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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 08.08.2007
Aktenzeichen: 2 L 160/06
Rechtsgebiete: GG, AMG, ApBetrO


Vorschriften:

GG Art. 3
GG Art. 12
AMG § 43
AMG § 47
AMG § 60
AMG § 69
ApBetrO § 20
Das Verbot, apothekenpflichtige Tierarzneimittel durch eine Versandapotheke in den Verkehr zu bringen, ist auch nach der (mit Einschränkungen erfolgten) Freigabe des Versands von Humanarzneimitteln mit der Berufsausübungsfreiheit der Apotheker und dem Gleichheitsgrundrecht vereinbar (Im Anschluss an das OVG Rhein-Pfz. Urt. v. 30.01.2006 - 6 A11097/05 -).
Gründe:

Der Beschluss beruht auf § 124a Abs. 4-6 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. der Novellierung v. 20.12.2001 (BGBl I 3987) - VwGO -, diese in der jeweils gültigen Fassung, sowie auf § 154 Abs. 2 VwGO <Kosten> und auf §§ 47 Abs. 1; 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. des Art. 1 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes v. 05.05.2004 (BGBl I 718) - GKG - <Streitwert>.

1. Dem Verfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin wendet sich gegen die Untersagung des Versandhandels mit apothekenpflichtigen Tierarzneimitteln. Sie hat den über das lnternetportal "(...).de" betriebenen Versandhandel der Robert-Koch-Apotheke W. von Frau C. B. übernommen. Der Beklagte erteilte Frau C. B. mit Wirkung zum 05.01.2004 die Erlaubnis zum Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln. Im Rahmen der Antragstellung hatte Frau B. ein Qualitätssicherungssystem aufgezeigt, das davon ausging, dass Tierarzneimittel nach § 43 Abs.1 und 5 des Arzneimittelgesetzes - AMG - nicht versendet werden dürfen. Am 07.05.2004 ließ Frau B. durch einen in ihrer Apotheke angestellten Apotheker beim Beklagten anfragen, auf welcher Rechtsgrundlage der Versand von apothekenpflichtigen Tierarzneimitteln verboten sei. Hierauf verwies der Beklagte auf die Regelung des § 43 Abs. 5 AMG. Am 25.06.2004 teilte Frau B. dem Beklagten mit, dass sie von der Zulässigkeit eines Versandes von apothekenpflichtigen Tierarzneimitteln ausgehe und dass sie diesen auch durchführe. Daraufhin untersagte der Beklagte mit an Frau B. gerichtetem Bescheid vom 19.07.2004 das lnverkehrbringen von apothekenpflichtigen Arzneimitteln, die zur Anwendung bei Tieren bestimmt sind (Tierarzneimittel), mittels Versand. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 5 000,- € angedroht. Zur Begründung der auf § 69 Abs.1 Satz 1 AMG gestützten Untersagungsverfügung bezog sich der Beklagte auf § 43 Abs.5 AMG, wonach zur Anwendung bei Tieren bestimmte Arzneimittel, die nicht für den Verkehr außerhalb der Apotheken freigegeben seien, an den Tierhalter oder andere in § 47 AMG nicht genannte Personen nur in der Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke oder durch den Tierarzt ausgehändigt werden dürften. Die Klägerin hat am 14.08.2004 vor dem Verwaltungsgericht Klage erhoben. Dieses hat die Klage mit Urteil vom 14.02.2006 abgewiesen.

2. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Der Senat konnte die Berufung nicht zulassen, da der allein geltend gemachte Zulassungsgrund (§ 124a Abs. 4 S. 4 VwGO), nämlich ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vorliegt.

Die Zulassungsschrift vermag nicht ernstliche Zweifel am Ergebnis der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zu begründen.

§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO öffnet den Zugang zur Rechtsmittelinstanz mit Blick auf das prognostizierte Ergebnis des angestrebten Rechtsmittels. Er soll Richtigkeit im Einzelfall gewährleisten; die maßgebliche Frage geht dahin, ob die Rechtssache richtig entschieden worden ist. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO will Zugang zu einer inhaltlichen Überprüfung des angefochtenen Urteils in einem Berufungsverfahren in den Fällen eröffnen, in denen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils weiterer Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist. Gemessen daran erweist sich die Entscheidung des Verwaltungsgerichts als richtig.

