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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 12.07.2007
Aktenzeichen: 2 L 5/06
Rechtsgebiete: LSA-WG, VwVfG, WHG


Vorschriften:

LSA-WG § 11 Abs. 1
LSA-WG § 18 Abs. 2
LSA-WG § 32
LSA-WG § 33 Abs. 1 S. 2 Nr. 1
VwVfG § 38
VwVfG § 49 Abs. 2 Nr. 1
WHG § 7 Abs. 1 S. 1
WHG § 12 Abs. 2
1. Ein Widerruf wegen erheblicher Unterschreitung des Umfangs der Benutzung kann nur in dem Umfang erfolgen, wie die Benutzung im bisherigen Umfang nicht mehr erforderlich ist.

2. Bei der Beurteilung des erforderlichen Umfangs der Wasserbenutzung, darf nicht nur auf den augenblicklichen oder unmittelbar bevorstehenden Bedarf abgestellt werden. Es muss vielmehr oft auf längere Jahre hinaus der voraussehbaren künftigen Entwicklung Rechnung getragen und selbst ein nur selten auftretender Spitzenbedarf berücksichtigt werden. Eine solche Vorratswirtschaft ist sachlich begründet und darf, wenn sie bei der Bewilligung oder Erlaubnis zugelassen wird, nicht nachträglich über die Widerrufsvorschriften zunichte gemacht werden.

3. Zur Berücksichtigung einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung bei der Ermessensentscheidung über den Teilwiderruf von Wasserrechten.


Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen einen Teilwiderruf von Wasserrechten und begehrt für den Fall, dass dieser Teilwiderruf Bestand haben sollte, die Erstattung von Aufwendungen, die ihr im Zusammenhang mit der Erstellung eines Gutachtens entstanden sind.

Mit Bescheid vom 23.02.1983 in der Fassung des Nachtrags vom 03.12.1985 erteilte die Staatliche Gewässeraufsicht der Wasserwirtschaftsdirektion A-Stadt "Untere Elbe" dem VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung A-Stadt eine wasserrechtliche Nutzungsgenehmigung zur Entnahme von Grundwasser zur Deckung des Trinkwasserbedarfs an der Wasserfassung Lindau-Süd in folgendem Umfang:

Q1 = 16.500 m³/d QMon = 456 Tm³/Mon

Q365 = 15.000m³/d Qa = 5.475 Tm³/a

Mit weiterem Bescheid vom 27.11.1989 erteilte die Staatliche Gewässeraufsicht dem VEB eine wasserrechtliche Nutzungsgenehmigung zur Entnahme von Grundwasser zur Deckung des Trinkwasserbedarfs an der Wasserfassung Dobritz II in folgendem Umfang:

max. Qh = 1.125 m³/h mittelQh = 923 m³/h Q1 = 27 Tm³/d

Q365 = 22,150 Tm³/d Q7 = 25,87 Tm³/d Qges = 8.084,75 Tm³/a

Mit Bescheid vom 18.02.1993 erteilte die Bezirksregierung Dessau der Magdeburger Wasser- und Abwassergesellschaft mbH eine wasserrechtliche Erlaubnis für die Entnahme von Grundwasser aus der Wasserfassung Nedlitz für das Wasserwerk Lindau II in folgendem Umfang:

Qh = 500 m³/h Q1 = 12.000 m³/d Qa = 4.800.00 m³/a

Auf der Grundlage dieser Genehmigungen bzw. Erlaubnis betreibt die - 1994 gegründete - Klägerin die Entnahme von Grundwasser für den Betrieb des Wasserwerks Lindau mit den drei genannten Wasserfassungen zum Zweck der Trinkwasserversorgung in ihrem Versorgungsgebiet.

Unter dem 22.11.2000 schlossen die Klägerin, das Ministerium für Raumordnung, Landwirtschaft und Umwelt Sachsen-Anhalt (MRLU) als zuständige oberste Wasserbehörde sowie das Regierungspräsidium Dessau als zuständige obere Wasserbehörde eine Vereinbarung, die unter anderem folgenden Inhalt hatte:

Vorbemerkung

...Die Beteiligten sind sich einig, dass die Auswirkungen des Zusammentreffens verschiedener Ursachen und Nutzungen auf den Wasserhaushalt im Westfläming zu untersuchen sind. Diese Untersuchungen sollen der Vorbereitung zukünftiger wasserrechtlicher Entscheidungen der Behörden dienen. Auf ihrer Grundlage können als Maßnahmen zur Verbesserung des Wasserhaushaltes etwa die Aufstellung eines Bewirtschaftungsplanes durch das RP Dessau und eine Optimierung der Fassungsstandorte Lindau-Süd, Nedlitz und Dobritz II der TWM GmbH in Betracht kommen, etwa durch Verbreiterung, Verlegung oder Anpassung von Fassungen. Ziel ist eine Verminderung der Auswirkungen der Grundwasserförderung auf andere Schutzgüter. Schwerpunkt ist die Verbreiterung der Fassungen Dobritz II.

Die Beteiligten vereinbaren daher ein gleichgeordnetes und abgestimmtes Zusammenwirken im Hinblick auf eine Verbesserung des Wasserhaushaltes im Westfläming.

