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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 17.11.2003
Aktenzeichen: 2 L 235/03
Rechtsgebiete: BlmSchG, 4.BlmSchV, LSA-VwVfG, VwGO


Vorschriften:

BlmSchG § 4 I
BlmSchG § 5 I Nr. 1
BlmSchG § 8
BlmSchG § 10 III 2
BlmSchG § 10 III 3
4.BlmSchV § 1 I 1
4.BlmSchV § 2 I 1 Nr. 1 a
LSA-VwVfG § 17 I
LSA-VwVfG § 17 II 2
VwGO § 94
1.Legt ein Betroffener im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung seine konkrete Belastung nicht hinreichend dar, so ist er im weiteren Verfahren mit Einwänden ausgeschlossen.

2.Klagen Beteiligte gegen die erteilte Genehmigung nach Immissionsschutzrecht und sind sie zugleich Antragsteller eines Normenkontrollverfahrens gegen einen Bebauungsplan über das Gelände, auf dem die Anlage errichtet und betrieben werden soll, so ist das Normenkontrollverfahren für die Entscheidung über das Immissionsschutzverfahren nicht vorgreiflich, wenn die Betroffenen mit Einwendungen ausgeschlossen sind.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 2 L 235/03

Datum: 17.11.2003

Gründe:

A. Der Beschluss beruht auf § 124a Abs. 4-6 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 (BGBl I 686) - VwGO -, in der Fassung des Gesetzes vom 20.12.2001 (BGBl I 3987) - VwGO 02 -, sowie auf §§ 154 Abs. 2; 162 Abs. 3 VwGO <Kosten> und hinsichtlich des Streitwerts auf §§ 13 Abs. 1 Satz 1; 20 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. d. Bek. v. 15.12.1975 (BGBl I 3047) - GKG -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.03.2003 (BGBl I 345 [349]) i. V. m. I Nr. 7, II Nrn. 16.2, 1.2.1 und 1.2.2., wobei der Senat in Bezug auf jeden Beschwerdeführer für die geltend gemachte Eigentumsbeeinträchtigung einerseits und die sonstigen Beeinträchtigungen andererseits jeweils 20.000,00 € in Ansatz gebracht hat. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig, weil sie an diesem Verfahren als notwendige Beigeladene beteiligt ist (§ 65 Abs. 2 VwGO).

I. Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen; denn diese sind nicht hinreichend dargelegt worden (vgl. § 124a Abs. 1 Satz 4 VwGO).

Der Darlegungslast genügt nur, wer den "Grund" benennt, der ausnahmsweise die Zulassung rechtfertigt, und dessen Voraussetzungen "schlüssig" beschreibt. Dazu gehört bei § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, dass belegt wird, es beständen gerade "ernstliche Zweifel an der Richtigkeit" der angefochtenen Entscheidung. Dies verlangt zunächst, dass der Antrag einzelne tatsächliche Feststellungen des Gerichts oder Elemente der rechtlichen Ableitung konkret bezeichnet, die beanstandet werden sollen, sowie zusätzlich, dass aufgezeigt wird, aus welchem Grund die konkrete Passage ernstlichen Zweifeln begegnet. Da § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO außerdem verlangt, dass ernstliche Zweifel an der "Richtigkeit" des Ergebnisses bestehen, muss der Zulassungsantragsteller ferner darlegen, dass das Gericht bei Vermeidung der gerügten Fehler zu einer anderen, für den Rechtsmittelführer positiven Entscheidung gelangt wäre. Daran fehlt es hier.

Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Kläger mit ihren Einwendungen gegen die der Beigeladenen erteilten ersten Teilgenehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zur Herstellung von Reinstmetall vom 17.04.2001 wegen fehlender Geltendmachung im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren auf Dauer ausgeschlossen sind (§ 10 Abs. 3 Satz 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - BImSchG - in der bis zum 26.09.2002 geltenden Fassung).