Der Bescheid des Beklagten vom 19.07.2004 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, dies hat das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden.

Rechtsgrundlage für die Untersagungsverfügung ist § 69 Abs.1 Satz 1 des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz - AMG -). Danach treffen die zuständigen Behörden die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Das der Klägerin untersagte InVerkehrbringen von apothekenpflichtigen Tierarzneimitteln mittels Versand verstößt gegen § 43 Abs.5 AMG i. d. F der Bekanntmachung vom 11.12.1998 (BGBI 1 S 3586) und der Änderung durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003-GKV-Modernisierungsgesetz-(BGBI.I 13.2190). Nach § 43 Abs.5 Satz 1 AMG dürfen zur Anwendung bei Tieren bestimmte Arzneimittel, die nicht für den Verkehr außerhalb der Apotheken freigegeben sind, an den Tierhalter oder an andere in § 47 Abs.1 nicht genannte Personen nur in der Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheken oder durch den Tierarzt ausgehändigt werden. Nach Satz 2 sind davon Fütterungsarzneimittel ausgenommen. Die Abgabe von Tierarzneimitteln an die in § 47 Abs.1 AMG genannten Personen, wie zum Beispiel pharmazeutische Unternehmer und Großhändler oder Veterinärbehörden, und von Fütterungsarzneimitteln wird von der Untersagungsverfügung nicht erfasst, wie sich mittelbar der Begründung der Verfügung entnehmen lässt, die auf die Regelung des § 43 Abs.5 AMG Bezug nimmt. Die Verfügung erfasst nicht das lnverkehrbringen von apothekenpflichtigen Arzneimitteln durch Versand an die § 47 AMG genannten Personen sowie von Fütterungsarzneimitteln. Dies hat bereits das Verwaltungsgericht festgestellt.

Die Untersagung des Versandes von apothekenpflichtigen Tierarzneimitteln an Tierhalter und an andere in § 47 Abs.1 AMG nicht genannte Personen ist rechtlich nicht zu beanstanden. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht weiter ausgeführt, dass die der Klägerin nach § 11a des Gesetzes über das Apothekenwesen (Apothekengesetz - ApothG) i.d.F. des GKV-Modernisierungsgesetzes erteilte Erlaubnis zum Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln nicht die Erlaubnis zum Versand von apothekenpflichtigen Tierarzneimitteln umfasst.

Nach § 43 Abs.1 AMG i. d. F. des GKV-Modernisierungsgesetzes dürfen Arzneimittel i.S.d. § 2 Abs.1 oder Abs.2 Nr.1, die nicht durch die Vorschrift des § 44 oder der nach § 45 Abs.1 erlassenen Rechtsverordnung für den Verkehr außerhalb der Apotheken freigegeben sind, außer in den Fällen des § 47 berufs- oder gewerbsmäßig für den Endverbrauch nur in Apotheken und ohne behördliche Erlaubnis nicht im Wege des Versandes in den Verkehr gebracht werden. Das Nähere regelt das Apothekengesetz. § 11a ApothG regelt, unter welchen Voraussetzungen die Erlaubnis zum Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln gemäß § 43 Abs.1 Satz 1 AMG erteilt werden kann. Diese Vorschriften sind jedoch aufgrund von § 43 Abs.5 AMG, der durch das GKV-Modernisierungsgesetz unverändert geblieben ist, auf apothekenpflichtige Tierarzneimittel nicht anwendbar. Dies hat das Verwaltungsgericht unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialen ausführlich und zutreffend dargelegt.

