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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 19.09.2003
Aktenzeichen: 2 L 164/01
Rechtsgebiete: AuslG


Vorschriften:

AuslG § 51 I
AuslG § 53 VI
1. Die Asylantragstellung im Bundesgebiet und ein längerer Auslandsaufenthalt führen bei einer Rückkehr nach Togo nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politischer Verfolgung.

2. Die Zugehörigkeit zu Exilorganisationen oder die Teilnahme an Demonstrationen sind nicht generell geeignet, politische Verfolgung in Togo beachtlich wahrscheinlich zu machen. Notwendig ist eine Prüfung im Einzelfall.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT URTEIL

Aktenz.: 2 L 164/01

Datum: 19.09.2003

Tatbestand:

Der ... Kläger ist togoischer Staatsangehöriger. Nach seinen Angaben reiste er ... über den Düsseldorfer Flughafen in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte ... in Köln seine Anerkennung als Asylberechtigter.

Im Termin zur Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) ... führte der Kläger zur Begründung seines Asylbegehrens im Wesentlichen aus: Er sei in ... als Taxifahrer tätig gewesen. Als er am 22.06.1998 von einer Fahrt aus der Stadt ... nach ... zurückgekehrt sei, seien Soldaten auf seinem Grundstück erschienen. Er sei zu diesen Soldaten hingegangen, weil er nichts zu befürchten gehabt habe. Sie hätten ihm vorgeworfen, er habe mit seinem Auto unberechtigt Wahlkampf betrieben. Er habe dies bestritten und darauf hingewiesen, dass er ein Angebot des Präfekten der Präfektur Kloto, Wahlkampf zu betreiben, abgelehnt habe. Dennoch hätten ihn die Soldaten zum Polizeirevier gebracht, um seine Aussagen zu überprüfen. Am nächsten Tag sei er dem Präfekten vorgeführt worden, und auch diesem habe er seine Unschuld beteuert, da er zum fraglichen Zeitpunkt überhaupt nicht in der Stadt gewesen sei. Er sei nach einer weiteren Überprüfung dann auch freigelassen worden. Am 23./24.11.1998 habe es technische Probleme mit seinem Auto gegeben, und er habe in die Werkstatt fahren müssen. Am nächsten Tag habe er sein Auto abgeholt und eine Probefahrt gemacht. Dabei sei er von der Polizei gestoppt und wiederum auf die Präfektur gebracht worden. Nachdem er gesagt habe, dass er tags zuvor das Auto nicht gefahren habe, sei er wieder freigelassen worden. Am 30.11.1998 sei er dann erneut zu dem (neuen) Präfekten gebracht worden. Er habe ihm gesagt, dass die Stadt ... zu den Feierlichkeiten anlässlich der Machtübernahme Präsident Eyadémas eine Abordnung schicken werde und er daran teilnehmen solle. Man wolle zunächst drei Tage in ... proben. Zur ersten Probe am 04.12. sei er aber nicht hingegangen. Daraufhin seien am 07.12.1998 Soldaten bei ihm erschienen und hätten ihn zum Präfekten gebracht. Er habe diesem gesagt, dass er zur Probe nicht habe erscheinen können, weil er gearbeitet habe, um Geld zu verdienen. Der Präfekt habe ihm ins Gesicht gespuckt und ihn zwei Tage einsperren lassen. Danach sei ihm ein Anhörungsprotokoll vorgelegt worden, das er habe unterschreiben müssen, ohne dass er es vorher habe lesen dürfen. Sie hätten ihn brutal geohrfeigt, so dass er schließlich unterschrieben habe. Dann habe er noch eine Stunde in der Sonne stehen müssen, ohne den Kopf zu senken, d. h. er habe immer in die Sonne starren müssen. Danach sei er in das Zentralgefängnis von Lomé verlegt worden und habe dort zwei Wochen verbracht. Am 23.12.1998 habe man ihn zurück in das Polizeirevier von ... verlegt. Gegen 17.00 Uhr sei ein Polizist zu ihm gekommen, habe ihn gefragt, was er eigentlich getan habe, und ihm gesagt, dass dem Hörensagen nach er nach den Feiertagen zu Präsident Eyadéma gebracht werden solle. Er sei daraufhin in Ohnmacht gefallen. Als er wieder erwacht sei, habe er sich im Krankenhaus wiedergefunden. Der Arzt habe ihm eine Beruhigungstablette gegeben und ihm versprochen, ihm zu helfen. Es sei dann seine Verlegung vorgetäuscht worden, und er habe so am 24.12.1998 aus dem Krankenhaus in ... fliehen können. Er sei verdeckt hinter der Leichenhalle und dann über den Friedhof gegangen, bis er zu einer Fernstraße gekommen sei. Dort habe er einen LKW angehalten, dem Fahrer sein Problem erklärt, und dieser habe ihn daraufhin zur togoisch-ghanaischen Grenze mitgenommen. Der Lehrling des LKW-Fahrers habe ihn zu Fuß über die grüne Grenze nach Ghana geführt. Auf ghanaischem Gebiet habe er wieder den LKW bestiegen und bis zum nächsten Tag im Haus des LKW-Fahrers in ... verbracht. Am 10.01.1999 sei er mit einer anderen Person zum Flughafen nach A. gefahren. Dort habe sich ein weiterer Mann zu ihnen gesellt, und mit Hilfe der beiden Begleiter sei ihm die Ausreise über den Flughafen gelungen.

Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 05.02.1999 den Asylantrag des Klägers ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen der §§ 51 Abs. 1; 53 AuslG nicht vorliegen. Gleichzeitig wurde er zur Ausreise aufgefordert und ihm für den Fall der Nichtbefolgung der Ausreiseaufforderung die Abschiebung nach Togo angedroht. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe ein persönliches Verfolgungsschicksal nicht glaubhaft machen können. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Bundesamtsbescheid Bezug genommen.

Gegen diesen Bescheid hat der Kläger am 23.02.1999 Klage vor dem Verwaltungsgericht Magdeburg erhoben und unter Vorlage einer Mitgliedsbescheinigung der Organisation C.D.F.C. ausgeführt, er übe in dieser Vereinigung oppositioneller Togolesen in Deutschland die Funktion eines Vizeschatzmeisters aus. Am 29.05.1999 habe er an einer Versammlung in Hamburg teilgenommen, auf der die innenpolitische Krise Togos erörtert worden sei. Außerdem sei er auf der Tagung "Togo - where-to-go?" am 16.11.1999 in Bonn gewesen. Schließlich habe er im März 1999 an einem einwöchigen Hungerstreik der togoischen Asylbewerber in Halle teilgenommen.

Mit Urteil vom 30.04.2001 (A 1 K 84/99) hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger könne schon deswegen kein Asyl beanspruchen, weil er seine Einreise in die Bundesrepublik Deutschland auf dem Luftwege/Seewege nicht habe nachweisen können. Im Übrigen habe er ein persönliches Verfolgungsschicksal nicht glaubhaft machen können. Eine zielgerichtete politische Verfolgung sei in Togo gegenwärtig nicht mehr feststellbar. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.