§ 1

Gutachten TWM GmbH wird ein Gutachten bei dem Dresdner Grundwasserforschungszentrum e V (DGFZ), Dresden, zur "Langfristigen Nutzung des Wasserdargebots im Westfläming" in Auftrag geben. Gegenstand des Gutachtens ist die Erfassung der verschiedenen Ursachen und Nutzungen und die Bewertung ihrer Auswirkungen auf den Wasserhaushalt im Westfläming, die über die laufenden Untersuchungen der GCI GmbH zur "Modellgestützten Optimierung des Fassungsbetriebes der WF Nedlitz und Dobritz II unter Beachtung ökologischer Rahmenbedingungen" (Phase I: Ermittlung von Grundwasserabsenkungsrestriktionen, Phase II: Optimierung der Wasserfassungen) hinausgehen.

Vorgesehen ist eine stufenweise Beauftragung, die zum Teil vom Stand der Bewilligung von EU-Fördermitteln abhängt. Die 1. Stufe - Auswirkungen auf den Wasserhaushalt im Westfläming - wird in jedem Fall in Auftrag gegeben.

TWM GmbH strebt eine zügige Erstellung und Vorlage dieser Gutachten und Untersuchungen an.

§ 2

Wasserrechte

Auf Grundlage der Ergebnisse der Untersuchungen der GCI GmbH erfolgt eine Bewertung mit dem Ziel einer einvernehmlichen Regelung der Wasserrechte. Als erste Maßnahme kommt die Optimierung der Fassung Dobritz II durch Verbreiterung gem. § 3 dieser Vereinbarung in Betracht. Auf Grundlage der Ergebnisse des Gutachtens des DGFZ erfolgt die endgültige Bewertung mit dem Ziel einer einvernehmlichen Regelung der Wasserrechte.

TWM GmbH wird die tatsächlichen Fördermengen der Fassungen über die derzeitige Entnahmemenge zuzüglich übliche Reservemengen (für Rohrnetzverluste, Havarien, Spitzenlasten u. a.) nur im Benehmen mit dem RP Dessau erhöhen.

Das RP Dessau wird Entscheidungen zu den Wasserrechten ebenfalls nur im Benehmen mit TWM GmbH treffen.

Das MRLU und das RP Dessau sichern TWM GmbH hiermit zu, auf Grundlage des derzeitigen Sachverhaltes und bis zur Bewertung der Untersuchung von GCI GmbH, ohne damit der endgültigen Bewertung auf Grundlage der Gutachten des DGFZ vorzugreifen, keine Reduzierung der genehmigten Fördermengen der wasserrechtlichen Nutzungsgenehmigungen Lindau-Süd, Dobritz II und der wasserrechtlichen Erlaubnis Nedlitz anzuordnen, durch teilweisen Widerruf gem. § 33 Satz 2 Nr. 2 WG LSA bzw. wegen der derzeitigen Auswirkungen der Grundwasserförderung auf den Wasserhaushalt gem. § 33 Satz 3, 8 WG LSA sowie § 18 Wassergesetz DDR 1982...

Im November 2002 legte das DGFZ das von der Klägerin in Auftrag gegebene Gutachten vor. Im Resümee (S. 146 f.) heißt es u. a., Nebenwirkungen jeder Grundwasserentnahme seien Absenkungen des Grundwasserspiegels und abstromige Abflussminderungen, die beide durch eine Erhöhung der Grundwasserneubildung im Grundwasser-Absenkungsgebiet nur partiell ausgeglichen werden. Positive und negative Auswirkungen von Grundwasserentnahmen gelte es flächenbezogen aufzuzeigen und Schadwirkungen zielgerichtet zu minimieren. Die erfolgte raumordnerische In-Vorrang-Setzung der Grundwassergewinnung zur öffentlichen Trinkwasserversorgung im hierfür ausgewiesenen Gebiet des Westfläming und ihre wasserrechtliche Ausgestaltung durch die erteilten Wasserentnahmerechte und Festsetzung der Trinkwasserschutzzonen werde nach heutigem Kenntnisstand, unter adäquater Wertung der Nutzen-Schaden-Analyse der Nebenwirkungen der Grundwasserentnahme erneut mit Nachdruck bestätigt und gestützt. Zur Wasserdargebotssituation heißt es, der Westfläming verfüge über große, auf Dauer nutzbare Grundwasservorräte bester Qualität. Die basierend auf der seit langem erfolgten In-Vorrang-Setzung der Grundwassergewinnung, den gewährten Grundwasser-Entnahmerechten und der Festsetzung der Trinkwasserschutzgebiete getätigten Investitionen für die öffentliche Trinkwasserversorgung aus dem Westfläming seien erheblich; ihre weitere Nutzung sei ein Gebot wirtschaftlicher Vernunft. Die Prognosen der Klimaänderungen ließen erwarten, dass sich die Speisung der Grundwasservorräte im Westfläming in den nächsten 50 Jahren nicht vermindern werde, sondern sich vor allem durch Waldumbau, -lichtung und -verjüngung steigern lasse.

