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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 21.08.2008
Aktenzeichen: 2 L 76/07
Rechtsgebiete: AbfVerbrG, EWGV 259/93


Vorschriften:

AbfVerbrG § 6 Abs. 1
EWGV 259/93 Art. 26
1. Zur Einordnung von gemischten Abfällen in die "Grüne Liste" des Anhangs II zur EWGV 259/93.

2. Es bleibt offen, ob im Rahmen des Art. 26 Abs. 2 EWGV 259/93 eine Verantwortlichkeit der "notifizierenden Person" bzw. eine Wiedereinfuhrpflicht auch dann noch besteht, wenn die illegal verbrachten Abfälle durch Brandereignisse eine wesentliche Veränderung ihrer Beschaffenheit erfahren haben.

3. Sind mehrere Wiedereinfuhrpflichtige im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AbfVerbrG vorhanden, hat die zuständige Behörde ein Auswahlermessen, das sie - wie im allgemeinen Gefahrenabwehrrecht auch - am Effektivitätsgrundsatz auszurichten hat. Die Eröffnung dieser Auswahlmöglichkeit begründet zugleich die rechtliche Obliegenheit, das Ermessen in fehlerfreier Weise auszuüben. Voraussetzung dafür ist insbesondere, dass die Behörde die Frage der tatbestandsmäßigen Verantwortlichkeit der ihr zur Kenntnis gelangten Personen prüft und - wenn sich als Ergebnis dieser Prüfung herausstellt, dass eine Mehrzahl von ihnen verantwortlich ist - eine bewusste Entscheidung darüber trifft, gegen welche dieser Personen sie aus welchen Gründen ihre Maßnahme richtet.

4. Die in Art. 2 g) i) bis iv) EWGV 259/93 normierte Reihenfolge der "notifizierenden Personen" wirkt sich nicht dahingehend aus, dass bei der Frage, wer nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AbfVerbrG herangezogen werden soll, eine bestimmte Reihenfolge für den Regelfall vorgegeben wäre, der Abfallerzeuger etwa im Sinne etwa eines "vorgeprägten" oder gar "intendierten" Ermessens vorrangig herangezogen werden soll.

5. Art. 2 g) i) EWGV 259/93 benennt als Abfallerzeuger (nur) diejenigen Personen, durch deren Tätigkeit Abfälle angefallen sind, also nur die so genannten "Ersterzeuger". Der maßgebliche Personenkreis ist damit enger gefasst als in Art. 2 Nr. 9 und 15 der seit dem 12.07.2007 geltenden Verordnung EWGV 1013/2006 über die Verbringung von Abfällen sowie in Art. 1 b) der EWGRL 75/442 und Art. 1 b) der an ihre Stelle getretenen EWGRL 2006/12.


Tatbestand:

Die Klägerin, die einen Entsorgungsfachbetrieb führt, wendet sich gegen eine Anordnung des Beklagten, Abfälle aus der Tschechischen Republik zurückzuführen.

Unter dem 12.12.2005 bestellte die in Prag ansässige Firma B. GmbH bei der G. . W. GmbH in . 5.000 t gemischte Kunststoffe, die in den Gruppen mit den Abfallschlüsselnummern 15 01 02 und 15 01 06 AVV eingeordnet sind, zur weiteren Sortierung sowie zur energetischen Verwertung in einer Verbrennungsanlage. Als Ort der Entladung war ein Areal einer LPG in in der Tschechischen Republik angegeben. Nach einem mit der tschechischen (...) GmbH in geschlossenen Vertrag vom 01.12.2005 liefert die B. GmbH der (...) GmbH Abfälle mit den Schlüsselnummern 15 01 02 und 15 01 06 jeweils nach vorheriger Bestellung und Bedarf zur Entsorgung mit energetischer Ausnutzung in deren Müllverbrennungsanlage. Der (...) GmbH war am 11.09.2003 vom Bezirksamt des P. Bezirks, Fachbereich Umwelt, die Genehmigung zum Betreiben einer Abfallbeseitigungsanlage erteilt worden. Unter dem 13.12.2005 bestellte die G. O. W. GmbH bei der Klägerin "max. 3.000 t Kunststoffe (GH 010, grüne Liste, AVV 150102/150106)" zum Weiterverkauf an die Bau24 GmbH. Daraufhin verbrachte die Klägerin von Mitte Dezember 2005 bis Anfang Januar 2006 über die tschechische Spedition St. O. etwa 63 LKW-Ladungen kunststoffhaltige Abfälle (ca. 2.055 t) auf das Areal der Bau24 GmbH in . Auf den Wiegescheinen gab die Klägerin unter der Rubrik Transportgut/Artikel "Verpackungen aus Kunststoffen AVV 15 01 02 GH 010" an. In den dazugehörigen Übernahmescheinen ist die Klägerin als "Abfallerzeuger oder Beförderer bei Befördererwechsel" angegeben. Nach einer Bescheinigung vom 05.01.2006, die von der (...) GmbH abgestempelt und unterschrieben ist, bestätigte die (...) GmbH die energetische Nutzung von gemischten Kunststoffverpackungen der Firma B. GmbH. Der Geschäftsführer der (...) GmbH gab am 07.03.2006 gegenüber der tschechischen Umweltinspektion - Gebietsinspektion P. - an, seine Bestätigung vom 05.01.2006 gegenüber der B. GmbH habe lediglich aussagen sollen, dass seine Müllverbrennungsanlage in der Lage sei, Kunststoffmischabfälle thermisch zu verwerten; sein Unternehmen habe aber von der B. GmbH keinen Abfall angenommen. Mit Schreiben vom 24.01.2006 hatte die (...) GmbH gegenüber der B. GmbH den Vertrag vom 01.12.2005 unter Bezugnahme auf die "Mediensituation" gekündigt, die um die B. GmbH auf dem Gebiet der Abfallbehandlung entstanden sei. In dem Schreiben heißt es weiter, der Vertrag sei seit seinem Abschluss bis zum heutigen Tage durch keine realisierte Lieferung erfüllt worden.