Nach §§ 4 Abs. 1; 8 BImSchG i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen - 4. BImSchV - i. d. F. d. Bek. v. 14.03.1997 (BGBl I 504), geändert durch Gesetz vom 20.04.1998 (BGBl I 723), bedurfte die in Nr. 4.1 Spalte 1, Buchst. b, des Anhangs zu dieser Verordnung aufgeführte Anlage der Beigeladenen der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung im förmlichen Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung (§ 10 Abs. 3 und 4 BImSchG). Die hierfür erforderliche Auslegung der vollständigen Antragsunterlagen zur Einsichtnahme hat nach den vorgelegten Verfahrensakten in der Zeit vom 28.04.2000 bis 24.05.2000 ordnungsgemäß stattgefunden. Die entsprechenden Bekanntmachungen im Amtsblatt für den Regierungsbezirk Magdeburg vom 17.04.2000 und der Halberstädter Volksstimme vom 17.04.2000 enthielten die in § 10 Abs. 4 BImSchG vorgeschriebenen Hinweise insbesondere zur Möglichkeit einer fristgerechten Erhebung von Einwendungen und zu den nach Fristablauf eintretenden Rechtsfolgen.

1. Die Kläger zu 1., 7. und 9. sind auch nach dem Vorbringen im Zulassungsverfahren keine Einwender im Sinne des § 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG, weil sie nach den vorgelegten Verwaltungsvorgängen keine Einwendungen gegen das Vorhaben in schriftlicher Form erhoben haben; dass sie darüber hinaus versucht hätten, Einwendungen zur Niederschrift der Behörde mündlich vorzutragen, ist nicht ersichtlich und wird auch im Zulassungsverfahren nicht geltend gemacht, so dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts schon aus diesem Grund keinen ernstlichen Zweifeln begegnet.

2. Die Kläger zu 3. und 8. wenden zwar zu Recht ein, sie hätten mit den Klägern zu 2., 4., 5. und 6. die Einwendungsliste am 13.06.2000 beim Beklagten eingereicht; gleichwohl ist die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis nicht ernstlich in Zweifel zu ziehen, da den Sammeleinwendungen der Kläger zu 2. bis 6. und 8. jedenfalls jeder auf die betroffenen Grundstücke bezogene, konkretisierende Inhalt fehlt; insbesondere haben sie in ihrem Einwendungsschreiben vom 05.06.2000 (...) nicht konkret zum Ausdruck gebracht, dass gerade ihre Grundstücke einer spezifischen Gefährdung ausgesetzt sind. Im Vordergrund des Vorbringens stand vielmehr die Befürchtung, dass die geplante Anlage der Förderung von Tourismus und Fremdenverkehr entgegenstehe und die von der Anlage, aber auch dem Zuliefererverkehr ausgehenden Beeinträchtigungen den immissionsschutzrechtlichen Anforderungen insbesondere hinsichtlich der Luftreinhaltung nicht entsprächen. Dabei haben die Kläger in erster Linie Fragen aufgeworfen, ohne sich substanziiert zu den von ihnen befürchteten Auswirkungen des Vorhabens zu äußern. Der unter Nr. 1. des Schreibens enthaltene, nicht weiter erläuterte Hinweis auf die "ungünstige Lage des Bauobjektes (genau in Hauptwindrichtung)", der schon deswegen einen individuellen Bezug vermissen lässt, weil die Kläger in entgegengesetzten Richtungen wohnen (O. bzw. B., Ortsteil H.), und die unter Nr. 5 erwähnten Gesichtspunkte "Abwanderung der Jugend durch gefährdete Wohnregion" und "Restrisiko bei einem Störfall (Tschernobyl)" ließen für den Beklagten als Adressaten der Einwendungen ebenso wenig einen Zusammenhang mit einer bestimmten Rechtsgutbeeinträchtigung der Kläger durch die Anlage erkennen wie der Hinweis der Kläger auf eine Gesundheitsgefährdung ihrer Kinder und Enkel durch Abgase des Zuliefererverkehrs.