Im Übrigen besteht neben Fütterungsarzneimitteln eine weitere Ausnahme für Medikamente zur Versorgung bestimmter Heimtiere. So lässt § 43 Abs.5 Satz 2 AMG den Versand von Fütterungsarzneimitteln zu. Fütterungsarzneimittel sind Arzneimittel in verfütterungsfertiger Form, die aus Arzneimittel-Vormischungen und Mischfuttermitteln hergestellt werden und die dazu bestimmt sind, zur Anwendung bei Tieren in den Verkehr gebracht zu werden. Auch besteht bei apothekenpflichtigen Arzneimitteln, die ausschließlich zur Anwendung bei Zierfischen, Zier- oder Singvögeln, Brieftauben, Terrarientieren oder Kleinnagern bestimmt sind, die Möglichkeit, gemäß § 60 Abs.4 AMG eine Ausnahmegenehmigung zum Versand dieser Arzneimittel einzuholen.

Die Auffassung der Klägerin, dass die grundrechtliche Gewährleistung der Berufsfreiheit (Art. 12 GG) und das Willkürverbot (Art. 3 GG) eine einschränkende Auslegung des § 43 Abs. 5 AMG geböten, geht fehl. Es trifft nicht zu, dass der Sinn und Zweck der Regelung das Versandverbot in dem hier maßgeblichen Umfang nicht rechtfertigen. Dies hat das Verwaltungsgericht überzeugend unter Verweis auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (Urt. v. 30.01.2006 - 6 A 11097/05 - nach juris) dargelegt. Dem schließt sich der erkennende Senat an. Das OVG Rh.-Pfl. hat in der Entscheidung Folgendes ausgeführt:

...