Das Prager Umweltministerium informierte den Beklagten bereits mit Schreiben vom 20.02.2006 darüber, dass auf dem Gelände der B. GmbH in von der Klägerin illegal verbrachte Abfälle lagerten und forderte ihn auf, die Abfälle zurückzuführen. Am 21.03.2006 fand eine Begehung des Abfalllagers in statt, an der Mitarbeiter des Beklagten teilnahmen. Aus einer Stellungnahme hierzu vom 31.03.2006 ergibt sich, dass der Beklagte mangels weiterer Erkenntnisse über die Zuordnung der Abfälle zur Klägerin die Sache an die Sonderabfallagentur B.-W. GmbH (SAA) als zentrale Koordinierungsstelle abgeben wollte, weil die tschechischen Beteiligten die gleiche Mitschuld an der illegalen Verbringung trügen. Daher müssten die betroffenen Behörden gemeinsam dafür Sorge tragen, dass die betreffenden Abfälle auf umweltverträgliche Weise beseitigt oder verwertet werden. Auf diesen Umstand wollte man die tschechischen Behörden nochmals nachdrücklich hinweisen. Unter dem 03.04.2006 teilte der Beklagte der tschechischen Umweltbehörde mit, dass die Abfälle, wenn aus Deutschland stammend, nicht allein aus dem Bundesland Sachsen-Anhalt kämen, sondern mehrere deutsche Bundesländer betroffen seien und eine Zuordnung der konkreten Abfallcharge zu einer bestimmten Anlage in Deutschland oder zu einem Bundesland nicht möglich sei. Aus diesem Grunde werde die weitere Bearbeitung des tschechischen Rückholersuchens an die für solche Fälle in Deutschland zuständige zentrale Koordinierungsstelle in Baden-Württemberg abgegeben. Darauf teilte das tschechische Umweltministerium dem Beklagten unter dem 06.04.2006 u. a. mit, dass die am 09.03.2006 übersandten Unterlagen nachweisen würden, dass die von der Klägerin in die tschechische Republik verbrachten Abfälle nicht in der Verbrennungsanlage der (...) GmbH in P. thermisch verwertet worden seien. Diese illegal nach verbrachten, in Ballen zusammengepressten Abfälle seien Mischungen, für die es in der "Grünen Liste" keine eigenständigen Positionen gebe. Zudem enthielten sie gefährliche Bestandteile. Sie seien auch nicht zur Verwertung, sondern zur versteckten Beseitigung bestimmt gewesen. Der Abfall sei nur grob sortiert; neben Kunststoffen enthalte er Papierverpackungen, Zeitungen, Metalle und Glas, faulende Lebensmittelrückstände, Verpackungen von Arzneien, pharmazeutische Erzeugnisse, Klebstoffe und andere gefährliche Komponenten (z. B. Batterien), sowie verschiedene Gegenstände, die aus Haushalten usw. stammten. Es sei beabsichtigt, die zeitweilige Lagerung der Abfälle (mindestens 6.400 t) an einem sicheren Ort vorzunehmen, weil die Rückführung der Abfälle in die Bundesrepublik nicht mit dem angenommenen Tempo fortschreite. Die hierfür entstandenen Kosten müssten von deutscher Seite getragen werden.

Auf dem Gelände in brachen dreimal Brände aus, bei denen zum großen Teil auch die in einer offenen Silage gelagerten Abfälle abbrannten.

Am 24.04.2006 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass er beabsichtige, ihr die Rückführung der nunmehr weitestgehend verbrannten Brandrückstände aufzugeben. Hierzu gab der Beklagte der Klägerin eine Frist zur Stellungnahme bis 16.00 Uhr am selben Tag.

Mit Vertrag vom 27.04.2006 einigten sich die Vertreter des tschechischen Umweltministeriums mit den Vertretern des Landes Sachsen-Anhalt im Rahmen eines Verwaltungsabkommens über die Rückführung von 750 t der Brandrückstände in . Als Beginn der Rückführung wurde in dieser Vereinbarung der 08.05.2006 festgelegt. Die tschechischen Behörden räumten das Areal in und verbrachten die Abfälle in ein genehmigtes Zwischenlager nach . Lediglich die Abfallmenge, die die Klägerin zurückholen sollte, beließen sie auf dem Areal in .

Mit Bescheid vom 02.05.2006 gab der Beklagte der Klägerin auf, eine Menge von 750 t der auf dem Gelände in lagernden Abfälle (Brandrückstände) in die Bundesrepublik Deutschland zurückzuführen und dort ordnungsgemäß in einer dafür zugelassenen Anlage zu entsorgen. Diesen Bescheid hob das Verwaltungsgericht auf (2 A 163/06 HAL), weil die der Klägerin darin gesetzte Frist zu kurz bemessen sei. Diesen Rechtstreit haben die Beteiligten im anschließenden Berufungsverfahren (2 L 74/07) übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem auch ein Bescheid des Beklagten vom 28.07.2006 über die Erhebung der entstanden Kosten vom Verwaltungsgericht aufgehoben und das Urteil rechtskräftig geworden war.

Am 08.05.2006 begann ein vom Beklagten über ein beschränktes Vergabeverfahren beauftragtes Unternehmen mit der Rückführung der Abfälle aus nach Sachsen-Anhalt, wo sie entsorgt wurden. (Erst) in der Entsorgungsanlage der MW TREA L. GmbH stellte der Beklagte fest, dass nur eine Menge von 634 t Abfällen zurückgeführt und entsorgt wurde.

Mit hier streitgegenständlichem Bescheid vom 04.08.2006 gab der Beklagte der Klägerin auf, eine Menge von 116 t der auf der Deponie in separiert lagernden Abfälle (Brandrückstände) in die Bundesrepublik Deutschland zurückzuführen und dort ordnungsgemäß in einer dafür zugelassenen Anlage zu entsorgen. Die Rückführung müsse bis zum 18.08.2006 beginnen und bis zum 25.08.2006 abgeschlossen sein. Der konkrete Beginn des Transports und ein Ablaufplan für die Rückführung müsse dem Beklagten bis zum 14.08.2006 übermittelt werden. Für den Fall, dass die Klägerin die Rückführung nicht oder nicht vollständig durchführe, drohte der Beklagte die Ersatzvornahme durch die SAA an. Die voraussichtlichen Kosten für die Rückholung schätzte der Beklagte auf 20.000,00 €. Zur Begründung führte er aus, im Rahmen der bisher erfolgten Rückführung von Abfällen aus seien von den ursprünglich staatsvertraglich vereinbarten 750 t lediglich 634 t wieder nach Deutschland eingeführt worden. Die Klägerin sei als "notifizierende Person" (Abfallerzeuger) im Sinne von Art. 26 Abs. 1 a) der Verordnung (EWG) Nr. 259/93 trotz des Besitzverlusts (Veräußerung an die Fa. Oertel) weiterhin für die Entsorgung der noch verbliebenen Abfälle verantwortlich. Entsprechend der marktwirtschaftlichen Ausrichtung des KrW-/AbfG, das Verursacherprinzip durchzusetzen, sei das Risiko des Scheiterns des vom Vorbesitzer ausgewählten Auftragnehmers bei der Entsorgung nicht auf die öffentliche Hand abzuwälzen; vielmehr sei es dem Vorbesitzer oder Abfallerzeuger zuzuordnen. Die abfallrechtliche Verantwortlichkeit der Klägerin sei auch nicht dadurch entfallen, dass die B. GmbH die von der Klägerin gelieferten Abfälle mit Abfällen anderer Herkunft vermischt habe und dadurch möglicherweise selbst Abfallerzeuger geworden sei. Nunmehr sei eine anteilige Verantwortung für die Gesamtmenge gegeben, die entsprechend der Lieferpapiere zu bestimmen sei.