Im Februar 2003 legte die Grundwasser Consulting Ingenieurgesellschaft mbH (GCI) das Gutachten "Modellgestützte Optimierung des Betriebs der Fassungen Nedlitz und Dobritz II des WW Lindau" vor, das an vorangegangene Untersuchungen der GCI anknüpft und eine Verfahrensweise zur Optimierung des Fassungsbetriebs des Wasserwerks Lindau beschreiben will. Darin heißt es in der Zusammenfassung (vgl. S. 10) die ermittelte optimale Betriebsweise unter Einhaltung aller hydrotechnischen Nebenbedingungen sei gekennzeichnet durch die Beschränkung der Förderung der Fassung Dobritz II auf das technisch mögliche Minimum (hier 8.000 m³/d) und die möglichst hohe Auslastung der Fassung Nedlitz (hier 11.000 m³/d). Unter dem 28.01.2004 erfolgte durch den Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalt eine "Bewertung hydrogeologischer Jahresberichte und Gutachten sowie Auswertung eines Messprogramms aus wasserhaushaltlicher Sicht", die sich insbesondere auch mit den Gutachten des DGFZ und der GCI befasst.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 09.12.2004 widerrief der Beklagte nach Anhörung der Klägerin die wasserrechtlichen Nutzungsgenehmigungen für die Wasserfassungen Dobritz II vom 27.11.1989 und Lindau-Süd vom 23.02.1983 in Gestalt des Nachtrags vom 03.12.1985 sowie die wasserrechtliche Erlaubnis für die Wasserfassung Nedlitz des Wasserwerkes Lindau vom 18.02.1993 insoweit, als die Benutzung folgende Entnahmemengen nicht überschreiten darf:

1. Wasserfassung Dobritz II:

mittl. Qd365 = 9.900 m³/d

max. Qa = 3.613.000 m³/a

max. Q = Reservebedarf bei Störungen im Verbundsystem mit dem Wasserwerk Colbitz.

max. Qa = 8.030.000 m³/a

max. Qd365 = 22.150 m³/d (als Reservebedarf bei Störungen im Verbundsystem mit dem Wasserwerk Colbitz)

2. Wasserfassung Lindau-Süd:

mittl. Qd365 = 2.800 m³/d

max. Qa = 1.022.000 m³/a

max. Q = Reservebedarf bei Störungen im Verbundsystem mit dem Wasserwerk Colbitz.

max. Qa = 5.475.000 m³/a

max. Qd365 = 15.000 m³/d (als Reservebedarf bei Störungen im Verbundsystem mit dem Wasserwerk Colbitz)

3. Wasserfassung Nedlitz

mittl. Qd365 = 8.700 m³/d

max. Qa = 3.175.000 m³/a

max. Q = Reservebedarf bei Störungen im Verbundsystem mit dem Wasserwerk Colbitz.

max. Qa = 4.380.000 m³/a

max. Qd365 = 12.000 m³/d (als Reservebedarf bei Störungen im Verbundsystem mit dem Wasserwerk Colbitz)

Zur Begründung führte der Beklagte aus: Die Benutzung der Wasserrechte für die drei Wasserfassungen sei in dem bisher zulässigen Umfang für die Klägerin nicht mehr erforderlich, weil dieser drei Jahre lang erheblich unterschritten worden sei. Die Klägerin sei mit den vertraglich vereinbarten bzw. neu festgesetzten Entnahmenmengen in der Lage (gewesen), ihren Verpflichtungen als Trinkwasserversorger nachzukommen. Anhaltspunkte für einen zukünftig höheren Bedarf seien nicht ersichtlich und auch von der Klägerin nicht vorgetragen worden. Dem in der Anhörung geltend gemachten Havarie- und Reservebedarf sei entsprochen worden. Die Vereinbarung vom 22.11.2000 stehe dem Teilwiderruf nicht entgegen; sie verbiete behördliches Vollzugshandeln nicht. Insbesondere lasse sie nach Vorlage der Gutachten eine Zwischenbewertung zu. Erst die endgültige Bewertung der Wasserrechte habe auf der Grundlage der Ergebnisse des Gutachtens des DGFZ zu erfolgen. Die fachlichen Aussagen der DGFZ seien daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu berücksichtigen. Die in § 2 Abs. 3 der Vereinbarung vorgesehene Benehmensherstellung mit der Klägerin sei durch die Anhörung erfolgt.

Am 28.12.2004 hat die Klägerin Klage erhoben und zur Begründung angegeben: Der angefochtene Bescheid könne nicht als bloße Zwischenbewertung qualifiziert werden. Er reduziere nach seiner Bestandskraft die zulässigen Fördermengen dauerhaft. Für eine weitere, endgültige Bewertung sei nach der Reduzierung der Fördermengen auf den derzeitigen Ist-Stand kein Raum mehr vorhanden. Die Einstufung als Zwischenbewertung stelle eine Umgehung des Gutachtens und der Vereinbarung vom 22. 11.2000 dar. Zur Verbesserung der Situation im Westfläming seien andere Maßnahmen erforderlich, die nach der politischen Entscheidung des MRLU nicht ergriffen werden sollten. Angesichts der Weisungen durch das Ministerium habe der Beklagte eine ermessensfehlerhafte Entscheidung getroffen. Sie habe für die Erstellung des Gutachtens des DGFZ insgesamt 440.943,62 € ausgegeben; nach Abzug der Mehrwertsteuer ergebe sich ein Betrag von 370,392,65 €. Da der ausgesprochene Teilwiderruf gegen die Pflicht des Beklagten aus der Vereinbarung vom 22.11.2000 verstoße, die endgültige Bewertung der Wasserrechte auf der Grundlage des Ergebnisses des Gutachtens des DGFZ vorzunehmen, seien die von ihr getätigten Aufwendungen zur Erstellung des Gutachtens des DGFZ sinnlos geworden. Sie habe dafür keine anderweitige Verwendung.

