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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 22.06.2009
Aktenzeichen: 2 M 86/09
Rechtsgebiete: AufenthG


Vorschriften:

AufenthG § 5 Abs. 1 Nr. 2
AufenthG § 10 Abs. 3
AufenthG § 25 Abs. 5 s. 1
AufenthG § 55 Abs. 2 Nr. 2
AufenthG § 60a Abs. 2
1. Der Aussetzung der Abschiebung (Duldung) kommt nicht die Funktion eines vorbereitenden oder ersatzweise gewährten Aufenthaltsrechts zu. Hat ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels ein Bleiberecht in Form einer Fiktion nicht ausgelöst und ist demzufolge ein nach Antragsablehnung gestellter Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO unzulässig, scheidet aus gesetzessystematischen Gründen die Erteilung einer Duldung für die Dauer des Erteilungsverfahrens grundsätzlich aus.

2. Zu den Voraussetzungen für die öffentlichen Zustellung eines Verwaltungsakts und zur Heilung eines Zustellungsmangels durch Einsichtnahme in die Verwaltungsvorgänge.

3. Die Rechtmäßigkeit einer Ausweisung ist, auch wenn sie nicht direkt Verfahrensgegenstand ist, aus rechtsstaatlichen Gründen inzident als Vorfrage zu prüfen, wenn unter alleiniger Berufung auf eine wirksam verfügte Ausweisung die Erteilung eines Aufenthaltstitels abgelehnt wird und so die Ausweisung mittelbar vollzogen würde.

4. § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG setzt einen strikten, sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebenden Rechtsanspruch voraus; ein Anspruch aufgrund einer Ermessensvorschrift genügt auch dann nicht, wenn das Ermessen im Einzelfall "auf Null" reduziert ist.

5. Zum Vorliegen eines Ausweisungsgrunds nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG.

6. Ausweisungsgründe - zumal in der Form eines Erlaubnisversagungsgrundes - dürfen in Anwendung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes einem Ausländer nur dann und solange entgegengehalten werden, als sie noch "aktuell" und nicht "verbraucht" sind bzw. die Ausländerbehörde auf ihre Geltendmachung nicht ausdrücklich oder konkludent "verzichtet" hat.

7. Soweit es um die Erlaubnis künftigen Aufenthalts geht, ist nicht die Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in der Vergangenheit von Bedeutung, sondern nur eine solche in Gegenwart und Zukunft. Eine Gefährdungsprognose ist grundsätzlich bei jedem Ausweisungstatbestand anzustellen, und zwar bei der Frage, ob eine von der Regel des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abweichende Atypik besteht (hier verneint).

8. Zur rechtlichen Unmöglichkeit der Ausreise im Sinne von § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG mit Blick auf Art. 8 EMRK.


Gründe:

I.

Der am (...).1978 geborene Antragsteller ist beninischer Staatsangehöriger und reiste eigenen Angaben zufolge im Oktober 2003 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Den von ihm am 29.10.2003 gestellten Asylantrag lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 17.11.2003 ab. Die hiergegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg. In der Folgezeit erhielt der Antragsteller fortlaufend Duldungen.

Mit Strafbefehl des Amtsgerichts Zerbst vom 28.02.2005 wurde der Antragsteller wegen wiederholter Zuwiderhandlung gegen die in den Duldungen auferlegte Aufenthaltsbeschränkung zu einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen verurteilt.

Bei einer Polizeikontrolle in Hamburg am 18.01.2006 wies sich der Antragsteller mit einer Meldebestätigung, der Kopie eines Aufenthaltstitels sowie einem Sozialversicherungsausweis eines beninischen Staatsangehörigen mit dem Namen (......) aus. Ferner führte er eine auf diesen Namen ausgestellte Abonnements-Kundenkarte des Hamburger Verkehrsverbunds (HVV) mit sich. Im Sozialversicherungsausweis und in der Kundenkarte waren Lichtbilder des Antragstellers eingeklebt. Die Polizeibeamten stellten bei einer Nachfrage im Polizeiauskunftssystem und im Ausländerzentralregister fest, dass eine Person mit diesem Namen registriert sei, jedoch mit einem anderen Geburtsdatum, ferner zeige das eingestellte Lichtbild nicht den Beschuldigten. Am 23.01.2006 erhielt die ermittelnde Polizeidienststelle Kenntnis über die Identität des Antragstellers. Auf eine Vorladung erschien am 07.02.2006 zur zeugenschaftlichen Vernehmung eine Person, die sich als Herr (......) vorstellte und einen auf seinen Namen lautenden Pass der Republik Benin vorlegte. Er gab an, dass ihm an Weihnachten 2005 sein Portemonnaie abhanden gekommen sei, in welchem sich die fraglichen Dokumente befunden hätten. Der Mann auf den Lichtbildern sei ihm unbekannt. Aufgrund dieser Ereignisse wurde der Antragsteller mit Strafbefehl des Amtsgerichts Zerbst vom 11.07.2006 wegen Urkundenfälschung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen verurteilt.

