlussprotokoll vom 29.06.2000 werden die Grunderwerbskosten mit keinem Wort erwähnt. Aus dem Protokoll ergibt sich vielmehr, dass die Beklagte - in einer Zeit, als noch Rechtsunsicherheit darüber bestand, ob wegen der durch § 242 Abs. 9 BauGB gebotenen unterschiedlichen Abrechnung nach Erschließungsbeitragsrecht oder Straßenbaubeitragsrecht Spaltungsbeschlüsse notwendig waren - mit dem Beschluss vom 29.06. 2000 allein die Teileinrichtungen abspalten wollte, die nach Erschließungsbeitragsrecht veranlagt werden sollten. Der damalige Bürgermeister der Beklagten führte nämlich in dieser Ratssitzung aus: "Dass der Inhalt des vorliegenden Beschlussvorschlags darin besteht, auf dem Wege der Kostenspaltung in der S-Straße für die errichteten Anlagen, die über die Erschließungsbeitragssatzung abzurechnen sind, die Beiträge zu erheben".

Auch angesichts der zuvor erwähnten "Querschnittsproblematik" hätte es eines inhaltlich bestimmten Kostenspaltungsausspruches über die Grunderwerbskosten der Gehwege durch die Beklagte bedurft. Diesen vermag der Senat nicht zu erkennen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidungen über die Vollsteckbarkeit und die Abwendungsbefugnis folgen aus § 167 Abs. 1 VwGO und aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Senat lässt die Revision nicht zu (§ 132 VwGO), weil die Fragen des Bundesrechts, auf welchen das Urteil beruht, höchstrichterlich abschließend geklärt sind, der Senat von dieser Rechtsprechung nicht abweicht und Verfahrensfehler nicht ersichtlich sind.

Ende der Entscheidung

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