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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 20.01.2009
Aktenzeichen: 2 M 288/08
Rechtsgebiete: AufenthG


Vorschriften:

AufenthG § 60a Abs. 2 S. 1
1. Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der vorläufigen Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit fehlt der Anordnungsgrund, wenn die Abschiebung des Ausländers bereits aus tatsächlichen Gründen ausgesetzt ist.

2. Gleiches gilt, wenn der Ausländer zwar aktuell über keine Duldung verfügt, seine Abschiebung aber aus tatsächlichen Gründen unmöglich ist und die Ausländerbehörde - auch ohne gerichtliche Verpflichtung - dazu bereit, eine Duldung aus diesem Grund zu erteilen.


Gründe:

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet; denn die dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Änderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Antragstellers, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, ihm eine Duldung zu erteilen, jedenfalls im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

Zwar führt nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschl. v. 04.12.2003 - 2 M 547/03 -, Juris; Beschl. v. 03.04.2006 - 2 M 82/06 -, Juris; Beschl v. 30.06.2006 - 2 M 153/07 -, Juris) allein das "Untertauchen" des Ausländers grundsätzlich nicht dazu, dass ihm das Rechtsschutzinteresse für den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel der Aussetzung der Abschiebung fehlt. Vielmehr muss hinzukommen, dass der Ausländer trotz Aufforderung des Gerichts seinen wahren Aufenthaltsort (ladungsfähige Anschrift) nicht offenbart. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Ausländer erst nach dem "Untertauchen" um Rechtsschutz nachsucht, um einer unmittelbar bevorstehenden Abschiebung zu entgehen.

Aber auch wenn ein Rechtsschutzinteresse des Antragstellers für die Durchführung des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens zu bejahen ist, kann der Antrag keinen Erfolg haben, weil es jedenfalls am Anordnungsgrund fehlt.

Im Verfahren nach § 123 VwGO muss der Antragsteller die Dringlichkeit oder Eilbedürftigkeit der begehrten vorläufigen Regelung glaubhaft machen (Anordnungsgrund). Ob der Anordnungsgrund bereits dann entfällt, wenn Eilrechtsschutz auch nach Bekanntwerden des Aufenthaltsortes des Ausländers noch rechtzeitig gewährt werden kann (so BayVGH, Beschl. v. 28.06.2005 - 24 CE 05.1426 -, Juris; zur verfassungsrechtlichen Bewertung: BVerfG, Beschl. v. 31.08.1999 - 2 BvR 1523/99 -, InfAuslR 2000, 67), bedarf keiner Vertiefung. Er ist jedenfalls dann nicht gegeben, wenn die Abschiebung des Ausländers bereits aus tatsächlichen Gründen ausgesetzt ist; denn eine besondere Dringlichkeit der Sache kann in diesen Fällen im Regelfall nicht angenommen werden (vgl. OVG MV, Beschl. v. 17.03.2004 - 2 M 21/04 -, Juris). Gleiches gilt, wenn der Ausländer zwar aktuell über keine Duldung verfügt, seine Abschiebung aber aus tatsächlichen Gründen unmöglich ist und die Ausländerbehörde - auch ohne gerichtliche Verpflichtung - dazu bereit ist, eine Duldung aus diesem Grund zu erteilen.

So liegt es hier. Nach dem Inhalt der Verwaltungsvorgänge wurde die Abschiebung des Antragstellers - zuletzt bis zum 20.10.2008 - deshalb ausgesetzt, weil sie bislang aus tatsächlichen Gründen unmöglich gewesen ist. Die Identität und Staatsangehörigkeit des Antragstellers konnten bisher nicht ermittelt werden, so dass auch die für eine Abschiebung nötige Beschaffung eines Passes oder Passersatzpapiers nicht möglich gewesen ist. An dieser Situation hat sich bis heute nichts geändert. Es ist weiterhin nicht absehbar, wann dieses tatsächliche Abschiebungshindernis entfallen wird. Mit Schreiben vom 14.10.2008 hat der Antragsgegner den Antragsteller um Vorsprache gebeten, um die Duldung "erneuern" zu lassen. Dem ist der Antragsteller nicht nachgekommen, sondern ist "untergetaucht". Es bestehen - entgegen dem Vortrag des Antragstellers im erstinstanzlichen Verfahren - aufgrund der fortbestehenden tatsächlichen Unmöglichkeit der Abschiebung auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner aufenthaltsbeendende oder freiheitsentziehende Maßnahmen ergreifen wird.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertentscheidung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.

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