Bereits mit Verfügung vom 12.06.2006 hatte die Freie und Hansestadt Hamburg eine Ausweisungsverfügung erlassen, in der als Adressat Herr (......) angegeben war und die durch öffentliche Zustellung bekannt gegeben wurde. Begründet wurde die Ausweisung damit, dass der Betroffene ohne einen erforderlichen Aufenthaltstitel und ohne Pass in das Bundesgebiet eingereist sei und sich illegal im Bundesgebiet aufhalte.

Mit Bescheid vom 09.02.2007 wies der (frühere) Landkreis Anhalt-Zerbst den Antragsteller wegen der strafrechtlich geahndeten Vergehen aus der Bundesrepublik Deutschland aus. Mit Urkunde der Notarin W. aus München vom 13.02.2007 schloss der Antragsteller unter Vorlage eines am 15.11.2006 ausgestellten Reisepasses der Republik Benin eine Lebenspartnerschaft mit der in B-Stadt lebenden Frau D., von Geburt männlichen Geschlechts. Am 22.02.2007 erhob der Antragsteller Widerspruch gegen die Ausweisungsverfügung vom 09.02.2007, über den - soweit ersichtlich - nicht entschieden worden ist, und beantragte zugleich die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Herstellung der lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaft.

Mit weiterem Strafbefehl des Amtsgerichts Zerbst vom 12.04.2007 wurde der Antragsteller erneut wegen Verstoßes gegen das AufenthG zu einer Geldstrafe in Höhe von 15 Tagessätzen verurteilt.

Am 19.04.2007 wurde der Antragsteller im Rahmen einer Überprüfung durch das Hauptzollamt B-Stadt - Finanzkontrolle Schwarzarbeit - in einem Verbrauchermarkt in B-Stadt angetroffen. Auf Befragung gab der Marktleiter an, dass der Antragsteller bereits seit Ende September/Anfang Oktober 2006 als Reinigungskraft im Verbrauchermarkt an 6 Tagen in der Woche für jeweils 2 Stunden tätig sei. In seinem Besitz hatte der Antragsteller einen Hochschulticketausweis des Verkehrsverbunds B-Stadt-B. mit einer geänderten Matrikelnummer und dem Passfoto einer anderen Person, dazu 3 Hochschultickets der Monate Februar, März und April 2007. Aufgrund dieses Vorgangs gegen den Antragsteller eingeleitete Strafverfahren wegen Verstoßes gegen die räumliche Beschränkung stellte das Amtsgericht Burg gemäß § 153 Abs. 2 StPO ein.

Mit Bescheid vorn 04.11.2008 lehnte der Antragsgegner die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ab, forderte den Antragsteller zur Ausreise aus dem Bundesgebiet bis zum 15.12.2008 auf und drohte ihm für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung nach Benin oder in einen anderen zur Aufnahme bereiten oder verpflichteten Staat an. Zur Begründung gab er an, es spreche Überwiegendes dafür, von der grundsätzlich erforderlichen Durchführung des Visumverfahrens trotz Bestehens eines gesetzlichen Anspruchs nach § 27 Abs. 2 i. V. m. § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG nicht abzusehen. Der Lebenspartner sei aus gesundheitlichen Gründen nicht auf die Hilfe des Antragstellers angewiesen. Auch sei im notariellen Lebenspartnerschaftsvertrag der Versorgungsausgleich für die gesamte Zeit der Lebenspartnerschaft ausgeschlossen, auf jegliche Unterhaltsansprüche verzichtet und Gütertrennung vereinbart worden. Dies lasse den Schluss zu, dass wohl eine feste Beziehung zwischen den Partnern nicht bestehe. Auch liege aufgrund der verschiedenen vom Antragsteller begangenen Rechtsverstöße ein Ausweisungsgrund vor. Unabhängig davon sei die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis auch nach der Vorschrift des § 10 Abs. 3 AufenthG sowie gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG deshalb ausgeschlossen, weil der Antragsteller durch die Verfügung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 12.06.2006 bestandskräftig aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen sei. Ein Datenabgleich mit der dortigen Ausländerbehörde habe ergeben, dass es sich bei dem am 18.01.2006 aufgegriffenen beninischen Staatsangehörigen, der sich als Herr (......) ausgewiesen habe, um die Person des Antragstellers gehandelt habe.

