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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 22.01.2004
Aktenzeichen: 2 L 463/03
Rechtsgebiete: LSA-VwKostG, LSA-GO


Vorschriften:

LSA-VwKostG § 5 I 1
LSA-VermKatG § 16 I
LSA-GO § 57 II
1.Veranlasser i. S. des Kostenrechts ist, wer durch sein Verhalten die Tätigkeit der Behörde auslöst, also einen Arbeitsvorgang, der durch die Amtshandlung abgeschlossen wird.

2.Für den Antrag als typischen Fall der Veranlassung schreibt das Vermessungs- und Katasterrecht keine Schriftform vor. Von einer Antragstellung kann deshalb auch ausgegangen werden, wenn die Behörde bei objektiver Betrachtung der Gesamtumstände von einer Antragstellung ausgehen durfte.

3.Davon kann ausgegangen werden, wenn die Vermessungsarbeiten mit dem Bürgermeister der Gemeinde besprochen werden und die Gemeinde dem Beginn der Arbeiten anschließend nicht widerspricht.

4.Ohne Bedeutung ist, ob der Bürgermeister nach internem Gesetzes- oder Satzungsrecht zu einer Antragstellung ermächtigt worden war; denn er vertritt die Gemeinde mit Rechtswirkung nach außen.

5.Eine Gemeinde, welche den Antrag für einen Erschließungsträger stellen will, muss das Vertre-tungsverhältnis kenntlich machen.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 2 L 463/03

Datum: 22.01.2004

Gründe:

Der Beschluss beruht auf § 124a Abs. 4-6 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 (BGBl I 686) - VwGO -, in der Fassung des Gesetzes vom 20.12.2001 (BGBl I 3987), sowie auf § 154 Abs. 2 VwGO <Kosten> und auf § 13 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. d. Bek. v. 15.12.1975 (BGBl I 3047) - GKG -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.03.2003 (BGBl I 345 [349]), <Streitwert>.

I. Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen; denn diese sind nicht hinreichend dargelegt worden (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

Der Darlegungslast genügt nur, wer den "Grund" benennt, der ausnahmsweise die Zulassung rechtfertigt, und dessen Voraussetzungen "schlüssig" beschreibt. Dazu gehört bei § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, dass belegt wird, es beständen gerade "ernstliche Zweifel an der Richtigkeit" der angefochtenen Entscheidung. Dies verlangt zunächst, dass der Antrag einzelne tatsächliche Feststellungen des Gerichts oder Elemente der rechtlichen Ableitung konkret bezeichnet, die beanstandet werden sollen, sowie zusätzlich, dass aufgezeigt wird, aus welchem Grund die konkrete Passage ernstlichen Zweifeln begegnet. Da § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO außerdem verlangt, dass ernstliche Zweifel an der "Richtigkeit" des Ergebnisses bestehen, muss der Zulassungsantragsteller ferner darlegen, dass das Gericht bei Vermeidung der gerügten Fehler zu einer anderen, für den Rechtsmittelführer positiven Entscheidung gelangt wäre. Daran fehlt es hier.

Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin Kostenschuldnerin der mit Leistungsbescheiden vom 09.12.1998 festgesetzten Vermessungskosten ist, die anlässlich der im Jahre 1994/1995 durchgeführten Sonderung und Abmarkung entstanden sind; denn die Klägerin hat gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 des Verwaltungskostengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt vom 27.06.1991 (LSA-GVBl., S. 154) in der hier anwendbaren Fassung des Gesetzes vom 21.11.1997 (LSA-GVBl., S. 1018) - VwKostG LSA - Anlass zu der Amtshandlung gegeben.

Veranlasser im Sinne dieser Vorschrift ist grundsätzlich derjenige Beteiligte, der durch sein Verhalten die Tätigkeit der Behörde auslöst, also den Arbeitsvorgang, der mit der Amtshandlung abgeschlossen werden soll, in Gang setzt. Typisch hierfür ist die Stellung eines Antrags, beispielsweise auf Erteilung einer Genehmigung oder einer sonstigen Amtshandlung (OVG LSA, Urt. v. 17.01.2002 - A 2 S 314/99 -, UA S. 7; NdsOVG, Urt. v. 22.04.1970 - IV OVG A 151/69 -, OVGE 26, 446; Urt. v. 25.05.1990 - 6 OVG A 163/88 -). Schreibt das Gesetz - wie hier in § 16 Abs. 1 des Vermessungs- und Katastergesetzes des Landes Sachsen-Anhalt - VermKatG LSA - vom 22.05.1992 (LSA-GVBl., S. 362) - in der hier anwendbaren Fassung vom 21.11.1997 (LSA-GVBl., S. 1018) - keine schriftliche Antragstellung vor, kommt es - wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausführt - für die Feststellung des Vorliegens eines Antrags darauf an, ob die Behörde - oder hier der Beklagte - bei objektiver Betrachtung der Gesamtumstände von einer Antragstellung ausgehen durfte (Stelkens/Schmitz, in: Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, Kommentar, 6. Aufl., § 22 RdNr. 46, m w. N.).