Die Klägerin hat beantragt,

den Teilwiderrufsbescheid des Beklagten vom 09.12.2004 aufzuheben,

hilfsweise,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 370.392,65 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen: Die Vereinbarung vom 22.11.2000 stehe dem Teilwiderruf nicht entgegen. Eine gemeinsame Bewertung der Wasserrechte sei darin nicht vereinbart worden. Vielmehr ergebe sich aus der Regelung im letzten Absatz des § 2 der Vereinbarung, dass lediglich bis zur Bewertung der Untersuchungen von einem Teilwiderruf habe abgesehen werden sollen. Durch die zeitliche Abfolge und die mit Schreiben vom 28.01.2004 vorgenommene Bewertung der Untersuchungen der GCI GmbH habe sich die getroffene Regelung überholt. Die Frage nach der Richtigkeit der fachlichen Aussagen des Gutachtens des DGFZ sei nicht Voraussetzung für einen Teilwiderruf wegen Wegfalls der Erforderlichkeit der Benutzung. Soweit die Klägerin den Reservebedarf bei Störungen im Verbundsystem mit dem Wasserwerk Colbitz geltend mache, sei anzumerken, dass die entsprechenden Fördermengen im Störungsfalle im Tenor des Teilwiderrufsbescheids berücksichtigt worden seien.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 29.06.2005 abgewiesen und zur Begründung angegeben: Der Teilwiderruf sei rechtmäßig. Die Gewässerbenutzung im bisher zulässigen Umfang sei für die Klägerin nicht mehr erforderlich, da der zulässige Umfang der Nutzung der wasserrechtlichen Befugnisse bei den drei Wasserfassungen drei Jahre lang erheblich unterschritten worden sei.

Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Dem Interesse der Klägerin an dem Behaltendürfen der Wasserrechte sei der Beklagte insoweit nachgekommen, als sie zur Sicherstellung der Trinkwasserversorgung erforderlich und auch tatsächlich genutzt worden seien. Die Klägerin habe auch nicht nachvollziehbar dargelegt, dass sie in Zukunft mit den von ihr bislang benötigten Mengen nicht auskommen werde. Der Reservebedarf sei bereits dadurch berücksichtigt, dass der Berechnung die Werte der letzten drei Jahre zu Grunde gelegt worden seien.

Auch die Vereinbarung vom 22.11.2000 hindere den Teilwiderruf nicht. Darin habe der Beklagte auf ein hoheitliches Handeln nicht verzichtet. In § 2 Abs. 4 hätten die Behörden der Klägerin lediglich zugesichert, auf der Grundlage des damaligen Sachverhaltes und bis zur Bewertung der Untersuchung der GCI GmbH keine Reduzierung der genehmigten Fördermengen anzuordnen. Im Zeitpunkt des Ergehens des Teilwiderrufsbescheids sei die Untersuchung der GCI GmbH abgeschlossen und bewertet worden, so dass der von der Behörde zugesicherte vorläufige Verzicht auf einen Reduzierung der Fördermengen durch Bedingungseintritt erledigt gewesen sei. Die von dem Beklagten vorgenommene Reduzierung stelle keinen Vorgriff auf eine endgültige Bewertung auf der Grundlage des Gutachtens des DGFZ dar. Der Widerruf berühre den Gegenstand dieses Gutachtens nicht, da die Situation des Wasserhaushaltes im Westfläming, so wie sie sich tatsächlich darstelle, überhaupt nicht betroffen sei. Das Gutachten sei für die Klägerin auch nicht nutzlos; denn im Rahmen der von der Behörde verfolgten Verbesserung der wasserrechtlichen Situation werde sie - vereinbarungsgemäß - die Ergebnisse des Gutachtens ggfs. auch zu Gunsten der Klägerin berücksichtigen müssen.

Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Ersatz der von ihr in Erfüllung der Vereinbarung für das Gutachten getätigten Ausgaben in Höhe von 370 392,65 €. Ein solcher Anspruch ergebe sich weder aus der Vereinbarung selbst noch aus einer möglichen Vertragspflichtverletzung. Durch den angefochtenen Bescheid habe der Beklagte der Vereinbarung nicht die Grundlage entzogen.