Auf eine individuelle Substanziierung kann aber im Einwendungsverfahren nicht verzichtet werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss der Einwender nicht nur erkennen lassen, welches seiner Rechtsgüter er für gefährdet ansieht, sondern dabei auch die Art der befürchteten Beeinträchtigungen darlegen (vgl. zum atomrechtlichen Genehmigungsverfahren: BVerwG, Urt. v. 17.07.1980 - BVerwG 7 C 101.78 -, BVerwGE 60, 297 [311]); denn bei dem - hier allein interessierenden - Drittbetroffenen geht es um das Geltendmachen eines Abwehranspruchs, der aus einer Rechtsposition fließt, die nicht auf einem besonderen privatrechtlichen Titel beruht. Dieser Anspruch ergibt sich beim Drittbetroffenen aus dem drittschützenden Charakter des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG. Dieser Drittschutz leitet sich aus der staatlichen Schutzpflicht für die Grundrechte des Art. 2 Abs. 2 und des Art. 14 GG her, so dass es sich bei der Einwendung eines Drittbetroffenen letztlich um das Geltendmachen eines Genehmigungsabwehranspruchs zum Schutz einer grundrechtlich abgesicherten Rechtsstellung handelt (BVerwGE 60, 297 [301]). Auch wenn dabei keine allzu hohen Anforderungen zu stellen sind und insbesondere nicht verlangt werden kann, dass die für die Gefährdung sprechenden Gründe dargelegt werden (BayVGH, Urt. v. 31.01.2000 - 22 A 99.40009 -, NVwZ-RR 2000, 661 [662 m. w. N.]), muss die Einwendung jedenfalls erkennen lassen, in welcher Hinsicht Bedenken gegen das in Aussicht genommene Vorhaben - aus der Sicht des Einwendenden - bestehen (BVerwG, Beschl. v. 12.02.1996 - BVerwG 4 A 38.95 -, NVwZ 1997, 171 [172]). Das Vorbringen muss so konkret sein, dass die Behörde erkennen kann, in welcher Weise sie bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen soll (BVerwG, Beschl. v. 12.02.1996, a. a. O.). Dies muss zumindest in groben Zügen erkennbar sein, wobei vom durchschnittlichen Wissen eines nicht sachkundigen Bürgers auszugehen ist (BVerfG, Beschl. v. 08.07.1982 - 2 BvR 1187/80 -, DVBl 1982, 940 [945]). Anders kann das Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung seine Funktion, Rechtsschutzmöglichkeiten in das Verwaltungsverfahren vorzuverlagern, nicht erfüllen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.07.1982, a. a. O.).

Nach diesen Maßstäben genügte der allgemeine Hinweis auf die Beeinträchtigung der dem Vorhaben möglicherweise entgegenstehenden öffentlichen Belange der Luftreinhaltung und des Tourismus' allein noch nicht, um eine konkrete Beeinträchtigung gerade auch der Kläger hinreichend darzutun. Wer sich auf den Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG im Sinne einer subjektiv-rechtlichen Einwendung berufen will, muss zugleich zumindest in groben Zügen darlegen, inwieweit eine Fehlentwicklung zugleich zu einer Beeinträchtigung seiner Rechte führen kann (Stofrost, in: Ule/Laubinger, Kommentar zum BImSchG, § 10 RdNr. D 42; Czajka, in: Feldhaus, Kommentar zum BImSchG, § 10 RdNr. 64, m. w. N.). Er muss insbesondere, wenn er Eigentumsbeeinträchtigungen vorbringen will, die Eigentumsposition, deren Gefährdung er befürchtet, konkret bezeichnen. Daran fehlt es aber vorliegend. Die Kläger haben in ihrem Einwendungsschreiben in keiner Weise erkennen lassen, dass sie - unabhängig vom späteren Betrieb der Anlage - schon durch die dazu erforderlichen Baumaßnahmen eine quantitative Veränderung der Luftemissionen mit nachteiligen Auswirkungen auf ihre Grundstücke oder ihre Gesundheit befürchten. Auch einem nicht-sachkundigen Bürger wäre es aber möglich und zumutbar gewesen, eine etwaige Betroffenheit seiner Grundstücke in groben Zügen im Einwendungsverfahren geltend zu machen.

Fehlt es aber in einem Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung an einer hinreichenden Konkretisierung der Einwendungen - wie hier -, sind die Kläger mit ihren Bedenken gemäß § 10 Abs. 3 Satz 3 BImSchG ausgeschlossen, selbst wenn die Konkretisierung der Gefährdungsfaktoren außerhalb der Einwendungsfrist des § 10 Abs. 3 Satz 3 BImSchG nachgeschoben wird; denn dieses Nachschieben wirkt ausschließlich verfahrenshemmend und rechtfertigt keine weitere verfahrensrechtliche Beteiligung (in diesem Sinne auch BVerwGE 60, 297).

