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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 29.07.2004
Aktenzeichen: 2 L 209/04
Rechtsgebiete: FStrG, DDR-StrVO, LSA-KAG


Vorschriften:

FStrG § 2 IIIa
FStrG § 2 IV
FStrG § 5 II
FStrG § 5 III
FStrG § 6 I 1
DDR-StrVO § 3 II
LSA-KAG § 6 I
1. War eine innergemeindliche Straße nicht als Fernverkehrsstraße dargestellt (§ 3 Abs. 2 DDR-StrVO 1974), dann ist sie nicht durch den Einigungsvertrag zur Bundesstraße geworden.

Auch eine "Aufstufung" nach § 2 Abs. 3a FStrG setzt eine besondere rechtliche Maßnahme voraus.

2. Die rein tatsächliche Benutzung eines gemeindlichen Straßenzugs als Bundesstraße ("faktische Bundesstraße") führt zu keinem Eigentumswechsel und deshalb zu keinem Wechsel der Straßenbaulast.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 2 L 209/04

Datum: 29.07.2004

Gründe:

Der Beschluss beruht auf § 124a Abs. 4-6 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 (BGBl I 686) - VwGO -, in der Fassung des Gesetzes vom 20.12.2001 (BGBl I 3987) - VwGO 02 -, sowie auf § 154 Abs. 2 VwGO <Kosten> und auf § 13 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. d. Bek. v. 15.12.1975 (BGBl I 3047) - GKG -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.03.2003 (BGBl I 345 [349]), <Streitwert>.

1. Die geltend gemachten "ernstlichen Zweifel" an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nicht vor. Sie gibt zu rechtlichen Bedenken keinen Anlass.

Zu Unrecht wendet der Kläger ein, aufgrund der Ausschilderung der J-Straße als Bundessstraße sei davon auszugehen, dass es sich bei dieser Straße um eine klassifizierte Bundesstraße und damit um eine nicht beitragsfähige Anlage handele. Die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen setzt zwar voraus, dass die ausgebaute Verkehrsanlage in der Straßenbaulast der Gemeinde liegt und ihr dem entsprechend ein Aufwand u. a. für die Verbesserung der Anlage entsteht. Bei Ortsdurchfahrten im Zuge von Bundesfernstraßen trifft dies nur in den Fällen des § 5 Abs. 2 bis 3 des Bundesfernstraßengesetzes i. d. F. d. Bek. v. 20.02.2003 (BGBl. I 286) - FStrG - zu. Nach den vom Kläger nicht angegriffenen Angaben der Beklagten ist die J-Straße in den Straßenbüchern des Straßenbauamts aber nicht als Fernverkehrsstraße im Sinne von § 3 Abs. 2 der Straßenverordnung der DDR vom 22.08.1974 (DDR-GBl. I 515) dargestellt, mit der Folge, dass sie nicht gemäß Anlage I Kapitel XI Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 1 Buchstabe a) des Einigungsvertrags die Klassifizierung als Bundesstraße erhalten hat. Auch eine Aufstufung zur Bundesstraße in der Form des § 2 Abs. 6 FStrG, wie sie möglicherweise nach § 2 Abs. 3a FStrG wegen der geänderten Verkehrsbedeutung hätte erfolgen müssen, ist bislang offenbar nicht erfolgt. Die tatsächliche Nutzung und Beschilderung ist für die Eigenschaft einer Straße als klassifizierte Straße indessen unerheblich. Wie der Senat bereits entschieden hat (Beschl. v. 22.06.2004 - 2 L 534/02 -) kann der Wechsel der Straßenbaulast nicht durch die tatsächliche Verwendung einer Straße oder durch ihre Beschilderung erfolgen. Auch wegen der im Abgabenrecht erforderlichen eindeutigen Abgrenzungen verbietet es sich, auf diese tatsächlichen Umstände abzustellen; nach dem Ausbau einer Straße kann die dafür zuständige Behörde die Beitragserhebung durchführen, ohne prüfen zu müssen, wie die Straßenverkehrsbehörde die Straße ausgeschildert hat und aus welchen Gründen etwa die zuständige Straßenbehörde eine Aufstufung der Straße zur Bundesstraße bislang unterlassen hat (vgl. zum Erschließungsbeitragsrecht: BVerwG, Urt. v. 24.11.1978 - BVerwG 4 C 18.76 -, DÖV 1979, 178; Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 6. Aufl., § 13 RdNr. 90).

2. Die Berufung ist auch nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) der Rechtssache zuzulassen; denn für eine "grundsätzliche Bedeutung" ist keine konkrete, aber generalisierbare, aus Anlass dieses Verfahrens zu beantwortende, in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausreichende Rechtsfrage aufgeworfen, die um der Einheitlichkeit der Rechtsprechung willen der Klärung bedarf und noch nicht (hinreichend) geklärt worden ist. Die Frage muss so eindeutig bezeichnet sein, dass bereits im Zulassungsverfahren beurteilt werden kann, ob sie in dem anhängigen Rechtsmittelverfahren klärungsbedürftig und -fähig ist (BVerwG, Beschl. v. 14.02.1984 - BVerwG 1 B 10.84 -, Buchholz 402.24 [AuslG] § 10 Nr. 102 [S. 75]). Die Rechtsfrage muss für eine Vielzahl, jedenfalls Mehrzahl von Verfahren bedeutsam sein; jedoch reicht allein der Umstand nicht aus, dass der Ausgang des Rechtsstreits auch für andere Personen von Interesse sein könnte oder sich vergleichbare Fragen in einer unbestimmten Vielzahl ähnlicher Verfahren stellen (OVG LSA, Beschl. v. 04.04.2003 - 2 L 99/03 -).

Daran fehlt es. Weder mit der Frage, "ob für den Ausbau der J-Straße entsprechend der Straßenausbaubeitragssatzung der Stadt Naumburg und in welchem Umfang Straßenausbaubeiträge erhoben werden dürfen" noch mit der Frage, "ob bei einer faktischen Nutzung der J-Straße als Bundesstraße durch die Gemeinde Straßenausbaubeiträge entsprechend § 6 Abs. 1 S. 1 des Kommunalabgabengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt in Verbindung mit der Straßenausbaubeitragssatzung der Stadt Naumburg Beiträge zu erheben sind", wird eine Rechtsfrage aufgeworfen, der eine über den Einzelfall (Beitragsfähigkeit der Baumaßnahmen in der J-Straße) hinausgehende Bedeutung zukommt. Unabhängig davon ist - wie bereits dargelegt - in der Rechtsprechung des Senats (Beschl. v. 22.06.2004 - 2 L 534/02 -) grundsätzlich geklärt, dass der Wechsel der Straßenbaulast nicht durch die tatsächliche Verwendung einer Straße oder durch ihre Beschilderung erfolgen kann und diese Umstände damit beitragsrechtlich unerheblich sind.

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