Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 03.08.2007
Aktenzeichen: 2 M 236/07
Rechtsgebiete: VersG


Vorschriften:

VersG § 14
VersG § 15
Die namentliche Benennung der Mitglieder von bei einer Versammlung auftretenden Musikgruppen, sowie der zum Vortrag beabsichtigten Liedtexte kann als Versammlungsauflage vom Anmelder der Versammlung nur gefordert werden, wenn eine konkrete Gefährdungslage i.S.v. § 15 Abs. 1 VersG vorliegt.

Vermag der Anmelder der Versammlung das ein oder das andere nicht zu leisten, kann der Auftritt der Musikgruppe untersagt werden.


Gründe:

Der Beschluss beruht auf § 146 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. der Novellierung v. 20.12.2001 (BGBl I 3987) - VwGO -, diese in der jeweils gültigen Fassung, sowie auf den §§ 154 Abs. 2, 155 VwGO <Kosten> und auf §§ 47 Abs. 1 und 2, 52 Abs. 2; 53 Abs. 3 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. des Art. 1 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes v. 05.05.2004 (BGBl I 718) - GKG - <Streitwert>.

Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet, im Wesentlichen jedoch unbegründet.

Die vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen die Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang, im Übrigen nicht.

1. Dies gilt zunächst für die in der Auflage Nr. 15 aus dem Bescheid vom 31.07.2007 ausgesprochene Untersagung, Fahnen entsprechender GestaItung mitzuführen. Insoweit macht der Antragsgegner lediglich geltend, "hinsichtlich der verfügten Untersagung des Mitführens der in der Auflage Nr. 15 im Einzelnen aufgeführten Fahnen wird zur Begründung der Beschwerde auf die umfangreichen Ausführungen in der angefochtenen Auflagenverfügung Bezug genommen". Insoweit verweist der Antragsgegner nur auf sein bisheriges Vorbringen. Dies genügt nicht den Anforderungen des § 146 Abs. 4 S. 3 VwGO, der verlangt, dass sich die Beschwerdebegründung mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzt. Eine Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens genügt dieser Darlegungslast nicht (st. Rspr. des Sen., z. B. 2 M 353/02).

2. Hinsichtlich des in der Auflage Nr. 11 des Bescheids vom 31.07.2007 der Antragsgegnerin verfügten Auftrittsverbots für sämtliche von den Antragstellern angemeldeten Musikgruppen sowie des Liedermachers "Torstein" gilt folgendes:

Die Antragsgegnerin stützt ihre Gefahrenprognose auf eine fehlende Kooperationsbereitschaft sämtlicher für die Veranstaltung am 04.08.2007 angemeldeter Musikgruppen sowie des einen Liedermachers. Mit Ausnahme der Gruppe "Kraftschlag" fehlt es für das Auftrittsverbot an einer Rechtsgrundlage. Für die Verpflichtung zur namentlichen Benennung der Mitglieder von auftretenden Musikgruppen bzw. eines oder mehrerer Liedermacher sowie zur Vorlage der zum Vortrag beabsichtigten Liedtexte bei einer angemeldeten Versammlung enthält das Versammlungsrecht keine entsprechende Regelung. Eine solche Meldung muss auch nicht Gegenstand einer Anmeldung nach § 14 VersG sein. Eine solche entsprechende Verpflichtung kann dem Veranstalter nur nach § 15 Abs. 1 VersG auferlegt werden, wenn eine konkrete Gefährdungslage vorliegt (vgl. Sächs.OVG, Beschl. v. 04.04.2002 - 3 BS 103/02 - nach juris). Eine solche konkrete Gefährdungslage hat die Antragsgegnerin hinsichtlich der Gruppe "Kraftschlag" hinreichend belegt. Im Beschluss vom 19.10.2006 - 8 A 3/06 -, auf den die Antragsgegnerin sich im angegriffenen Bescheid berufen hat, hat das Verwaltungsgericht Lüneburg folgendes festgestellt: "In den Liedern der Band "Kraftschlag" wird der Nationalsozialismus verherrlicht und zu rassistischer Gewalt aufgerufen (Bsp.: "Für die Reinheit unserer Rasse sind wir bereit zu den Waffen zu greifen"). Die Tonträger der Gruppe sind wegen ihrer volksverhetzenden Inhalte überwiegend indiziert, im Falle der Alben "Trotz Verbot nicht tot" und "Nordwind" auch beschlagnahmt. Der "Frontmann" der Band - Jens Uwe Arpe - wurde mehrfach zu Bewährungs- und Gefängnisstrafen verurteilt, so 1993 vom Amtsgericht Itzehoe zu einer siebenmonatigen Bewährungsstrafe und 1999 zu zwei Jahren Freiheitsstrafe ohne Bewährung. Aufgrund zahlreicher Auftrittsverbote absolvierte die Band fast nur noch Konzerte außerhalb Deutschlands. 2004 trat sie auf dem Pressefest der NPD-Parteizeitung "Deutsche Stimme" in Mücka auf. Ein weiteres Konzert auf dem NPD-Open-Air "Rock für Deutschland" am 9. Juli 2005 sagte Kraftschlag aufgrund von Auflagen durch die Stadt Gera ab. Am 14.01.2006 spielte "Kraftschlag" in Lassan vor etwa 300 Teilnehmern unter Verstoß gegen zuvor erteilte Auflagen u. a. ausländerfeindliche und die NS-Zeit verherrlichende Lieder. Diese benannten Umstände belegen hinreichend die für die geforderte und nicht geleistete Kooperation - der Veranstalter hat die Namen der auftretenden Gruppenmitglieder für den geplanten Auftritt nicht benannt - erforderliche konkrete Gefährdungslage. Dies rechtfertigt das ausgesprochene Auftrittsverbot. Dies gilt nicht für die restlichen Gruppen und den Liedermacher "Torstein". Insoweit konnte die Antragsgegnerin eine konkrete Gefährdungslage nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit darlegen.

Soweit die Beschwerdeschrift andere Teile der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung für unzutreffend hält, handelt es sich schon nicht um die Entscheidung tragende Begründungselemente.

Auch der Senat weist darauf hin, dass nach § 15 Abs. 2 VersG, wonach die zuständige Behörde eine Versammlung oder einen Aufzug auflösen kann, auch das Recht folgt, nach Beginn der Versammlung entstehende konkrete Gefährdungslagen durch geeignete Maßnahmen unterhalb der Auflösungsschwelle und ggfs. darüber hinaus wirksam zu begegnen.

Ende der Entscheidung

Zurück