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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 24.02.2006
Aktenzeichen: 2 L 344/04
Rechtsgebiete: StBauFG


Vorschriften:

StBauFG a.F. § 39
Eine Behörde, die sich vertraglich zur Gewährung einer Zuwendung verpflichtet hat, ist zur Beanstandung der Vorlage unvollständiger Unterlagen vor Fristablauf nach Treu und Glauben allenfalls dann verpflichtet, wenn die darin liegende Abweichung von der Zuwendungsvereinbarung als ganz geringfügig und das Schweigen der Behörde demnach als Zustimmung einzustufen ist. Bei der Vorlage von Kopien statt ausdrücklich vereinbarten Originalrechnungen ist eine solche Geringfügigkeit aber in der Regel zu verneinen.
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 2 L 344/04

Datum: 24.02.2006

Gründe:

Der Beschluss beruht auf § 124a Abs. 4-6 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. der Novellierung v. 20.12.2001 (BGBl I 3987) - VwGO -, diese in der jeweils gültigen Fassung, sowie auf § 154 Abs. 2 VwGO <Kosten> und auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. des Art. 1 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes v. 05.05.2004 (BGBl I 718) - GKG - <Streitwert>.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist nicht begründet.

1. Die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers, mit der er die Zahlung eines vertraglich vereinbarten Zuschusses für die Instandsetzung eines Gebäudes begehrt, zu Recht abgewiesen. Es hat hierzu ausgeführt, die mit der Beklagten getroffene schriftliche Vereinbarung sei nach ihrem § 1 ungültig, weil der Kläger entgegen dieser Bestimmung die Realisierung der vorgesehenen Baumaßnahmen nicht bis zum 30. Juni 1997 durch Originalrechnungen nachgewiesen habe.

Der Kläger macht hiergegen geltend, den Anforderungen des § 1 der Vereinbarung sei er deshalb nachgekommen, weil er die ihm objektiv zur Verfügung stehenden Unterlagen vertragskonform übersandt habe. Mit dem von ihm beauftragten Generalübernehmer habe er - was der Üblichkeit entspreche - einen Pauschalpreis vereinbart und am 20.09. und 30.10.1996 Abschlagszahlungen für förderungsfähige Leistungen erbracht, die er mit Schreiben vom 27.06.1997 und damit fristgerecht nachgewiesen habe. § 1 Satz 2 der Vereinbarung verlange aber lediglich, dass zum 30.06.1997 überhaupt eine Rechnungslegung erfolgt sei, nicht jedoch, dass diese Rechnungslegung in allen Punkten inhaltlich richtig sein müsse.

Dieser Argumentation vermag sich der Senat nicht anzuschließen. § 1 der Vereinbarung hat (in der hier maßgeblichen geänderten Fassung) folgenden Wortlaut:

"Der Eigentümer verpflichtet sich, die in den Kostenvoranschlägen des Kostenanerkennungsantrages angeführten Maßnahmen entsprechend der denkmalschutzrechtlichen Genehmigung ... zu realisieren und durch Originalrechnungen mit den dazugehörigen Bezahlungsnachweisen (Ablichtung des Kontoauszuges, Quittungsablichtungen) zu belegen. Nach der Realisierung erfolgt die Rechnungslegung zum 30.06.1997. Nach diesem Termin ist diese Vereinbarung ungültig."

Satz 2 dieser Vertragsbestimmung ist nach seinem Sinn und Zweck und seiner systematischen Stellung zu Satz 1 dahingehend auszulegen, dass als "Rechnungslegung" nur eine solche gelten soll, die den Anforderungen des Satzes 1 entspricht, also Originalrechnungen mit den dazugehörigen Bezahlungsnachweisen (Ablichtung des Kontoauszuges, Quittungsablichtungen) umfasst. Satz 3 der Bestimmung bringt zum Ausdruck, dass die gesamte Vereinbarung ungültig sein soll, wenn die in den Sätzen 1 und 2 geregelten Voraussetzungen nicht innerhalb des genannten Termins erfüllt werden, mit anderen Worten bis dahin entweder die angeführten Maßnahmen nicht realisiert werden oder die den Sätzen 1 und 2 entsprechende Rechnungslegung nicht erfolgt ist. Zumindest die letztere Voraussetzung ist jedoch - wie das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat - nicht erfüllt, weil es - was auch der Kläger nicht in Abrede stellt - an der termingerechten Vorlage von Originalrechnungen fehlt. Das Erfordernis der Vorlage von Originalrechnungen kann angesichts des klaren Wortlauts der schriftlichen Vereinbarung entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht als bloße "Förmelei" abgetan werden.