Der Senat hat auf den Antrag des Klägers mit Beschluss vom 20.01.2003 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hinsichtlich der Feststellung von Abschiebungshindernissen zugelassen und im Übrigen den Antrag abgelehnt. Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger nunmehr vor, bevor er vom 07.12.1998 bis zum 23.12.1998 inhaftiert worden sei, sei er bereits bei zwei Gelegenheiten in das Blickfeld der Sicherheitskräfte geraten. In der Tat habe er der UFC zwei Mal sein Taxi zur Wahlwerbung im Zuge der Präsidentschaftswahlen im Juni 1998 zur Verfügung gestellt. Außer den Benzinkosten habe er dafür keine Gegenleistung erhalten. Auf die Autotüren seien von der UFC Bilder von Gilchrist Olympio geklebt worden. Weiter sei für diese beiden Gelegenheiten das Taxischild auf dem Dach entfernt worden. Statt dessen sei dort ein Megafon angebracht worden, mit dem Wahlparolen zugunsten der UFC gerufen worden seien. Außerdem habe es links und rechts in den Beifahrertüren zwei Personen gegeben, die quer über das Dach ein Spruchband gehalten hätten mit der Aufschrift "Wählt UFC, wählt Gilchrist Olympio". Er habe das Auto zwar nicht selbst gefahren, habe dies aber gesehen. Er vermute, dass während des Einsatzes für die Opposition das Kennzeichen des Fahrzeugs notiert und weitergegeben worden sei. Dies habe zu seiner ersten Festnahme am 22.06.1998 geführt. Da er aber die Vorwürfe abgestritten habe, habe man ihn schließlich freigelassen. Der zweite Vorfall habe sich am 25.11.1998 ereignet, als er von der Polizei gestoppt worden sei. Man habe ihm - berechtigterweise - vorgeworfen, das Fahrzeug des Präfekten am Tag zuvor überholt zu haben, obwohl dies ein Affront gegen die herrschende Klasse sei. Aber auch diesmal habe er sich erfolgreich verteidigen können und sei schließlich freigelassen worden. Dennoch hätten diese Vorfälle u. a. zu seiner späteren (dritten) Inhaftierung beigetragen. Dabei sei er nicht vor Schreck, sondern vor Schwäche und Hunger in Ohnmacht gefallen und infolgedessen ins Krankenhaus gekommen. Der Arzt, der ihm schließlich zur Flucht verholfen habe, habe ihm gesagt, dass zwei Wachen vor der Tür stünden, es aber noch eine weitere Tür nach draußen gebe, die verschlossen sei. Diese habe der Arzt aufgeschlossen und sich entfernt. Er sei dann durch diese aufgeschlossene Tür nach draußen hinter die Leichenhalle geflüchtet und von dort über den Friedhof zu einer Fernstraße, wo er habe einen LKW anhalten können.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern, soweit die Klage auch wegen der Abschiebungshindernisse abgewiesen worden ist, und die Beklagte - unter Aufhebung ihres Bescheids vom 5. Februar 1999 insoweit - zu verpflichten, festzustellen, dass einer Rückführung des Klägers nach Togo Abschiebungshindernisse entgegen stehen, und zwar in erster Linie nach § 51 Abs. 1 des Ausländergesetzes und hilfsweise nach § 53 des Ausländergesetzes.

Die Beklagte und der Beteiligte haben sich nach Anhörung nicht geäußert.

Der Kläger ist inzwischen mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet und verfügt über eine bis zum 26.12.2004 befristete Aufenthaltserlaubnis. Das Bundesamt hat aufgrund dieser Heirat am 30.04.2003 entschieden, die in dem Bescheid vom 05.02.1999 enthaltene Abschiebungsandrohung aufzuheben, und das Verfahren insoweit für erledigt erklärt. Der Kläger hat sich in der mündlichen Verhandlung vom 19.09.2003 dieser Erledigungserklärung angeschlossen.

Ergänzend wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die in der Erkenntnismittelliste bezeichneten Unterlagen, die Prozess- und Sachakten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.09.2003 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

A. Das Verfahren war in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.

B. Im Übrigen konnte der Senat über die Berufung verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte und der Beteiligte in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten waren; denn auf die Folgen ihres Ausbleibens sind sie in der ihnen rechtzeitig zugestellten Ladung hingewiesen worden (§ 125 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 [BGBl I 686] - VwGO -, in der Fassung des Gesetzes vom 20.12.2001 [BGBl I 3987], i. V. m. § 102 Abs. 2 VwGO).

Gegenstand der Berufung ist aufgrund ihrer eingeschränkten Zulassung durch Beschluss von 20.01.2003 nur noch das auf die Feststellung des Vorliegens von Abschiebungshindernissen gemäß §§ 51 Abs. 1, 53 des Ausländergesetzes - AuslG - (= Art. 1 des Gesetzes vom 09.07.1990 [BGBl I 1354], geändert durch Gesetz vom 30.06.1993 [BGBl I 1062], zuletzt geändert durch Gesetz vom 09.01.2002 [BGBl I 361 <368>]), gerichtete Verpflichtungsbegehren des Klägers. Im Übrigen ist die Klage auf Anerkennung als Asylberechtigter durch das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig abgewiesen worden.

Die so statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Verpflichtung der Beklagten, für seine Person das Vorliegen eines Abschiebungsverbots gemäß § 51 Abs. 1 AuslG (dazu I.) oder, hilfsweise, das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG (dazu II.) für Togo festzustellen. Insoweit ist der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 05.02.1999 auch in dem für die Entscheidung des Senats maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes - AsylVfG - i. d. F. d. Bek. v. 27.07.1993 [BGBl I 1361], geändert durch Gesetz vom 02.08.1993 [BGBl I 1442}, zuletzt geändert durch Gesetz vom 09.01.2002 [BGBl I 361, 371]), rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).

I. Nach § 51 Abs. 1 AuslG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Das Verbot des § 51 Abs. 1 AuslG schützt damit - ebenso wie Art. 16a Abs. 1 GG - den Personenkreis der politisch Verfolgten und dient der Umsetzung des Art. 33 Nr. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Konvention) vom 28.07.1951 (BGBl II 1953, S. 59).

Die Erfordernisse des § 51 Abs. 1 AuslG sind mit den Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter deckungsgleich, soweit es um die Frage der politischen Verfolgung geht (vgl. nur BVerwG, Urt. v. 26.10.1993 - BVerwG 9 C 50.92 -, NVwZ 1994, 500, m. w. N.). Auch gilt für die Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG der gleiche Prognosemaßstab wie für eine Verfolgungsgefahr i. S. d. Art. 16a Abs. 1 GG (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.07.1994 - BVerwG 9 C 1.94 -, NVwZ 1995, 391). Ist der Ausländer danach schon in seinem Heimatland verfolgt worden, genießt er bereits dann einen Schutzanspruch, wenn im Fall seiner Rückkehr Verfolgungsmaßnahmen nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden können (sog. herabgestufter Prognosemaßstab, vgl. nur BVerwG, Urt. v. 18.02.1997 - BVerwG 9 C 9.96 -, BVerwGE 104, 97; BVerfG, Beschl. v. 02.07.1980 - 1 BvR 147/80 u. a. -, BVerfGE 54, 341). Ist er dagegen unverfolgt ausgereist, wird ihm Schutz nur dann gewährt, wenn ihm bei der Rückkehr ins Heimatland politische Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.11.1992 - BVerwG 9 C 21.92 -, BVerwGE 91, 150 [154]).

Dies setzt voraus, dass bei qualifizierender Betrachtungsweise die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen (BVerwG, Urt. v. 05.11.1991 - BVerwG 9 C 118.90 -, BVerwGE 89, 162 [169]; Urt. v. 14.12.1993 - BVerwG 9 C 45.92 -, DVBl. 1994, 524 [525]). Entscheidend ist eine wertende Betrachtungsweise, die auch die Schwere des befürchteten Verfolgungseingriffs berücksichtigt. Je gravierender die möglichen Rechtsverletzungen sind, desto weniger kann es dem Betroffenen zugemutet werden, sich der Verfolgungsgefahr auszusetzen. Die für eine Verfolgung sprechenden Umstände müssen nach ihrer Intensität und Häufigkeit von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer, der Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG begehrt, die begründete Furcht ableiten lässt, selbst ein Opfer solcher Verfolgungsmaßnahmen zu werden. Letztlich maßgebend ist der Gesichtspunkt der Zumutbarkeit der Rückkehr (BVerwG, Urt. v. 23.02.1988 - BVerwG 9 C 32.87 -, Buchholz 402.25 [AsylVfG] § 1 Nr. 80; BVerwG, Urt. v. 23.07.1991 - BVerwG 9 C 154.90 -, BVerwGE 88, 367 [377]). Bestimmend hierfür ist eine objektive Beurteilung der Verfolgungsgefahr. Bei der Entscheidung, ob aus der Sicht eines besonnenen und vernünftig denkenden Menschen in der Lage des Asylsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar erscheint, sind die Zahl der Referenzfälle stattgefundener politischer Verfolgung, das Vorhandensein eines feindseligen Klimas und die besondere Schwere des befürchteten Eingriffs in einem gewissen Umfang in die Betrachtung einzubeziehen (BVerwGE 89, 162, m. w. N.).