Die vom Senat zugelassene Berufung hat die Klägerin wie folgt begründet: Der Beklagte habe das Gutachten des DGFZ bei der Ermessensentscheidung über den Teilwiderruf berücksichtigen müssen. Die Beteiligten hätten die Vereinbarung abgeschlossen, weil sie neben der Verbesserung der Gesamtsituation im Westfläming auch eine fachlich umfassende Entscheidung für die anstehenden Entscheidungen über die Wasserrechte haben wollten. Aus diesem Grund habe sie die Aufwendungen für das Gutachten in Höhe von 370.392,65 € getätigt und die Fahrweise ihrer Wasserfassungen mit zusätzlichem Investitionsaufwand umgestellt. Im Jahr 2000, mithin bei Abschluss der Vereinbarung, habe sie die genehmigten Fördermengen bereits unterschritten, was den Behörden aufgrund der jährlichen Übergabe der hydrologischen Jahresberichte bekannt gewesen sei. Diese Unterschreitung sei ausdrücklich Gegenstand der Vereinbarung gewesen, in der sie sich zu einer freiwilligen Selbstbeschränkung auf genau diese Mengen verpflichtet habe. Der teilweise Widerruf sei auch nicht erforderlich, weil sie die freiwillige Selbstbeschränkung in § 2 Abs. 2 der Vereinbarung einhalte. Außerdem habe sich die wasserwirtschaftliche Situation im Westfläming in den letzten Jahren trotz vorhandener Trockenjahre stabilisiert.

Darüber hinaus habe die Beklagte sie "spitz" auf die tatsächlichen Fördermengen der letzten Jahre ohne einen einzigen Kubikmeter Reservekapazität festgelegt. Im Bundesgebiet sei ein Zuschlag von 20 % branchenüblich und entspreche ständiger Verwaltungspraxis. Auch in der Vereinbarung vom 22.11.2000 habe der Beklagte eine solche Reservekapazität anerkannt. Diese sei für Rohrnetzverluste, Havarien, neue Baugebiete oder industrielle Großkunden sowie Trockenjahre erforderlich. Der Teilwiderruf lasse lediglich eine Erhöhung der Fördermengen bei Störungen in ihrem Wasserwerk Colbitz zu, nicht aber bei künftigen Veränderungen oder Störungen im eigenen Versorgungsbereich des Wasserwerks Lindau. Erforderliche Reservemengen könnten nicht aus ihrem Wasserwerk Colbitz gedeckt werden, sondern müssten am Standort Lindau bereitstehen. Reservekapazitäten seien für jedes Wasserwerk gesondert zu berücksichtigen.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und den Teilwiderrufsbescheid des Beklagten vom 09.12.2004 aufzuheben,

hilfsweise,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 370.392,65 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt den angefochtenen Bescheid und trägt ergänzend vor: Den Reservebedarf habe er ausreichend berücksichtigt. In Sachsen-Anhalt gebe es auch keine diesbezügliche Verwaltungsvorschrift. In der Regel würden zusätzlich benötigte Entnahmemengen beispielsweise zum Ausgleich von Rohrnetzverlusten bei einem Altbestand durch den Wasserversorger im Antrag zur Erteilung des Benutzungsrechts angegeben. Zukünftige Erwartungen eines Versorgers mit dem Ziel einer Vorratsbewirtschaftung durch den Erhalt der Wasserrechte im genehmigten Umfang seien mit den Grundsätzen des Gewässerschutzes und den Zielen der öffentlichen Wasserbewirtschaftung nicht vereinbar. Durch die Vereinbarung vom 22.11.2000 habe der Klägerin keine vorteilhafte Rechtsposition hinsichtlich möglicher behördlicher Entscheidungen verschafft werden sollen. Zwischen dem Gutachten des DGFZ und der Widerrufsentscheidung bestehe kein unmittelbarer Zusammenhang.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen; denn die zulässige Klage ist mit dem Hauptantrag begründet. Der angefochtene Teilwiderrufsbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Ermächtigungsgrundlage für den Teilwiderruf der wasserrechtlichen Nutzungsgenehmigungen für die Wasserfassungen Dobritz II und Lindau-Süd ist § 33 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 i. V. m. Abs.1 des Wassergesetz für das Land Sachsen-Anhalt in der im Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung geltenden Fassung vom 21.04.1998 (GVBl LSA S. 186), zuletzt geändert durch Gesetz vom 16.07.2003 (GVBl LSA S. 158) - WG LSA. Danach kann die Wasserbehörde alte Recht und Befugnisse entschädigungslos widerrufen, soweit die Benutzung im bisher zulässigen Umfang für den Unternehmer nicht mehr erforderlich ist, insbesondere dann, wenn der zulässige Umfang drei Jahre lang erheblich unterschritten wurde.