Entgegen dem Vorbringen des Klägers ist es der Beklagten auch nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verwehrt, sich auf die Nichterfüllung des § 1 der genannten Vereinbarung zu berufen. Der Kläger macht insoweit geltend, die Beklagte habe selbst treuwidrig den Fortschritt der Bauarbeiten und damit die rechtzeitige Rechnungslegung verhindert, indem sie die zuständige Bauaufsichtsbehörde auf eine Änderung der Bauausführung aufmerksam gemacht und diese damit zum Erlass einer vorübergehenden Stilllegungsverfügung veranlasst habe, obwohl die Änderung - wie sich im Widerspruchsverfahren herausgestellt habe - materiell baurechtmäßig und damit genehmigungsfähig gewesen sei. Eine solchermaßen begründete Treuwidrigkeit hat das Verwaltungsgericht zu Recht mit dem Hinweis verneint, dass der Landkreis als zuständige Bauaufsichtsbehörde eine eigene Entscheidung über die Baustilllegung getroffen habe. Dem ließe sich noch hinzufügen, dass der Beklagten trotz ihrer vertraglichen Beziehung zum Kläger nicht das berechtigte Interesse abgesprochen werden kann, genehmigungswidrige und damit formell illegale Abweichungen bei der Bauausführung eines in ihrer Altstadt stehenden Gebäudes bei der Bauaufsichtsbehörde zur Anzeige zu bringen. Vor diesem Hintergrund greift auch der Einwand nicht durch, die Beklagte "partizipiere" selbst an den durch sie beauflagten zusätzlichen Leistungen und Aufwendungen. Dies mag zwar zutreffen, führt aber nicht dazu, dass die Beklagte ihre berechtigten Interessen nicht mehr wahrnehmen dürfte und formell rechtswidrigen Baumaßnahmen in ihrem Gemeindegebiet tatenlos zusehen müsste.

Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, die Beklagte hätte die von ihm drei Tage vor Fristablauf eingereichten Rechnungsunterlagen zumindest unverzüglich prüfen und ihn auf etwaige Mängel hinweisen müssen. Eine derartige Pflicht lässt sich der schriftlichen Vereinbarung zwischen den Beteiligten nicht entnehmen. Sie ergibt sich auch nicht aus dem Grundsatz von Treu und Glauben; denn für den Kläger war zum Zeitpunkt des vereinbarten Fristendes selbst ohne weiteres ersichtlich, dass er keine Originalrechnung im Sinne des § 1 der schriftlichen Vereinbarung vorgelegt und damit diese Bestimmung nicht erfüllt hatte. Eine aus Treu und Glauben abgeleitete Pflicht der Beklagten zur rechtzeitigen Beanstandung wäre demgegenüber allenfalls dann zu bejahen, wenn die Vertragsabweichung als ganz geringfügig und das Schweigen der Beklagten demnach als Zustimmung einzustufen gewesen wäre, was bei der Vorlage von Kopien statt ausdrücklich vereinbarten Originalrechnungen aber nicht der Fall ist.

2. Der geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegt ebenfalls nicht vor. Das Gericht musste den auf den 14. April 2004 anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung nicht deshalb vertagen, weil der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Schriftsatz der Beklagten vom 07.04.2004 erst am Gründonnerstag, dem 08.04.2004, an dem er selbst Urlaub hatte, erhielt und damit lediglich einen Arbeitstag, nämlich den Dienstag nach den Osterfeiertagen, für eine Besprechung des Schriftsatzes mit seinem Mandanten zur Verfügung hatte. Diese Zeitspanne hat das Verwaltungsgericht zu Recht als ausreichend erachtet, zumal der vorliegende Fall einschließlich der Ausführungen im Schriftsatz der Beklagten vom 07.04.2004 tatsächlich und rechtlich eher einfach gelagert ist. Hinzu kommt, dass nicht ersichtlich ist, weshalb es dem Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht möglich gewesen sein sollte, den Schriftsatz am 14.04.2004, dem Tag der mündlichen Verhandlung, sei es vor Verhandlungsbeginn oder auch während einer beantragten kurzfristigen Unterbrechung mit seinem zum Termin erschienenen Mandanten zu besprechen.

Ende der Entscheidung

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