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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 01.12.2008
Aktenzeichen: 2 M 248/08
Rechtsgebiete: GG, SchfG


Vorschriften:

GG Art. 33 Abs. 5
SchfG § 11 Abs. 2 Nr. 1
1. Verhalten aus dem privaten Bereich des Bezirksschornsteinfegermeisters kann dessen Unzuverlässigkeit im Sinne von § 11 Abs. 2 Nr. 1 SchfG begründen. Dies ist aber in der Regel auf Ausnahmefälle beschränkt, etwa wenn eine Kausalität zur mangelhaften Arbeit als Schornsteinfeger auf der Hand liegt.

2. Fehlende Verfassungstreue rechtfertigt nicht den Widerruf der Bestellung als Bezirksschornsteinfegermeister wegen Unzuverlässigkeit.


Gründe:

I.

Der Antragsteller wurde vom ehemaligen Rat des Bezirks Halle mit Wirkung vom 01.01.1987 mit den Aufgaben eines Bezirksschornsteinfegermeisters für den Kehrbezirk B-Stadt betraut.

Mit Bescheid vom 10.04.2008 widerrief der Antragsgegner die Bestellung als Bezirksschornsteinfegermeister und gab zur Begründung im Wesentlichen an:

Zwar gebe es keine Erkenntnisse über Aufgabenverletzungen des Antragstellers. Er betätige sich seit geraumer Zeit aber aktiv für die NPD, ohne allerdings Mitglied dieser Partei zu sein. Er habe unter Angabe der Berufsbezeichnung "Schornsteinfegermeister" im Jahre 2005 für die NPD für die Wahl zum 16. Deutschen Bundestag kandidiert. Auf der Homepage der NPD sei er als Sponsor anlässlich der Gründungsversammlung der Ortsgruppe B-Stadt/F. der NPD am 01.03.2006 benannt worden. Er habe als Unterstützer eines NPD-Festes in Bad K. am 08.07.2006 mitgewirkt. Ausweislich der Homepage des NPD-Kreisverbands Burgenland habe er am Volkstrauertag 2006 (19.11.2006) eine Ansprache vor dem Adlerdenkmal in B-Stadt vor einigen Teilnehmern gehalten und der gefallenen deutschen Soldaten beider Weltkriege, "aber auch allen anderen zu Tode gekommenen Deutschen im Zuge der völkerrechtswidrigen Vertreibungen und der Opfer des alliierten Bombenholocausts" gedacht. Bei der Veranstaltung sei die schwarz-weiß-rote Flagge gezeigt worden. Zum Abschluss sei das Lied gesungen worden "Wenn alle untreu werden". Im Mai 2007 habe er, wie bereits bei vorherigen Kommunalwahlen, auf der Liste der NPD zum Kreistag des Burgenlandkreises kandidiert und sei gewählt worden; seitdem gehöre er dort der Fraktion der NPD an. Ausweislich der Darstellung in der Homepage des NPD-Kreisverbands Burgenland habe sich der Antragsteller mit den anderen Mitgliedern der NPD-Kreistagsfraktion vor der Reichskriegsflagge in der von 1933 bis 1935 geltenden Fassung ablichten lassen. Diese Darstellung sei inzwischen dort nicht mehr aufzufinden. Der Antragsteller sei ferner im Zusammenhang mit verschiedenen öffentlichen, von der NPD organisierten Veranstaltungen bekannt geworden. Dazu gehörten ein von der NPD geplanter Schweigemarsch mit 120 Teilnehmern in H-Stadt im Jahre 2001, die jährliche Gedenkfeier zu Ehren der Rathenau-Attentäter Fischer und Kern in Bad K./OT S. sowie verschiedene Infostände der NPD in N-Stadt und C-Stadt in den Jahren 2003, 2004 und 2005. Weiter habe der Antragsteller am 17.07.2004 mit mehreren anderen Personen auf dem Friedhof in Bad K. ein Kranz an den Gräbern der Mörder des Reichsaußenministers Rathenau niedergelegt. Am 22.07.2006 habe dort er versucht, mit mehreren weiteren, dem politisch rechtsextremen Spektrum zuzuordnenden Personen eine Totenehrung für die Mörder des Reichsaußenministers durchzuführen. Als Reaktion auf den beabsichtigten Widerruf der Bestellung sei auf der Internetseite der NPD Burgenland eine Stellungnahme der NPD-Kreistagsfraktion unter der Überschrift "Land Sachsen/Anhalt setzt Grundrechte und Grundgesetz außer Kraft" dargestellt worden, in der der Minister für und Arbeit und der Staatssekretär im Innenministerium u. a. als "Wadenbeißer" bezeichnet worden seien. Weiter heiße es dort, dass "diese Vorgehensweise offener Rechtsbruch einer selbstherrlichen Politikerkaste sei, die auch mit kriminellen Mitteln für ihren Machterhalt kämpfe, jedoch immer mehr Bürger ihre Stimme erheben würden, um dieses ungewollte (wörtlich:) br D System zum Einsturz zu bringen". Für kurze Zeit sei Ende Dezember 2007 auf der Internetseite das Foto des Antragstellers in der Berufsbekleidung des Schornsteinfegerhandwerks einschließlich des lnnungszeichens zu sehen gewesen; darauf halte er die sog. "Schulhof-CD", "Der Schrecken aller linken Spießer und Pauker" der NPD in der rechten Hand. Dieses Foto sei inzwischen wieder aus dem Internet entfernt worden. In der lnternet-Darstellung folge weiter ein Zitat von Theodor Körner (,,Noch sitzt Ihr da oben, Ihr feigen Gesellen. Vom Feinde bezahlt, doch dem Volke zum Spott! Doch einst wird wieder Gerechtigkeit walten, dann richtet das Volk, dann gnade Euch Gott!"). Kurzzeitig sei Ende Dezember 2007 die Folgerung mit dem Inhalt "Und ich ergänze: Hanf zu Seilen! Und Laternen zu Galgen" eingestellt gewesen. Dieser Passus sei zwischenzeitlich wieder aus der Internetausgabe entfernt worden.