1. Von diesem generellen und nicht von dem "herabgestuften" Wahrscheinlichkeitsmaßstab ("nicht auszuschließende" Verfolgung) ist auszugehen, weil der Kläger nach Überzeugung des Senats unverfolgt aus Togo ausgereist ist.

Die von ihm im Termin zur Anhörung vor dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge und im Laufe des Klage- und Berufungsverfahrens vorgetragene Verfolgungsgeschichte ist unglaubhaft; denn die geschilderten Umstände seiner dreimaligen Verhaftung, seines zweiwöchigen Gefängnisaufenthalts und seiner Flucht sind in erheblichem Umfang widersprüchlich und gesteigert. So war - im Gegensatz zu seinem Vorbringen im Berufungsverfahren - bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt in keiner Weise die Rede davon, dass er tatsächlich der UFC sein Taxi zu Wahlkampfzwecken zur Verfügung gestellt hatte. Vielmehr behauptete der Kläger, dass er mit den Soldaten gesprochen habe, weil er ja nichts zu befürchten gehabt habe. Dies lässt nur den Schluss zu, dass der Kläger nachträglich seine Verfolgungsgeschichte konstruiert hat, um seinem Asylantrag nach der ablehnenden Entscheidung des Bundesamts und des Verwaltungsgerichts doch noch zum Erfolg zu verhelfen. Im Übrigen dürfte die auffällige Wahlkampfwerbung (mittels Megafon und Spruchband), wenn sie tatsächlich so durchgeführt worden wäre, den togoischen Sicherheitskräften nicht entgangen sein, so dass die Ausreden des Klägers gegenüber der Polizei eigentlich bei realistischer Betrachtungsweise nicht zu seiner Freilassung hätten führen dürfen. Auch die erst im Berufungsverfahren geschilderten Umstände seiner zweiten Festnahme durch die Polizei am 28.11.1998 sind gesteigert, da von einem Überholmanöver des Präfekten im Rahmen der Anhörung vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung nicht die Rede war. Gegen die Glaubwürdigkeit des Klägers spricht auch, dass die von ihm geschilderten Fluchtumstände in erheblichem Maße widersprüchlich sind; denn der Kläger behauptete in seiner Anhörung vor dem Bundesamt, man habe eine Verlegung vorgetäuscht, um seine Flucht zu ermöglichen. Erstmals im Berufungsverfahren ließ der Kläger vortragen, dass ihm der Arzt eine verschlossene Tür, vor der keine Wachen gestanden hätten, geöffnet habe und er sich durch diese Tür nach draußen begeben habe. In der mündlichen Verhandlung am 19.09.2003 trug der Kläger schließlich vor, er sei im Krankenhaus durch ein Fenster gesprungen. Erst auf Nachfrage seines Prozessbevollmächtigten korrigierte er seinen Vortrag dahingehend, dass ihm die Flucht durch die Tür gelungen sei. Allerdings behauptete er wiederum abweichend von seinem bisherigen Vortrag, nicht der Arzt, sondern er selbst habe die Tür von innen geöffnet, die nicht nach draußen, sondern in ein anderes Zimmer geführt habe. Diese unterschiedlichen Angaben des Klägers zu seiner Inhaftierung und Flucht aus Togo belegen zur Überzeugung des Senats, dass er seine Verfolgungsgeschichte nicht tatsächlich erlebt, sondern sein Asylschicksal in wesentlichen Punkten konstruiert hat.

Die angeblichen Vorfälle in Togo scheiden damit sowohl als Hinweis auf eine bereits erlittene, wie auch als Anlass für eine künftige politische Verfolgung aus, so dass für die Prognose, ob dem Kläger aufgrund einer möglicherweise vermuteten oppositionellen Haltung zum herrschenden Regime bei der Rückkehr nach Togo Verfolgung droht, der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit anzulegen ist.

2. Dem nicht vorverfolgt ausgereisten Kläger droht im Falle seiner Rückkehr nach Togo (2.1.) keine Verfolgung mit der einen Schutzanspruch auslösenden beachtlichen Wahrscheinlichkeit, und zwar weder wegen seiner Asylantragstellung (2.2.) noch seiner exilpolitischen Betätigung in Deutschland (2.3.).

Der Senat hat mit Urteil vom 16. Januar 2003 - A 2 S 412/98 - unter Aufrechterhaltung seiner bisherigen Rechtsprechung festgestellt, dass Menschenrechtsverletzungen und politische Verfolgung von Gegnern des togoischen Staatspräsidenten nicht von vornherein in jedem Fall ausgeschlossen sind, dass aber die einen Schutzanspruch auslösende beachtliche Wahrscheinlichkeit einer solchen Verfolgung nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Umstände im Einzelfall gegeben ist. Der Senat schätzt die politische Situation in Togo dabei wie folgt ein: "Die Republik Togo bietet nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht die Gewähr für eine lückenlose Achtung der Menschenrechte. Der derzeitige Staatspräsident General Gnassingbé Eyadéma gelangte am 13.01.1967 durch einen Militärputsch an die Macht. Seither steht Togo unter seiner faktischen Alleinherrschaft. Diese hatte bis 1991 offen diktatorische Züge; es existierte nur eine Partei, die Einheitspartei RPT (Rassemblement du Peuple Togolais). Demokratische Strukturen gab es bis dahin nicht. Eine politische Opposition war verboten und wurde verfolgt. Zahlreiche politische Gegner wurden während dieser Zeit inhaftiert und gefoltert. Erst im Oktober 1990 begann, ausgelöst von Studentenprotesten, ein Demokratisierungsprozess, der eine grundlegende Änderung der verfassungsmäßigen Ordnung in Togo einleitete. Eine Verfassung, die die Grundlagen für die Errichtung eines der Demokratie und den Menschenrechten verpflichteten Rechtsstaats schuf, trat am 14.10.1992 in Kraft (Auswärtiges Amt [AA], Lagebericht vom 02.10.2002).

Charakteristisch für Togo ist allerdings immer noch die große Diskrepanz zwischen den formellen Rechten und ihrer Beachtung im Alltag. Das gilt insbesondere für die Menschenrechtslage. So gibt es zwar eine Reihe von Oppositionsparteien; der Staatspräsident beschneidet aber deren Einflussmöglichkeiten vor allem mit Hilfe von Armee und Sicherheitskräften. Diesbezüglich kann zunächst auf die Ausführungen im grundlegenden Urteil des Senats vom 27. November 1997 (Az: A 2 S 14/97) verwiesen werden, das die wesentlichen Entwicklungen des Demokratisierungsprozesses vor den Präsidentschaftswahlen im Jahre 1998 berücksichtigt.