Bei den wasserrechtlichen Nutzungsgenehmigungen vom 23.02.1983/03.12.1985 und 27.11.1989 handelt sich um fortwirkende alte Rechte und Befugnisse im Sinne des § 32 WG LSA. Danach ist eine Erlaubnis oder Bewilligung nicht erforderlich für Benutzungen auf Grund von Rechten, die nach dem Wassergesetz vom 17.04.1963 (GBl-DDR I S. 77) oder nach dem Wassergesetz vom 02.07.1982 (GBl-DDR I S. 467) erteilt oder in einem durch diese Gesetze geordneten Verfahren aufrechterhalten worden sind, wenn am 01.07.1990 rechtmäßige Anlagen zur Ausübung des Rechts vorhanden waren. Die beiden Nutzungserlaubnisse wurden auf der Grundlage des Gesetzes vom 02.07.1982 erteilt. Die Beteiligten gehen auch davon aus, dass am 01.07.1990 "rechtmäßige Anlagen" vorhanden waren. Nach dem durch das Vierte Gesetz zur Änderung des WG LSA vom 15.04.2005 (GVBl LSA S. 208) - zur Schaffung von Rechtssicherheit (vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung v. 02.09.2004, LT-Drucks. 4/1789, S. 64) - angefügten § 36 Abs. 1 Satz 2 gelten für den Übergang der alten Rechte und Befugnisse die §§ 11 Abs. 2 und 14 Abs. 6 WG LSA entsprechend. Nach diesen Regelungen gehen die Erlaubnis und die Bewilligung mit der Wasserbenutzungsanlage oder, wenn sie für ein Grundstück erteilt worden ist, mit diesem auf den Rechtsnachfolger über, soweit bei der Erteilung nichts anderes bestimmt ist. Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, dass die Klägerin - was das Wasserwerk bzw. die Wassergewinnungsanlagen als "Wasserbenutzungsanlagen" anbetrifft - Rechtsnachfolgerin des VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung A-Stadt ist.

Die Ermächtigungsgrundlage für den Teilwiderruf für die Wasserfassung Nedlitz ergibt sich aus § 7 Abs. 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.08.2002 (BGBl I S. 3245) - WHG - und § 11 Abs. 1 WG LSA i. V. m. § 49 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG. Die Erlaubnis ist nach §§ 7 Abs. 1 Satz 1 WHG, 11 Abs. 1 WG LSA kraft Gesetzes widerruflich, so dass ihr Widerruf nach § 49 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG erfolgen kann. Ein hinreichend gewichtiger Grund für einen Widerruf ist (jedenfalls) dann gegeben, wenn die Voraussetzungen der §§ 12 Abs. 2 WHG, 18 Abs. 2 WG LSA vorliegen (vgl. Knopp in: Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 7 RdNr. 14; Czychowski/Reinhardt, WHG, 8. Aufl., § 7 RdNr. 24; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl., RdNr. 653). Nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 WHG und § 18 Abs. 2 Nr. 1 kann ein teilweiser Widerruf ohne Entschädigung erfolgen, wenn der Unternehmer die Benutzung drei Jahre ihrem Umfang nach erheblich unterschritten hat.

Die Voraussetzungen für einen Teilwiderruf liegen hier vor; denn die Klägerin hat die genehmigten Fördermengen bei allen drei Wasserfassungen über einen Zeitraum von drei Jahren in erheblichen Umfang unterschritten.

Die wasserrechtliche Nutzungsgenehmigung für die Wasserfassung Lindau-Süd erlaubt die Entnahme von Grundwasser mit einer täglichen Entnahmemenge in Höhe von 15.000 m³/d. Nach den Feststellungen des Beklagten, deren Richtigkeit von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen wird, lag die durchschnittliche tägliche Förderrate in den Jahren 2000 bis 2002 bei 2.737 m³/d. Die maximale Jahresförderrate lag im Jahr 2001 bei 1.002.373 m³/a, was einer mittleren Tagesentnahme von 2.746 m³/d entspricht. Die Genehmigung wurde damit nur zu etwa 18 bis 19 % ausgenutzt. Die wasserrechtliche Nutzungsgenehmigung für die Wasserfassung Dobritz II erlaubt die Entnahme von Grundwasser mit einer täglichen Entnahmemenge in Höhe von 22.150 m³/d. Die durchschnittliche tägliche Förderrate lag in den Jahren 2000 bis 2002 bei 8.965 m³/d, die maximale Jahresförderrate im Jahr 2000 lag bei 3.595.860 m³/a, was einer mittleren Tagesentnahme von 9.852 m³/d entspricht. Die Genehmigung wurde damit nur zu etwa 40 bis 45 % ausgenutzt. Die wasserrechtliche Erlaubnis für die Wasserfassung Nedlitz erlaubt die Entnahme von Grundwasser mit einer täglichen Entnahmemenge in Höhe von 12.000 m³/d. Die durchschnittliche tägliche Förderrate lag in den Jahren 2000 bis 2002 bei 8.473 m³/d; die maximale Jahresförderrate im Jahr 2001 lag bei 3.142.233 m³/a, was einer mittleren Tagesentnahme von 8.608 m³/d entspricht. Die Erlaubnis wurde mithin zu etwa 70 bis 72 % ausgenutzt. Auch darin dürfte noch eine "erhebliche" Unterschreitung des Umfangs der Gewässerbenutzung zu sehen sein.