Aus einer eingesehenen Strafakte ergebe sich, dass der Antragsteller am 21.07.2007 in einem Nebenraum der Gaststätte "..." im Besitz von vier kopierten Ausgaben eines "Nachrichtenblatt Landeselektrizität" vom August 1933 gewesen sei. Auf dem Deckblatt sei die Fahne der NSDAP mit Hakenkreuz abgebildet. Dieses Material habe der Antragsteller zumindest kurzzeitig einer unbekannten weiblichen Person überlassen, die mit etwa 10 weiteren Personen einem Vortrag des Antragstellers zu den Rathenau-Mördern gefolgt sei, in dessen Verlauf gesungen und Gedichte rezitiert worden seien. Die Inhaberin des Hausrechts habe sich diese Handlungen verbeten und die Gruppe aufgefordert, solche Handlungen zu unterlassen und die Räumlichkeiten zu verlassen; sie habe Anzeige wegen Hausfriedensbruchs erstattet. Das Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen sei nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Aus einer weiteren Strafakte der Staatsanwaltschaft Halle wegen des Vorwurfs der Bedrohung ( 241 StGB) ergebe sich, dass der - stark alkoholisierte - Antragsteller den Anzeigeerstatter mit den Worten "Du Vogel, was willst Du hier? Ich bringe Dich um; ich hätte Dich schon lange umbringen sollen" beleidigt und bedroht haben solle. Auf die Einlassung des Antragstellers, er selbst sei beleidigt worden, habe die Staatsanwaltschaft den Anzeigeerstatter auf den Privatklageweg verwiesen.

Auf Grund dieses Verhaltens sei davon auszugehen, dass der Antragsteller nach dem Gesamtbild seiner Persönlichkeit nicht (mehr) die für die Ausübung seines Berufs erforderliche Zuverlässigkeit besitze.

Das Verwaltungsgericht hat auf den Antrag des Antragstellers die aufschiebende Wirkung seiner Klage angeordnet und zur Begründung ausgeführt:

Der Antragsteller sei nicht unzuverlässig im Sinne des § 11 Abs. 2 Nr. 1 SchfG. Da ein Bezirksschornsteinfegermeister öffentliche Aufgaben zur Gefahrenabwehr im Bereich des Brand- und lmmissionsschutzes wahrnehme, seien zwar erhöhte Anforderungen an seine persönliche und fachliche Qualifikation zu stellen. Er müsse nach dem Gesamtbild seiner Persönlichkeit die Gewähr für eine ordnungsgemäße Erfüllung seiner Berufspflichten bieten. Dabei sei allerdings die Zielrichtung der Regelung im Auge zu behalten und maßgeblich auf die dem Bezirksschornsteinfegermeister obliegenden Aufgaben zur Gewährleistung der Feuersicherheit, wie sie in § 12, 13 SchfG näher aufgeführt seien, zu bestimmen. Eine allgemeine, von der konkreten Zielrichtung der Berufsausübung losgelöste - umfassende - Zuverlässigkeit werde nicht vorausgesetzt, insbesondere könne nach Aufhebung des § 27 Abs. 2 der Verordnung über das Schornsteinfegerwesen nicht mehr die darin ursprünglich geforderte "vorbildliche Lebensführung" verlangt werden. Von einer Unzuverlässigkeit bei politischer Betätigung sei daher nur dann auszugehen, wenn die Betätigung zielgerichtet dazu genutzt werden solle, die politische Überzeugung weiter zu verbreiten, etwa wenn die Gewerbeausübung mit der Verharmlosung oder Verherrlichung des Nationalsozialismus und mit der Verbreitung neonazistischen Gedankengutes verbunden sei. Folglich seien weder die Nähe zu politischen Parteien noch die Verfassungstreue Zuverlässigkeitskriterien. Etwas anderes gelte auch nicht deshalb, weil der Bezirksschornsteinfegermeister wichtige öffentliche Aufgaben im Status eines mit staatlicher Gewalt beliehenen Unternehmers wahrnehme. Er übe - anders als etwa Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure, Notare oder Jagdaufseher - kein öffentliches Amt mit weitergehenden Verpflichtungen im Hinblick auf seine Verfassungstreue aus. Er habe keine besonderen hoheitlichen Funktionen, insbesondere erlasse er keine Verwaltungsakte. Seine Prüfungs- und Überwachungsarbeiten dienten vielmehr nur der Vorbereitung der eigentlichen, erst unmittelbare Rechtswirkung nach außen entfaltenden Entscheidung der zuständigen Behörden. Gegenüber dem betroffenen Eigentümer nehme er lediglich unselbständige Verfahrenshandlungen wahr. Damit gälten für den Bezirksschornsteinfegermeister keine höheren Anforderungen an die Art und Weise seiner rechtsstaatlich gebundenen Betätigung, als sie von anderen Trägern öffentlicher Befugnisse im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung zu erwarten seien. Dies verlange zwar auch die Gewähr, die im Grundgesetz gewährleisteten Grundrechte und Diskriminierungsverbote sowie die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu beachten, die der Antragsteller allerdings bei der Gesamtschau seines bisherigen beruflichen Verhaltens biete. Auch der Antragsgegner selbst habe nicht geltend gemacht, dass es der Antragsteller bisher an der einwandfreien Führung seines Kehrbezirkes - insbesondere auch im Hinblick auf das Auftreten und persönliche Verhalten gegenüber den Betroffenen - habe mangeln lassen. Allein die Besorgnis, der Antragsteller könnte - irgendwann - aufgrund seiner im privaten Bereich vertretenen politischen Meinung in beanstandungswürdiger Weise bei seiner beruflichen Aufgabenerfüllung auftreten, genüge nicht, um ihm jetzt schon, gleichsam vorsorglich, die Zuverlässigkeit abzusprechen. Eine Prognose, inwiefern in der Vergangenheit eingetretene Tatsachen diese Annahme rechtfertigen, habe der Antragsgegner nicht vorgenommen. Soweit der Antragsteller kurzzeitig in seiner Berufsbekleidung und mit der so genannten "Schulhof-CD" auf der Internetseite der NPD Burgenland zu sehen gewesen sei, sei schon nicht festzustellen, dass dies mit seinem Einverständnis geschehen sei. Im übrigen sei diese Darstellung nach seinem eigenen nicht widerlegten Vortrag, unmittelbar nachdem er davon Kenntnis erhalten habe, auf sein Verlangen hin wieder entfernt worden. Diesem Vorgang sei gerade zu entnehmen, dass der Antragsteller dafür Sorge trage, dass sein politisches Engagement keinerlei Einfluss auf seine beruflichen Pflichten habe.