Hiergegen hat die Klägerin am 08.08.2006 Klage erhoben. Zur Begründung hat sie u. a. vorgetragen: Die vom Beklagten gesetzten Fristen seien auch hier unverhältnismäßig kurz gewesen. Außerdem habe der Beklagte sein Ermessen bei der Störerauswahl nicht erkannt. Er habe zwar gesehen, dass in der hier in Rede stehenden Entsorgungskette mehrere Unternehmen beteiligt seien, führe aber an keiner Stelle aus, warum er gerade sie in Anspruch nehme. In Betracht komme insoweit auch die Firma Cl. S. GmbH & Co. KG, von der sie die fraglichen Abfälle bezogen habe, und der der Transport nach Tschechien bekannt gewesen sei. Auf deutscher Seite seien zudem die G. O. W. GmbH und deren Vertragspartner, der Abfallmakler A. K. aus verantwortlich. Sie sei damit lediglich ein Glied in einer mindestens fünf Glieder umfassenden Entsorgungskette. Ungeachtet dessen habe es sich um keine illegale Verbringung gehandelt, da sie lediglich "grün gelisteten" Abfall zur Verwertung verbracht habe, was weder eine Notifizierungspflicht noch eine Genehmigungspflicht nach der Abfallverbringungsverordnung auslöse. Dies bestätige ein Gutachten des Dipl.-Volkswirts R. S. vom 13.02.2006 sowie das in ihrem Auftrag von Dr. M. E. erstellte Gutachten vom 08.01.2007.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 04.08.2006 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er u. a. ausgeführt, bei den verbrachten Abfällen habe es sich um unsortierte Siedlungsabfälle gehandelt, so dass bei der Notifizierung die Einordnung unter dem Abfallschlüssel AVV 19 12 12 (Abfälle aus Abfallbehandlungsanlagen, sonstige Abfälle [einschließlich Materialmischungen] aus der mechanischen Behandlung von Abfällen mit Ausnahme derjenigen, die unter 19 12 11 [sonstige Abfälle, die gefährliche Stoffe enthalten]) vorzunehmen gewesen wäre. Die Inanspruchnahme der Klägerin sei auch nicht ermessensfehlerhaft erfolgt. Als Abfallerzeugerin im Sinne von Art. 2 g) i) EG-AbfVerbrV sei diese vorrangig als Störer nach § 6 Abs. 1 AbfVerbrG einzustufen. Wegen des Stufenverhältnisses der notifizierungspflichtigen Personen in Art. 2 g) EG-AbfVerbrV seien sonstige Personen als nachrangig einzuordnen.

Mit Urteil vom 23.01.2007 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

Die Verbringung der Abfälle sei im Sinne von Art. 26 Abs. 1 Nr. 1 EG-AbfVerbrV illegal gewesen. Bei den von der Klägerin nach verbrachten Abfällen handele es sich nicht um grün gelisteten Abfall mit der Folge, dass die Verbringung notifizierungspflichtig gewesen sei. Dabei gehe die Kammer zu Gunsten der Klägerin davon aus, dass die nach verbrachten Abfälle eine vergleichbare Zusammensetzung aufwiesen wie die Abfälle, die der Dipl. Ing. S. für die Erstellung seines Gutachtens vorn 13.02.2006 untersucht habe. Es spreche zudem weit Überwiegendes dafür, dass die Abfallverbringung auch deshalb unzulässig gewesen sei, weil sie nicht zum Zwecke der Verwertung sondern zur Beseitigung erfolgt sei. Die von der (...) GmbH betriebene Abfallverbrennungsanlage sei lediglich zur Beseitigung von Abfällen genehmigt worden. Unabhängig davon sei die Verbringung jedenfalls deshalb unzulässig gewesen, weil die B. GmbH unstreitig nicht über die erforderliche Genehmigung zum Lagern von Abfällen gemäß Art. 10 der Richtlinie 75/442/EWG verfügt habe. Die Klägerin sei nach Art. 26 Abs. 2 EG-AbfVerbV als Abfallerzeugerin zur Rückführung verpflichtet. Der Umstand, dass die Abfälle in durch die B. GmbH mit anderen Abfällen vermischt worden seien, lasse ihre Ordnungspflicht nicht entfallen. Als notifizierende Person und Abfallerzeugerin sei die Klägerin vorrangig heranzuziehen mit der Folge, dass die angefochtene Verfügung rechtlich nicht wegen fehlender Ermessenserwägungen zur Störerauswahl zu beanstanden sei. Weitere notifizierende Personen nach Art. 2 g) ii) bis iv) EG-AbfVerbrV seien erst subsidiär nach dem Abfallerzeuger pflichtig. Dies ergebe sich aus der einleitenden Wendung in Art. 2 g) ii) EG-AbfVerbrV "wenn dies nicht möglich ist". Dieses vom höherrangigen Recht vorgegebene Stufenverhältnis habe der Beklagte zu Recht bei der Störerauswahl im Rahmen des § 6 Abs 1 AbfVerbrG im Wege des Anwendungsvorrangs des Europarechts berücksichtigt. Dass bei der Notifizierung und demzufolge auch bei der Rückführung nach Art. 26 EG-AbfVerbrV ein Stufenverhältnis zu beachten sei, stelle die neue Fassung der Abfallverbringungsverordnung nunmehr klar. Dieses Stufenverhältnis bei der Frage, wer überhaupt notifizierende Person sei, könne bei der Frage, wer nach Art. 26 AbfVerbV zur Rückholung verpflichtet sei, nicht unberücksichtigt bleiben.

Die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung hat die Klägerin u. a. mit folgenden Ausführungen begründet:

Der angefochtene Bescheid genüge nicht den Anforderungen an die Bestimmtheit von Verwaltungsakten. Insbesondere bleibe unklar, welcher Teil der sich in dem Zwischenlager in befindenden Abfälle aus zurückgeführt werden sollte. Der Beklagte sei für den Erlass des Handlungsgebotes auf Wiedereinfuhr der Abfälle aus nicht zuständig gewesen. Die SAA habe sich mit einem an ihre Verfahrenbevollmächtigten gerichteten Telefax vom 13.04.2006 in dieser Angelegenheit für zuständig erklärt. Die Voraussetzungen für die Abgabe des Vorgangs an den Beklagten hätten nicht vorgelegen, weil die Ermittlungen der SAA erkennbar nicht zu weiteren Erkenntnissen bzw. zu weiterer Sachaufklärungen in Bezug auf die Klägerin geführt hätten. Bei den von ihr nach verbrachten Abfällen handele es sich um solche der Grünen Liste. Die Einstufung in die OECD-Abfalllisten setzte in erster Linie natur- und ingenieurwissenschaftlichen Sachverstand voraus. Aus diesem Grund habe sie die beiden Gutachten der SHC S.-H.-C. GmbH und von Dr. M. E. (Regierungspräsidium D., Abteilung Umwelt) zur Beurteilung der hier fraglichen Abfälle eingeholt, die das Verwaltungsgericht fehlerhaft nicht berücksichtigt habe. Bereits den maßgeblichen Kunststoffanteil habe das Verwaltungsgericht falsch bestimmt. Eine Notifizierungspflicht rechtfertige sich allein aus dem Gefahrenpotential eines Abfalls. Der Grad der Unreinheit einer Stofffraktion sei nur relevant, wenn er zu einem erhöhten Gefahrenpotenzial führe. Die überwiegende Verantwortung für die Verbringung des Abfalls und damit auch die Haftung liege beim Empfänger, der Bau-24 GmbH, die offenbar nie beabsichtigt habe, die Abfälle in lediglich umzuschlagen und im Anschluss daran unmittelbar in der Müllverbrennungsanlage der (...) GmbH zu verwerten, sondern den Kontingentvertrag mit dieser Firma offenbar nur geschlossen habe, um deutsche Firmen täuschen zu können und so zur Abgabe ihrer Abfälle und vor allem zur Zahlung des Entgelts für die Verbrennung zu bewegen. Auch liege in Bezug auf die Auswahl des Rückholverpflichteten ein offensichtlicher Ermessensnichtgebrauch des Beklagten vor. Als Pflichtige kämen auf deutscher Seite mehrere Unternehmen in Betracht, namentlich die Firma Cl. S. GmbH & Co. KG als Zweiterzeuger, die die fraglichen Abfälle um bestimmte Wertstoffe beraubt bzw. negativ vorsortiert und damit in ihrer Zusammensetzung verändert habe, sowie die O. W. GmbH und der Abfallmakler A. K.. Entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts folge aus Art. 2 g) EGAbfVerbrV zu ihren Lasten kein vorgegebenes Stufenverhältnis. Ferner ließen die nach der Verbringung eingetretenen besonderen Umstände (Vermischung, Verbrennung, Kontamination sowie Verbringung an einen für die Entsorgung zugelassenen Standort im Empfängerstaat) eine etwaige Verantwortung ihrerseits zur Wiedereinfuhr und Entsorgung der Abfälle entfallen.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und den Bescheid des Beklagten vom 04.08.2006 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor: Gemischte Abfälle fielen nur dann unter die Grüne Liste, wenn sie getrennt gesammelt und ausreichend sortiert worden seien. Diese enge Auslegung folge auch dem Ziel der Verordnung; denn erst durch die Notifizierungspflicht könnten die Behörden kontrollieren, welche Abfälle zu welchem Zweck wohin verbracht werden. Nur so sei eine umweltverträgliche Verwertung und ordnungsgemäße Beseitigung von Abfällen gewährleistet. Die von der Klägerin vorgebrachten Gutachten hätten den Nachweis für die Reinheit und Sortiertiefe der von ihr verbrachten Abfälle nicht erbringen können, da sie sich nicht auf diese Abfälle bezogen hätten. Die in gelagerten Abfälle hätten die Gutachter nie gesehen. Die an der Abfallverbringung mitbeteiligte B. GmbH befinde sich zwischenzeitlich in der Insolvenz und besitze keine abfallrechtlichen Genehmigungen zum Betreiben eines "Zwischenlagers" in oder einer für die verbrachten Abfälle geeigneten Abfallverwertungsanlage. Die Verpflichtung zur Wiedereinfuhr treffe die Klägerin als "notifizierungspflichtige Person" gemäß Artikel 2 g) i) der Verordnung, da durch deren Tätigkeit Abfälle angefallen seien (Abfallerzeuger). § 6 Abs. 1 AbfVerbrG lasse ein Ermessen bei der Auswahl des Verantwortlichen zu. Ein wesentliches Entscheidungskriterium könne dabei die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten sein. Dieser könne seiner Inanspruchnahme nicht mit dem Hinweis darauf begegnen, dass auch noch andere Verpflichtete vorhanden seien. Mit beachtet worden sei auch, dass die Klägerin einen Entsorgungsfachbetrieb führe und damit als solcher über ausreichende Entsorgungswege verfüge oder solche kenne; dies ermögliche ihr auch ein schnelles Reagieren auf die Anordnung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und die vom Beklagten vorgelegten Behördenvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen.

1. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht zunächst angenommen, dass die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO zulässig ist, insbesondere das Rechtsschutzinteresse an der Aufhebung der Verfügung vom 04.08.2006 nicht dadurch entfallen ist, dass der Beklagte die Anordnung zur Rückführung der Abfälle (Brandrückstände) bereits im Mai 2006 im Wege der Ersatzvornahme vollzogen hat. Damit hat sich die Anordnung nicht erledigt; denn sie ist noch Grundlage für eine mögliche Heranziehung der Klägerin zu den dem Beklagten durch die Rückführung und Entsorgung entstandenen Kosten. Der Umstand, dass vom Adressaten des Verwaltungsakts noch die Kosten einer Verwaltungsvollstreckung gefordert werden können, steht der Annahme der Erledigung des vollstreckten Verwaltungsakts entgegen, auch wenn eine Rückgängigmachung der Vollziehung nicht mehr möglich ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 113 RdNr. 102; VGH BW, Urt. v. 08.01.2008 - 10 S 2350/07 -, Juris, jew. m. w. Nachw.).

2. Die Klage ist auch begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

2.1. Der Senat hat allerdings keine Bedenken an der formellen Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung.

2.1.1. Sie genügt den Anforderungen des § 37 Abs. 1 VwVfG an die Bestimmtheit von Verwaltungsakten. Der Bestimmtheitsgrundsatz verlangt, dass der Entscheidungsinhalt für den Adressaten nach Art und Umfang aus sich heraus verständlich ist und den Adressaten in die Lage versetzt zu erkennen, was genau von ihm gefordert wird (BVerwG, Urt. v. 15.02.1990 - 4 C 41.87 -, BVerwGE 84, 338). Der Wille der Behörde muss vollständig zum Ausdruck kommen und unzweideutig für die Beteiligten des Verfahrens erkennbar sein; der Verwaltungsakt darf keiner unterschiedlichen subjektiven Bewertung zugänglich sein; die Bestimmbarkeit des Regelungsinhalts genügt allerdings (Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 4. Aufl., § 37, RdNr. 11). Es reicht aus, wenn aus dem gesamten Inhalt des Verwaltungsakts und aus dem Zusammenhang, vor allem aus der von der Behörde gegebenen Begründung und aus den den Beteiligten bekannten Umständen im Weg einer an den Grundsätzen von Treu und Glauben orientierten Auslegung hinreichende Klarheit gewonnen werden kann (vgl. Kopp/Ramsauer, a. a. O., § 37 RdNr. 12, m. w. N.). Im Entscheidungstenor des angefochtenen Bescheids kommt unmissverständlich zum Ausdruck, dass Abfallbrandrückstände in einem Umfang von 116 t, die auf einer genau bezeichneten Deponie im tschechischen separat lagerten, in die Bundesrepublik Deutschland zurückgeführt und dort ordnungsgemäß entsorgt werden sollten. Soweit dort mehr als die angegebene Menge gelagert haben sollte, ergibt sich aus der Verfügung mit hinreichender Klarheit, dass ein entsprechender Anteil (von 116 t) zurückgebracht werden sollte, welcher der Klägerin zugerechnet wurde. Die Frage, ob die Klägerin verpflichtet ist, einen solchen Anteil zurückzutransportieren, ist eine Frage der materiellen Rechtsmäßigkeit der Verfügung und keine Frage der Bestimmtheit.