Ein Widerruf wegen erheblicher Unterschreitung des Umfangs der Benutzung kann aber nur erfolgen, soweit die Benutzung im bisherigen Umfang nicht mehr erforderlich ist. Mit Recht weist die Klägerin darauf hin, dass hierbei erforderliche Reservekapazitäten nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Bei der Beurteilung des erforderlichen Umfangs der Wasserbenutzung, für die eine Bewilligung oder Erlaubnis beantragt wird, darf nicht nur auf den augenblicklichen oder unmittelbar bevorstehenden Bedarf abgestellt werden. Es muss vielmehr oft auf längere Jahre hinaus der voraussehbaren künftigen Entwicklung Rechnung getragen und selbst ein nur selten auftretender Spitzenbedarf berücksichtigt werden. Eine solche Vorratswirtschaft ist sachlich begründet und darf, wenn sie bei der Bewilligung oder Erlaubnis zugelassen wird, nicht nachträglich über die Widerrufsvorschriften zunichte gemacht werden (vgl. zum Ganzen: Czychowski/Reinhardt, a. a. O., § 12 RdNr. 6c sowie Breuer, a. a. O., RdNr. 648). Nach dem Runderlass des niedersächsischen Umweltministeriums vom 30.08.1991 (Nds. MBL S. 1184) beispielsweise soll die Entnahmemenge den derzeitigen Bedarf zuzüglich eines zehnprozentigen Sicherheitszuschlags und eines fünfprozentigen Trockenjahrzuschlags sowie der Rohrnetzverluste bis zu 6 v. H. und des Wassereigenverbrauchs entsprechen, wobei als derzeitiger Bedarf im Allgemeinen die höchste Verbrauchsmenge der letzten drei Jahre (ohne Eigenbedarf und Rohrnetzverluste) anzusetzen sei, sofern nicht ein extremes Trockenjahr eingeschlossen sei. Soweit der Beklagte im angefochtenen Bescheid für die drei Wasserfassungen jeweils einen Reservebedarf festgelegt hat, ist dieser auf die Fälle von Störungen im Verbundsystem mit dem Wasserwerk Colbitz beschränkt. Ob dies genügt, um auch bei Havarien und sonstigen Rohrnetzverlusten eine ausreichende Menge Trinkwasser zur Verfügung stellen zu können, mag dahin stehen. Es genügt jedenfalls nicht, um dem Bedürfnis nach Reservemengen für künftige Entwicklungen und mögliche Trockenjahre ausreichend Rechnung tragen zu können. Dem kann der Beklagte nicht entgegenhalten, in den letzten (drei) Jahren hätten sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, das die Klägerin einen höheren Bedarf haben könne. Es ist gerade Sinn und Zweck eines solchen Reservebedarfs, dass der Versorger auch bei nicht vorhersehbaren Ereignissen, wie einem Trockenjahr oder dem Hinzutreten neuer (Groß-)Verbraucher im Versorgungsgebiet noch in der Lage sein soll, genügend Trinkwasser zur Verfügung zu stellen.

In welchem Umfang hier ein Reservebedarf anzuerkennen ist, insbesondere ob der von der Klägerin angesetzte "Zuschlag" von 20 % angemessen ist, kann allerdings offen bleiben; denn der Bescheid erweist sich ungeachtet der fehlenden Berücksichtigung eines ausreichenden Reservebedarfs mit Blick auf die Vereinbarung vom 22.11.2000 als ermessensfehlerhaft.

Dem Beklagten ist allerdings darin zu folgen, dass die Vereinbarung, bei der es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag nach § 54 VwVfG handelt, einem teilweisen Widerruf nicht von vorn herein entgegensteht. Die Vereinbarung enthält zwar in § 2 Abs. 4 die Zusicherung des Beklagten und des MRLU, keine Reduzierung der genehmigten Fördermengen durch einen Teilwiderruf der Wasserrechte anzuordnen. Durch eine solche Zusicherung im Sinne von § 38 Abs. 1 VwVfG, einen bestimmten Verwaltungsakt zu unterlassen, die auch im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrags abgegeben werden kann (vgl. Stelkens/Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 38 RdNr. 32), kann die Behörde eine Selbstbindung eingehen (vgl. Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, a. a. O., § 40 RdNr. 121) mit der Folge, dass eine davon abweichende Entscheidung ermessensfehlerhaft ist. Die Zusicherung in § 2 Abs. 4 der Vereinbarung vom 22.11.2000 enthält indes die Einschränkung, dass sie (nur) auf der Grundlage des im Zeitpunkt der Vereinbarung bekannten Sachverhalts und "bis zur Bewertung der Untersuchung der GCI GmbH" gelten solle. Eine solche Bewertung erfolgte am 28.01.2004 durch den Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalt.

Auch bei Beachtung der Regelungen in den Absätzen 2 und 3 des § 2 der Vereinbarung, wonach sich die Klägerin einerseits verpflichtete, die tatsächlichen Fördermengen über die seinerzeitige Entnahmemenge zuzüglich einer üblichen Reservemenge nur im Benehmen mit dem Beklagten zu erhöhen, und sich der Beklagte auf der anderen Seite verpflichtete, Entscheidungen zu den Wasserrechten ebenfalls nur im Benehmen mit der Klägerin zu treffen, war der Beklagte nicht gehindert, die Wasserrechte im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Bescheids teilweise zu widerrufen. Nach § 2 Abs. 1 der Vereinbarung war es zwar Ziel, eine einvernehmliche Regelung der Wasserrechte zu erreichen. Soweit dies nicht gelingt, hindert dies den Beklagten aber nicht, hoheitlich zu entscheiden, auch wenn dies nur im "Benehmen" mit der Klägerin möglich sein soll. Der Begriff des "im-Benehmen-mit", der eine deutlich lockerere Kooperation zwischen den Beteiligten statuiert als der Begriff des "Einvernehmens", verlangt keine Willensübereinstimmung, sondern nur, dass derjenige, mit der sich die entscheidende Behörde ins "Benehmen" zu setzen hat, informiert wird und Gelegenheit hat, seine Stellungnahme abzugeben (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.02.1993 - 3 C 64/90 -, BVerwGE 92, 88 [97], m. w. Nachw.; Beschl. v. 29.12.1994 - 7 AV 12/94 -, Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 3). Die Klägerin hatte im Verwaltungsverfahren die Möglichkeit, dem Beklagten ihre Auffassung zur vollständigen Aufrechterhaltung der Wasserrechte darzulegen. Bei einer anderen Beurteilung der Absätze 2 und 3 des § 2 der Vereinbarung wäre die nachfolgende Zusicherung Abs. 4 im Übrigen weitgehend bedeutungslos.