"Es (das Versandverbot des § 43 Abs.5 AMG) dient dem Gemeinwohl, nämlich sowohl dem Tierschutz als auch dem Gesundheitsschutz des Menschen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschlüsse vom 11. Februar 1992, BVerfGE 85, 248 <261> = NJW 1992, 2341 und vom 11. Februar 2003, BVerfGE 107, 186 = NJW 2003, 1027) ist im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG zwischen dem Nutzen für das Gemeinwohl und den die Berufstätigen belastenden Vorkehrungen, die einen hinreichend spezifischen Bezug zu dem mit der Einschränkung verfolgten Gemeinschaftsgut haben müssen, abzuwägen. Dabei lassen sich Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit verfassungsrechtlich umso eher rechtfertigen, je enger der Bezug von Vorschriften zu einem Schutzgut ist. Steht dagegen die grundrechtliche Beschränkung nur in einem entfernten Zusammenhang zum Gemeinschaftsgut, so kann dieses nicht generell Vorrang vor der Berufsausübungsfreiheit beanspruchen. Nach diesem Maßstab dient das Versandverbot des § 43 Abs.5 AMG unmittelbar dem Tierschutz; der Bezug zu diesem Gemeinschaftsgut ist eng. Müssen nämlich apothekenpflichtige Tierarzneimittel in der Apotheke erworben werden, kann der Käufer (Tierhalter) nicht nur um eine Beratung nachsuchen, sondern es besteht vor allem die Möglichkeit, dass das Apothekenpersonal von sich aus Hinweise gibt, Warnungen ausspricht oder Nachfragen stellt. Das wird beispielsweise der Fall sein, wenn ungewöhnlich große Mengen von Arzneimitteln oder solche Medikamente erworben werden, die miteinander nicht kombiniert werden dürfen. Im Versandhandel ist zwar ein solcher Kontakt zwischen Apotheke und Käufer ebenfalls denkbar; er ist jedoch mit mehr Umständen, nämlich einem Anruf oder der Formulierung einer elektronischen Nachricht, verbunden als bei einem persönlichen Zusammentreffen. Wie der Kläger einräumt, wird ein solcher Kontakt im Versandhandel regelmäßig auf Initiative des Käufers zustande kommen. Die Bitte eines Käufers bzw. Bestellers um weitere Informationen zu einem Medikament setzt aber ein gewisses Problembewusstsein voraus, an dem es häufig fehlen dürfte. Deshalb spricht das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 11. Februar 2003, BVerfGE 107, 186 = NJW 2003, 1027) von einem erhöhten Beratungsbedarf und einer gesteigerten pharmazeutischen Verantwortung des Apothekers, wenn Medikamente ohne ärztliche Verschreibung abgegeben werden. Der Schutz der menschlichen Gesundheit weist ebenfalls einen engen, unmittelbaren Zusammenhang mit dem Versandverbot für apothekenpflichtige Tierarzneimittel auf, wenn es um Medikamente geht, die an Lebensmittel liefernde Tiere verabfolgt werden und über die Nahrungskette beim Verbraucher zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen können. Eine solche Gefahr wird zwar vor allem bei verschreibungspflichtigen Tierarzneimitteln bestehen, deren Versand nicht (mehr) Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist. Dass indessen apothekenpflichtige Tiermedikamente, die nicht der Verschreibungspflicht unterliegen, im Falle des Verzehrs des behandelten Tieres oder seiner Produkte keine Gefahren für die menschliche Gesundheit bergen, hat der Kläger - obwohl fachkundig - nicht vorgetragen. Auch die Verabreichung von Tierarzneimitteln an Haustiere, deren Fleisch oder Produkte nicht zum menschlichen Verzehr bestimmt sind, kann zu Gesundheitsgefahren beim Menschen führen, wie das vom beklagten Amt angeführte Beispiel eines Kindes belegt, das mit einem Hund spielt, der mit einem ungeeigneten Wurmmittel und damit unzureichend behandelt wurde. Allerdings ist der spezifische Bezug des Versandverbots des § 43 Abs. 5 AMG zum Gesundheitsschutz des Menschen nicht so eng wie bei Lebensmittel liefernden Tieren. Die in dieser Weise weniger stark ausgeprägte Unmittelbarkeit zwischen der Berufsausübungsbeschränkung und dem Gemeinschaftsgut führt indessen nicht zu Bedenken an der verfassungsrechtlichen Tragfähigkeit des § 43 Abs. 5 AMG. Denn die überragende Wertigkeit des Schutzguts der menschlichen Gesundheit, die selbst empfindliche Eingriffe in die Berufsfreiheit rechtfertigen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. Februar 2003, BVerfGE 107, 186 = NJW 2003, 1027), führt bei der vorzunehmenden Abwägung zu dem Ergebnis, dass das Versandverbot für Tierarzneimittel des § 43 Abs. 5 AMG insgesamt eine zumutbare und verhältnismäßige Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit ist. Die gesetzgeberische Entscheidung, trotz der Lockerung des Versandverbots für Humanarzneimittel an § 43 Abs. 5 AMG festzuhalten, verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Sie stellt keine willkürliche Ungleichbehandlung dieser beiden Gruppen von Arzneimitteln dar, sondern eine Differenzierung, für die es einen sachlichen Grund gibt, der gerade auf dem Unterschied zwischen Human- und Tierarzneimitteln beruht. Der anerkennenswerte sachliche Grund für die unterschiedliche gesetzliche Regelung des Medikamentenversands besteht darin, dass ein vernünftiger, auf das eigene Wohlergehen bedachter Mensch bei der Einnahme nicht verordneter Medikamente jede mögliche Sorgfalt walten lassen wird, um eine falsche, unwirksame oder gefährliche Behandlung, um Überdosierungen, Unverträglichkeiten oder Nebenwirkungen zu vermeiden, während ein Tierhalter weniger Hemmungen haben dürfte, einem wertvollen Tier(bestand) an Arzneimitteln des Guten zuviel zu tun, wenn ihm dies wirtschaftlich sinnvoll erscheint. Dieses Risiko ist beim Versandhandel mit apothekenpflichtigen Tierarzneimitteln, die nicht von einem Tierarzt verordnet sind, größer als beim Erwerb solcher Medikamente in der Apotheke. Muss ein Tierhalter, der aus finanziellem Eigeninteresse ein apothekenpflichtiges Tierarzneimittel in der geschilderten Weise einzusetzen beabsichtigt, dieses Medikament in der Apotheke kaufen, besteht - wie bereits ausgeführt - ohne Weiteres die Möglichkeit, dass der Apotheker ungefragt auf Risiken hinweist, Warnungen ausspricht oder Nachfragen stellt und damit einer bedenklichen Medikation entgegenwirkt. Angesichts dessen kann unerörtert bleiben, ob es - wie der Kläger meint - geradezu zynisch ist, die differenzierende Regelung damit rechtfertigen zu wollen, dass der Versand von Humanarzneimitteln zur Senkung der Kosten der gesetzlichen Krankenversicherungen zugelassen wurde, während ein solches Interesse bei Tierarzneimitteln nicht bestehe. Ebenso wenig spielt im vorliegenden Zusammenhang eine Rolle, ob der Gesetzgeber die Verdienstmöglichkeiten der Tierärzte im Auge hatte, als er § 43 Abs. 5 AMG aufrecht erhielt. Entscheidende Bedeutung kommt auch nicht dem Umstand zu, dass älteren und immobilen Menschen der Versand nicht nur von Human-, sondern auch von Tierarzneimitteln zugute käme. Schließlich können die vom Kläger mehrfach hervorgehobenen, nach seiner Auffassung allenthalben bestehenden Möglichkeiten eines Missbrauchs von Medikamenten der vom Gesetzgeber normierten Differenzierung ihre sachliche Berechtigung nicht nehmen. Die gesetzgeberische Entscheidung, trotz der Lockerung des Versandverbots für Humanarzneimittel an § 43 Abs. 5 AMG festzuhalten, verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Sie stellt keine willkürliche Ungleichbehandlung dieser beiden Gruppen von Arzneimitteln dar, sondern eine Differenzierung, für die es einen sachlichen Grund gibt, der gerade auf dem Unterschied zwischen Human- und Tierarzneimitteln beruht. Der anerkennenswerte sachliche Grund für die unterschiedliche gesetzliche Regelung des Medikamentenversands besteht darin, dass ein vernünftiger, auf das eigene Wohlergehen bedachter Mensch bei der Einnahme nicht verordneter Medikamente jede mögliche Sorgfalt walten lassen wird, um eine falsche, unwirksame oder gefährliche Behandlung, um Überdosierungen, Unverträglichkeiten oder Nebenwirkungen zu vermeiden, während ein Tierhalter weniger Hemmungen haben dürfte, einem wertvollen Tier(bestand) an Arzneimitteln des Guten zuviel zu tun, wenn ihm dies wirtschaftlich sinnvoll erscheint. Dieses Risiko ist beim Versandhandel mit apothekenpflichtigen Tierarzneimitteln, die nicht von einem Tierarzt verordnet sind, größer als beim Erwerb solcher Medikamente in der Apotheke. Muss ein Tierhalter, der aus finanziellem Eigeninteresse ein apothekenpflichtiges Tierarzneimittel in der geschilderten Weise einzusetzen beabsichtigt, dieses Medikament in der Apotheke kaufen, besteht - wie bereits ausgeführt - ohne Weiteres die Möglichkeit, dass der Apotheker ungefragt auf Risiken hinweist, Warnungen ausspricht oder Nachfragen stellt und damit einer bedenklichen Medikation entgegenwirkt. Angesichts dessen kann unerörtert bleiben, ob es - wie der Kläger meint - geradezu zynisch ist, die differenzierende Regelung damit rechtfertigen zu wollen, dass der Versand von Humanarzneimitteln zur Senkung der Kosten der gesetzlichen Krankenversicherungen zugelassen wurde, während ein solches Interesse bei Tierarzneimitteln nicht bestehe. Ebenso wenig spielt im vorliegenden Zusammenhang eine Rolle, ob der Gesetzgeber die Verdienstmöglichkeiten der Tierärzte im Auge hatte, als er § 43 Abs. 5 AMG aufrecht erhielt. Entscheidende Bedeutung kommt auch nicht dem Umstand zu, dass älteren und immobilen Menschen der Versand nicht nur von Human-, sondern auch von Tierarzneimitteln zugute käme. Schließlich können die vom Kläger mehrfach hervorgehobenen, nach seiner Auffassung allenthalben bestehenden Möglichkeiten eines Missbrauchs von Medikamenten der vom Gesetzgeber normierten Differenzierung ihre sachliche Berechtigung nicht nehmen. Der soeben dargestellte sachliche Grund für die unterschiedliche gesetzliche Regelung des Medikamentenversands würde jedoch erheblich an Überzeugungskraft einbüßen, wenn das Verbot des § 43 Abs. 5 AMG ausschließlich für inländische Apotheker, nicht aber auch für solche aus anderen Staaten der Europäischen Gemeinschaft gelten und Anhaltspunkte dafür bestehen würden, dass Tierhalter, die aus wirtschaftlichen Gründen apothekenpflichtige Tierarzneimittel überdosiert oder in anderer Weise unsachgemäß einzusetzen beabsichtigen, von dieser Versandmöglichkeit aus dem Ausland in nennenswertem Umfang Gebrauch machen. Dies ist indessen nicht der Fall". ....