Soweit die Kläger weiter einwenden, dass ihnen § 17 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Sachsen-Anhalt i. d. F. d. Bek. v. 07.01.1999 (LSA-GVBl., S. 3) - VwVfG LSA -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.03.2002 (LSA-GVBl., S. 130 [135 <Nr. 34>]), nicht entgegen gehalten werden könne, ist ihnen zuzustimmen, weil der Beklagte die beabsichtigte Nichtberücksichtigung ihrer Einwendungen gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 VwVfG LSA nicht ortsüblich bekannt gemacht hat. Indes führt auch dieser Einwand angesichts der oben aufgezeigten Präklusion nicht zu der Annahme, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts sei ernstlich zweifelhaft.

3. Schließlich führt auch der Einwand, der Kläger zu 10. sei mit seiner Einzeleinwendung vom 09.06.2000 (...) im Sinne des § 10 Abs. 3 Satz 3 BImSchG nicht präkludiert, nicht zu der begehrten Zulassung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO; denn die in dem klägerischen Schreiben vom 09.06.2000 enthaltenen Einwendungen umfassten weder die Hochwasserproblematik noch die Gefährdung durch militärische Tiefflüge der Bundeswehr. Der Kläger zu 10. spricht in seinem Einwendungsschreiben vielmehr ausschließlich von den Gefahren, die im Falle des Einsatzes von Löschwasser entstehen könnten, ohne einen konkreten Bezug zu seinem Grundstück herzustellen. Wie oben bereits ausgeführt, genügt aber der bloße Hinweis auf die Beeinträchtigung der dem Vorhaben möglicherweise entgegenstehenden öffentlichen Belange eines ausreichenden Hochwasserschutzes oder sonstigen Schutzes durch Unfälle (z. B. durch tieffliegende Flugzeuge) noch nicht, um eine konkrete Beeinträchtigung gerade auch des Klägers hinreichend darzutun. Auch für das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren trifft zu, dass nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung das Vorbringen von Einwendungen zur sachlichen Bewältigung des Vorhabens durch die Genehmigungsbehörde beitragen und dieser die Richtung für ihre Tätigkeit weisen soll; darin liegt der rechtfertigende Grund für die Beteiligung des Einwendungsführers am weiteren Verfahren (in diesem Sinne auch BVerwGE 60, 297 [300]). Werden - wie hier - nicht bereits im Einwendungsverfahren die Gefährdungsfaktoren und betroffenen Rechtsgüter konkret bezeichnet, ist der Drittbetroffene im Sinne des § 10 Abs. 3 Satz 3 BImSchG präkludiert. Gleiches gilt für die von dem Kläger zu 10. geltend gemachte Beeinträchtigung durch LKW-Transporte; denn seinem schlichten Hinweis, sein Grundstück liege durch eine Rechts-Links-Kurve an exponierter Stelle, lässt sich eine Gefährdung seiner Rechtsposition durch die streitbefangene Anlage nicht entnehmen.

II. Diese Gesichtspunkte führen gleichzeitig dazu, dass sich auch der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht mit Erfolg begründen lässt, da es auf die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage zur Auslegung des § 17 VwVfG LSA nicht entscheidungserheblich ankommt und sich die Frage, ob in einer Einwendung der konkrete Kausalverlauf dargestellt werden müsse, unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ohne Weiteres beantworten lässt.