Daher greift auch nicht der Einwand der Klägerin, der Teilwiderruf sei nicht erforderlich, weil sie sich in der Vereinbarung zur Einhaltung der tatsächlichen Fördermengen zuzüglich eines üblichen Reservebedarfs verpflichtet habe. Die Klägerin hat sich lediglich dazu verpflichtet, diese Fördermengen nur "im Benehmen" mit dem Beklagten zu erhöhen. An einer Erhöhung der Fördermengen im Rahmen der genehmigten Wasserrechte war sie aufgrund der vertraglichen Regelung nicht gehindert, wenn sie den Beklagten zuvor in Kenntnis setzte.

Auch wenn der Beklagte nach alldem auf Grund der Vereinbarung vom 22.11.2000 nicht gehindert war, nach pflichtgemäßem Ermessen einen Teilwiderruf auszusprechen, musste er bei seiner Ermessensentscheidung doch gebührend berücksichtigen, dass eine endgültige Bewertung der Wasserrechte noch ausstand und erst danach eine (einvernehmliche) Regelung der Wasserrechte getroffen werden sollte. In der Vorbemerkung der Vereinbarung heißt es ausdrücklich, dass die Auswirkungen des Zusammentreffens verschiedener Ursachen und Nutzungen auf den Wasserhaushalt im Westfläming zu untersuchen seien und diese Untersuchungen der Vorbereitung zukünftiger wasserrechtlicher Entscheidungen der Behörden dienen sollen. Nach § 1 Abs. 1 der Vereinbarung sind genau diese Untersuchungen Gegenstand des Gutachtens des DGFZ. Nach § 2 Abs. 2 der Vereinbarung sollte ungeachtet der Zusicherung und der Bewertung der Untersuchungen der GCI GmbH auf der Grundlage des Gutachtens des DGFZ eine "endgültige Bewertung" mit dem Ziel einer einvernehmlichen Regelung der Wasserrechte erfolgen. Vor diesem Hintergrund kann keine Rede davon sein, dass zwischen dem Gutachten des DGFZ und der Widerrufsentscheidung kein (unmittelbarer) Zusammenhang bestehe. Der Beklagte geht davon aus, dass bislang nur eine "Zwischenbewertung" (durch den Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalt in seiner Stellungnahme vom 28.01.2004), aber noch keine "endgültige Bewertung" erfolgt ist. Er hätte daher bei Ausspruch des Teilwiderrufs in der Begründung der Ermessensentscheidung näher darlegen müssen, weshalb er ungeachtet der Regelungen in der Vereinbarung die Wasserrechte bereits zu einem Zeitpunkt widerruft, in welchem eine endgültige Bewertung auf Grund des Gutachtens des DGFZ noch aussteht. Daran fehlt es aber. Wann eine solche "endgültige Bewertung" stattfindet, ist nach derzeitigem Stand offen. In der mündlichen Verhandlung hat sich der Beklagte dahingehend geäußert, es solle die Entscheidung des Senats abgewartet werden. Unklar bleibt insbesondere, inwieweit der Teilwiderruf der Wasserrechte, wie der Beklagte geltend macht, lediglich eine "Zwischenentscheidung" darstellen soll. Es bleibt völlig offen, wie die Wasserrechte im Falle einer - für die Klägerin möglicherweise günstiger ausfallenden - "endgültigen Bewertung" geregelt werden sollen. Eine Änderung der erlaubten Benutzung wie beispielsweise des Maßes der Benutzung macht grundsätzlich eine neue Erlaubnis erforderlich (vgl. Czychowski/Reinhardt, a. a. O. § 7 RdNr. 32, w. m. Nachw.), für die dann die Versagungsgründe der §§ 6 WHG, 9 WG LSA zu beachten sind. Ein Rechtsanspruch auf eine neue Erlaubnis oder Bewilligung besteht nicht (Czychowski/Reinhardt, a. a. O., § 6 RdNr. 28, m. w. Nachw.). Damit setzt sich der angefochtene Bescheid aber nicht auseinander. Die Zusage in § 3 der Vereinbarung, eine Erlaubnis im einfachen nicht förmlichen Verfahren zu erteilen, bezieht sich nur auf den Fall, dass die Wasserfassung Dobritz II verbreitert werden sollte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 709 Satz 1, 708 Nr. 11 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.

Ende der Entscheidung

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