Trotz internationaler Proteste hat sich das in Togo herrschende Klima subtiler politischer Einschüchterung verbunden mit schwersten Menschenrechtsverletzungen auch nach den Präsidentschaftswahlen vom 21.06.1998 nicht geändert. Schon im Vorfeld der Wahl kam es zu vereinzelten Übergriffen der Sicherheitskräfte gegen Oppositionelle und die europäischen Wahlbeobachter. Als sich bei Auszählung der Stimmen ein Sieg des Kandidaten der UFC (Union des Forces du Changement), Gilchrist Olympio, abzeichnete, wurde die weitere Auszählung unterbrochen und eine angebliche absolute Mehrheit des bisherigen Amtsinhabers Eyadéma verkündet. Die Wahl wird allgemein und insbesondere von der Europäischen Union als manipuliert und undemokratisch angesehen (vgl. AA, Lagebericht vom 10.02.1999; UNHCR, Auskunft vom 10.12.1998 an VG Oldenburg). Nach den bekannten Unruhen im Anschluss an die Präsidentschaftswahl hat es noch weitere Zwischenfälle gegeben, die die nach wie vor prekäre Sicherheitslage für Oppositionelle in Togo kennzeichnen. Am 16.08.1998 kam es an verschiedenen Orten in Togo zu mehreren bewaffneten Zwischenfällen. Während die Regierung behauptete, togoische Exilanten seien mit Waffengewalt von Ghana aus nach Togo eingedrungen, erklärten alle Oppositionsparteien übereinstimmend, mit den Zwischenfällen nichts zu tun zu haben. Am selben Tag wurden die Parteizentrale sowie Häuser von führenden Mitgliedern der UFC und Parteibüros der PDR zerstört (Institut für Afrika-Kunde [IfA], Auskunft vom 16.12.1998 an OVG RP; AA, Lagebericht vom 10.02.1999; UNHCR, Auskunft vom 10.12.1998 an VG Oldenburg). Im September 1998 wurde das Haus eines Abgeordneten der CAR (Comité d'Action pour le Renouveau) beschossen und das CAR-Mitglied Koffi Matthieu Kegbe verstümmelt und getötet (IfA, a.a.O.; UNHCR, a.a.O.). Die Oppositionsparteien berichten seither über zunehmend politische Verfolgung ihrer aktiven Mitglieder in vielen Landesteilen (AA, Lagebericht vom 10.02.1999). Auch die europäischen Wahlbeobachter waren Drohungen und Einschüchterungsversuchen ausgesetzt. Die von den Vereinten Nationen und der Organisation für Afrikanische Einheit eingesetzte Untersuchungskommission zur Überprüfung der von amnesty international (ai) erhobenen Vorwürfe kam in ihrem im Februar 2001 veröffentlichten Bericht zu dem Ergebnis, dass im Jahr 1998 systematisch Menschenrechtsverletzungen begangen worden sind (AA, Lagebericht vom 02.10.2002).

Auch der im Juli 1999 mit großen Hoffnungen begonnene innertogoische Dialog zwischen Vertretern der Regierung und der Oppositionsparteien, unter Beteiligung von vier ausländischen Mittlern, brachte keine wesentlichen Fortschritte im Demokratisierungsprozess. In einem von Regierung und Opposition am 29.07.1999 unterzeichneten Rahmenabkommen (Accord-Cadre) war insbesondere die Ausarbeitung eines neuen Wahlgesetzes und die Einsetzung einer paritätisch besetzten "Unabhängigen Nationalen Wahlkommission" (CENI) vereinbart worden, die nicht nur die Wahlen beaufsichtigen, sondern auch organisieren sollte. Das in langwierigen Verhandlungen ausgehandelte und von der Nationalversammlung verabschiedete neue Wahlgesetz wurde am 08.02.2002 von der Nationalversammlung jedoch in wesentlichen Punkten einseitig geändert, mit der Folge, dass die Oppositionsparteien eine Teilnahme an Parlamentswahlen unter diesen Bedingungen überwiegend ablehnten (AA, Lagebericht vom 02.10.2002).

Bis zum heutigen Tage ist Togo ein Staat, der von Gewalt, Willkür, Unberechenbarkeit und Schikane vor allem gegenüber den oppositionellen Kräften im Lande geprägt ist: Am 24.02.2001 wurde eine Demonstration der Partei CAR, die zuvor vom Innenminister verboten worden war, unter Einsatz von Schlagstöcken und Tränengas aufgelöst. Studentendemonstrationen wurden am 11.04., 03.05. und 02.06.2001 von Sicherheitskräften aufgelöst. Am 04.05.2001 wurde eine Versammlung der Oppositionspartei CAR (Comité d'Action pour le Renouveau) in Niamtougou (Nordtogo) von mit Steinen und Knüppeln bewaffneten RPT-Anhängern verhindert und das Versammlungslokal demoliert. Am 11.08. und 18.08.2001 wurden Demonstrationen für die Freilassung von Rechtsanwalt Agboyibo, der am 03.08.2001 von einem der RPT angehörenden Einzelrichter der Diffamierung des damaligen Premierministers Kodjo für schuldig befunden und zu sechs Monaten Gefängnisstrafe ohne Bewährung verurteilt worden war, von Sicherheitskräften unter Einsatz von Tränengas aufgelöst. Am 06.09.2001 wurden Vertreter der Oppositionspartei CPP (Convergence Patriotique Panafricaine) in Tchitchao von RPT-Anhängern mit Eisenstangen angegriffen und z. T. schwer verletzt, als sie versuchten, ein lokales CPP-Büro einzurichten (AA, Lagebericht vom 02.10.2002). Zwar ordnete der togoische Präsident Eyadéma im März 2002 die Haftentlassung des prominenten Oppositionsführers Yaovi Agboyibo an (Frankfurter Rundschau vom 16.03.2002); die großen Oppositionsparteien Togos boykottierten aber dennoch die Abstimmung bei den Parlamentswahlen vom 27.10.2002 und kritisierten deren mangelnde Transparenz. Bei der Parlamentswahl in Togo hatte die Regierungspartei einen eindeutigen Sieg davongetragen. Die RPT gewann bei der Abstimmung nach offiziellen Angaben 72 der 81 Parlamentssitze; vier kleinere Oppositionsparteien und ein unabhängiger Abgeordneter teilen sich die neun übrigen Mandate (Frankfurter Rundschau vom 31.10.2002).

2.2. Unter Berücksichtigung dieser politischen Verhältnisse begründen dennoch allein die Stellung eines Asylantrages in der Bundesrepublik Deutschland und der langjährige Auslandsaufenthalt keine beachtliche Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung des Klägers im Falle seiner Rückkehr nach Togo.

In seinem Urteil vom 16. Januar 2003 - A 2 S 412/98 - hat der Senat zur Rückkehrgefährdung togoischer Asylbewerber aufgrund der Asylantragstellung grundsätzlich ausgeführt:

"Auch in seinem neuesten Lagebericht vom 02.10.2002 stellt das Auswärtige Amt hinsichtlich der Behandlung von Rückkehrern nach Togo fest, dass nach den Erfahrungen aus der jüngeren Vergangenheit die togoischen Behörden um korrekte Behandlung der Rückkehrer bemüht seien, um weder den deutschen Behörden noch den togoischen Exilorganisationen Anlass zur Kritik zu geben. Das bei der Einreise auf dem Flughafengelände durchgeführte Personenfeststellungsverfahren diene vorrangig der Klärung der Staatsangehörigkeit. Auch nach dem Deutschlandbesuch von Staatspräsident Eyadéma im Oktober 2000, bei dem es zu Protestdemonstrationen gekommen war, sei keine Änderung der Behandlung von Rückkehrern festgestellt worden. Es sei aber nicht auszuschließen, dass Grenzkontroll- oder andere Beamte Rückkehrer in Einzelfällen unkorrekt behandeln würden. Gegenüber dem Auswärtigen Amt sei in mehreren Fällen vorgetragen worden, verschiedene aus Deutschland rückgeführte togoische Staatsangehörige seien nach ihrer Rückkehr Opfer staatlicher Repressionen geworden. Allen konkret vorgetragenen Behauptungen dieser Art sei das Auswärtige Amt nachgegangen. In keinem Fall hätten sich solche Behauptungen bei der Nachprüfung bestätigt. Eine Asylantragstellung allein löse nach den dem Auswärtigen Amt vorliegenden Erkenntnismitteln keine Repressionen aus.

Demgegenüber halten sowohl das Institut für Afrikakunde als auch amnesty international auch heute noch an ihrer Einschätzung fest, allein die Stellung eines Asylantrags und der längere Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland begründeten für einen Togoer die Gefahr staatlicher Repressionsmaßnahmen im Falle der Rückkehr nach Togo. Begründet wird das mit ihnen bekannt gewordenen und in den Auskünften namentlich aufgeführten Fällen von Misshandlungen von in den Jahren nach 1995 aus der Bundesrepublik Deutschland abgeschobenen Togoern im Anschluss an deren Rückkehr nach Togo (siehe ai, "Stellungnahme zu Menschenrechtsverletzungen an togoischen Staatsangehörigen, die im Jahre 1998 aus Deutschland nach Togo abgeschoben wurden" vom 19.01.1999, "Togo - Staatlicher Terror" vom 05.05.1999, Auskunft vom 12.07.2000 an VG Hamburg, sowie IfA, Auskunft vom 17.01.2000 an VG Oldenburg).

