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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 20.12.2004
Aktenzeichen: 2 M 574/04
Rechtsgebiete: VwGO, LSA-KAG


Vorschriften:

VwGO § 80 V
VwGO § 80 VII
VwGO § 88
VwGO § 146 IV
LSA-KAG § 2 II
LSA-KAG § 6 VI 1
1. Die Beschwerde gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichts im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO kann nicht mit neuem Vorbringen geführt werden, wenn sich die Sach- und/oder Rechtslage geändert hat.

2. Ist das Beschwerdegericht wegen eines zusätzlich gestellten Antrags auf Zulassung der Berufung zugleich "Gericht der Hauptsache", so kann es die "Beschwerde" in einen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO umdeuten.

3. Hatte das Verwaltungsgericht seine dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz stattgebende Entscheidung ausschließlich auf Bekanntmachungsfehler der Satzung gestützt, so ist deren Neu-Bekanntmachung ein Umstand, der nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO beachtlich ist.

4. Bestimmt Satzungsrecht, dass eine Satzung bereits vor dem Entschluss zum Ausbau vorliegen muss, so ist diese Bestimmung gesetzeskonform dahin auszulegen, dass sie nicht für "Alt-Maßnahmen" gilt, die vor dem 22.04.1999 (KAG-Änderung zu § 6 Abs. 6) begonnen worden sind.

5. Misst sich eine Satzung Rückwirkung bei und ist diese rechtlich zweifelhaft, so betrifft dies allein die Rückwirkungsanordnung, nicht die Satzung insgesamt.

6. Die sachliche Beitragspflicht für vor dem 22.04.1999 begonnene Maßnahmen entsteht erst mit der Satzung, sofern die Maßnahme vorher tatsächlich beendet war. Eine solche Satzung bedarf keiner Rückwirkungsanordnung.

7. Der Geltungszeitraum der Satzung muss nicht auch den Zeitpunkt umfassen, an welchem die Maßnahmen tatsächlich beendet waren.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 2 M 574/04

Datum: 20.12.2004

Gründe:

Am 03.03.1999 schlug der Hauptausschuss der Antragsgegnerin ausweislich eines von ihr vorgelegten Protokolls den Ausbau der in ihrem Gemeindegebiet gelegenen "Thälmannstraße" vor. Eine erste Abschlagsrechnung des Ingenieurbüros "..." datiert vom 03.11.1999. Der Ausbau verschiedener Teileinrichtungen erfolgte soweit ersichtlich im Jahre 2002. Von diesem Jahre datieren auch die meisten der vorgelegten Unternehmerrechnungen.

Mit Bescheid vom 23.10.2003 zog die Antragsgegnerin den Antragsteller für den Ausbau der "T-Straße" zu einem Straßenausbaubeitrag heran. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies sie mit Bescheid vom 26.02.2004 zurück.

Am 29.03.2004 hat der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Magdeburg Klage erhoben und am 29.04.2004 um die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht. Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 27.09.2004 (Az.: 2 B 143/04 MD) die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet und mit Urteil vom 30.09.2004 (Az.: 2 A 121/04 MD) die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Zur Begründung hat es jeweils ausgeführt, die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig, weil es ihnen an einer wirksamen satzungsmäßigen Grundlage ermangele. Die Antragsgegnerin habe ihre im Jahre 1992 beschlossene Straßenausbaubeitragssatzung (SABS 1992) überhaupt nicht und ihre im Jahre 2001 beschlossene Straßenausbaubeitragssatzung (SABS 2001) lediglich mittels Aushangs bekannt gemacht. Eine derartige Aushangbekanntmachung widerspreche jedoch der maßgeblichen Hauptsatzung der Antragsgegnerin, wonach Satzungen in ihrem Gemeindeblatt ("Biederitzer Buschfunk") bekannt zu machen seien.

Am 07.10.2004 hat die Antragsgegnerin gegen den Eilbeschluss des Verwaltungsgerichts Beschwerde erhoben. Am 20.10.2004 hat sie die Ausgabe 169 ihres Gemeindeblattes Nr. 10 vom Oktober 2004 vorgelegt, in der sie ihre SABS 2001 erneut bekannt gemacht hat, und hat zur Begründung vorgetragen: Aufgrund der nunmehr ordnungsgemäß erfolgten Bekanntmachung ihrer SABS 2001 sei der von dem Verwaltungsgericht festgestellte Bekanntmachungsfehler geheilt. Der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts sei damit "überholt".