Hiergegen erhob der Antragsteller fristgerecht Widerspruch und führte zur Begründung aus: Die Sperrwirkung des § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG greife nicht ein, weil ihm die Ausweisungsverfügung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 12.06.2006 weder zugestellt worden noch sonst bekannt sei. Entgegen der Annahme des Antragsgegners liege sehr wohl eine partnerschaftliche Beziehung vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 02.04.2009 wies das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt den Widerspruch als unbegründet zurück und verwies u. a. auf die Sperrwirkung der Ausweisungsverfügung. Den vom Antragsteller am 29.01.2009 beim Antragsgegner erhobenen Widerspruch gegen die Ausweisungsverfügung vom 12.06.2006 wies das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt mit Widerspruchsbescheid vom 22.05.2009 unter Ablehnung eines vorsorglich gestellten Wiedereinsetzungsantrags als unzulässig zurück.

Den bereits am 17.11.2008 gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 28.05.2009 abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG stehe bereits die Bestandskraft der Ausweisung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 12.06.2006 entgegen. Abweichend von der Sperrwirkung einer Ausweisung könne eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Aufenthe nur erteilt werden, wenn die Ausreise aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht nur vorübergehend unmöglich sei und den Ausländer kein Verschulden an dem Ausreisehindernis treffe. Dies sei aber nicht der Fall. Zwar könnten sowohl der verfassungsrechtliche Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG als auch der konventionsrechtliche Schutz nach Art. 8 EMRK rechtliche Ausreisehindernisse darstellen. Insofern zwinge § 25 Abs. 5 AufenthG auch nach bestandskräftiger Ausweisung dazu, den Stand familiärer Bindungen zu berücksichtigen. Der Antragsteller habe aber nichts bezüglich einer persönlichen und familiären Bindung vorgetragen, die über den Normalfall hinausgehe.

II.

Die dagegen gerichtete zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses.

Der Antragsteller begehrt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, vorläufig von Abschiebungsmaßnahmen abzusehen, und macht hierzu geltend, seine Abschiebung sei im Sinne von § 60a Abs. 2 AufenthG rechtlich unmöglich. Dies hat das Verwaltungsgericht zu Recht verneint.

1. Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat, kommt der Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 2 AufenthG nicht die Funktion eines vorbereitenden oder ersatzweise gewährten Aufenthaltsrechts zu (vgl. zuletzt Beschl. v. 09.02.2009 - 2 M 276/08 -, Juris; sowie zu § 55 Abs. 2 AuslG: BVerwG, Urt. v. 25.09.1997 - 1 C 3.97 -, BVerwGE 105, 35 [43]). Die Frage, ob gegebenenfalls auch eine längerfristige Trennung von Ehegatten im Hinblick auf Art. 6 GG zulässig ist, ist grundsätzlich im Verfahren auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nachzugehen, das wegen § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG in der Regel nicht vom Inland aus betrieben werden kann (vgl. Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, II § 60a RdNr. 132.1). Nichts anderes gilt für die lebenspartnerschaftliche Gemeinschaft, die allerdings nicht dem Schutzbereich des Art. 6 GG, sondern nur dem des Art. 2 Abs. 1 GG sowie dem konventionsrechtlichen Schutz des Art. 8 EMRK unterfällt (vgl. Marx in: GK-AufenthG II - § 27 RdNrn. 237 ff.). Hat ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels - wie hier - ein Bleiberecht in Form einer Fiktion nach § 81 Abs. 3 oder 4 AufenthG nicht ausgelöst und ist demzufolge ein nach Antragsablehnung gestellter Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO unzulässig, scheidet aus gesetzessystematischen Gründen darüber hinaus auch die Aussetzung der Abschiebung für die Dauer des Erteilungsverfahrens grundsätzlich aus; denn dies widerspräche der in den genannten Vorschriften zum Ausdruck gekommenen gesetzlichen Wertung, für die Dauer eines Aufenthaltsgenehmigungsverfahrens nur unter bestimmten Voraussetzungen ein Bleiberecht zu gewähren (vgl. Beschl. d. Senats v. 23.07.2007 - 2 M 172/07 -, Juris, m. w. Rechtsprechungsnachweisen).