Allerdings ließen sich die von amnesty international in ihren Berichten genannten Fälle von aus Deutschland und der Schweiz abgeschobenen Asylbewerbern nicht verifizieren. Offenbar hat auch amnesty international insoweit keine näheren Informationen; denn die übrigen in den Berichten erwähnten Fälle werden im Gegensatz dazu sehr detailliert dargestellt. Auch der Fall des im Januar 1998 abgeschobenen und angeblich festgenommenen ehemaligen Gewerkschafters O.-A. Djeri lässt sich nicht bestätigen. Das Auswärtige Amt hat diesen Fall überprüft, wobei die Angaben des Betroffenen widersprüchlich waren (Lageberichte vom 25.4.2001 und vom 23.11.2001). Den Vorwurf mangelnder Sorgfalt bei den Ermittlungen, den amnesty international in dem Bericht vom 05.05.1999 gegen das Auswärtige Amt erhebt, hält der Senat angesichts unterschiedlicher Angaben Djeris, dessen Rechtsanwalt bei den Befragungen anwesend war, für unberechtigt. Auch aus den sonstigen vom Verwaltungsgericht herangezogenen Quellen - einschließlich der Stellungnahmen des UNHCR, der UN/OAU-Untersuchungskommission und des Instituts für Afrika-Kunde - lässt sich kein konkreter Fall von politischer Verfolgung eines aus Europa abgeschobenen togoischen Asylbewerbers verifizieren (so auch VGH BW, Urt. v. 22.11.2000 - A 13 S 1205/97 -).

Der Senat folgt daher der Einschätzung des Auswärtigen Amtes, dass die Asylantragstellung und Abschiebung allein nicht bereits mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungsmaßnahmen gegenüber dem betroffenen togoischen Staatsangehörigen durch togoische Sicherheitskräfte nach sich ziehen; denn die Berichterstattung des Auswärtigen Amtes beruht auf einer verlässlichen und umfangreichen Informationsbasis, die die Deutsche Botschaft in Lomé im Rahmen ihrer Kontakte und Recherchen erlangt hat. Es werden dabei sämtliche vor Ort zur Verfügung stehenden Quellen ausgewertet. Dies gilt insbesondere für Erkenntnisse lokaler Menschenrechtsgruppen und vor Ort vertretener Nichtregierungsorganisationen. Weitere Informationsquellen sind Oppositionskreise, Rechtsanwälte, Botschaften westlicher Partnerstaaten, internationale Organisationen, wie z. B. UNHCR oder IKRK, Regierungskreise sowie abgeschobene Personen. Darüber hinaus tauscht das Auswärtige Amt regelmäßig mit Vertretern von Nicht-Regierungs-Organisationen und dem UNHCR Informationen über die Lage aus (AA, Lagebericht vom 02.10.2002). Allein die kurzfristige Ingewahrsamnahme am Flughafen im Rahmen eines Personenfeststellungsverfahrens stellt schon von der Intensität dieser Maßnahme her keine politische Verfolgung im Sinne des § 51 Abs. 1 AuslG dar."

Der Senat hält an dieser Rechtsprechung fest, da im vorliegenden Fall keine neuen Erkenntnisse vorliegen, die dieses Ergebnis in Frage stellen könnten.

2.3. Dem Kläger droht im Falle seiner Rückkehr nach Togo auch nicht wegen seiner exilpolitischen Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine politische Verfolgung im Sinne des § 51 Abs. 1 AuslG.

Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass einem togoischen Staatsangehörigen wegen seiner bloßen Mitgliedschaft in einer togoischen Oppositionspartei oder einer Exilorganisation sowie einer damit verbundenen "nicht exponierten" Parteiarbeit nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine politische Verfolgung bei seiner Rückkehr nach Togo droht. Vielmehr ist stets nach den Umständen des Einzelfalls über die Gefahr der politischen Verfolgung bei einer Rückkehr zu entscheiden. Dabei kann nicht schematisch auf eine "aktive" oder "nicht aktive" Betätigung für derartige Organisationen abgestellt werden. Vielmehr muss angesichts der komplexen Situation eine umfassende Würdigung und Gesamtschau vorgenommen werden. Dabei sind die Asylantragstellung und die Dauer des Auslandsaufenthaltes nur einige der Risikofaktoren; zu bewerten sind ferner der Umfang und die Exponiertheit der exilpolitischen oder oppositionellen Betätigung, die Bedeutung sowie der Bekanntheitsgrad der Exilorganisation, eine eventuelle Medienberichterstattung in der Bundesrepublik Deutschland und der Grad der Wahrscheinlichkeit, dass die Betätigung von dem Regime in Togo wahrgenommen wird. Der Senat führt dazu in seinem Urteil vom 16. Januar 2003 - A 2 S 412/98 - folgendes aus:

"Zunächst ist zwar grundsätzlich davon auszugehen, dass die togoische Regierung die exilpolitische Szene in der Bundesrepublik Deutschland durch ihre Botschaft aufmerksam beobachtet. Die aus der Sicht der togoischen Regierung wegen der Einstellung der Entwicklungshilfe gespannten deutsch-togoischen Beziehungen werden zum Teil auch dem Wirken dieser Organisationen in Deutschland angelastet (UNHCR vom 19.06.1998 an VG Weimar). Das Regime nutzt insoweit auch eigene Informanten; allerdings ist das Regime technisch nicht in der Lage, die exilpolitischen Tätigkeiten der mehr als 11.000 Togoer, die sich in Deutschland aufhalten, wirklich systematisch zu erfassen (AA, Lagebericht vom 15.11.2000). Nach den vorliegenden Erkenntnisquellen kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass die in Deutschland tätigen togoischen exilpolitischen Organisationen von dem Regime nahe stehenden Kreisen infiltriert sind (AA, Auskunft vom 17.02.1998 an das VG Hamburg; UNHCR vom 19.06.1998 an das VG Weimar; ai vom 11.10.1999 an das VG Hamburg). Der UNHCR weist in seiner Stellungnahme vom 28.07.2000 an das VG Oldenburg darauf hin, dass durch den Zuzug einer Reihe besonders profilierter togoischer Oppositioneller in die Bundesrepublik Deutschland seit 1998 das Interesse der togoischen Regierung an den exilpolitischen Aktivitäten in der Bundesrepublik noch gewachsen sein dürfte.

Die bloße Mitgliedschaft in einer togoischen Exilorganisation zieht aber dennoch nach wie vor nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungsmaßnahmen in Togo nach sich. Dies ist zunächst aus dem Umstand zu schließen, dass nahezu jeder togoische Asylbewerber, wie dem Senat aus den bisherigen anhängigen Verfahren togoischer Staatsangehöriger bekannt ist, einer, häufig sogar mehreren Exilorganisationen angehört. Damit bilden diese Asylbewerber einen hohen Anteil der Rückkehrer nach Togo. Aus den vorstehenden Ausführungen zu 2.2. ergibt sich aber, dass nach dem erfolglosen Abschluss ihres Asylverfahrens zurückkehrende Togoer obwohl sie in aller Regel einer exilpolitischen Organisation angehört haben, bisher keinen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt waren.