Am 01.11.2004 hat die Antragsgegnerin die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 30.09.2004 beantragt (Az.: 2 L 661/04).

II.

1. Der Senat legt die von der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 27.09.2004 erhobene "Beschwerde" als Änderungsantrag im Sinne des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO aus. Diese Auslegung ist deshalb geboten, weil die Beschwerde ausschließlich mit "neuem Vorbringen" begründet und damit gemäß § 146 Abs. 4 VwGO unzulässig ist, zugleich aber die Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Änderungsantrages im Sinne des § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO vorliegen, über den der Senat auch als Gericht der Hauptsache entscheiden kann.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, dass die Beschwerde mit "neuem Vorbringen" insoweit nicht geführt werden kann, als damit eine Änderung der Sach-, Rechts- oder Verfahrenslage dargetan wird (OVG LSA, Beschl. v. 31.07.2003 - 2 M 337/03 -; Beschl. v. 01.08.2003 - 2 M 339/03 -; Beschl. v. 23.04.2004 - 2 M 228/04 -; so auch Bader, in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, Kommentar zur VwGO, 2. Aufl., § 146 RdNr. 36; a. A. wohl VGH BW, Beschl. v. 12.04.2002 - 7 S 653/02 -, NVwZ 2002, 883 [884]); denn mit "neuem Vortrag" kann nicht belegt werden, dass die angegriffene Entscheidung unrichtig ergangen ist; das ist deshalb vorauszusetzen, weil nur solcher Vortrag zulässigerweise geleistet werden kann, welcher sich mit der Entscheidung auseinander setzt (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO), die auf einer früheren Sach-, Rechts- oder Prozesslage ergangen ist. "Neue" Umstände sind hingegen beim vorläufigen Rechtsschutz im Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO oder im Änderungsverfahren zu Beschlüssen nach § 123 Abs. 1 VwGO einzubringen.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Beschwerde der Antragsgegnerin nicht als Beschwerde im Sinne des § 146 Abs. 4 VwGO, sondern als Abänderungsantrag im Sinne des § 80 Abs. 7 VwGO auszulegen. Die Veröffentlichung ihrer Straßenausbaubeitragssatzung vom 28.03.2001 einschließlich der am 08.08.2001, 11.09.2003 und 17.12.2003 beschlossenen Änderungen im Gemeindeblatt "Biederitzer Buschfunk" im Oktober 2004 (Nr. 10 Ausgabe 169) ist nicht als bloße Ergänzung und Erläuterung der bisherigen Stellungnahmen zu verstehen, sondern stellt eine neue Tatsachenbasis dar, die das Verwaltungsgericht aufgrund seiner Aktualität nicht in seine Erwägungen einbeziehen konnte. In einem solchen Fall hat die Antragsgegnerin bei dem Gericht der Hauptsache einen Antrag gemäß § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO zu stellen. Gericht der Hauptsache ist hier allerdings nicht das Verwaltungsgericht, sondern das Oberverwaltungsgericht; denn die Antragsgegnerin hat gegen das in der Hauptsache ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts vom 30.09.2004 am 01.11.2004 die Zulassung der Berufung beantragt (Az.: 2 L 661/04), so dass die Hauptsache nunmehr bei dem beschließenden Gericht anhängig ist.

2. Der mithin gemäß § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO zulässige Änderungsantrag ist auch begründet.

Die im Oktober 2004 erfolgte Neubekanntmachung der SABS 2001 ist ein veränderter Umstand, der zur Rechtswidrigkeit des erstinstanzlichen Beschlusses führt und damit seine Änderung erforderlich macht. Die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Bescheides, die das Verwaltungsgericht ausschließlich mit dem Fehlen einer ordnungsgemäß bekannt gemachten Satzung begründet hat, bestehen aufgrund der nunmehrigen Neubekanntmachung nicht mehr. Die Neubekanntmachung selbst lässt keine Rechtsfehler erkennen. Sie entspricht insbesondere dem in der maßgeblichen Hauptsatzung der Antragsgegnerin geregelten Bekanntmachungsrecht.