1.1. Eine grundsätzlich andere Sichtweise ist zwar dann geboten, wenn es dem Ausländer, insbesondere im Hinblick auf Art. 6 GG, nicht zugemutet werden kann und darf, seine in der Bundesrepublik gelebten familiären Beziehungen auch nur vorübergehend für die Dauer eines vom Ausland zu betreibenden Visumverfahrens zu unterbrechen, etwa wenn ein Kleinkind von einem Elternteil getrennt würde (vgl. Beschl. d. Senats v. 09.02.2009, a. a. O., m. w. Nachw.; NdsOVG, Beschl. v. 20.05.2009 - 11 ME 110/09 -, Juris, m. w. Nachw.). Grundsätzlich ist es aber mit dem verfassungsrechtlichen Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG vereinbar, den Ausländer auf die Einholung eines erforderlichen Visums zu verweisen; der mit der Durchführung des Visumverfahrens üblicherweise einhergehende Zeitablauf ist von demjenigen, der die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland begehrt, regelmäßig hinzunehmen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 04.12.2007 - 2 BvR 2341/06 -, InfAuslR 2008, 239; Beschl. v. 10.05.2008 - 2 BvR 588/08 -, InfAuslR 2008, 347). Es besteht kein Anlass, die lebenspartnerschaftliche Gemeinschaft besser zu stellen. Umstände, die es unzumutbar erscheinen lassen, dass der Antragsteller seine lebenspartnerschaftliche Beziehung für die Dauer des Visumverfahrens unterbricht, sind nicht erkennbar.

Der Vortrag des Antragstellers, schon die voraussichtliche Dauer des Visumverfahrens würde eine unverhältnismäßig lange Trennung zur Folge haben, bleibt unsubstanziiert.

1.2. Soweit er geltend macht, durch seine Abschiebung würde die Einreisesperre des § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG eintreten, die erst in einem langwierigen Befristungsverfahren aufgehoben werden könnte, ist dem entgegen zu halten, dass dem Antragsteller ein solches Befristungsverfahren durchaus zuzumuten ist. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die von der Behörde zu bestimmende Frist unzumutbar lange sein könnte und die Dauer des Visumverfahrens (wesentlich) überschreitet. Die Befristungsentscheidung hat sich am Zweck der Sperrwirkung der Abschiebung zu orientieren. Der Ausländer soll vom Bundesgebiet ferngehalten werden, weil er Anlass für Vollstreckungsmaßnahmen gegeben hat und die Besorgnis besteht, dass dies bei einem künftigen Aufenthalt im Bundesgebiet erneut der Fall sein könnte (vgl. zum Ganzen: VGH BW, Urt. v. 24.06.1998 - 13 S 1099/96 -, InfAuslR 1998, 433 [435]). Bei Berücksichtigung der Tatsache, dass der Antragsteller eine lebenspartnerschaftliche Gemeinschaft mit einer Deutschen geschlossen hat und er nach der Einreise mit dem erforderlichen Visum auf absehbare Zeit nicht erneut vollziehbar ausreisepflichtig sein wird, dürfte nur eine verhältnismäßig kurze Frist ermessensfehlerfrei sein.

1.3. Die Sperrwirkung der noch im Raum stehenden Ausweisungen nach § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG dürfte auch ohne ein Befristungsverfahren wegfallen.

1.3.1. Die Ausweisungsverfügung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 12.06.2006 ist zwar wirksam (geworden). Die Verfügung war insbesondere nicht deshalb nichtig, weil als Adressat der Name einer anderen bzw. nicht existierenden Person angegeben war. Zwar ist ein Verwaltungsakt, der sich an eine tatsächlich nicht existierende Person richtet, schon wegen fehlender Bekanntgabe nicht wirksam (vgl. Sachs in: Stelkensd/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 44 RdNr. 108). Hat aber der Betroffene - wie hier der Antragsteller bei der polizeilichen Kontrolle am 18.01.2006 - lediglich falsche Personalien angegeben, ist diese Person lediglich unter falschem Namen angesprochen, so dass kein schwerwiegender Mangel im Sinne von § 44 Abs. 1 VwVfG vorliegt (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.03.1977 - I C 15.73 -, NJW 1977, 1603).