Dass die bloße Mitgliedschaft in einer exilpolitischen Organisation nicht die Gefahr einer politischen Verfolgung begründet, kann ferner aus dem Vergleich mit der Gefährdungslage, der ein Togoer bei einem entsprechenden politischen Engagement in Togo ausgesetzt ist, abgeleitet werden. Allerdings wird die Verfolgungsgefahr für einen zurückkehrenden Togoer schon dadurch herabgesetzt, dass die Exilorganisationen im europäischen Ausland trotz der möglichen Beeinflussung der öffentlichen Meinung in den westlichen Aufnahmeländern zu Ungunsten des Eyadéma-Regimes als Bedrohungsfaktor für den Herrschaftsanspruch des Regimes nur eine untergeordnete Rolle spielen können. Die Verfolgungsgefahr wird noch weiter dadurch gemindert, dass auch den interessierten togoischen Stellen bekannt sein dürfte, dass häufig ohne ernsthafte politische Ambitionen in Exilorganisationen mitgearbeitet wird, allein um die Chancen im Asylverfahren zu verbessern. Hinsichtlich der Reaktion des togoischen Regimes auf eine oppositionelle politische Betätigung in Togo führt das Auswärtige Amt in seinem Lagebericht vom 02.10.2002 unverändert aus, dass Personen unbehelligt blieben, die lediglich Mitglied in einer Oppositionspartei (oder auch Verwandte eines Oppositionsmitglieds) waren. Hinsichtlich der Gefährdung von bloßen Mitgliedern von oppositionellen Parteien in Togo ist ferner zu berücksichtigen, dass in Togo seit Juni 1991 wieder eine große Zahl von Oppositionsparteien zugelassen ist und diese auch politisch tätig sind. Wie oben dargelegt, ist die innenpolitische Lage, verglichen mit der Situation im Anschluss an die manipulierten Präsidentschaftswahlen vom Juni 1998, infolge des politischen Dialogs des Präsidenten und der Regierungspartei RPT mit den Führern der Opposition, darunter Gilchrist Olympio, durch eine gewisse Entspannung gekennzeichnet. Eine generelle, gewissermaßen "automatisch" an die Mitgliedschaft in einer togoischen Oppositionspartei oder an die Verwandtschaft mit einem Mitglied einer Oppositionspartei anknüpfende Verfolgung findet daher in Togo nach wie vor nicht statt (AA, Lagebericht vom 02.10.2002). Anderenfalls hätte angesichts der großen Zahl von Oppositionsparteien und ihrer Mitglieder eine Massenverfolgung in Togo einsetzen müssen, für die es in den dem Senat vorliegenden Erkenntnisquellen keine Anhaltspunkte gibt.

Führt allein die Mitgliedschaft in einer Oppositionspartei in Togo nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu Verfolgungsmaßnahmen, so kann für die bloße Mitgliedschaft in einer oppositionellen Exilorganisation, deren politische Ziele mit denen der in Togo zugelassenen Parteien identisch sind oder die gar vorwiegend den kulturellen, gesellschaftlichen oder sonstigen Interessen ihrer Mitglieder dienen, nichts anderes gelten; denn, wie oben dargelegt, stellen die exilpolitischen Organisationen für das herrschende Regime eine geringere Gefahr dar als die in Togo tätige politische Opposition. Begründet danach die Zugehörigkeit zu einer exilpolitischen Organisation als solche nicht die Gefahr einer politischen Verfolgung, so gilt dies auch für Tätigkeiten, die mit dieser Mitgliedschaft gewissermaßen im Rahmen der "gewöhnlichen Parteiarbeit" ohne weiteres verbunden sind, wie z. B. die bloße Teilnahme an Versammlungen und Parteiveranstaltungen sowie die Weitergabe von Informationen innerhalb der Organisation (ebenso BayVGH, Urt. v. 25.06.1996 - 25 BA 96.31447 - und OVG NW, Urt. v. 26.08.1996 - 23 A 286/85A. -).

Nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen begründet auch das Innehaben einer nominell herausgehobenen Stellung in einer exilpolitischen Organisation in der Bundesrepublik Deutschland nicht die beachtliche Wahrscheinlichkeit von Verfolgungsmaßnahmen im Falle der Rückkehr nach Togo; denn zunächst ist auf die inhaltlich unveränderte Darstellung des Auswärtigen Amtes (Lagebericht vom 02.10.2002) zu verweisen, wonach es für die Verfolgungsmaßnahmen in Togo nicht auf den Rang innerhalb einer Organisation, sondern in erster Linie auf den Grad der politischen Aktivität ankommt. Dies muss aus den oben ausgeführten Gründen - erst recht - für nominell hochrangige Funktionen in exilpolitischen Organisationen gelten. Ferner ist zu berücksichtigen, dass - wie sich aus den vorliegenden Erkenntnismitteln entnehmen lässt (Bundesverwaltungsamt vom 26.10.1999 an das OVG SH) -, bei den togoischen Exilorganisationen die Zahl der Funktionärsstellen in Relation zur Mitgliederzahl hoch ist und diese Stellen einer häufigen Rotation unterworfen sind. Wenn aber der ganz überwiegende Teil der togoischen Asylbewerber, die nach dem Abschluss des Asylverfahrens aus der Bundesrepublik Deutschland abgeschoben werden, nicht nur einer exilpolitischen Organisation angehört, sondern - vorübergehend - eine zumindest der Bezeichnung nach bedeutsame Funktion wahrgenommen haben, es aber an Referenzfällen für eine politische Verfolgung von zurückkehrenden Asylbewerbern fehlt, so ist daraus zu schließen, dass allein das Innehaben einer Funktionsstellung innerhalb der Organisation von den togoischen Behörden nicht zum Anlass für Verfolgungsmaßnahmen genommen wird.

Der Vergleich mit den Folgen eines politischen Engagements in Togo, wie sie sich den in das Verfahren eingeführten Erkenntnismitteln entnehmen lassen, zeigt auch auf, unter welchen Voraussetzungen eine exilpolitische Betätigung die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung für den Fall der Rückkehr nach Togo zu begründen vermag. Wegen einer politischen Tätigkeit in Togo sind in erster Linie solche Personen gefährdet, deren politisches Engagement vom Staatspräsidenten und den ihn stützenden Kreisen als konkrete Gefährdung des Herrschaftsanspruchs des Regimes eingeschätzt wird. Dies gilt nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 02.10.2002 für politisch aktive Mitglieder der Opposition und aus politischen Gründen desertierte Angehörige der Sicherheitskräfte. Bei den verfolgten aktiven Mitgliedern der Opposition kommt es, wie bereits dargelegt, nicht auf den Rang in der Organisation, sondern in erster Linie auf den Grad der politischen Aktivität an. Für den Bereich der exilpolitischen Betätigung ist hieraus zu schließen, dass togoische Staatsangehörige grundsätzlich nur in besonderen Konstellationen, bei denen die politischen Aktivitäten über die Mitgliedschaft in einer exilpolitischen Organisation hinausgehen, d. h. sie wegen des Grads ihrer politischen Aktivität besonders hervorgetreten sind und sie aufgrund dieser politischen Tätigkeit aus Sicht des Regimes eine ernstzunehmende Bedrohung für den Machtanspruch des Regimes darstellen, die Gefahr einer politischen Verfolgung im Falle der Rückkehr nach Togo angenommen werden kann.

Dass für aus dem Ausland zurückkehrende Togoer grundsätzlich nur dann die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung wegen ihrer exilpolitischen Tätigkeit besteht, wenn sie aufgrund besonderer Umstände eine konkrete Gefahr für die Herrschaft des Präsidenten und der ihn stützenden Kreise darstellen, ergibt sich auch aus der politischen und wirtschaftlichen Lage, in der sich der Präsident und sein Regime seit Jahren befinden. Alles beherrschender Grundsatz der Politik des Regimes ist die Aufrechterhaltung der eigenen Herrschaft über Togo. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass der Machtanspruch unter allen Umständen durchgesetzt wird, selbst wenn hierdurch die Beziehungen zu den USA und zu den Staaten der Europäischen Union mit der Folge belastet werden, dass finanzielle Hilfen der potentiellen Geberländer weiterhin ausgeschlossen bleiben. Dies zeigt sich z. B. am Ausgang der Präsidentschaftswahlen vom Juni 1998; denn als sich bei der Auszählung der Stimmen ein Sieg des Kandidaten der Opposition (Olympio Gilchrist) abzeichnete, wurde die laufende Auszählung der Stimmen trotz der Anwesenheit von europäischen Wahlbeobachtern, die massiven Drohungen und Einschüchterungsversuchen ausgesetzt waren, abgebrochen. Die Vorsitzende der Wahlkommission, Frau Awa Nana, wurde zum Rücktritt gezwungen, so dass schließlich Eyadéma vom Innenminister zum Sieger der Wahlen erklärt werden konnte (UNHCR vom 10.12.1998 an das VG Oldenburg). Das vom Regime dominierte Verfassungsgericht bestätigte die Gültigkeit der Wahl, die von den Staaten der Europäischen Union einhellig als manipuliert bewertet wird (AA, Lagebericht vom 15.11.2000). Die offenkundige Verfälschung der Präsidentschaftswahlen und die gravierenden Menschenrechtsverletzungen durch togoische Sicherheitskräfte anlässlich der Niederwerfung des politischen Protestes gegen die Wahlmanipulationen im Sommer 1998 waren entsprechend der Ankündigung, die Wahlen als Test für die Beachtung der demokratischen Grundsätze anzusehen, Anlass für die Staaten der Europäischen Union - mit Ausnahme Frankreichs -, die seit Februar 1993 suspendierte Entwicklungshilfe nicht wieder aufzunehmen (IfA vom 16.12.1998 an das OVG RP und UNHCR vom 10.12.1998 an das VG Oldenburg).