Der Heranziehung des Antragstellers steht auch nicht § 10 Abs. 1 SBS 2001 entgegen, wonach die Beitragspflicht mit der Beendigung der Maßnahme (nur) entsteht, "sofern vor der Entscheidung über die beitragsauslösende Maßnahme eine Satzung vorliegt". Eine derartige (wirksame) Satzung lag zwar am 03.03.1999, dem Zeitpunkt des Vorschlags des Hauptausschusses der Antragsgegnerin über den Ausbau des streitgegenständlichen Straßenausbaus, nicht vor; denn die Antragsgegnerin verfügte erstmals aufgrund ihrer im Oktober 2004 vorgenommenen Neubekanntmachung ihrer SABS 2001 über eine wirksame Straßenausbaubeitragssatzung. Dem Merkmal "Vorliegen einer Satzung" im Sinne des § 10 Abs. 1 SBS 2001 dürfte auch nicht bereits deshalb entsprochen sein, weil sich die SABS 2001 gemäß § 16 in der Fassung der Zweiten Änderungssatzung vom 28.03.2001 rückwirkende Kraft bis zum 01.03.1999, also zu einem Zeitpunkt vor dem Vorschlag des Hauptausschusses vom 03.03.1999, beimisst. § 10 Abs. 1 SBS 2001 ist jedoch einschränkend dahingehend auszulegen, dass das Erfordernis, wonach eine Satzung vor der Entscheidung über die beitragsauslösende Maßnahme vorliegen muss, nur für die Maßnahmen gelten soll, über die nach dem 22.04.1999 entschieden wurde. Allein diese Auslegung steht mit höherrangigem Recht in Einklang. § 10 Abs. 1 SABS 2001 entspricht nämlich seinem Wortlaut nach der Vorschrift des § 6 Abs. 6 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes - KAG LSA - in der seit dem Gesetz vom 16.04.1999 (LSA-GVBl. 150) in das KAG LSA aufgenommenen und am 22.04.1999 in Kraft getretenen Fassung. Auch in dieser Vorschrift ist geregelt, dass die Beitragspflicht nur entsteht, sofern vor der Entscheidung über die beitragsauslösende Maßnahme eine Satzung vorliegt. Dieses zeitliche Satzungserfordernis gilt aufgrund einer insoweit gebotenen verfassungskonformen Auslegung aber nur für die Fälle, in denen die beitragsauslösende Maßnahme nach dem In-Kraft-Treten des Gesetzes am 22.04.1999 begonnen wurde (OVG LSA, Urt. v. 17.10.2002 - 2 L 119/01 -, a. a. O.). Ist jedoch § 6 Abs. 6 Satz 1 KAG LSA in dieser Weise einschränkend auszulegen, ist eine entsprechende Auslegung auch bei der wortgleichen Satzungsbestimmung des § 10 Abs. 1 SABS 2001 geboten. Eine andere Auslegung würde auch dem aus § 6 Abs. 1 KAG LSA zu entnehmenden Grundsatz widersprechen, dass die Gemeinden zur Beitragserhebung nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet sind (vgl. OVG LSA, Urt. v. 17.10.2002 - 2 L 119/01 -, JMBl LSA 2003, 50).

Offen bleiben kann die Frage, ob die in § 16 der SABS 2001 enthaltene Rückwirkungsregelung rechtmäßig ist, insbesondere den Anforderungen des § 2 Abs. 2 KAG LSA entspricht; denn selbst wenn diese Rückwirkungsregelung unwirksam sein sollte, liegt jedenfalls seit Oktober 2004 eine ordnungsgemäß bekannt gemachte Satzung mit Wirkung zumindest für die Zukunft vor. Damit sind zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt sämtliche Voraussetzungen für die angefochtene Beitragserhebung erfüllt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (Urt. v. 17.10.2002 - 2 L 119/01 -; Beschl. v. 04.11.2002 - 2 M 175/02 -; Beschl. v. 21.05.2003 - 2 M 189/02) entsteht die sachliche Beitragspflicht im Straßenbaubeitragsrecht in Sachsen-Anhalt, wenn eine beitragsfähige Maßnahme tatsächlich beendet ist, der Aufwand festgestellt werden kann und eine wirksame Beitragssatzung vorliegt. Erst seit dem Kommunalabgabengesetz in der Fassung des Gesetzes vom 16.04.1999 (LSA-GVBl., S. 150) verlangt § 6 Abs. 6 zusätzlich, dass die wirksame Satzung vor der Entscheidung über die beitragsauslösende Maßnahme vorliegen muss. Diese Regelung hat aber keine Rückwirkung und hindert die Gemeinden daher nicht, vor ihrem In-Kraft-Treten begonnene Maßnahmen noch abzurechnen, wenn später erlassene Satzungen Mängel des kommunalen Rechtsetzungsverfahrens heilen und nach früherem Recht mögliche Beitragspflichten noch entstehen lassen (OVG LSA, Beschl. v. 21.05.2003 - 2 M 189/02 -).