Dem Antragsteller ist aber darin beizupflichten, dass die Ausweisungsverfügung (zunächst) unwirksam war, weil sie ihm von der Freien und Hansestadt Hamburg nicht wirksam bekannt gegeben wurde. Die von ihr am 12.06.2006 angeordnete öffentliche Zustellung war unwirksam, weil die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr.1 des Verwaltungszustellungsgesetzes vom 12.08.2005 (BGBl I 2354) - VwZG - nicht vorlagen.

Nach dieser Regelung kann durch öffentliche Bekanntmachung zugestellt werden, wenn der Aufenthaltsort des Empfängers unbekannt ist. Diese Voraussetzung ist aber nicht notwendig schon dann erfüllt, wenn der zustellenden Behörde der Aufenthaltsort nicht bekannt ist; die Anschrift muss vielmehr allgemein unbekannt sein (Engelhardt/App, VwZG, 8. Aufl., § 10 RdNr.3; Sadler, VwZG, 6. Aufl., § 10 RdNr. 4). Es sind gründliche und sachdienliche Bemühungen um Aufklärung des gegenwärtigen Aufenthaltsorts erforderlich (BVerwG, Urt. v. 18.04.1997 - 8 C 43.95 -, BVerwGE 104, 301 [307]; Beschl. v. 25.04.1994 - 1 B 69.94 -, Buchholz 340 § 15 VwZG Nr. 2). Die Zustellungsvorschriften sollen gewährleisten, dass der Adressat Kenntnis von dem zuzustellenden Schriftstück nehmen und seine Rechtsverteidigung oder Rechtsverfolgung darauf einrichten kann. Die Zustellungsfiktion ist verfassungsrechtlich nur zu rechtfertigen, wenn eine andere Form der Zustellung aus sachlichen Gründen nicht oder nur schwer durchführbar ist. Sie ist nur als "letztes Mittel" der Bekanntgabe zulässig, wenn alle Möglichkeiten erschöpft sind, das Schriftstück dem Empfänger in anderer Weise zu übermitteln (vgl. BFH, Urt. v. 06.06.2000 - VII R 55/99 -, BFHE 192, 200, m. w. Nachw.). Die Anforderungen an die Behörde dürfen allerdings im Einzelfall nicht überspannt werden. Es genügt der Nachweis, dass sie alle der Sache nach möglichen und geeigneten Nachforschungen angestellt hat. Die Behörde genügt ihrer Prüfungspflicht in aller Regel, wenn sie versucht, die Anschrift des Adressaten durch das Einwohnermeldeamt oder die Polizei zu ermitteln und sich ggf. bei einem Bevollmächtigten erkundigt (vgl. BFH, Urt. v. 13.01.2005 - V R 44/03 -, BFH/NV 2005, 998).