II.

Die hiergegen erhobene Beschwerde des Antragsgegners hat keinen Erfolg. Die von ihm vorgebrachten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen nicht die Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.

1. An der Sache vorbei geht zunächst der Einwand des Antragsgegners, entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts sei zu berücksichtigen, dass der Widerruf der Bestellung als Bezirksschornsteinfegermeister kraft Gesetzes sofort vollziehbar sei, so dass bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers ausfallen müsste, da er keine besonderen Umstände vorgetragen habe, die eine Abweichung vom Regelfall rechtfertigen würden. Das Verwaltungsgericht ist bei seiner Entscheidung nicht davon ausgegangen, dass der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen sei; es hat vielmehr angenommen, dass sich der angefochtene Widerrufsbescheid bei summarischer Prüfung als rechtswidrig erweise.

2. Soweit der Antragsgegner Kritik daran übt, dass der Kammervorsitzende darum gebeten hat, den Widerruf bis zu einer Entscheidung der Kammer nicht zu vollziehen, ist dies für den Erfolg der Beschwerde schon deshalb ohne Belang, weil allein ein Verfahrensfehler des Verwaltungsgerichts, den der Antragsgegner darin offenbar sieht, noch nicht die Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung rechtfertigen würde. Anders als nach dem bis zum 31.12.2001 geltenden Prozessrecht, nach dem die Beschwerde unter anderem zuzulassen war, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wurde und vorlag, auf dem die erstinstanzliche Entscheidung beruhen konnte, kommt es nach dem heute geltenden Prozessrecht nur noch auf den Erfolg in der Sache selbst an (vgl. Beschl. d. Senats v. 18.05.2005 - 2 M 56/05 -, m. w. Nachw.).

3. Ohne Erfolg rügt der Antragsgegner weiter, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht einen Widerruf der Bestellung auch nach allgemeinen Vorschriften in Betracht gezogen. Zwar ist davon auszugehen, dass das Schornsteinfegergesetz (SchfG) Rücknahme und Widerruf der Bestellung als Bezirksschornsteinfegermeister abschließend regelt (BVerwG, Urt. v. 08.04.1997 - 1 C 7.93 -, DVBl 1998, 139). Damit vermag der Antragsgegner die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung aber nicht in Zweifel zu ziehen, weil das Verwaltungsgericht seine Entscheidung nicht auf die vom Antragsgegner insoweit angegriffenen Erwägungen gestützt, sondern letztlich offen gelassen hat, ob der Antragsgegner die Bestellung nach allgemeinen Vorschriften (§ 1 VwVfG LSA i. V. m. § 49 VwVfG) hätte widerrufen können.

4. Auch die Einwände des Antragsgegners zur fehlenden Zuverlässigkeit des Antragstellers im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SchfG greifen nicht durch.

Die persönliche oder fachliche Zuverlässigkeit eines Bezirksschornsteinfegermeisters im Sinne dieser Regelung ist zu verneinen, wenn dieser nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr für eine künftig ordnungsgemäße Erfüllung seiner beruflichen Pflichten bietet (VGH BW, Beschl. v. 19.08.2003 - 14 S 1183/03 -, GewArch 2003, 489). Dem Bezirksschornsteinfegermeister sind eine Reihe verantwortungsträchtiger Aufgaben vom Staat übertragen, zu deren wirksamer Erfüllung ihm durch das SchfG für seinen Kehrbezirk der Status eines mit hoheitlichen Aufgaben beliehenen Unternehmers zugewiesen ist (OVG RP, Beschl. v. 09.08.1989 - 6 A 57/89 -, NJW 1990, 465). Seine Aufgabenerfüllung hat nicht nur handwerklichen Maßstäben zu genügen; sie muss auch den wesentlichen Anforderungen entsprechen, die der Rechtsstaat an Träger öffentlicher Gewalt allgemein stellt. Die rechtstaatliche Gebundenheit des Verwaltungshandelns erschöpft sich dabei nicht in wirklich oder vermeintlich "richtiger" Aufgabenerledigung; sie begründet auch allgemeine Verhaltenspflichten im Umgang mit dem Bürger: in der Art und Weise, wie Träger öffentlicher Befugnisse ihre Aufgaben erfüllen, muss für den davon berührten Bürger erfahrbar sein, dass er nicht zu deren bloßem Objekt herabgewürdigt wird (OVG RP, Beschl. v. 09.08.1989. a. a. O.).

4.1. Diese Grundsätze gelten vor allem für die dem Bezirksschornsteinfegermeister obliegenden beruflichen Pflichten. Dass dem Antragsteller in diesem Bereich ein Fehlverhalten anzulasten wäre, macht auch der Antragsgegner nicht geltend. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller die ihm nach dem SchfG übertragenen Aufgaben nicht ordnungsgemäß erfüllt, er seine steuer- oder sozialversicherungsrechtlichen Pflichten vernachlässigt oder er gegenüber den Bürgern, mit denen er im Zusammenhang mit seinen Aufgaben als Bezirksschornsteinfegermeister in Kontakt tritt, in einer Weise aufgetreten ist, die seiner Stellung als Träger öffentlicher Aufgaben nicht gerecht wird.