Dem vermag die Zulassungsschrift nicht mit Erfolg entgegenzuhalten, dass es sich bei § 43 Abs.5 AMG nicht um eine Berufsausübungsregelung, sondern in Wahrheit um ein Verbot des "Berufs Versandapotheker für Tierarzneimittel" handelt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts umfasst die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG grundsätzlich zwar auch das Recht, untypische Betätigungsformen als Beruf zu wählen. Die Befugnis des Gesetzgebers, die "Berufsbilder" typischer Berufe gesetzlich zu fixieren, kann aber dazu führen, dass der Einzelne auf die freie Wahl des so geprägten Berufes beschränkt wird, während ihm die Möglichkeit zu untypischer Betätigung in diesem Bereich verschlossen ist (vgl. BVerfGE 13, 97 (106, 117)). Er kann nicht unter Berufung auf sein Recht zur freien Berufswahl durch die jederzeit mögliche Erfindung untypischer Betätigungsformen fordern, dass die Gestalt eines solchen typischen Berufs von eigenem sozialen Gewicht und charakteristischem Gepräge aufgelöst werde in eine Vielzahl allein dem Belieben des Einzelnen anheimgegebener "Berufe". Vor allem kann nicht durch eine rein quantitative Ausweitung des Umfangs der typischen Berufstätigkeit ein neuer Beruf entstehen (BVerfG, Urt. v. 13.02.1964 - 1 BvL 17/61, 1 BvR 494/60, 1 BvR 128/61 - BVerfGE 17, 232). Dies gilt für den von der Klägerin reklamierten "Beruf" des "Versandapothekers für Tierarzneimittel".