Die Freie und Hansestadt Hamburg - Einwohner-Zentralamt - ordnete entgegen diesen Erfordernissen die Anordnung der öffentlichen Zustellung der Ausweisungsverfügung an, ohne davor hinreichende Erkundigungen über den Aufenthaltsort des Antragstellers angestellt zu haben. Die letzte vor der Anordnung liegende Ermittlung erfolgte zwar am 11.06.2006 in Gestalt einer Nachfrage beim Ausländerzentralregister mit dem Ergebnis "kein Treffer" (vgl. Bl. 520 des Verwaltungsvorgangs). Damit durfte sich die dortige Ausländerbehörde aber nicht begnügen; denn aus den ihr vorliegenden Unterlagen der Polizei Hamburg, insbesondere der Strafanzeige vom 19.01.2006, ergab sich, dass die Identität des Adressaten der Ausweisung nicht geklärt war und dass die befasste Polizeidienststelle eine erkennungsdienstliche Behandlung sowie einen Telebildabgleich angeordnet hatte. Vor diesem Hintergrund musste die Ausländerbehörde damit rechnen, dass der ihr bekannte Name des Beschuldigten unrichtig sein kann. Sie hätte ohne großen Aufwand, nämlich durch eine Nachfrage bei der ermittelnden Polizeidienststelle, feststellen können, dass der Antragsteller unter seinem richtigen Namen seinen Wohnsitz in Loburg hatte. Dies war der Polizeidienststelle bereits am 23.01.2006 bekannt. Eine andere Beurteilung folgt auch nicht daraus, dass der Antragsteller seine Identität bei der polizeilichen Überprüfung am 18.01.2006 nach Lage der Dinge verschleiert hat. Eine Verletzung der Obliegenheit, den (zutreffenden) Wohnsitz anzugeben, enthebt die Behörde grundsätzlich nicht ihrer Pflicht zur eigenen Ermittlung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.04.1994, a. a. O.). Bei einer auf Verheimlichung des Wohnsitzes gerichteten Handlungsweise erscheint es zwar unbillig und ungerechtfertigt, besonders eingehende Ermittlungen der Behörde zu fordern, die im Regelfall notwendig sind (vgl. BFH, Urt. v. 13.01.2005, a. a. O.). Besonders eingehende Ermittlungen wären hier aber - wie bereits dargelegt - nicht notwendig gewesen; vielmehr hätte eine Nachfrage bei der tätig gewordenen Polizeidienststelle genügt.

Der Zustellungsmangel wurde entsprechend § 8 VwZG dadurch geheilt, dass die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers am 28.01.2009 die Verwaltungsvorgänge eingesehen und die Ausweisungsverfügung zur Kenntnis genommen hat (vgl. hierzu VGH BW, Beschl. v. 07.12.1990 - 10 S 2466/90 -, NVwZ 1991, 1195), so dass die Ausweisung wirksam geworden ist. Da der Antragsteller am 29.01.2009 Widerspruch gegen die Ausweisung erhoben hat und nach Erlass des zurückweisenden Widerspruchsbescheids vom 22.05.2009 die Klagefrist noch nicht abgelaufen ist, ist auch noch keine Bestandskraft eingetreten.

1.3.2. Es ist im Übrigen davon auszugehen, dass auch die Ausweisungsverfügung des früheren Landkreises Anhalt-Zerbst vom 09.02.2007, gegen die der Antragsteller fristgerecht Widerspruch erhoben hat, noch wirksam ist; denn es ist nicht ersichtlich, dass diese Verfügung zurückgenommen oder sonst aufgehoben wurde.

1.3.3. Die gegen die Ausweisungsverfügungen gerichteten Rechtsbehelfe haben aller Voraussicht nach auch Aussicht auf Erfolg. Nach der neueren Rechtsprechung des BVerwG (vgl. Urt. v. 15.11.2007 - 1 C 45.06 -, BVerwGE 130, 20) ist für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Ausweisung bei allen Ausländern einheitlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts maßgeblich. Der Antragsteller genießt seit der Eingehung der lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaft mit einer Deutschen gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG besonderen Ausweisungsschutz und kann gemäß § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG nur noch aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgewiesen werden. Insoweit wird im Allgemeinen eine Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlangt, die in ihrem Schweregrad den Ist- oder Regelausweisungstatbeständen der §§ 53, 53 AufenthG zumindest nahe kommt, so dass geringfügige Delikte, die lediglich mit einer Geldstrafe geahndet wurden, grundsätzlich keinen ausreichend Ausweisungsanlass für den nach § 56 AufenthG geschützten Personenkreis bieten (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, § 56 RdNrn. 43, 44).

2. Ob eine Aussetzung der Abschiebung auch dann in Betracht kommt, wenn ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis offensichtlich besteht, bedarf keiner Entscheidung. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