III. Die Berufung ist auch nicht wegen der geltend gemachten besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen; denn mit dem Hinweis der Kläger, die Rechtssache weise "besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten" auf, genügt die Antragsschrift schon nicht den Darlegungsanforderungen i. S. d. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Sie belegen nämlich nicht, weshalb der zu entscheidende Fall in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht signifikant vom Spektrum verwaltungsgerichtlicher Streitverfahren abweicht. Die Kläger beschränken sich vielmehr inhaltlich darauf, die Sachverhaltsaufklärung und Rechtsanwendung (§ 17 VwVfG LSA) des Verwaltungsgerichts in Frage zu stellen. Für die Darlegung reicht es aber nicht aus, wenn lediglich "einfache" und jeder richterlichen Rechtsanwendung immanente Probleme der fallbezogenen Anwendung auslegungsbedürftiger Rechtssätze auf einen im Kern geklärten (entscheidungserheblichen) Sachverhalt oder der Notwendigkeit der Aufbereitung und der Würdigung des Tatsachenstoffs dargelegt werden. Erforderlich ist grundsätzlich vielmehr, dass in fallbezogener Auseinandersetzung mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die fortbestehenden besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten als solche benannt werden und darüber hinaus bezeichnet wird, dass und aus welchen Gründen diese sich qualitativ von einem - wie auch immer zu bestimmenden - Verwaltungsrechtsstreit "durchschnittlicher" Schwierigkeit abheben. Dem Darlegungserfordernis wird eindeutig nicht genügt, wenn - wie hier - "besondere Schwierigkeiten" lediglich allgemein behauptet werden.

IV. Die Berufung ist schließlich auch nicht wegen der geltend gemachten Verfahrensmängel zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO); denn auch insoweit wird die Antragsschrift den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht gerecht.

1. Die von den Klägern erhobene Rüge der mangelnden Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) greift nicht durch. Eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht ist nämlich nur dann anzunehmen, wenn sich die unvollständige oder fehlerhafte Sachverhaltsermittlung dem Verwaltungsgericht hätte aufdrängen müssen und das angefochtene Urteil auf der unterlassenen Aufklärung beruhen kann (im Anschluss an BVerwG, Urt. v. 02.03.1978 - BVerwG 6 B 24.78 -, Buchholz 310 [VwGO] § 132 Nr. 164). Dies ist vorliegend indes nicht der Fall, denn - wie oben bereits ausgeführt - kommt es im vorliegenden Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich darauf an, ob die Kläger zu 1., 3., 7., 8. und 9. das Einwendungsschreiben an den Beklagten unterzeichnet haben, weil sie mit ihren Einwendungen ohnehin gemäß § 10 Abs. 3 Satz 3 VwGO präkludiert sind. Gleiches gilt in Bezug auf die von den Klägern für notwendig erachtete weitere Sachaufklärung über die "Gefahren, die sich daraus ergeben, dass sich der Anlagenstandort in einem Überschwemmungsgebiet und in einem militärischen Tieffluggebiet befindet"; denn auch auf diese Frage kam ausgehend von dem Rechtsstandpunkt des Verwaltungsgerichts, dass die Kläger mit ihren Einwendungen präkludiert sind, nicht an. Im Übrigen wäre es Aufgabe der anwaltlich vertretenen Kläger gewesen, vor dem Verwaltungsgericht einen entsprechenden Beweisantrag zu stellen (zum Rügeverlust vgl. Bader, in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, 2. Aufl., § 124 RdNr. 67 [m. w. Nachw.]).

2. Soweit die Kläger schließlich meinen, das Verwaltungsgericht habe sich nicht damit auseinandergesetzt, ob durch den Betrieb der Anlage und die damit verbundene Entstehung und Ableitung von Luftschadstoffen mit schädlichen Umwelteinwirkungen, sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen der Kläger zu rechnen sei, so dass ein grober Mangel des angefochtenen Urteils vorliege, zeigt er den damit nur sinngemäß geltend gemachten Gehörsverstoß (Art. 103 Abs. 1 GG) nicht schlüssig auf.