2.1.2. Der Beklagte war für die Anordnung der Wiedereinfuhr der Abfälle auch sachlich zuständig. Rechtlicher Anknüpfungspunkt ist insoweit § 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 des im Zeitpunkt des Bescheiderlasses noch gültigen Gesetzes über die Überwachung und Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung von Abfällen - Abfallverbringungsgesetz - in der Fassung vom 20.10.2005 (BGBl I 3010) - AbfVerbrG. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AbfVerbrG trifft, soweit eine Wiedereinfuhrpflicht für aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes verbrachte Abfälle besteht, diese Verpflichtung denjenigen, der die Verbringung notifiziert oder eine illegale Verbringung im Sinne des Artikels 26 der EG-Abfallverbringungsverordnung veranlasst, vermittelt oder durchgeführt hat oder daran in sonstiger Weise beteiligt war, sowie den Erzeuger der verbrachten Abfälle, es sei denn, er kann nachweisen, dass er bei der Abgabe der Abfälle ordnungsgemäß gehandelt hat. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AbfVerbrG trifft die zuständige Behörde die für die Erfüllung der Verpflichtung zur Wiedereinfuhr erforderlichen Anordnungen.

Gemäß § 32 Abs. 1 Satz 2 AbfG LSA i. V. m. § 2 Abs. 2 Nr. 2 AbfZustVO ist der Beklagte als obere Abfallbehörde für den Vollzug des AbfVerbrG zuständig. Eine Zuständigkeit der Zentralen Koordinierungsstelle bei der Sonderabfallagentur GmbH B.-W. (SAA) war im Zeitpunkt des Bescheiderlasses nicht (mehr) gegeben. Gemäß Art. 2 Abs. 1 des Staatsvertrags über die Bildung einer gemeinsamen Einrichtung nach § 6 Abs. 1 Satz 7 AbfVerbrG - StVertr - (vgl. Gesetz des Landes Sachsen-Anhalt über den StVertr v. 31.01.2001 [GVBl LSA S. 42]) bearbeitet zwar die Zentrale Koordinierungsstelle die Rückholersuchen gemäß § 6 Abs. 1 AbfVerbrG, bei denen sich keine zuständige Behörde bestimmen oder so rechtzeitig bestimmen lässt, dass der Wiedereinfuhrpflicht rechtzeitig nachgekommen werden kann. Da die auf dem Gelände der B. GmbH lagernden Abfälle nicht nur aus Sachsen-Anhalt, sondern zu einem (geringeren) Teil auch aus Bayern stammten, ergab sich hiernach eine Zuständigkeit der Zentralen Koordinierungsstelle. Gemäß § 2 Abs. 2 StVertr führt die Koordinierungsstelle die Sachaufklärung in der Bundesrepublik Deutschland und in den betroffenen Staaten in eigener Zuständigkeit durch. Zu diesem Zweck führt sie auch die notwendigen Konsultationen mit den betroffenen Staaten. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 StVertr gibt jedoch die Zentrale Koordinierungsstelle in Abstimmung mit der gemäß § 6 Abs. 1 Satz 4 oder 5 AbfVerbrG zuständigen Behörde das Verfahren an diese ab, sobald der Erkenntnisstand der Ermittlungen hierzu ausreicht. Nach Art. 2 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StVertr erfolgt, wenn nur ein Land betroffen ist, die Abgabe des Verfahrens an die zuständige Behörde des Landes, dem gemäß § 6 Abs. 1 Satz 4 AbfVerbrG die Erfüllung der Wiedereinfuhrpflicht obliegt oder obliegen würde. Mit Schreiben vom 24.05.2006 und 12.06.2006 bat die SAA den Beklagten, gegenüber der Klägerin kurzfristig eine weitere Anordnung zur Rückholung des auf sie entfallenden Anteils an dem illegal nach verbrachten Kunststoffabfall zu erlassen. Damit ist eine Abgabe des Verfahrens an den Beklagten der Sache nach erfolgt.

2.2. Der angegriffene Bescheid ist aber aus materiellen Gründen rechtswidrig.

2.2.1. Es bestehen bereits Bedenken, ob eine Wiedereinfuhrpflicht aus der Tschechischen Republik in die Bundesrepublik Deutschland im Zeitpunkt des Bescheiderlasses überhaupt (noch) bestand. In diesem Zeitpunkt war eine solche Wiedereinfuhrpflicht im Fall einer illegalen Verbringung in Art. 26 der bis zum 11.07.2007 geltenden Verordnung (EWG) Nr. 259/93 des Rates der Europäischen Gemeinschaft vom 01.02.1993 (ABl. L 30 v. 06.02.1993, S. 1) - EG-AbfVerbrV 259/93 - geregelt. Nach Art. 26 Abs. 1 a) und b) EG-AbfVerbrV 259/93 gilt als illegale Abfallverbringung eine Verbringung ohne Notifizierung an alle betroffenen zuständigen Behörden gemäß dieser Verordnung oder eine Verbringung ohne Zustimmung der betroffenen zuständigen Behörden gemäß dieser Verordnung. Eine solche Notifizierung oder Zustimmung hat hier unstreitig nicht stattgefunden.

2.2.1.1. Es spricht zwar Überwiegendes dafür, dass für die von der Klägerin an die B. GmbH gelieferten Abfälle eine Notifizierungspflicht durch die zuständigen Behörden bestand.

Die EG-AbfverbrV 259/93 unterscheidet zwischen der Verbringung von zur Beseitigung bestimmten Abfällen, für die nach deren Art. 3 Abs. 1 generell eine Notifizierungspflicht besteht, und der Verbringung von zur Verwertung bestimmten Abfällen. Bei letzteren sieht Art. 6 EG-AbfVerbrV 259/93 eine Notifizierungspflicht vor, wenn sie in Anhang III der Verordnung (Gelbe Liste) aufgeführt sind; für Abfälle des Anhangs IV der Verordnung (Rote Liste) sowie von Abfällen, die keinem der Anhänge II, III oder IV zugeordnet worden sind, gelten die Verfahren der Art. 6 bis 8 mit der Ausnahme, dass die betreffenden zuständigen Behörden ihre Zustimmung schriftlich vor dem Beginn der Verbringung zu erteilen haben. Dies bedeutet, dass nur die Verbringung der im Anhang II der Verordnung (Grüne Liste) aufgeführten Abfälle, soweit sie zur Verwertung bestimmt sind, keiner Notifizierungs- oder Zustimmungspflicht unterliegen.