Hierbei kommt es auch nicht darauf an, ob diese Satzungen rückwirkend erlassen werden; denn für die Entstehung des Beitrags ist lediglich erforderlich, dass zu irgendeinem Zeitpunkt eine wirksame Satzung vorliegt. Dies kann der Zeitpunkt der Maßnahme, des Bescheiderlasses oder auch ein späterer Zeitpunkt sein. Für das gerichtliche Verfahren ist insoweit allein der Zeitpunkt der Entscheidung über das jeweilige Rechtsmittel maßgeblich (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 7. Aufl., § 19 RdNr. 22 [zum Erschließungsbeitragsrecht] und § 30 RdNr. 3 ff. [zum Straßenbaubeitragsrecht]). Liegen zum Zeitpunkt dieser Entscheidung sämtliche Voraussetzungen der erfolgten Beitragserhebung vor, führt dies bei einer Anfechtungsklage zum "Befehl der Klageabweisung" (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 7. Aufl., a. a. O.) bzw. bei dem vorliegenden Änderungsverfahren im Sinne des § 80 Abs. 7 VwGO zum Erfolg des Änderungsantrags. Der Senat folgt insoweit der zum Erschließungsbeitragsrecht vertretenen Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 25.11.1981 - BVerwG 8 C 14.81 -, BVerwGE 64, 218), wonach auch das In-Kraft-Treten einer Satzung ohne Rückwirkungsanordnung bewirken kann, dass ein vorher erlassener, mangels Entstehens der Beitragspflicht zunächst rechtswidriger Erschließungsbeitragsbescheid rechtmäßig wird und deshalb nicht der gerichtlichen Aufhebung unterliegt.

In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zwar teilweise eine Übertragung dieses Grundsatzes auf das Straßenbaubeitragsrecht abgelehnt. Ein Straßenausbaubeitrag soll danach vielmehr nur dann erhoben werden dürfen, wenn der gesetzlich geregelte Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht - gemäß § 6 Abs. 6 KAG LSA also die Beendigung der Maßnahme - im zeitlichen Geltungsbereich einer - gegebenenfalls rückwirkenden - Beitragssatzung liegt (NdsOVG, Urt. v. 14.06.1983 - 9 A 101/82 -, KStZ 1983, 195; OVG NW, Urt. v. 22.08.1995 - 15 A 3907/92 -, NVwZ-RR 1996, 469; HessVGH, Urt. v. 25.03.1993 - 5 UE 953/90 -, SchlHOVG, Urt. v. 13.10.1999 - 2 L 116/97 -, GemSH 2000, 43; OVG MV, Beschl. v. 29.07.1997 - 6 M 93/97 -, DVBl 1998, 56; OVG Brbg, Urt. v. 08.06.2000 - 2 D 29/98.NE -, VwRR MO 2000, 410). Dieser obergerichtlichen Rechtsprechung ist jedoch auf der Grundlage des hier maßgeblichen KAG LSA in der vor dem 22.04.1999 geltenden Fassung bereits deshalb nicht zu folgen, weil es insoweit an einer dem § 6 Abs. 6 Satz 1 KAG LSA 1999 entsprechenden ausdrücklichen gesetzlichen Regelung fehlt, wonach ein bestimmter Zeitpunkt für das Vorliegen einer wirksamen Satzung vorgeschrieben wäre (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 7. Aufl., § 30 RdNr. 5). Gleiches gilt für die Annahme, die Voraussetzungen für das Entstehen der Beitragspflicht, zu denen - wie dargelegt - das Vorliegen einer wirksamen Satzung zählt, müssten in einer bestimmten Reihenfolge eintreten (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 7. Aufl., § 30 RdNr. 7). Die Annahme, der Zeitpunkt der Beendigung der Maßnahme (§ 6 Abs. 6 KAG LSA) müsse im zeitlichen Geltungsbereich einer zumindest rückwirkenden Satzung liegen, lässt sich entgegen der Annahme des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern (Beschl. v. 29.07.1997 - 6 M 93/97 -, VwRR MO 1997, 107) insbesondere auch nicht mit dem Argument begründen, das Vorliegen einer Satzung sei selbst kein Tatbestandsmerkmal (in Sachsen-Anhalt des § 6 Abs. 6 Satz 1 KAG LSA), sondern lediglich Voraussetzung für das Entstehen einer einen Straßenbaubeitrag betreffenden Beitragsforderung. Allein dies zwingt noch nicht zu dem Schluss, eine solche (nicht in § 6 Abs. 6 Satz 1 KAG LSA geregelte) Entstehensvoraussetzung müsse zum Zeitpunkt der Beendigung der Maßnahme vorliegen. Dies wird nämlich auch hinsichtlich sonstiger Entstehensvoraussetzungen wie beispielsweise eines im Einzelfall erforderlichen Abschnittsbildungsbeschlusses nicht gefordert. Daher ist auch kein Grund ersichtlich, weshalb dies bei der Voraussetzung des Vorliegens einer Satzung der Fall sein sollte.