2.1. Zunächst ist festzuhalten, dass der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 27 Abs. 2 i. V. m. 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG zum Zwecke der Herstellung der lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaft derzeit die Sperrwirkung des § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG entgegensteht. Danach wird einem Ausländer, der ausgewiesen worden ist, auch bei Vorliegen der Voraussetzungen eines Anspruchs nach diesem Gesetz kein Aufenthaltstitel erteilt. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs bzw. einer möglicherweise noch folgenden Anfechtungsklage gegen die Ausweisungsverfügungen lässt gemäß § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG die Wirksamkeit der Ausweisung unberührt. Für die Rechtmäßigkeit der Ablehnung eines Aufenthaltstitels aufgrund der Sperrwirkung des § 11 Abs. 1 Satz 2 AufenthG ist damit formal gesehen nur erforderlich, dass eine Ausweisung wirksam bekannt gegeben worden ist. Die Rechtmäßigkeit der Ausweisung ist allerdings, auch wenn sie nicht direkt Verfahrensgegenstand ist, inzident als Vorfrage zu prüfen, wenn unter alleiniger Berufung auf eine wirksam verfügte Ausweisung die Erteilung eines Aufenthaltstitels abgelehnt wird und so die Ausweisung mittelbar vollzogen würde (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 02.02.2007 - 7 ME 11/07 -, Juris; Funke-Kaiser in: GK-AufenthG, II - § 84 RdNr. 26). So liegt es hier aber nicht.

2.2. Der Antragsgegner dürfte die Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis nach § 27 Abs. 2 i. V. m. 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG jedenfalls zu Recht damit begründet haben, dass der Versagungsgrund des § 10 Abs. 3 Satz 1 AufenthG vorliege. Danach darf einem Ausländer, dessen Asylantrag unanfechtbar abgelehnt worden ist, vor der Ausreise ein Aufenthaltstitel nur nach Maßgabe des Abschnitts 5 (§§ 22 bis 26 AufenthG) erteilt werden. Eine solche Fallkonstellation ist hier gegeben, da das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 17.11.2003 den Asylantrag des Antragstellers ablehnte. Diese Vorschrift findet zwar gemäß § 10 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 1 AufenthG im Falle eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels keine Anwendung. § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG setzt aber einen strikten, sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebenden Rechtsanspruch voraus; ein Anspruch aufgrund einer Ermessensvorschrift genügt auch dann nicht, wenn das Ermessen im Einzelfall "auf Null" reduziert ist (BVerwG, Urt. v. 16.12.2008 - 1 C 37.07 -, AuAS 2009, 89; Beschl. d. Senats v. 09.02.2009, a. a. O., m. w. Nachw.).

Der Antragsteller dürfte indes keinen solchen, sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebenden Anspruch haben. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels nämlich in der Regel voraus, dass kein Ausweisungsgrund vorliegt. Dies dürfte beim Antragsteller nicht der Fall sein.

Gemäß § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG kann ein Ausländer insbesondere ausgewiesen werden, wenn er einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen hat. Diese Vorschrift ist so zu verstehen, dass ein Rechtsverstoß nur dann unbeachtlich ist, wenn er vereinzelt und geringfügig ist, andererseits aber immer dann beachtlich ist, wenn er vereinzelt, aber nicht geringfügig oder geringfügig aber nicht vereinzelt ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.09.1996 - 1 C 9.94 -, BVerwGE 102, 63 [66]). Eine vorsätzlich begangene Straftat kann grundsätzlich nicht als geringfügig angesehen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.09.1996, a. a. O.). Allerdings kann es auch bei vorsätzlich begangenen Straftaten unter engen Voraussetzungen Ausnahmefälle geben, in denen auch ein vorsätzlich begangener Rechtsverstoß als geringfügig zu bewerten ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2004 - 1 C 23.03 -, InfAuslR 2005, 213 [215]). Das kann trotz der gebotenen ordnungsrechtlichen Beurteilung etwa dann der Fall sein, wenn ein strafrechtliches Verfahren wegen Geringfügigkeit eingestellt worden ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.09.1996, a. a. O.). Eine Ausnahme ist aber nicht nur auf Fälle der Verfahrenseinstellung wegen Geringfügigkeit beschränkt. Sie kommt vielmehr auch im Falle einer strafrechtlichen Verurteilung in Betracht, wenn besondere Umstände des Einzelfalls zu der Bewertung führen, dass es sich um einen geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften handelt, etwa wenn es sich offenbar um eine erstmalige strafrechtliche Verfehlung handelt, das Strafmaß gering ist und Anhaltspunkte für eine Wiederholungsgefahr nicht erkennbar sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.11.2004, a. a. O.) bzw. wenn die Straftat lediglich zu einer Verurteilung bis zu 30 Tagessätzen geführt hat (vgl. Nr. 55.2.2.3.1 der vorläufigen Anwendungshinweise zum AufenthG; Beschl. d. Senats v. 14.02.2007 - 2 M 368/06 -, Juris; BayVGH, Beschl. v. 22.03.2006 - 24 ZB 06.165 -, Juris). § 104a Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 AufenthG, wonach im Rahmen der dortigen Altfallregelung einem geduldeten Ausländer bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen eine Aufenthaltserlaubnis auch dann erteilt wird, wenn er nicht wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat zu einer Geldstrafe von mehr als 50 Tagessätzen verurteilt worden ist, dürfte hier nicht herangezogen werden können. Denn § 104a AufenthG stellt eine spezielle Regelung für die Ausländer dar, die seit langen Jahren im Bundesgebiet geduldet wurden und denen aufgrund ihrer bereits geleisteten Integration ein legaler Aufenthalt ermöglicht werden soll. Eine Übertragung der dortigen Strafgrenze auf die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG dürfte deshalb nicht in Betracht kommen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 22.02.2008 - 10 CE 08.1830 -, Juris).