4.2. Zwar kann auch das Verhalten aus dem privaten Bereich die Unzuverlässigkeit des Bezirksschornsteinfegermeisters begründen. Dies ist aber in der Regel auf Ausnahmefälle beschränkt (vgl. Dohm, SchfG, § 11 Anm. 5a), etwa wenn eine Kausalität zur mangelhaften Arbeit als Schornsteinfeger auf der Hand liegt, z. B. bei Trunkenheit oder sonstigem instabilen Lebenswandel (vgl. Schönleiter in: Landmann/Rohmer, § 1 SchfG).

4.2.1. Ein solcher offenkundiger Zusammenhang zwischen den dem Antragsteller vorgeworfenen Aktivitäten in der rechtsextremen Szene und der Erfüllung der ihm obliegenden beruflichen Pflichten ist - jedenfalls bislang - nicht erkennbar. Insbesondere ist nicht ersichtlich, inwieweit sich die Nähe des Antragstellers zur NPD oder rechtsextreme Äußerungen oder Betätigungen außerhalb seiner beruflichen Tätigkeit auf die Qualität seiner Arbeit auswirken könnten. Ebenso liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass der Antragsteller bei der Erfüllung seiner Aufgaben als Bezirksschornsteinfegermeister auf Grund seiner rechtsextremen Einstellung Bürgern gegenüber unangemessen aufgetreten wäre.

Der Senat hat insoweit allerdings erwogen, ob sich der erforderliche Zusammenhang zwischen der Nähe des Antragstellers zur NPD und seinen Berufspflichten bereits deshalb herstellen lässt, weil er als Bezirksschornsteinfeger Zugang zu den Wohnungen auch derjenigen Bürger seines Bezirks hat, denen gegenüber die NPD wegen ihrer Herkunft, ihrer Abstammung, ihrer politischen Anschauungen oder sonstiger in Art. 3 Abs. 3 GG genannter Merkmale eine mehr oder weniger offen zur Schau getragene feindselige Haltung einnimmt. Dafür wäre es indes erforderlich gewesen, dass der Antragsteller während der Ausübung seines Berufes, insbesondere innerhalb der Wohnungen der betroffenen Bevölkerungskreise, seine rechtsextreme Gesinnung in irgendeiner Form zum Ausdruck gebracht hätte. Entsprechendes ist aber weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Senat verkennt nicht, dass gerade solche Bürger insbesondere auch auf Grund der Tatsache, dass die rechtsextremen Aktivitäten des Antragstellers in der Öffentlichkeit bekannt geworden sind, ein mehr oder weniger großes Unbehagen empfinden mögen, wenn sie dem Antragsteller auf Grund § 1 Abs. 3 SchfG Zutritt zu ihrer Wohnung verschaffen müssen. Allein die Befürchtung des Antragsgegners oder möglicherweise verschiedener Bürger, der Antragsteller könne seine Befugnis zum Betreten von Grundstücken und Räumen nach § 1 Abs. 3 SchfG und zur Aufzeichnung von Daten nach § 19 SchfG (in einzelnen Fällen) missbrauchen und damit seine Berufspflichten verletzen, reicht für eine Feststellung der Unzuverlässigkeit im Sinne des § 11 Abs. 2 Nr. 1 SchfG nicht aus. Anhaltspunkte dafür, dass einzelne Bürger ihm den Zutritt wegen solcher Befürchtungen verweigert und ihm deshalb die Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben erschwert hätten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, könnte dem Antragsteller eine Verletzung beruflicher Pflichten nicht vorgehalten werden. Sollten sich allerdings irgendwelche Anhaltspunkte für einen solchen Missbrauch ergeben, bleibt es dem Antragsgegner unbenommen, erneut tätig zu werden.

Soweit der Antragsgegner dem Antragsteller vorhält, er sei auf einer Internetseite der NPD Burgenland in Berufsbekleidung und mit der sog. "Schulhof-CD", deren Liedtexte Assoziationen zum nationalsozialistischen Regime weckten, Gewalt verherrlichend seien und von einer verfassungsfeindlichen Ideologie zeugten, zu sehen gewesen, hat das Verwaltungsgericht dem u. a. entgegen gehalten, dass schon nicht festzustellen sei, ob diese Darstellung im Internet mit Einverständnis des Antragstellers erfolgt sei. Damit setzt sich die Beschwerde nicht auseinander; sie greift lediglich die Würdigung des Verwaltungsgerichts als lebensfremd an, die Entfernung der Seite aus dem Internet auf Verlangen des Antragstellers zeige, dass er dafür Sorge trage, dass sein politisches Engagement keinerlei Einfluss auf seine beruflichen Pflichten habe.

4.2.2. Ein weiterer Ausnahmefall ist nicht darin zu sehen, dass beim Antragsteller aufgrund der vom Antragsgegner dargestellten Betätigung für rechtsextreme Gruppierungen oder Ziele erhebliche Zweifel an seiner Verfassungstreue bestehen. Der Senat teilt nicht die Auffassung des Antragsgegners, dass die Rechtsstellung und die Aufgaben des Bezirksschornsteinfegermeisters, der nach § 3 Abs. 2 Satz 2 SchfG - auch - öffentliche Aufgaben wahrnimmt, Verfassungstreue voraussetzen, und zwar unabhängig davon, ob Beliehene - worauf der Antragsgegner in seiner Beschwerde maßgeblich abstellt - in dem Umfang, wie ihr hoheitlicher Kompetenzbereich reicht, ein "öffentliches Amt" im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG innehaben (so wohl die h. M.: vgl. die Nachweise bei Masing in: Dreier, GG, 2. Aufl., Art. 33 RdNr. 42).

Die Frage, ob und in welchem Maß eine Person, die mit der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben betraut ist, sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen muss, lässt sich nicht für alle Berufsgruppen einheitlich beantworten.