Die Aufrechterhaltung des Herrschaftsanspruchs des Regimes ist aber durch die wirtschaftliche Situation des Landes gefährdet. Die wirtschaftliche Lage Togos hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich verschlechtert. Das Pro-Kopf-Einkommen hat sich von 430 US-$ (1990) auf 320 US-$ (1999) verringert. Nach Schätzungen der Weltbank lebten 1999 43 % der Togoer unterhalb der Armutsgrenze; 1990 betrug dieser Anteil nur 32 % (AA, Lagebericht vom 15.11.2000). Die desolate wirtschaftliche Lage kann den Herrschaftsanspruch des Regimes insbesondere dann gefährden, wenn sich das Regime nicht mehr auf die Sicherheitskräfte - Verwaltung, Polizei und Armee - verlassen kann. Dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 15.11.2000 ist zu entnehmen, dass das Regime nicht mehr in der Lage ist, die Gehälter an Angestellte im öffentlichen Dienst, an einfache Beamte und an Pensionäre pünktlich auszuzahlen; die Gehaltszahlungen erfolgen vielmehr mit monatelangen Rückständen. Das Militär ist hiervon - noch - nicht betroffen. Zur Verbesserung der desolaten wirtschaftlichen Lage ist das Land dringend auf wirtschaftliche Hilfe, insbesondere auf die Wiederaufnahme der seit Februar 1993 suspendierten Entwicklungshilfe, durch die hierzu allein fähigen westlichen Staaten angewiesen. Um aber die Chancen auf die Wiederaufnahme der Entwicklungshilfe nicht zu gefährden, muss das Regime seinerseits auf die politischen Interessen der potentiellen westlichen Geberländer besondere Rücksicht nehmen. Das Regime muss der Forderung der USA und der Staaten der Europäischen Union nach Einhaltung der demokratischen Grundprinzipien und der Achtung der Menschenrechte entsprechen, soweit dies sein Machtanspruch zulässt. Da die westlichen Länder ihrerseits auch ein erhebliches Interesse an der Rückführung von solchen togoischen Staatsangehörigen haben, die ein Asylverfahren erfolglos durchlaufen haben, muss das Regime im Interesse der Verbesserung der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu den westlichen Geberländern von der politischen Verfolgung von eigenen Staatsangehörigen absehen, die nach der Durchführung eines Asylverfahrens nach Togo zurückkehren. Diese Rücksichtnahme auf die Interessen derjenigen Staaten, auf deren Hilfestellung das Regime letztendlich auch zur Aufrechterhaltung seiner Herrschaft angewiesen ist, wird nur dann zurückgestellt, wenn der Betreffende aufgrund einer besonderen Konstellation eine konkrete Gefährdung des eigenen Herrschaftsanspruchs darstellt. Dies ist z. B. bei einem aus politischen Gründen desertierten Soldaten gegeben, weil dieser dem Bereich des wichtigsten Herrschafts- und Unterdrückungsinstruments des Regimes zuzurechnen ist. Die Rücksichtnahme auf die politischen Interessen der potentiellen westlichen Geberländer zeigt sich z. B. am Verfahren der Personenkontrolle am Flughafen. Das Auswärtige Amt weist in den Lageberichten seit Jahren unverändert darauf hin (vgl. zuletzt Lagebericht vom 02.10.2002), die togoischen Behörden seien um eine korrekte Behandlung der Rückkehrer bemüht, um weder den deutschen Behörden noch den togoischen Exilorganisationen Anlass zur Kritik zu geben. Auch der oben dargestellte politische Dialog des Regimes mit der gemäßigten Opposition (zuletzt im Mai 2002 in Paris), der zwar bis zum heutigen Tage keine wesentlichen Fortschritte im Demokratisierungsprozess Togos brachte, ist eine Reaktion des Regimes auf die ständigen Forderungen der Staaten der Europäischen Union nach einer tatsächlichen demokratischen Entwicklung in Togo, die insbesondere nach den Repressionsmaßnahmen gegen die Opposition im Anschluss an die zu Gunsten Eyadémas manipulierten Präsidentschaftswahlen vom Juni 1998 erhoben worden waren. Im Oktober 1998 richteten der Ministerrat und die Kommission der Europäischen Union gemeinsam einen schriftlichen Appell an den togoischen Außenminister, in dem die togoische Regierung zur Wiederherstellung rechtsstaatlicher und ziviler Verhältnisse in Togo und zur Darlegung derjenigen Maßnahmen aufgefordert wurde, die sie zur Erreichung dieser Ziele zu ergreifen gedenke. Am 20.11.1998 kam es zu einem ersten Gespräch des Präsidenten Eyadéma mit führenden Vertretern der parlamentarischen und außerparlamentarischen Opposition, in dem Eyadéma auch seine Bereitschaft zu einem Gespräch mit dem prominentesten Oppositionspolitiker, Olympio Gilchrist, erklärte (UNHCR vom 10.12.1998 an das VG Oldenburg). Da sich die Opposition nicht mit ihrer Forderung durchsetzen konnte, die Parlamentswahlen erst nach der Beendigung des politischen Dialogs zwischen dem Präsidenten und der Opposition abzuhalten, boykottierte die Opposition die Parlamentswahlen vom März 1999 (AA, Lagebericht vom 15.11.2000) und vom Oktober 2002 (Frankfurter Rundschau vom 31.10.2002)."

Im Falle des Klägers liegt eine besondere Konstellation, die nach den vorstehenden Ausführungen die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung begründet, nicht vor.

Die Vereinigung C.D.F.C. (Convention Democratique des Forces du Changement) e. V. ist schon keine Exilorganisation einer der Oppositionsparteien Togos, sondern ein Zusammenschluss togoischer Flüchtlinge in der Bundesrepublik Deutschland bzw. Sachsen-Anhalt. Die Mitgliedschaft in diesem Verein kann von den togoischen Behörden nicht wirklich als Gefährdung ihrer Macht im Lande angesehen werden, da die Vereinigung aufgrund ihrer geringen Mitgliederzahl lediglich eine kleine Gruppierung darstellt, deren Wirkungskreis und Bedeutung naturgemäß nur begrenzt sein kann. Hinzu kommt, dass nahezu jeder togoische Asylbewerber, wie dem Senat aus den bisherigen anhängigen Verfahren togoischer Staatsangehöriger bekannt ist, einer, häufig sogar mehreren Exilorganisation(en) angehört. Bisher liegen aber - wie oben bereits ausgeführt - keine Nachweise vor, dass nach erfolglosem Abschluss ihres Asylverfahrens zurückkehrende togoische Staatsangehörige, obwohl sie einer exilpolitischen Organisation angehört hatten, staatlichen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt waren (AA, Lageberichte vom 15.08.2003 und 02.10.2002).

