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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 07.11.2003
Aktenzeichen: 2 M 460/03
Rechtsgebiete: FGO, VwGO, AO


Vorschriften:

FGO § 69 III
VwGO § 80 IV 3
AO § 171 X
AO § 175 I 1
AO § 182 I
AO § 184 I
AO § 361 III 1
1. Die Vollziehung des (gemeindlichen) Steuerbescheids ist nicht bereits deshalb nach § 80 IV 3, V VwGO auszusetzen, weil der Betroffene gegen den Steuermessbescheid des Finanzamts beim Finanzgericht vorläufigen Rechtsschutz nach § 69 Abs. 3 FGO beantragt hat, worüber noch nicht entschieden worden ist.

2. Offen bleibt, aber zweifelhaft ist, ob eine Aussetzung wegen "unbilliger Härte" im Fall des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO auch dann möglich ist, wenn die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels der Hauptsache zu verneinen sind.

3. Die Aussetzung wegen "unbilliger Härte" i. S. des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO setzt einen besonderen persönlichen Billigkeitsgrund voraus.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 2 M 460/03

Datum: 07.11.2003

Gründe:

Der Beschluss beruht auf § 146 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 (BGBl I 686) - VwGO -, in der Fassung des Gesetzes vom 20.12.2001 (BGBl I 3987) - VwGO 02 -, sowie auf § 154 Abs. 2 VwGO <Kosten> und auf §§ 13 Abs. 1; 20 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. d. Bek. v. 15.12.1975 (BGBl I 3047) - GKG -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.03.2003 (BGBl I 345 [349]), i. V. m. Abschn. I Nr. 7 des "Streitwertkatalogs" <Streitwert>.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg; denn der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts ist nicht zu beanstanden.

"Ernstliche Zweifel" i. S. des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO [1. Alternative] an der Rechtmäßigkeit des Steuerbescheids der Antragsgegnerin bestehen nicht schon deshalb, weil die Antragstellerin gegen den zugrunde liegenden Messbescheid beim Finanzgericht nach § 69 Abs. 3 FGO vorläufigen Rechtsschutz beantragt hat. Nicht bereits dieser Antrag, sondern erst eine ihm stattgebende finanzgerichtliche Entscheidung hat nach § 69 Abs. 3 Satz 4 FGO zur Folge, dass auch die Vollziehung des "Folgebescheids" ausgesetzt werden müsste (vgl. auch § 361 Abs. 3 Satz 1 der Abgabenordnung - AO - i. d. F. d. Bek. v. 01.10.2002 [BGBl 2002 I 3386], berichtigt am 08.01.2003 [BGBl I 61]).

Die Lage ist insoweit nicht anders als bei den Verfahren zur Hauptsache. Nicht bereits die Klage gegen den Messbescheid begründet ernstliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit, sondern erst eine dahin gehende gerichtliche Feststellung. Solange der Messbescheid hingegen vollzogen werden kann, ist er nach §§ 184 Abs. 1; 182 Abs. 1 AO rechtmäßige Grundlage für den Gewerbesteuerbescheid der Gemeinde. § 182 Abs. 1 Satz 1 AO statuiert die Bindungswirkung gerade auch für Messbescheide, die noch nicht unanfechtbar sind.

Ähnlich wie in der Hauptsache erst die Aufhebung oder Änderung des Messbescheids zu einer Anpassung des Gewerbesteuerbescheids führen muss (§§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1; 171 Abs. 10 AO) und die Bindung des § 182 Abs. 1 Satz 1 AO beseitigt, gilt auch für den vorläufigen Rechtsschutz, dass erst die Aussetzung des Messbescheids zu einer Anpassung der Lage auch für den Gewerbesteuerbescheid führen kann.

Im vergleichbaren Fall einer Grundsteuer hat der Senat bereits festgestellt, dass der Antrag nach § 69 Abs. 3 FGO keinen Einfluss auf die Vollziehbarkeit des Grundsteuerbescheids hat (OVG LSA, Beschl. v. 11.10.2002 - 2 M 323/02 - [Abdruck, S. 5]; ähnlich BayVGH, Beschl. v. 05.09.2001 - Nr. 4 ZE 01.2033 -, JURIS-Nr. MWRE 110290100; vgl. [für den Fall bestandskräftiger Steuerbescheide bei Rechtsbehelfen gegen den Messbescheid] auch VGH BW, Beschl. v. 24.02.1992 - 2 S 42/92 -, JURIS-Nr. MWRE 103709200 = VGHBW-Ls 1992, Beil. 5, B 6).

Zweifel an der Rechtmäßigkeit des auf dem Messbescheid aufbauenden Gewerbesteuerbescheids der Antragsgegnerin sind nicht ersichtlich und auch nicht dargelegt.

Die Aussetzung ist auch nicht wegen der geltend gemachten, aber nicht näher begründeten "Härte" i. S. des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO [2. Alternative] geboten.

Es ist erheblich zweifelhaft, ob eine Aussetzung wegen unbilliger Härte ohne Rücksicht auf die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels der Hauptsache in Betracht kommen kann, weil der Steuerpflichtige, der seiner Ansicht nach Steuern nicht gleich zahlen kann, auf den Weg der Stundung verwiesen werden muss (vgl. dazu bereits: OVG LSA, Beschl. v. 11.10.2002 - 2 M 323/02 - [Abdruck, S. 6, m. w. Nachw.]). Jedenfalls kann als "Härte" i. S. des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO nur der besondere Grund gelten, der über den Nachteil der eigentlichen Zahlung hinausgeht. Dazu bedarf es eines hier nicht geltend gemachten persönlichen Billigkeitsgrundes, etwa den der Existenzgefährdung (vgl. insoweit: OVG LSA, Beschl. v. 11.10.2002 - 2 M 323/02 - [Abdruck, S. 7, unter Hinweis auf OVG LSA, Beschl. v. 19.03.2002 - 2 M 293/01 -]; OVG NW, Beschl. v. 17.03.1994 - 15 B 3022/93 -, NVwZ-RR 1994, 617; BayVGH, Beschl. v. 25.01.1988 - Nr. 6 CS 87.03857 -, BayVBl. 1988, 727; Funke-Kaiser, in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO, 2. Aufl., § 80 RdNr. 58, m. w. Nachw.; Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 4. Aufl., RdNr. 791, m. w. Nachw.).

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