Die Pflicht der Beamten und Richter zur Verfassungstreue folgt bereits unmittelbar aus Art. 33 Abs. 5 GG. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (grundlegend: BVerfG, Beschl. v. 22.05.1975 - 2 BvL 13/73 -, BVerfGE 39, 334 [346 ff.]) gehört zu den in Art. 33 Abs. 5 GG genannten hergebrachten und zu beachtenden Grundsätzen des Berufsbeamtentums und des Richterrechts der Grundsatz, dass vom Beamten und Richter zu fordern ist, dass er für die Verfassungsordnung, auf die er vereidigt ist, eintritt. Dazu gehört die Pflicht zur Bereitschaft, sich mit der Idee des Staates, dem der Beamte oder Richter dienen soll, mit der freiheitlichen demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung dieses Staates zu identifizieren, was nicht ausschließt, an Erscheinungen dieses Staates Kritik üben zu dürfen, für Änderungen der bestehenden Verhältnisse - innerhalb des Rahmens der Verfassung und mit den verfassungsrechtlich vorgesehenen Mitteln - eintreten zu können, solange in diesem Gewand nicht eben dieser Staat und seine verfassungsmäßige Grundlage in Frage gestellt werden. Die hergebrachte Treuepflicht des Beamten erhält unter der Geltung des Grundgesetzes ein besonderes Gewicht dadurch, dass diese Verfassung nicht wertneutral ist, sondern sich für zentrale Grundwerte entscheidet, sie in ihren Schutz nimmt und dem Staat aufgibt, sie zu sichern und sie zu gewährleisten. Sie trifft Vorkehrungen gegen ihre Bedrohung, sie institutionalisiert besondere Verfahren zur Abwehr von Angriffen auf die verfassungsmäßige Ordnung, sie konstituiert eine wehrhafte Demokratie. Diese Grundentscheidung der Verfassung schließt es aus, dass der Staat, dessen verfassungsmäßiges Funktionieren von der freien inneren Bindung seiner Beamten an die geltende Verfassung abhängt, zum Staatsdienst Bewerber zulässt und im Staatsdienst Bürger belässt, die die freiheitliche demokratische, rechts- und sozialstaatliche Ordnung ablehnen und bekämpfen.

Diese Treuepflicht wird in den beamten- und richterrechtlichen Vorschriften einfach-gesetzlich konkretisiert (BVerfG, Beschl. v. 22.05.1975, a. a. O.). Bei Beamten und Berufsrichtern ist die Treuepflicht zunächst als persönliche Einstellungsvoraussetzung in § 7 Abs. 1 Nr. 2 BBG, § 7 Abs. 1 Nr. 2 BG LSA sowie § 9 Nr. 2 DRiG ausdrücklich normiert. Darüber hinaus muss sich der Beamte durch sein gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten (vgl. § 52 Abs. 2 BBG und § 52 Abs. 2 BG LSA). Auch für ehrenamtliche Richter gilt, dass sie für die Verfassungsordnung einzutreten haben, auf die sie vereidigt sind; dies folgt auch aus ihrer Funktion als den hauptamtlichen Richtern gleichberechtigte Organe genuin staatlicher Aufgabenerfüllung. (BVerfG, Beschl. v. 06.05.2008 - 2 BvR 337/08 -, NJW 2008, 2568).

Die hergebrachten Grundsätze des Berufbeamtentums im Sinne von Art. 33 Abs. 5 GG gelten allerdings unmittelbar nur für den öffentlichen Dienst, insbesondere für Beamte und Richter (vgl. hierzu Maunz in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 RdNrn. 44 ff.). Das BVerfG hat in der zitierten Entscheidung (a. a. O., S. 355 f.) allerdings klargestellt, dass auch die Angestellten im öffentlichen Dienst dem Dienstherrn Loyalität und die gewissenhafte Erfüllung ihrer dienstlichen Obliegenheiten schulden. Auch sie dürfen nicht den Staat, in dessen Dienst sie stehen, und seine Verfassungsordnung angreifen. Auch sie können wegen grober Verletzung dieser Dienstpflichten fristlos entlassen werden. Und auch ihre Einstellung kann abgelehnt werden, wenn damit zu rechnen ist, dass sie ihre mit der Einstellung verbundenen Pflichten nicht werden erfüllen können oder wollen. Dem entsprechend sieht die Tarifbestimmung des § 8 BAT vor, dass sich die Angestellten im Öffentlichen Dienst durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen müssen. Dabei lässt sich allerdings keine für alle Angehörigen des öffentlichen Dienstes gleichmäßige, von ihrer Funktion gelöste besondere politische Treuepflicht ableiten. Dementsprechend ist hinsichtlich der Frage, welches Maß an Verfassungstreue zu fordern ist, auf die Funktion des jeweiligen Arbeitnehmers abzustellen (vgl. BAG, Urt. v. 14.03.1990 - 7 AZR 345/88 -, Juris).

Die mit öffentlichen Aufgaben beliehenen Privaten gehören indes nicht zum "öffentlichen Dienst"; ihnen sind lediglich durch Gesetz hoheitliche Aufgaben übertragen, die (in der Regel) den Angehörigen des öffentlichen Dienstes zugewiesen sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.10.1978 - 1 C 15.75 -, BVerwGE 57, 55 [58]). Angehörige freier Berufe sind, auch wenn sie öffentlichen Bindungen unterliegen, nicht vom Anwendungsbereich des Art. 33 Abs. 5 GG umfasst (Masing in: Dreier, GG, 2. Aufl., Art. 33 RdNr. 78). Allerdings finden auch für "staatlich gebundene Berufe" je nach der Nähe des Berufs zum öffentlichen Dienst Sonderregelungen in Anlehnung an Art. 33 GG Anwendung, die die Wirkungen von Grundrechten zurückdrängen können (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.06.1986 - 1 BvR 787/80 - BVefGE 73, 280 [292]).