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien hat sich das Verwaltungsgericht umfassend mit dem Akteninhalt auseinander gesetzt und angesichts eines nicht auffindbaren schriftlichen Auftrags im Wege einer Würdigung die für und gegen eine Auftragserteilung durch die Klägerin sprechenden Tatsachen verglichen und gewichtet. Das auf diese Weise gefundene Ergebnis ist auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin im Zulassungsverfahren rechtlich nicht zu beanstanden. Unzweifelhaft ist die Amtshandlung des Beklagten durch das Gespräch vom 16.06.1994 zwischen ihm und der Klägerin in Gang gesetzt worden; denn in diesem Gespräch ist unstreitig mit dem Bürgermeister sowie weiteren Mitarbeitern der Klägerin die Art und Weise der beabsichtigten Vermessungsarbeiten besprochen worden, ohne dass die Klägerin ihrerseits erklärt hätte, sie handele nicht im eigenen Namen und wolle auch keinen Vermessungsauftrag erteilen; der Beklagte seinerseits hat im Anschluss an dieses Gespräch die besprochenen Vermessungsarbeiten (Sonderung und Abmarkung) durchgeführt, ohne dass die Klägerin widersprochen hätte.

Ohne Erfolg wendet die Klägerin dagegen ein, sie sei aufgrund der Beauftragung des Erschließungsträgers am 20.06.1994 nicht berechtigt gewesen, einen Vermessungsauftrag zu erteilen; denn es kommt - wie oben bereits erläutert - nicht darauf an, ob sie im Verhältnis zu Dritten zu einer Antragstellung gemäß § 16 Abs. 1 VermKatG LSA befugt war, sondern wie der Beklagte die Erklärungen der Klägerin nach den Gesamtumständen auffassen konnte. Da die Klägerin im Rahmen des Gesprächs vom 16.06.1994 keine Erklärungen zum Erschließungsträger abgegeben hatte, konnte der Beklagte davon ausgehen, dass er aufgrund einer Antragstellung der Klägerin zu den Vermessungsarbeiten berechtigt war. Gleiches gilt, soweit die Klägerin auf eine fehlende Bevollmächtigung des Bürgermeisters bei der Antragstellung verweist. Es ist schon zweifelhaft, ob die Antragstellung gemäß § 16 Abs. 1 VermKatG LSA eine Auftragsvergabe im Sinne des § 6 Abs. 3b der Hauptsatzung der Klägerin vom 10.12.1993 darstellt, da die Tätigkeit eines Vermessungsingenieurs hoheitlich ist und die Kostenerhebung nicht auf der Grundlage eines Vertrages, sondern nach dem Verwaltungskostengesetz - nachträglich - erfolgt. Jedenfalls betrifft die fehlende Zustimmung der Gemeindevertretung nur das Innenverhältnis zwischen dem Vertreter und der vertretenen Gemeinde, nicht aber die Wirksamkeit der Vertretungsbefugnis nach außen.

Liegt damit bereits am 16.06.1994 eine wirksame Antragstellung vor, kommt es auf das Verhalten der Mitarbeiter der Klägerin anlässlich der Grenztermine vom 22.09.1994 und 21.09.1995 nicht mehr maßgeblich an. Allerdings ist dem Verwaltungsgericht zuzustimmen, dass der Beklagte spätestens nach Durchführung der beiden Grenztermine davon ausgehen durfte, dass die Klägerin die Sonderung und Abmarkung beantragt hatte. Die Auslegungsbemühungen der Klägerin in der Zulassungsschrift vom 09.09.2003 widerlegen letztlich nicht, dass ausweislich der Niederschrift über die beiden Grenztermine die Mitarbeiter der Klägerin auch in Bezug auf die Bezeichnung des Antragstellers keine Einwände erhoben haben, sie mit Vollmacht der Klägerin aufgetreten sind und der Amtshandlung des Beklagten nicht widersprochen haben.

Schließlich ist unerheblich, dass der Beklagte die angefallenen Vermessungskosten ursprünglich mit Bescheid vom 17.10.1995 gegen den Erschließungsträger festgesetzt hatte; denn dieser war - wie oben erläutert - nicht Veranlasser der Amtshandlung im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 VwKostG LSA, so dass die gegen ihn gerichteten Leistungsbescheide rechtswidrig gewesen wären.

II. Die Berufung ist auch nicht wegen des behaupteten Verfahrensfehlers zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO); denn die Nichtanhörung der von der Klägerin benannten Zeugen ... führt nicht zu der gerügten Verletzung rechtlichen Gehörs (§§ 108 Abs. 1 Satz 2; 117 Abs. 2 Nr. 5 VwGO; Art. 103 Abs. 1 GG).

Auf eine Verletzung rechtlichen Gehörs kann sich nämlich nur berufen, wer darlegt, zunächst selbst alles ihm Mögliche versucht zu haben, um sich Gehör zu verschaffen (OVG LSA, Beschl. v. 16.1.1995 - 2 L 10/95 -; Beschl. v. 04.05.1995 - 2 L 54/95 -; jeweils unter Hinweis auf: Renner in Kanein/Renner, Ausländerrecht, 6. Aufl., AsylVfG § 78 RdNr. 32, m. w. N.; Kopp, VwGO, 11. Aufl., § 138 RdNr. 19, m. w. N.).

Die Antragsschrift legt indes nicht dar, was die anwaltlich vertretene Klägerin in der mündlichen Verhandlung daran gehindert hat, der ihres Erachtens gebotenen Zeugenvernehmung durch das Stellen förmlicher Beweisanträge gemäß § 86 Abs. 2 VwGO Nachdruck zu verleihen.

Ende der Entscheidung

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