Auch die weiteren Einwände der Zulassungsschrift vermögen keine ernstlichen Zweifel an der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu begründen. Der entscheidende Gemeinwohlgesichtspunkt, der für das Versandverbot apothekenpflichtiger Tierarzneimittel spricht, ist die Arzneimittelsicherheit. Ein wesentliches Element der Arzneimittelsicherheit ist die dem Apotheker aufgetragene Beratung und Information über Anwendungsmöglichkeiten und Risiken der Arzneimittel.

Der Einwand der Klägerin, im Versandhandel sei die Beratung des Kunden effektiver als beim unmittelbaren Kontakt zwischen Apotheker und Kunden, vermag ernstliche Zweifel an der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht zu begründen. Zum einen legt § 20 Abs. 1 der Verordnung über den Betrieb von Apotheken - ApBetrO - dem Apotheker eine Beratungs- und Informationspflicht auf, die im Versandhandel für Tierarzneimittel so nicht gilt. § 20 Abs. 1 ApBetrO lautet wie folgt:

"Der Apotheker hat Kunden und die zur Ausübung der Heilkunde, Zahnheilkunde oder Tierheilkunde berechtigten Personen zu informieren und zu beraten, soweit dies aus Gründen der Arzneimittelsicherheit erforderlich ist. Durch die Information und Beratung der Kunden darf die Therapie der zur Ausübung der Heilkunde, Zahnheilkunde oder Tierheilkunde berechtigten Personen nicht beeinträchtigt werden. Soweit Arzneimittel ohne Verschreibung abgegeben werden, hat der Apotheker dem Kunden die zur sachgerechten Anwendung erforderlichen Informationen zu geben".

Selbst wenn man, wie die Klägerin geltend macht, annimmt, dass sie von sich aus freiwillig umfangreiches Informationsmaterial den einzelnen Medikamentenlieferungen beifügt, verbleibt es doch dabei, dass dabei eine Information wie im unmittelbaren Frage/Antwort-Kontakt zwischen Apotheker und Kunden nicht möglich ist. Der Zulassungsschrift ist zwar einzuräumen, dass die moderne Informationstechnologie durch Telefon (kostenlose Servicenummer) Fax oder auch E-Mail Möglichkeiten der zusätzlichen Beratung bietet. Sie übersieht dabei aber, dass die neuen Informationstechnologien immer noch nur dem kleineren Teil der Bevölkerung zur Verfügung stehen und von diesem genutzt wird.

