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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 22.08.2003
Aktenzeichen: 2 M 400/03
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 80 I
VwGO § 80 V
VwGO § 80 VII
1. Gericht der Hauptsache ist auch für den Antrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO das Gericht, bei welchem die Hauptsache anhängig ist oder anhängig zu machen wäre. Das gilt unabhängig davon, ob der Beschluss nach § 80 Abs. 5 VwGO vom Beschwerdegericht geändert worden ist.

2. Die aufschiebende Wirkung i. S. des § 80 Abs. 1 VwGO wird durch den zulässigen ersten Rechtsbehelf, in der Regel den Widerspruch, vermittelt. Nach Erlass des Widerspruchsbescheids entsteht keine neue aufschiebende Wirkung durch die Klageerhebung, sondern die bisherige Wirkung dauert fort.

3. Einem erneuten Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nach Erlass des Widerspruchs fehlt deshalb das Rechtsschutzinteresse.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT

Aktenz.: 2 M 400/03

Datum: 22.08.2003

Gründe:

Die Anträge der Antragstellerin klarzustellen, dass die Sofortvollzugsanordnung des Kreistagsbeschlusses durch Widerspruchsbescheidung in der Hauptsache nicht auflebt bzw. die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 07.03.2003 fortgilt, hilfsweise auch die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin vom 21.08.2003 gegen den Kreistagsbeschluss des Antragsgegners vom 16.12.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.08.2003 wiederherzustellen, sind unzulässig. Der Senat ist für eine Entscheidung im Abänderungsverfahren gemäß § 80 Abs. 7 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 (BGBl I 686) - VwGO -, in der Fassung des Gesetzes vom 20.12.2001 (BGBl I 3987), nicht zuständig; denn nach dem ausdrücklichen Wortlaut dieser Vorschrift entscheidet das Gericht der "Hauptsache" über Anträge auf Änderung oder Aufhebung von Beschlüssen über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO. Gericht der Hauptsache ist aber vorliegend das Verwaltungsgericht Halle; denn dieses hat über die von der Antragstellerin erhobene Anfechtungsklage erstinstanzlich zu entscheiden, so dass dieses auch über den Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO zu entscheiden hat. Dies gilt für ein Gericht erster Instanz auch dann, wenn der Beschluss, dessen Änderung oder Aufhebung begehrt wird - wie hier - im Beschwerdeverfahren vom Oberverwaltungsgericht erlassen worden ist (vgl. nur VGH BW, Beschl. v. 23.09.1969 - I 415/68 -, NJW 1970, 166; NdsOVG, Beschl. v. 09.041984 - 2 B 18/84 -, DÖV 1985, 72; BayVGH, Beschl. v. 08.12.1977 - 170 VIII 77 -, NJW 1978, 1941; Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl., RdNr. 1034).

Der Senat weist aber ausdrücklich darauf hin, dass der Antragstellerin für ihr Begehren, die aufschiebende Wirkung des Kreistagsbeschlusses des Antragsgegners vom 16.12.2002 erneut feststellen zu lassen bzw. nunmehr die aufschiebende Wirkung ihrer Klage wiederherzustellen, das auch im Abänderungsverfahren gemäß § 80 Abs. 7 VwGO erforderliche Rechtsschutzinteresse fehlt; denn ein Erfolg ihres mit dem vorliegenden Verfahren weiterverfolgten Rechtsschutzbegehrens kann nicht zu einer Verbesserung ihrer Rechtsstellung führen, wie sie bereits durch die Beschwerdeentscheidung des Senats vom 20.08.2003 - 2 M 308/03 - begründet worden ist.

Durch die Aussetzung der sofortigen Vollziehung des Kreistagsbeschlusses vom 16.12.2002, mit dem u. a. die Schließung der Sekundarschule in K. verfügt worden ist, kann diese Schulschließung gegenüber der Antragstellerin nicht vollzogen werden. Diese Rechtswirkung ist durch den Erlass des Widerspruchsbescheids des Antragsgegners vom 20.08.2003 nicht entfallen; denn die Bindungswirkung des unanfechtbaren Aussetzungsbeschlusses des Senats vom 20.08.2003 steht einem erneuten Aufleben der sofortigen Vollziehbarkeit des Kreistagsbeschlusses entgegen.

Die rechtliche Ausgangslage des § 80 Abs. 1 VwGO, wonach Widerspruch und Anfechtungsklage (grundsätzlich) aufschiebende Wirkung haben, war bereits durch diesen Aussetzungsbeschluss geschaffen worden. Mit diesem Beschluss hat der Senat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Kreistagsbeschluss vom 16.12.2002 nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO in vollem Umfang - und nicht etwa nur befristet (vgl. § 80 Abs. 5 Satz 5 VwGO) - in Bezug auf die (behördlich angeordnete) Vollziehbarkeit des Kreistagsbeschlusses wiederhergestellt. Diese Wirkung des § 80 Abs. 1 VwGO, die grundsätzlich bis zum Eintritt der Bestandskraft des angefochtenen Verwaltungsakts reicht, konnte damit nur noch durch eine weitere gerichtliche Entscheidung geändert oder aufgehoben werden (so auch VGH BW, Beschl. v. 24.07.1996 - 11 S 1259/96 - [juris]). Für die Widerspruchsbehörde besteht neben der gerichtlichen Kompetenz keine eigenständige Entscheidungskompetenz, um die Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts wieder herbeizuführen (siehe zu diesen Fragen u.a. VGH BW, Beschl. v. 22.12.1986 - 3 S 3145/86 -, VBlBW 1987, 387; OVG RP, Beschl. v. 17.10.19861 - B 59/86 -, NVwZ 1987, 426; Schoch in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Komm., § 80 RdNr. 359; Redeker/von Oertzen, VwGO, Komm., 11. Aufl., § 80, RdNr. 65; Kopp, VwGO, Komm., 11. Aufl., § 80 RdNr. 171).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1; 162 Abs. 3 VwGO und hinsichtlich des Streitwerts auf §§ 13 Abs. 1 Satz 2; 20 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. d. Bek. v. 15.12.1975 (BGBl I 3047) - GKG -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.03.2003 (BGBl I 345 [349]) i. V. m. II. Nr. 37.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (DVBl. 1996, 605 ff.). Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen waren nicht für erstattungsfähig zu erklären, weil er weder Anträge gestellt noch sonst das Verfahren wesentlich gefördert hat.

Ende der Entscheidung

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