Welche Zusammensetzung die von der Klägerin nach Tschechien verbrachten Abfälle genau hatten, lässt sich zwar nicht mehr abschließend ermitteln, da sie bereits vor der vom Beklagten veranlassten Rückführung zum großen Teil verbrannt waren und die zurückgeführten Rückstände mittlerweile auch entsorgt wurden. Die vom Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Lichtbilder (Beiakte A), die offenbar auf dem Lagerplatz in gefertigt wurden, deuten indes darauf hin, dass neben Kunststoffen zu einem nicht unwesentlichen Anteil auch andere Stoffe wie beispielsweise Textilien und Holz in den Abfallchargen vorhanden waren. Auch wenn es zutreffen sollte, dass die verbrachten Abfälle - wie die Klägerin geltend macht - hinsichtlich der Art und Menge der enthaltenen Stoffe eine vergleichbare Zusammensetzung hatten wie die von der SHC untersuchten Abfälle, können diese aller Voraussicht nach nicht in die Grüne Liste des Anhangs II der EG-AbfVerbrV 259/93 eingeordnet werden. Die als Stichprobe untersuchten verpressten Abfallballen enthielten laut Analyse der SHC nach der Abfallmasse betrachtet 62,5 % Kunststoffe, 10,7 % Papier, Pappe und Kartonagen, 8,9 % Metalle, 1,9 % metallisierte Folien, 7,5 % Getränkeverpackungen, 1,3 % Textilien, 0,5 % Holz, 2,9 % Sortierreste aus der Mittelfraktion, 0,6 % Sortierreste aus der Feinfraktion sowie 3,6 % Restabfall. Nach dem Abfallvolumen bemessen waren 83,0 % Kunststoffe, 4,7 % Papier, Pappe und Kartonagen, 2,4 % Metalle, 2,4 % metallisierte Folien, 3,6 % Getränkeverpackungen, 0,9 % Textilien, 0,1 % Holz, 1,6 % Sortierreste aus der Mittelfraktion, 0,1 % Sortierreste aus der Feinfraktion sowie 1,2 % Restabfall enthalten. Von diesen Stoffen sind zwar in der Grünen Liste neben den Kunststoffen in fester Form (GH) auch Metalle (GA), Abfälle von Papier, Pappe und Waren aus Papier (GI), Textilabfälle (GJ), Abfälle von nicht behandeltem Holz (GL) aufgeführt, so dass sich der Anteil der zur Grünen Liste gehörenden Abfälle auf 83,9 Masse-% und 91,1 Volumen-% beläuft. Rechnet man die Getränkeverpackungen als Verbundstoffe und die metallisierten Folien hinzu, beträgt der Anteil 93,3 Masse-% bzw. 97,1 Volumen-%. Nach der Einleitung zur Grünen Liste dürfen allerdings unabhängig davon, ob gewisse Abfälle in dieser Liste aufgeführt sind, sie nicht als Abfälle der Grünen Liste befördert werden, falls sie mit anderen Materialien in einem Ausmaß kontaminiert sind, dass a) sie die mit dem Abfall verbundenen Risiken soweit erhöhen, dass sie auf die Gelbe oder Rote Liste gesetzt werden müssten, oder b) die umweltgerechte Verwertung des Abfalls unmöglich geworden ist.

Der EuGH hat in seiner "Beside-Entscheidung" vom 25.06.1998 (C-192/96) ausgeführt, dass auch Abfälle, die hauptsächlich aus den in der Grünen Liste aufgeführten Abfällen bestehen und mit anderen in dieser Liste enthaltenen Abfallarten vermischt sind, sowie in der Grünen Liste aufgeführte Abfälle, die mit einer geringen Menge dort nicht genannter Stoffe vermischt sind, unter den Begriff "Kommunale Abfälle oder Hausmüll" fielen, der in der Gelben Liste in Anhang III der Verordnung unter dem Code AD 160 zu finden sei. Kommunale Abfälle oder Hausmüll, die getrennt gesammelt wurden und zur Unterposition 20 01 03 "Kunststoffkleinteile" des Europäischen Abfallkatalogs gehören, könnten je nach ihrer Zusammensetzung unter die Rubrik "GH Kunststoffabfälle in fester Form" der Grünen Liste fallen. Nur wenn "kommunale Abfälle oder Hausmüll" getrennt gesammelt oder ausreichend sortiert worden seien, verlören sie daher ihren Charakter als Abfälle der Gelben Liste und fielen folglich unter die Grüne Liste. Der Senat neigt dazu, dass im konkreten Fall - unabhängig vom Anteil der verwertbaren bzw. der der Grünen Liste angehörigen Abfallarten - eine in diesem Sinne getrennte Sammlung oder Vorsortierung nicht durchgeführt worden war. Die untersuchten Mischabfälle waren in Ballen verpresst. Die SHC musste zunächst, um die genauen Anteile der Abfallstoffe ermitteln zu können. über mehrere Stunden hinweg Sortierarbeiten durchführen. Nach dem Urteil des EuGH vom 21.06.2007 ("Omni Metal Service" - C-259/05) kann insbesondere der Umstand, dass ein Abfall, der aus zwei (oder mehreren) Stoffen besteht, die bei getrennter Betrachtungsweise jeweils von der Grünen Liste erfasst werden, nicht automatisch dazu führen, dass ein solches Abfallgemisch unter diese Liste fällt. Der EuGH hat dies mit der Erwägung begründet, dass die Voraussetzungen für eine mögliche Behandlung des Abfalls und die etwaigen Umweltgefahren im Zusammenhang mit dessen Handhabung je nachdem, ob es sich bei dem fraglichen Abfall um eine Einheit handele, die sich aus mehreren Stoffen zusammensetze, oder ob es sich bei jedem dieser Stoffe um einen gesonderten Abfall handele, nicht zwangsläufig die gleichen seien. Die Tatsache, dass die Verbringung von in der Grünen Liste aufgeführten Abfälle zur Verwertung ausnahmsweise allgemein von den in Art. 1 Abs. 3 Buchst. a der EG-AbfverbrV 259/93 vorgesehenen Kontrollverfahren ausgenommen sei, beruhe, wie sich aus dem 14. Erwägungsgrund der Verordnung ergebe, darauf, dass diese Abfälle bei sachgemäßer Verwertung im Bestimmungsland normalerweise keinerlei Risiken für die Umwelt bergen dürften. Gemäß dieser Erläuterung erfolge die Aufnahme einer Abfallart in die Grüne Liste mit der Folge, dass die mit der Verordnung eingeführte Kontroll- und Überwachungsregelung für diese Abfallart nicht gelte, aufgrund einer vorherigen Prüfung mit dem Ergebnis, dass keine derartigen Risiken bestünden. Der EuGH verweist in dieser Entscheidung nochmals auf seine "Beside-Entscheidung" vom 25.06.1998, wonach ein Gemisch von Abfällen der Grünen Liste nur bei getrennter Sammlung oder ordnungsgemäßer Sortierung von der Grünen Liste erfasst werden könne. Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob die in der Anlage der Klägerin angenommenen Abfälle aus der gewerblichen oder industriellen Nutzung stammten. Der EuGH hat in der "Beside-Entscheidung" klargestellt, dass für die Einordnung einer Partie Abfälle in die Grüne, die Gelbe oder die Rote Liste der Ursprung der Abfälle für sich genommen nicht entscheidend sei.