Hiernach verlangt u. a. die Bestellung von Notaren die Gewähr, dass sie jederzeit die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik Deutschland wahren werden. Dieses rechtfertigt sich daraus, dass dem Notar öffentliche, mit hoheitlichen Mitteln zu erfüllende Aufgaben übertragen werden, die ihn als unabhängigen Träger eines öffentlichen Amtes (§ 1 BNotO) nach der Regelung seiner Aufgaben, Amtsbefugnisse und Rechtsstellung in die nächste Nachbarschaft zum öffentlichen Dienst rücken. Der mit der Verleihung des Amtes verbundene Status befähigt den Träger grundsätzlich auch dazu, richterlicher Beisitzer in den für die Notare eingerichteten Gremien der Disziplinar- und Berufsgerichtsbarkeit zu sein (§§ 103. 108 BNotO). Als ehrenamtlicher Richter hat er, ebenso wie der Berufsrichter, seine Pflichten getreu dem Grundgesetz und getreu dem Gesetz zu erfüllen. Diese mit der Übertragung des öffentlichen Amtes als Notar verbundene allgemeine Befähigung zur Bekleidung eines ehrenamtlichen Richteramtes ist bei den an die Eignung nach § 6 BNotO zu stellenden Anforderungen mit zu berücksichtigten (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschl. v. 18.06.1986, a. a. O.; BGH, Beschl. v. 30.07.1990 - NotZ 23/89 -, NJW 1991, 2423). Dem entsprechend legt der Notar gemäß § 13 Abs. 1 BNotO auch einen Eid u. a. auf die Wahrung der verfassungsmäßigen Ordnung ab.

Zwar kann auch der Beruf als Bezirksschornsteinfegermeister als ein "staatlich gebundener" Beruf angesehen werden. Durch die staatliche Verleihung des Kehrbezirks erlangt der Bezirksschornsteinfegermeister eine durch Kehrzwang und Kehrmonopol bestimmte Rechtsstellung, die von vornherein durch das Gesetz im Einzelnen geregelt ist und auch weiterhin in ihrer Einzelausgestaltung der Verfügung des Gesetzgebers unterliegt (vgl. BVerfG, Entsch. v. 30.04.1952 - 1 BvR 14/52 u. a. -, BVerfGE 1, 264). Daraus ergibt sich aber noch keine "nächste" Nachbarschaft zum öffentlichen Dienst, wie dies etwa bei den Notaren auf Grund ihres oben dargestellten Status oder bei ehrenamtlichen Richtern kennzeichnend ist. Für Letztere folgt die Pflicht zur Verfassungstreue - wie bereits erörtert - insbesondere aus ihrer Funktion als den hauptamtlichen Richtern gleichberechtigte Organe genuin staatlicher Aufgabenerfüllung (BVerfG, Beschl. v. 06.05.2008, a. a. O.). Die Bezirksschornsteinfegermeister erfüllen zwar - auch - öffentliche Aufgaben (§ 3 Abs. 2 Satz 2 SchfG), bei denen ihnen hoheitliche Befugnisse eingeräumt sind, insbesondere sind Eigentümer von Grundstücken und Räumen verpflichtet, dem Bezirksschornsteinfegermeister und den bei ihm beschäftigten Personen zum Zwecke des Kehrens und der Überprüfung der kehr- und überprüfungspflichtigen Anlagen Zutritt zu den Grundstücken und Räumen zu gestatten (§ 1 Abs. 3 SchfG). Andererseits erfüllen sie einen wesentlichen Teil ihrer Aufgaben (vgl. den Katalog in § 13 SchfG) gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 SchfG als dem Handwerk angehörige Gewerbetreibende. Damit gehören sie in erster Linie als Gewerbetreibende dem Handwerk an (vgl. VGH BW, Beschl. v. 04.06.1997 - 9 S 2567/96 -, NVwZ-RR 1997, 621).

Maßgebliches Gewicht bei der Frage, welche "Nähe" Bezirksschornsteinfegermeister zum öffentlichen Dienst haben und welche Pflichten ihnen damit in Bezug auf die Verfassungstreue abverlangt werden können, misst der Senat neben ihrer Funktion dem Umstand bei, dass die den Bezirksschornsteinfegermeister betreffenden gesetzlichen Vorschriften keinerlei Anforderungen an die Verfassungstreue stellen, wie dies etwa bei anderen Trägern öffentlicher Aufgaben der Fall ist.

Wie bereits oben dargelegt, ist bei Beamten und Richtern die Pflicht zur Verfassungstreue, die sich bereits unmittelbar aus Art. 33 Abs. 5 GG ergibt, nochmals ausdrücklich in beamten- und richterrechtlichen Vorschriften normiert bzw. konkretisiert. Entsprechendes gilt für Angestellte des öffentlichen Dienstes (§ 8 BAT).

Auch für Soldaten verlangt § 8 SG, dass diese die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes anerkennen und durch ihr gesamtes Verhalten für ihre Erhaltung eintreten müssen.

Für Lehrbeauftragte an Hochschulen regelt § 50 Abs. 1 Satz 4 HSG LSA, dass § 7 Abs. 1 Nr. 2 BG LSA entsprechend gilt, wobei allerdings bei der Prüfung, ob ein Bewerber die erforderliche Eignung für das durch den Lehrauftrag vermittelte Amt aufweist, ebenfalls der Maßstab der sog. funktionsbezogenen Treuepflicht anzulegen und von dem Bewerber nur diejenige politische Loyalität zu fordern ist, die für eine funktionsgemäße Amtsausübung in Erfüllung des erteilten Lehrauftrags unverzichtbar ist (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 19.01.1989 - 7 C 89.87 -, BVerwGE 81, 212).