Weiter ist zu berücksichtigen, dass sich sogar die Oppositionsparteien in Togo als solche aktiv betätigen können, wie der Wahlkampf zu den Parlamentswahlen im Herbst 2002 gezeigt hat. Es ist davon auszugehen, dass diese Parteien viele tausend Mitglieder haben, die sich in Togo selbst kritisch mit dem herrschenden Regime auseinander setzen, ohne deswegen systematisch verfolgt oder menschenrechtswidrig behandelt zu werden. Zwar wird von gelegentlichen Übergriffen gegen führende Funktionäre von Oppositionsparteien berichtet (AA, Lageberichte vom 15.08.2003 und 02.10.2002); eine solche Funktion bekleidet der Kläger aber in den o. g. Vereinigungen nicht.

Vor diesem Hintergrund ist auch das Innehaben einer nominell herausgehobenen Stellung in einem Auslands-Verein - wie hier u. U. die Funktion des Klägers als Vizeschatzmeister - dahingehend zu beurteilen, dass eine solche Funktion nicht die beachtliche Wahrscheinlichkeit von Verfolgungsmaßnahmen im Falle der Rückkehr nach Togo begründet; denn für die in Togo zu befürchtenden Repressionen kommt es nicht auf den Rang innerhalb einer Organisation, sondern in erster Linie auf den Grad der politischen Aktivität an (AA, Lageberichte vom 15.08.2003 und 02.10.2002). Dies gilt aus den oben genanten Gründen erst recht für nominell hochrangige Funktionen in exilpolitischen Organisationen. Die politischen Aktivitäten des Klägers zeichnen sich aber weder inhaltlich noch von ihrem Umfang her durch spektakuläre Aktionen aus, die über die Landesgrenzen hinaus bekannt geworden sind. Die regelmäßige Anwesenheit des Klägers bei den Versammlungen der C.D.F.C. und seine Teilnahme an Demonstrationen auch anderer Organisationen, so z. B. am 29.05.1999 in Pinneberg, begründen nicht die beachtliche Wahrscheinlichkeit einer politischen Verfolgung im Falle der Rückkehr nach Togo; denn unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers ist davon auszugehen, dass seine Aktivitäten bei diesen Veranstaltungen über die Anwesenheit als Teilnehmer nicht hinausgegangen sind. Er hat sich mithin auf den Veranstaltungen und Demonstrationen in keiner Weise von den übrigen Teilnehmern unterschieden oder sonst in irgendeiner Weise profiliert.

Die - gemessen an den bisher genannten - einzige spektakuläre Aktion des Klägers, seine Teilnahme am Hungerstreik vom 08.03. bis 21.03.1999 in Halle, begründet weder allein noch im Zusammenhang mit den anderen Aktivitäten eine beachtliche Wahrscheinlichkeit für Verfolgungen bei Rückkehr. Der Hungerstreik dürfte von der togoischen Regierung schon deswegen nicht als Angriff auf den Herrschaftsanspruch des Präsidenten Eyadéma und seinen unmittelbaren persönlichen Bereich angesehen werden, weil der Streik sich in erster Linie gegen die Asylpolitik in der Bundesrepublik Deutschland und speziell gegen die Asylpraxis gegenüber togoischen Asylbewerbern in Sachsen-Anhalt richtete. Dies ergibt sich unzweifelhaft aus dem Schreiben vom 08.03.1999, mit dem der Beginn des Hungerstreiks angekündigt wird, und dem darin enthaltenen Forderungskatalog der Streikenden sowie aus der Pressemitteilung vom 21.03.1999, in der es heißt: (Mit der Unterbrechung des Hungerstreiks) "wollen wir, dass beide Seiten die Möglichkeiten, die erst mit diesem Streik entstanden sind, nutzen, um etwas an der schockierenden Asylpraxis der Togolesen in diesem Gebiet Deutschlands zu ändern". Eine ernsthafte Bedrohung des Machtanspruchs Eyadémas kann in diesem Hungerstreik mithin nicht gesehen werden, zumal die im Zusammenhang mit dem Streik geäußerte Kritik am Regime in Togo hauptsächlich in der Tagespresse Sachsen-Anhalts erwähnt wurde.

Führen mithin weder die Asylantragstellung und der langjährige Auslandsaufenthalt noch die exilpolitischen Aktivitäten des Klägers zu der Annahme, dass er im Falle seiner Rückkehr nach Togo mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politischen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt sein wird, liegen die Voraussetzungen für die Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 51 Abs. 1 AuslG nicht vor.

II. Soweit der Kläger (hilfsweise) die Feststellung begehrt, dass seiner Rückführung nach Togo Abschiebungshindernisse gemäß § 53 AuslG entgegen stehen, hat seine Berufung schon deswegen keinen Erfolg, weil ihm insoweit das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt.

Die positive oder negative Feststellung zielstaatsbezogener Abschiebungshindernisse kann grundsätzlich nur in Ansehung der tatsächlichen Verhältnisse eines konkreten Staates getroffen und gerichtlich überprüft werden. Das ergibt sich für § 53 Abs. 6 AuslG schon daraus, dass die hierfür in § 41 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG angeordnete gesetzliche Rechtsfolge, die dreimonatige Aussetzung der Abschiebung "in den betreffenden Staat", eine eindeutige Angabe des Zielstaates in der Abschiebungsandrohung erfordert (BVerwG, Urt. v. 25.07.2000 - BVerwG 9 C 42.99 -, BVerwGE 111, 343).

Das Bundesamt hatte dem Kläger zwar ursprünglich in seinem ablehnenden Bescheid vom 05.02.1999 die Abschiebung nach Togo angedroht. Indes wurde die Abschiebungsandrohung am 30.04.2003 in Ansehung der dem Kläger erteilten Aufenthaltserlaubnis aufgehoben, so dass der Kläger auf der Grundlage des Ablehnungsbescheids jedenfalls keine Abschiebung nach Togo oder in einen anderen Staat mehr zu befürchten hat. Im Übrigen bestehen auch sonst keine Anhaltspunkte dafür, dass seine Abschiebung nach Togo vollzogen werden kann; denn die ihm erteilte Aufenthaltsbefugnis lässt seine Ausreisepflicht entfallen (§ 42 Abs. 1 AuslG) und berechtigt ihn zum (weiteren) Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Bei dieser Sachlage bedarf der Kläger hinsichtlich der Feststellung von Abschiebungshindernissen keines gerichtlichen Schutzes mehr (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 04.12.2001 - BVerwG 1 C 11.01 -, BVerwGE 115, 267; VGH BW, Urt. v. 20.09.2001 - A 14 S 2130/00 -, InfAuslR 2002, 102).

Der Kläger ist durch die fehlende Feststellung von Abschiebungshindernissen gemäß § 53 AuslG auch nicht schutzlos gegenüber einer möglicherweise späteren Abschiebung; denn entfällt der ihm vorrangig gewährte ausländerrechtliche Schutz aufgrund der ihm erteilten Aufenthaltsbefugnis und besteht kein anderweitiger gleichwertiger Abschiebungsschutz, so kann der Kläger jederzeit beim Bundesamt geltend machen, dass eine neue Sachlage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes i. d. F. d. Bek. v. 23.01.2003 (BGBl I 102) - VwVfG - entstanden und deshalb erneut über seinen Antrag im Wege des Wiederaufgreifens zu entscheiden ist. Im Falle einer etwaigen Ablehnung eines solchen Antrags durch das Bundesamt stünde dem Kläger auch verwaltungsgerichtlicher Schutz zur Seite (VGH BW, Urt. v. 20.09.2001, a. a. O.).

C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2; 161 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG; insbesondere entspricht es hier billigem Ermessen, dem Kläger auch die Kosten für den erledigten Teil aufzuerlegen, weil er durch seine Heirat die Erledigung der Hauptsache herbeigeführt hat.

Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und über die Abwendungsbefugnis ergeben sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11; 711 ZPO.

Der Senat lässt die Revision nicht zu, weil aus Anlass dieses Falls keine weitere Klärung grundsätzlicher Fragen des Bundesrechts oder des Verwaltungsverfahrensrechts zu erwarten ist (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der Senat von keiner Entscheidung im Instanzenzug abweicht (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und Verfahrensfehler nicht ersichtlich sind (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Ende der Entscheidung

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