2.2.1.2. Der Senat hat allerdings Zweifel, ob für diese (voraussichtlich) illegal verbrachten Abfälle im Zeitpunkt des Bescheiderlasses noch eine Wiedereinfuhrpflicht bestand, da in diesem Zeitpunkt die Abfälle in der ursprünglichen, bei der Verbringung gegebenen Gestalt nicht mehr vorhanden waren, sondern im Wesentlichen nur noch Brandrückstände. Gemäß Art. 26 Abs. 2 EG-AbfverbrV 259/93 sorgt, wenn die notifizierende Person die illegale Verbringung zu verantworten hat, die zuständige Behörde am Versandort dafür, dass "die betreffenden Abfälle" von der notifizierenden Person oder erforderlichenfalls von der zuständigen Behörde selbst wieder in den Versandstaat verbracht werden oder, sofern dies nicht möglich ist, anderweitig auf eine umweltverträgliche Weise verwertet werden. Ob unter den Begriff "die betreffenden Abfälle" auch solche Abfälle fallen, die - insbesondere durch Brandereignisse - eine wesentliche Veränderung der Beschaffenheit erfahren haben, ist weder in der Verordnung selbst geregelt noch vom EuGH entschieden. Was die Verantwortlichkeit des Abfallerzeugers oder -besitzers nach dem KrW-/AbfG anbetrifft, hat das BVerwG (vgl. Urt. v. 28.06.2007 - 7 C 5.07 -, BVerwGE 129, 93) entschieden, dass zwar durch Vermischung ununterscheidbarer Abfälle gleicher Art keine anderen Abfälle erzeugt werden und dem Abfallerzeuger oder -besitzer auf Grund des Verursacherprinzips ein der von ihm angelieferten Menge entsprechender Anteil der Mischabfälle zuzurechnen sei. In dieser Entscheidung hat das BVerwG aber auch zum Ausdruck gebracht, dass durch Brand veränderte Abfälle anders zu bewerten seien, insbesondere wenn sie dadurch zu besonders überwachungsbedürftigen Abfällen geworden seien. Die Frage, ob auch im Rahmen des Art. 26 Abs. 2 EG-AbfVerbrV 259/93 eine Verantwortlichkeit der "notifizierenden Person" bzw. eine Wiedereinfuhrpflicht im Fall der Veränderung durch Brandereignisse entfällt, bedarf hier allerdings keiner abschließenden Bewertung.

2.2.2. Die angefochtene Verfügung leidet jedenfalls an einem Ermessensfehler; denn der Beklagte hat das ihm hier obliegende Auswahlermessen nicht ausgeübt.

Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AbfVerbrG trifft, soweit eine Wiedereinfuhrpflicht für aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes verbrachte Abfälle besteht, diese Verpflichtung denjenigen, der die Verbringung notifiziert oder eine illegale Verbringung im Sinne des Art. 26 der EG-Abfallverbringungsverordnung veranlasst, vermittelt oder durchgeführt hat oder daran in sonstiger Weise beteiligt war, sowie den Erzeuger der verbrachten Abfälle, es sei denn, er kann nachweisen, dass er bei der Abgabe der Abfälle ordnungsgemäß gehandelt hat. Wer aus diesem Kreis potenziell Wiedereinfuhrpflichtiger im konkreten Fall in Anspruch genommen werden darf, weil er zu der illegalen Abfallverbringung mittelbar oder unmittelbar einen Kausalbeitrag geleistet hat, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu beurteilen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 12.04.2006 - 7 B 30.06 -, AbfallR 2006, 143). Das ihr zustehende Auswahlermessen hat die Behörde - wie im allgemeinen Gefahrenabwehrrecht auch - am Effektivitätsgrundsatz auszurichten; dabei ist ein wesentliches Entscheidungskriterium die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten, der seiner Inanspruchnahme nicht mit Hinweis darauf begegnen kann, dass auch noch andere Verpflichtete vorhanden seien (VGH BW, Urt. v. 22.11.2005 - 10 S 1208/04 -, ESVGH 56, 115).

Zwar hat die Klägerin die (voraussichtlich) illegale Verbringung der Abfälle in die Tschechische Republik veranlasst oder durchgeführt. Sie gehört damit zu dem in § 6 Abs. 1 Satz 1 AbfVerbrG genannten Kreis potenziell Wiedereinfuhrpflichtiger. Neben der Klägerin waren hier aber auf deutscher Seite auch die G. O. W. GmbH sowie ein Abfallmakler an der Abfallverbringung nach beteiligt. Dies war dem Beklagten auch bekannt. Die vorgelegten Verwaltungsvorgänge (Beiakte C) enthalten im Teil "Vertragsunterlagen" insbesondere den Schriftverkehr zwischen der Klägerin, der Fa. O. W. GmbH und der B. GmbH, aus dem sich ergibt, dass die Fa. O. Vertragspartner der B. GmbH war. Aus einem Vermerk auf Blatt 23 der Beiakte C ergibt sich ferner, dass der Herr K. Einkäufer der B. GmbH und an der Lieferung der Abfälle beteiligt war. Erlangt die Behörde davon Kenntnis, dass mehrere Personen für eine Gefahr verantwortlich sind, wird ihr dadurch ein Ermessen hinsichtlich der Entscheidung eröffnet, gegen welche dieser Personen sie ihre Gefahrenabwehrmaßnahme richtet (Auswahlermessen). Die Eröffnung dieser Auswahlmöglichkeit begründet zugleich die rechtliche Obliegenheit, das Ermessen in fehlerfreier Weise auszuüben (vgl. Beschl. d. Senats v. 11.02.2008 - 2 M 4/08 -, Juris). Voraussetzung dafür ist insbesondere, dass die Behörde die Frage der tatbestandsmäßigen Verantwortlichkeit der ihr zur Kenntnis gelangten Personen prüft und - wenn sich als Ergebnis dieser Prüfung herausstellt, dass eine Mehrzahl von ihnen verantwortlich ist - eine bewusste Entscheidung darüber trifft, gegen welche dieser Personen sie aus welchen Gründen ihre Maßnahme richtet (vgl. Beschl. d. Senats v. 11.02.2008, a. a. O.). Diesen Anforderungen genügt die angefochtene Verfügung nicht. An einer solchen bewussten Entscheidung des Beklagten fehlt es hier. Der Bescheid lässt nicht erkennen, dass die Inanspruchnahme der anderen an der Abfallverbringung beteiligten Personen auch nur in Erwägung gezogen wurde.