Der Senat hat wiederholt entschieden (vgl. z. B.: OVG LSA, Beschl. v. 01.08.1996 - A 2 S 332/96 -), schon einfaches Verfahrensrecht (§§ 108 Abs. 1 Satz 2, 117 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) verlange nicht, dass sich die Entscheidungsgründe mit jeder Einzelheit des Vorbringens befassten; es genüge die Angabe der Gründe, "die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind". Der Grundsatz rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) gebietet dem Gericht gleichfalls nicht, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen ausdrücklich zu bescheiden (BVerfG, Beschl. v. 17.11.1992 - 1 BvR 168, 1509/89, 638,639/90 -, BVerfGE 87, 363 [392 f]). Art. 103 Abs. 1 GG fordert allein, dass das Gericht das Vorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat (BVerfG, Beschl. v. 19.05.1992 - 1 BvR 986/91 -, BVerfGE 86, 133 [145]). Art. 103 Abs. 1 GG ist erst verletzt, wenn das Gericht gegen diesen Grundsatz erkennbar verstoßen hat; das Bundesverfassungsgericht geht grundsätzlich davon aus, dass ein Gericht dem Verfassungsgebot entsprochen hat (BVerfGE 86, 133 [146]; 87, 363 [392]). Als Indiz für die Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG ist erst anzusehen, wenn das Gericht auf den wesentlichen Kern des Parteivortrags zu einer Frage von zentraler Bedeutung nicht eingegangen ist, sofern das Vorbringen vom Gericht nicht für unerheblich oder offensichtlich unsubstantiiert gehalten wird (BVerfGE 86, 133 [146]; BVerfG, Beschl. v. 16.07.1997 - 2 BvR 570/96 -, NVwZ 1998, 1).

Diese Grundsätze verletzt das erstinstanzliche Urteil nicht; denn das Verwaltungsgericht war auch insoweit nicht gehalten, sich mit dem (für den Ausgang des Verfahrens unerheblichen) Vortrag der Kläger zu den möglichen Folgewirkungen der geplanten Anlage auseinander zu setzen, weil sie nach dem erstinstanzlichen Urteil mit ihren Einwendungen gemäß § 10 Abs. 3 BImSchG präkludiert sind.

B. Bei dieser Sachlage hat der Antrag der Kläger, das Verfahren wegen des beim Senat anhängigen Normenkontrollverfahrens (2 K 31/01) auszusetzen, keinen Erfolg; denn für eine Aussetzung nach § 94 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 (BGBl I 686) - VwGO -, in der Fassung des Gesetzes vom 20.12.2001 (BGBl I 3987), den die Kläger für einschlägig halten, fehlen bereits die gesetzlichen Voraussetzungen.

§ 94 VwGO setzt nämlich ein (vorgreifliches) Rechtsverhältnis voraus; die Frage der Gültigkeit einer Rechtsnorm ist jedoch nach allgemeiner Auffassung kein Rechtsverhältnis im Sinne von § 94 VwGO (vgl. BVerwG, Beschl. v. 01.09.1987 - BVerwG 7 B 158.87 - [juris]; BVerwG, Beschl. v. 30.11.1995 - BVerwG 4 B 248.95 -, Buchholz 310 [VwGO] § 138 Nr. 6, Nr. 30), da es die Klärung einer abstrakten Rechtsfrage zum Gegenstand hat. In der gerichtlichen Praxis wird § 94 Satz 1 VwGO allerdings entsprechend auch dann angewandt, wenn das Ergebnis des Klageverfahrens von der Gültigkeit einer Rechtsvorschrift abhängt, die in einem Normenkontrollverfahren Prüfungsgegenstand ist (vgl. BremOVG, Beschl. v. 14.01.1986 - 2 B 73/85 -, NJW 1986, 2335; VGH BW, Beschl. v. 11.09.1992 - 10 S 1450/91 -, NVwZ-RR 1993, 276). Selbst wenn der Senat sich dieser Auffassung anschließen würde, was letztlich offen bleiben kann, käme eine Aussetzung nicht in Betracht, weil das Ergebnis des Zulassungsverfahrens nicht von dem Ausgang des Normenkontrollverfahrens abhängig ist; denn selbst wenn im Normenkontrollverfahren die Nichtigkeit des streitgegenständlichen Bebauungsplans festgestellt werden würde, hätte dies auf das Zulassungsverfahren keinen Einfluss, weil die Kläger - wie oben ausgeführt - keine Gründe im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt haben, die eine Zulassung der Berufung rechtfertigen. Auch sprechen Gründe der Prozessökonomie hier nicht dafür, § 94 VwGO entsprechend anzuwenden; denn mit der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts über den Normenkontrollantrag wird sich das Zulassungsverfahren nicht erledigen, weil es in diesem Rechtsstreit nicht auf die Wirksamkeit des Bebauungsplans, sondern allein auf die Frage ankommt, ob die Kläger mit ihren Einwendungen im Sinne des § 10 Abs. 3 BImSchG präkludiert sind.

Ende der Entscheidung

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