Für den Öffentlich bestellten Vermessungsingenieur, der bei der Wahrnehmung der Aufgaben des öffentlichen Vermessungswesens - wie der Bezirksschornsteinfegermeister - als Beliehener tätig wird, bestimmt § 3 Abs. 1 Nr. 3 ÖbVermIngG LSA, dass er die erforderliche persönliche Eignung und Zuverlässigkeit besitzen muss, die gemäß § 3 Abs. 4 Nr. 1 ÖbVermIngG LSA u. a. dann nicht gegeben ist, wenn der Bewerber nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein Grundrecht verwirkt hat oder die freiheitlich demokratische Grundordnung in strafbarer Weise bekämpft. Auch der Öffentlich bestellte Vermessungsingenieur, bei dem mithin eine verfassungsfeindliche Einstellung allein kein Hindernis für die Bestellung darstellt, ist im Übrigen - wie der Bezirksschornsteinfegermeister - gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 1 Abs. 2 VermGeoG LSA dazu berechtigt, Grundstücke zu betreten und zu befahren. Nur das Betreten von Wohnungen erfordert gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 VermGeoG LSA die Zustimmung der Wohnungsinhaber.

Auch einem Rechtsanwalt als Organ der Rechtspflege darf die Zulassung allein wegen einer verfassungsfeindlichen Einstellung nicht versagt werden, sondern gemäß § 7 Nr. 6 BRAO nur dann, wenn der Bewerber die freiheitliche demokratische Grundordnung in strafbarer Weise bekämpft. Diese Zulassungsregelung schließt es aus, ein aktives Eintreten für eine als verfassungsfeindlich angesehene Partei nachteilig zu berücksichtigen, wenn der Bewerber die freiheitliche demokratische Grundordnung nicht in strafbarer Weise im Sinne dieser Regelung bekämpft (BVerfG, Besachl. v. 08.03.1983 - 1 BvR 1078/80 -, BVerfGE 63, 266).

Die Personen, von denen eine Pflicht zur Verfassungstreue gefordert wird, haben regelmäßig einen (Dienst-)Eid auf die Wahrung der verfassungsmäßigen Ordnung abzulegen (vgl. § 58 BBG und § 58 BG LSA, § 9 SG, § 38 DRiG). Auch die ehrenamtlichen Richter leisten gemäß § 45 Abs. 3 DRiG einen Eid u. a. dahingehend, dass sie ihre Pflichten getreu dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland und getreu dem Gesetz erfüllen. Insbesondere auch auf diesen Umstand hat das BVerfG in der vom Antragsgegner ins Feld geführten Entscheidung vom 06.05.2008 (a. a. O.) die Annahme gestützt, dass die Verfassungstreue Vorraussetzung für eine Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter sei. Auf den vom Notar zu leistenden Eid auf die Wahrung der verfassungsmäßigen Ordnung wurde bereits hingewiesen. Selbst Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure und Rechtsanwälte, bei denen die Verfassungstreue nicht als Voraussetzung für die Bestellung bzw. Zulassung zu ihrem Beruf normiert ist, sind auf die Wahrung der verfassungsmäßigen Ordnung zu vereidigen (vgl. § 5 ÖbVermIngG LSA, § 12a BRAO).

Entsprechende Regelungen finden sich für Bezirksschornsteinfegermeister nicht. § 5 Abs. 1 Satz 1 SchfG verlangt für eine Bestellung als Bezirksschornsteinfegermeister die Eintragung in die Bewerberliste, den Nachweis der gesundheitlichen Eignung sowie eine mindestens zweijährige praktische Tätigkeit im Schornsteinfegerhandwerk im Betrieb eines Bezirksschornsteinfegermeisters innerhalb der letzten drei Jahre vor der Bestellung. Die Voraussetzungen für die Eintragung in die Bewerberliste regelt § 1 SchfV. Darin wird zwar verlangt, dass der Bewerber die für einen Bezirksschornsteinfegermeister erforderliche persönliche und fachliche Zuverlässigkeit besitzt; eine irgendwie geartete Verpflichtung, sich mit der freiheitlichen, demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung zu identifizieren, wird darin aber nicht genannt. Auch eine Vereidigung des Bezirksschornsteinfegermeisters auf die Wahrung der verfassungsmäßigen Ordnung findet nach den Regelungen des SchfG nicht statt. Der Gesetzgeber ist offenbar davon ausgegangen, dass die Übertragung der in § 3 Abs. 2 SchfG genannten Aufgaben, die ein Bezirksschornsteinfegermeister als öffentliche Aufgaben und damit hoheitlich erfüllt, es nicht rechtfertigt, die Verfassungstreue des Bewerbers vorauszusetzen. Auch das seit dem 29.11.2008 geltende Gesetz über das Berufsrecht und die Versorgung im Schornsteinfegerhandwerk (SchfHwG) vom 26.11.2008 (BGBl I 2242) enthält keine Vorschriften zur Verfassungstreue. Es steht dem Gesetzgeber frei, Verfassungstreue auch der Berufsgruppe der Bezirksschornsteinfeger abzuverlangen, wie er dies bei anderen, mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben betrauten Personen getan hat.