Entgegen der Ansicht des Beklagten und des Verwaltungsgerichts erübrigt sich eine solche Auswahlentscheidung auch nicht auf Grund eines in der EG-AbfVerbrV 259/93 enthaltenen Stufenverhältnisses. Zwar sind in Art. 2 g) i) bis iv) EG-AbfVerbrV 259/93 die "notifizierenden Personen" in einer bestimmten Reihenfolge aufgeführt. Auch mag nach dem Willen des Verordnungsgebers in erster Linie die in Unterabsatz i) genannte Person, durch deren Tätigkeit Abfälle angefallen sind (Abfallerzeuger), zur Notifizierung verpflichtet sein (vgl. EuGH. Urt. v. 16.02.2006 - C-215/04), während den im Unterabsatz ii) genannten Einsammler, Händler oder Makler eine solche Verpflichtung erst dann treffen soll, wenn die Heranziehung des Abfallerzeugers nicht möglich ist, und der in Unterabsatz iii) genannte Abfallbesitzer erst dann tätig werden soll, wenn (auch) die zuvor genannten Personen unbekannt oder nicht zugelassen sind. Dies bedeutet aber nicht, dass bei der Frage, wer nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AbfVerbrG herangezogen werden soll, eine bestimmte Reihenfolge für den Regelfall vorgegeben wäre, der Abfallerzeuger etwa im Sinne etwa eines "vorgeprägten" oder gar "intendierten" Ermessens vorrangig herangezogen werden soll. Wie oben dargelegt, bestimmt sich die Auswahl des nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AbfVerbrG Wiedereinfuhrverpflichteten nach dem Effektivitäts- und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Bei diesem Maßstab muss nicht in erster Linie der Abfallerzeuger verantwortlich sein, insbesondere dann, wenn der illegal verbrachte Abfall von einer Vielzahl von Erzeugern im Sinne des Art. 2 g) i) EG-AbfVerbrV 259/93 stammt und ihre jeweilige Erzeugung gering ist. In einem solchen Fall kann es unangemessen sein, wenn diese Erzeuger die Verbringung von Abfall individuell notifizieren würden (vgl. EuGH, Urt. v. 16.02.2006, a. a. O.). Der Abfallerzeuger ist nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AbfVerbrG sogar von der Wiedereinfuhrpflicht freigestellt, wenn er nachweisen kann, dass er bei der Abgabe der Abfälle ordnungsgemäß gehandelt hat.

Eine vorrangige Verantwortlichkeit der Klägerin auf Grund der in Art. 2 g) EG-AbfVerbrV 259/93 genannten Stufenfolge hinsichtlich des Notifizierungsverpflichteten besteht aber auch deshalb nicht, weil die Klägerin nicht "Abfallerzeuger" im Sinne dieser Regelung ist. Diese Vorschrift benennt als Abfallerzeuger (nur) diejenigen Personen, durch deren Tätigkeit Abfälle angefallen sind, also nur den so genannten "Ersterzeuger". Der maßgebliche Personenkreis ist damit enger gefasst als in Art. 2 Nr. 9 und 15 der seit dem 12.07.2007 geltenden Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 vom 14.06.2006 über die Verbringung von Abfällen (ABl. L 190, S. 1) sowie in Art. 1 b) der Abfallrahmenrichtlinie 75/442/EWG vom 15.07.1975 (ABl. L 194, S. 47) und Art. 1 b) der an ihre Stelle getretenen Richtlinie 2006/12/EG vom 05.04.2006 (ABl. L 114, S. 9). In diesen Vorschriften sind - ebenso wie in § 3 Abs. 5 KrW-/AbfG - auch der Zweit- bzw. Neuerzeuger aufgeführt, also diejenigen Personen, die Vorbehandlungen, Mischungen oder sonstige Behandlungen vorgenommen haben, die eine Veränderung der Natur oder der Zusammensetzung dieser Abfälle bewirken. Der Begriff "Anfall" verweist auf den Zeitpunkt der Entstehung von Abfall; dieser ist in dem Zeitpunkt angefallen, in dem die Merkmale des Abfallbegriffs erstmalig erfüllt sind (Jarass / Ruchay / Weidemann, B 100, KrW-AbfG, § 3 RdNr. 129, m. w. Nachw.). Angesichts des klaren Wortlauts des Art. 2 g) i) EG-AbfVerbrV 259/93 kann auch nicht davon ausgegangen werden, der Verordnungsgeber habe auch den "Neuerzeuger" von Abfällen gemeint, wie dies nunmehr in Art. 2 Nr. 9 und 15 der seit dem 12.07.2007 geltenden Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 geregelt ist. Die Klägerin kann indes nur Neuerzeugerin von Abfall sein, da bei der von ihr ausgeübten Tätigkeit Abfälle nicht erstmalig anfallen. Nach der vom Beklagten angeforderten Darlegung der Abfallströme vom 21.04.2006 (vgl. Bl. 56 ff. der Beiakte B) besteht der "Input" der Anlage der Klägerin im Wesentlichen aus grob dispersen Bestandteilen aus Holz, Kunststoffen, Verbundstoffen, Papier, Pappe, Kartonagen, Metallen, Glas, Keramik und Textilien. Die von ihr zur Behandlung angenommenen Abfallgemische würden dann gewogen, sortiert, in Ballen verpresst und zur Abholung bereitgestellt. Der Beklagte ist bei seiner Entscheidung jedoch fälschlicherweise davon ausgegangen, dass die Klägerin Abfallerzeuger im Sinne von Art. 2 g) i) EG-AbfVerbrV 259/93 sei.

Soweit der Beklagte in der Berufungserwiderung ausgeführt hat, ein wesentliches Entscheidungskriterium könne die Leistungsfähigkeit des Verpflichteten sein, kann er damit die unterbliebene Betätigung des Auswahlermessens nicht heilen. § 114 Satz 2 VwGO schafft zwar die prozessualen Voraussetzungen dafür, dass die Behörde defizitäre Ermessenserwägungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen kann, nicht aber dafür, dass sie ihr Ermessen nachträglich erstmals ausübt (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.09.2006 - 1 C 20.05 -, NVwZ 2007, 470). Da der Beklagte im angefochtenen Bescheid keinerlei Erwägungen zur Auswahl des Rückführverpflichteten angestellt hat, ist eine Ergänzung nach § 114 Satz 2 VwGO nicht möglich. Unabhängig davon würde eine so allgemein gehaltene Erwägung den genannten Anforderungen an eine ordnungsgemäße Betätigung des Auswahlermessens im konkreten Fall nicht genügen.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 709, 708 Nr. 11 ZPO.

III. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind.

Ende der Entscheidung

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