Darüber hinaus wirft auch der Impfstoffversand unter dem Gesichtspunkt der Arzneimittelsicherheit zusätzliche Probleme auf und schafft Risken. Die Klägerin bietet beispielsweise in ihrem Internetportal "(...).de" u. a. auch folgende Tierarzneimittel an:

1."DRONCIT VET, eine Injektionsloesung vet. Bandwurmmittel für Hunde und Katzen"

...

"Droncit kann subkutan oder intramuskulär injiziert werden. Bei Verdacht auf Echinokokken sollte intramuskulär injiziert werden".

...

2. "Formidium ad usum vet. Injektionslösung

Zusammensetzung:

1 Ampulle zu 5 ml enthält: Arzneilich wirksamer Bestandteil: Acidum formicicum Dil. D6 5 ml.

Darreichungsform und Inhalt: Flüssige Verdünnung zur Injektion.

Packung mit 20 (2x10) Ampullen zu 5 ml.

Anwendungsgebiete: Die Anwendungsgebiete entsprechen dem veterinär- homöopathischen Arzneimittelbild, dazu gehören: allergische Erkrankungen der Haut und Schleimhäute, z. B. Ekzeme, Dämpfigkeit der Pferde (pulmonale Dämpfigkeit), Anaphrodisie (verminderter Geschlechtstrieb), zur unterstützenden Behandlung bei Ferkelruß, Euterpocken und entzündlichen Erkrankungen des Urogenitalapparates (Niere, Blase und Geschlechtsorgane).

Vor der Anwendung von Formidium ad usum vet. sollten die Erkrankungen und ihre Ursachen tierärztlich abgeklärt sein.

Die Anwendung ersetzt nicht andere vom Tierarzt diesbezüglich verordnete Arzneimittel.

Bei anhaltenden, unklaren oder neu auftretenden Beschwerden, insbesondere bei Fieber oder schweren Störungen des Allgemeinbefindens, sollten Sie tierärztlichen Rat einholen.

Gegenanzeigen: Keine bekannt. Anwendung während der Trächtigkeit und der Laktation: Wie alle Arzneimittel sollten auch homöopathische Arzneimittel während der Trächtigkeit und Laktation nur nach Rücksprache mit dem Tierarzt angewendet werden.

Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung:

Intravenöse oder intramuskuläre Injektionen sollten aufgrund der potentiellen Risiken der Applikationsarten nur von Tierärzten ausgeführt werden.

Subkutane Injektionen können nach entsprechender fachlicher Unterweisung auch von Tierhaltern vorgenommen werden". Das Inverkehrbringen von Impfstoffen generell - unabhängig von den vorerwähnten Produkten der Klägerin - stellt besondere Anforderungen an die Arzneimittelsicherheit. Impfstoffe bedürfen wegen ihrer Temperaturempfindlichkeit einer besonders sorgfältigen Behandlung. Der Versand derartiger Impfstoffe über das ganze Bundesgebiet hinweg, birgt die Gefahr in sich, dass an irgendeiner Stelle des Transportweges die notwendigen Vorkehrungen gegen einen Verderb des Impfstoffes infolge menschlichen oder technischen Versagens nicht eingehalten werden. Das begründet nicht nur das Risiko, dass das Arzneimittel seine Wirksamkeit einbüßt. Möglicherweise können sogar gesundheitliche Schäden beim Tier angerichtet werden. Dem kann nicht entgegengehalten werden, im Versandhandel seien optimale Vorkehrungen zur Gewährleistung eines sicheren Transportes getroffen. Dieser Einwand wäre schon deshalb irrelevant, weil eine generelle gesetzliche Regelung von der abstrakten Einschätzung bestehender Risiken ausgehen muss und darf und nicht auf die konkrete Betriebsgestaltung eines einzelnen Unternehmers abzustellen braucht. Zutreffend ist das Verwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass die gesetzgeberische Entscheidung, trotz der Lockerung des Versandverbots für Humanarzneimittel an § 43 Abs. 5 AMG festzuhalten, nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Zwischen diesen beiden Gruppen von Arzneimittel besteht nämlich ein die Ungleichbehandlung rechtfertigender Unterschied. Nicht jede Versandhandelsapotheke für Humanarzneimittel darf generell solche Arzneimittel versenden, sondern nur solche Versandhandelsapotheken, die dem Rahmenvertrag nach § 129 SGB V beigetreten sind. Die Anerkennung des Rahmenvertrages muss als Voraussetzung dafür angesehen werden, dass eine Apotheke an der Arzneimittelversorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen teilnimmt. Dies begründet für solche Versandapotheken Verpflichtungen, die im Bereich der apothekenpflichtigen Tierarzneimittel so nicht bestehen. Dazu wird auf eine Entscheidung des SG Frankfurt/Main vom 09.08.2006 (S 21 KR 429/06 ER nach juris) verwiesen. In diesem Beschluss hat das SG Frankfurt/Main Folgendes ausgeführt:

...

"Aus dem Umstand, dass nach den neuen gesetzlichen Regelungen der Versandhandel mit apothekenpflichtigen Medikamenten nicht mehr grundsätzlich untersagt ist, folgt jedoch nicht bereits, dass die Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung mit rezeptpflichtigen Medikamenten oder sonstigen Medikamenten, für die eine Einstandspflicht der gesetzlichen Krankenversicherungen besteht, im Rahmen der Krankenbehandlung und des aus § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, § 31 i.V.m. § 34, 35 SGB V vorgesehenen Sachleistungsanspruches durch Versandhandelsapotheken ohne weiteres erfolgen kann. Durch §§ 12 und 70 SGB V sind die Apotheken verpflichtet, die Versorgung der Versicherten mit Arzneimitteln auf wirtschaftliche Weise sicherzustellen. Den Leistungsanspruch des Versicherten auf Arzneimittel konkretisiert § 31 SGB V. Darüber hinaus enthalten die Regelung über die Zuzahlung zu Arzneimitteln (§ 31 Abs. 3 SGB V), den Ausschluss von Arzneimitteln (§ 34 SGB V) und über die Festbeträge für Arzneimittel (§ 35 SGB V) weitere Vorgaben, die dem Wirtschaftlichkeitsgebot im Bereich der Arzneimittelversorgung Wirkung verleihen sollen. Hinzu kommen die in § 129 Abs. 1 und Abs. 5 a SGB V geregelten Pflichten der Apotheken, die über diese Kostendämpfungsinstrumente hinaus weitere Wirtschaftlichkeitsreserven bei der Arzneimittelversorgung ausschöpfen sollen. Die Anerkennung und Beachtung dieser gesetzlichen und vertraglichen Bedingungen der Arzneimittelversorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung wird jedoch nicht über das Instrument einer ausdrücklichen Zulassungsregelung hinsichtlich von Apotheken für die Arzneimittelversorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung gesteuert. Der Gesetzgeber bedient sich hierfür vielmehr des Instrumentes der Vorgabe des Abschlusses eines Rahmensvertrages auf Spitzenverbandsebene, in dem die aufgezeigten Pflichten zur wirtschaftlichen Arzneimittelversorgung weiter konkretisiert werden und der auch einen Maßnahmenkatalog für Verstöße von Apotheken gegen Pflichten aus § 129 Abs. 1 oder gegen eine auf einen Vertrag nach § 129 SGB V beruhende Pflicht zu enthalten hat. Aus dem Gesamtzusammenhang der Regelungen des SGB V über die Arzneimittelversorgung, insbesondere aus § 129 Abs. 3 Nr. 2 und Abs. 4 SGB V ist abzuleiten, dass nur solche Apotheken an der Arzneimittelversorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung zu beteiligen sind, für die der gesetzlich vorgesehene Rahmenvertrag gemäß § 129 Abs. 3 SGB V Rechtswirkung hat".

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