4.3. Soweit der Antragsgegner eine mangelnde Loyalität des Antragstellers zu seinem "Dienstherrn" beklagt, ist dem entgegen zu halten, dass der Bezirksschornsteinfegermeister als Beliehener keinen "Dienstherrn" hat, sondern gemäß § 26 SchfG lediglich der Aufsicht der zuständigen Verwaltungsbehörde untersteht. Zwar gehört es auch zu den Dienstpflichten eines Bezirksschornsteinfegermeisters, mit der staatlichen Aufsichtsbehörde "vertrauensvoll" zusammenzuarbeiten (OVG RP, Beschl. v. 09.08.1989, a. a. O.). Daran könnte es fehlen, wenn sich der Antragsteller als Reaktion auf den angekündigten Widerruf der Bestellung in der Öffentlichkeit über die Aufsichtsbehörde in gleicher Weise geäußert hätte, wie dies die NPD-Kreistagsfraktion Burgenland auf einer Internetseite getan hat. Ob die Äußerungen der NPD-Kreistagsfraktion dem Antragsteller zugerechnet werden können, erscheint aber fraglich. Selbst wenn - wie der Antragsgegner geltend macht - dem Antragsteller als Verletzung seiner Berufspflicht gegenüber der Aufsichtsbehörde vorzuwerfen sein sollte, dass er diese Äußerungen im Internet nicht verhindert hat, ergibt sich daraus noch nicht zwangsläufig eine Unzuverlässigkeit im Sinne von § 11 Abs. 2 Nr. 1 SchfG. Die Vorschrift des § 11 Abs. 2 Nr. 2 SchfG zeigt, dass auch schuldhafte gröbliche Verletzungen von Berufspflichten nicht zwangsläufig zur Annahme der Unzuverlässigkeit des betreffenden Bezirksschornsteinfegermeisters im Sinne des § 11 Abs. 2 Nr. 1 SchfG führen (vgl. HessVGH, Urt. v. 08.12.1992 - 11 UE 3991/87 -, GewArch 1993, 207). Nach dieser Vorschrift kann nämlich der Widerruf der Bestellung dann erfolgen, wenn gegen den Bezirksschornsteinfegermeister innerhalb der letzten zehn Jahre zweimal wegen Verletzung seiner Berufspflichten Warnungsgeld angeordnet worden ist und er abermals seine Berufspflichten schuldhaft gröblich verletzt hat. Diese Regelung stellt klar, dass Unzuverlässigkeit im Sinne des § 11 Abs. 2 Nr. 1 SchfG wegen einer erstmaligen schuldhaft gröblichen Verletzung von Berufspflichten nur bei Hinzutreten besonderer Umstände angenommen werden kann (HessVGH, Urt. v. 08.12.1992, a. a. O.). In der vom Antragsgegner nochmals in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidung des OVG RP (a. a. O.) ging es um die Rechtmäßigkeit einer "Abmahnung" nach § 27 Abs. 1 SchfG. Der mit dem Widerruf verbundene Eingriff ist hingegen von solchem Gewicht, dass bei der Anwendung von § 11 Abs. 2 Nr. 1 SchfG Zurückhaltung geboten ist und bei erstmaligen gröblichen und schuldhaften Verstößen gegen Berufspflichten, soweit sie nicht während der Probezeit begangen werden, im allgemeinen zunächst die Aufsichtsmittel nach § 27 Abs. 1 SchfG auszuschöpfen sind, wobei selbstverständlich auch ein einmaliger gröblicher Verstoß gegen Berufspflichten Anlass für verschärfte Beobachtung durch die Aufsichtsbehörde sein kann, um eine etwaige Wiederholung der Pflichtverletzung alsbald aufdecken und ahnden zu können (HessVGH, Urt. v. 08.12.1992, a. a. O.).

4.4. Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand, der Antragsteller "neige zu strafbarem Verhalten". Auf Grund der vorliegenden Erkenntnisse ist ein strafrechtlich relevantes Handeln des Antragstellers bislang nicht nachweisbar. Das Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen bei der Veranstaltung in der Gaststätte "..." am 21.07.2007 wurde nach den Angaben des Antragsgegners gemäß § 170 Abs. 2 StPO, also mangels hinreichenden Tatverdachts, eingestellt. Ob der weitere Vorwurf des Hausfriedensbruchs zutrifft, ist bislang offen geblieben. Der vom Antragsgegner beigezogenen Ermittlungsakte der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd lässt sich zwar entnehmen, dass die Polizei an diesem Tag das Hausrecht der Gaststättenbesitzerin durchgesetzt hat, nachdem verschiedene Besucher ihrer Aufforderung zum Verlassen der Gaststätte nicht nachgekommen waren. Weiter enthält der tabellarisch dargestellte Verlaufsbericht unter der Rubrik "Eingriffsmaßnahmen/Bemerkungen" unter Nr. 31 und Nr. 36 den Eintrag "einmal Sammelanzeige § 123 StGB". Ob der Antragsteller unter den Personen zu finden war, die sich der Aufforderung zum Verlassen der Gaststätte widersetzten, lässt sich dem Vorgang nicht entnehmen. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen Hausfriedensbruchs eingeleitet wurde. Ein Ermittlungsverfahren wegen einer Straftat nach § 130 Abs. 4 StBG (Billigung, Verherrlichung bzw. Rechtfertigung der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft) auf Grund der Totenehrung für die Rathenau-Mörder ist - soweit ersichtlich - erst gar nicht eingeleitet worden. Im Verfahren wegen Bedrohung (§ 241 StGB) hat die Staatsanwaltschaft den Anzeigeerstatter auf den Privatklageweg verwiesen; insoweit ist offen geblieben, ob die Darstellung des Anzeigenerstatters oder die des Antragstellers zutrifft.

4.5. Ob in den rechtsextremen Aktivitäten des Antragstellers im privaten Bereich - wie der Antragsgegner geltend macht - "zumindest ein sozial ethisch verwerfliches Verhalten" zu sehen ist, ist nicht entscheidend. Wie bereits oben dargelegt, erfordert die Feststellung der Unzuverlässigkeit wegen eines Verhaltens im privaten Bereich einen Zusammenhang mit einer zu befürchtenden Verletzung beruflicher Pflichten.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

6. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG. Die sich aus dem Antrag des Antragstellers für ihn ergebende Bedeutung der Sache bestimmt der Senat nach der Empfehlung in Nr. 54.2.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327 [1332]), die als Streitwert für die Gewerbeuntersagung den Jahresbetrag des erzielten oder erwarteten Gewinns, mindestens aber 15.00,00 € vorsieht (so auch BayVGH, Beschl. v. 04.03.2008 - 22 CS 07.2769 -, Juris; OVG MV, Beschl. v. 22.08.1995 - 2 M 62/95 -, GewArch 1996, 76). Nach den vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen hat der Jahresgewinn in den Jahren 2004 bis 2006 durchschnittlich etwa 68.000,00 € betragen. Im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ist dieser Betrag zu halbieren.

Ende der Entscheidung

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