Auch im Übrigen bestehen bei der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der Rechtsmäßigkeit des angefochtenen Bescheides. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der von dem Antragsteller im erstinstanzlichen Verfahren vorgebrachten Einwände.

Der Antragsteller rügt insoweit ohne Erfolg, der angefochtene Bescheid lasse nicht erkennen, wie sich der festgesetzte Beitrag auf die beiden herangezogenen Flurstücke ... verteile. Dieser Einwand greift bereits deshalb nicht durch, weil er von unzutreffenden Tatsachen ausgeht. Bei dem mit dem angefochtenen Bescheid herangezogenen Grundstück handelt es sich, wie auch der Bescheid selbst erkennen lässt, ausschließlich um das im Eigentum des Antragstellers stehende Flurstück -A-. Das Flurstück -B- ist hingegen eine gemeindeeigene Zuwegung, für die die Antragsgegnerin den Antragsteller nicht heranzog.

Dass die Antragsgegnerin diese Zuwegung selbst nicht ausbaute, steht auch nicht etwa der Entstehung der Beitragspflicht gemäß § 6 Abs. 6 KAG LSA entgegen. Der Ausbau dieser Zuwegung ist nämlich für die Beendigung der Maßnahme im Sinne dieser Vorschrift nicht erforderlich, weil er mangels Widmung selbst nicht Bestandteil der öffentlichen Verkehrsanlage "T-Straße" ist.

Entgegen der Ansicht des Antragstellers steht der Hinzurechnung seines Grundstücks zum Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke auch nicht entgegen, dass es lediglich mit einer Breite von etwa 4 m an die "T-Straße" angrenzt. Beitragspflichtig sind nach § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA die Eigentümer der Grundstücke, "denen durch die Inanspruchnahme oder die Möglichkeit der Inanspruchnahme" eines Straßenausbaus "ein Vorteil entsteht". Ein derartiger (über den Vorteil der Allgemeinheit hinausgehender) Vorteil ist hinsichtlich all jener Grundstücke anzunehmen, die aufgrund bestimmter Kriterien wie einer räumlichen Nähe als von der ausgebauten Anlage erschlossen anzusehen sind. Dies ist bei dem Grundstück des Antragstellers bereits deshalb der Fall, weil es teilweise an die "T-Straße" angrenzt. Dass ein Grundstück mit einer Seite vollständig an die Anlage angrenzen müsstet, ist hingegen für das Vorliegen des Merkmals "Erschlossensein" nicht erforderlich. Dies zeigt bereits der Umstand, dass auch sogenannte Hinterliegergrundstücke als im Sinne des Straßenbaubeitragsrechts erschlossen anzusehen sind, sofern ihnen aufgrund eines Straßenausbaus der insoweit erforderliche besondere Vorteil zuwächst.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 47 Abs. 1; 52 Abs. 3; 53 Abs. 3 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. des Art. 1 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes v. 05.05.2004 (BGBl I 718) - GKG - sowie in Anlehnung an Nr. 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung der am 07./08.07.2004 beschlossenen Änderungen.

Ende der Entscheidung

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