Hiernach sprechen zwar gute Gründe dafür, dass die mit den Strafbefehlen vom 28.02.2005 und 12.04.2007 geahndeten Straftaten des Antragstellers wegen Verstoßes gegen die in der Duldung enthaltene Aufenthaltsbeschränkung - jeweils für sich betrachtet - noch als geringfügig einzustufen sind. Das Strafmaß ist mit den verhängten Geldstrafen von jeweils 15 Tagessätzen gering und liegt unter der in den vorläufigen Anwendungshinweisen zum AufenthG genannten Bagatellschwelle. Gleiches gilt für die Verstöße, die Gegenstand der später nach § 153 Abs. 2 StPO eingestellten Strafverfahren wegen Verstoßes gegen die räumliche Aufenthaltsbeschränkung waren. Die mit einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen geahndete Urkundenfälschung dürfte aber nicht mehr als geringfügig anzusehen sein. Unabhängig davon sind die Verstöße in ihrer Summe auch nicht mehr vereinzelt.

Mit dem Einwand, der vom Antragsgegner herangezogene Ausweisungsgrund sei nicht mehr aktuell, weil von ihm weder in der Zukunft Straftaten zu erwarten seien, noch erhebliche öffentliche Interessen beeinträchtigt würden, wird der Antragsteller voraussichtlich nicht durchdringen können.

In der Rechtsprechung ist zwar anerkannt, dass Ausweisungsgründe - zumal in der Form eines Erlaubnisversagungsgrundes - in Anwendung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes einem Ausländer nur dann und solange entgegengehalten werden dürfen, als sie noch "aktuell" und nicht "verbraucht" sind bzw. die Ausländerbehörde auf ihre Geltendmachung nicht ausdrücklich oder konkludent "verzichtet" hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.03.2005 - 1 C 26.03 -, BVerwGE 123, 114 [122]; Bäuerle in: GK-AufenthG II - § 5 RdNr. 104, m. w. Nachw.). Die Prüfung von Ausweisungsgründen im Verfahren um die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis dient dem Zweck, aktuell zu befürchtende Beeinträchtigungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder sonstiger erheblicher Interessen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne von § 55 Abs. 1 AufenthG abzuwenden. Je gewichtiger der Ausweisungsgrund ist, umso weniger strenge Voraussetzungen sind an die Prüfung des weiteren Vorliegens einer Gefährdung zu stellen. Da es um die Erlaubnis künftigen Aufenthalts geht, ist nicht die Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in der Vergangenheit von Bedeutung, sondern nur eine solche in Gegenwart und Zukunft. Eine Gefährdungsprognose ist grundsätzlich bei jedem Ausweisungstatbestand anzustellen, und zwar bei der Frage, ob eine von der Regel des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG abweichende Atypik besteht (vgl. BayVGH. Beschl. v. 16.07.2008 - 19 CS 08.1436, 19 CS 08.1205 -, Juris; vgl. auch VGH BW, Urt. v. 06.05.2009 - 13 S 2428/08 -, Juris).

Hiernach mögen die früheren Verstöße des Antragstellers gegen die Aufenthaltsbeschränkung für die Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnis keine aktuelle Bedeutung mehr haben, weil der Antragsteller mittlerweile regelmäßig Erlaubnisse zum Verlassen des Bereichs der räumlichen Aufenthaltsbeschränkung erhält und er im Falle der Herstellung der lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaft von der "Residenzpflicht" befreit wäre, so dass Verstöße dieser Art nicht mehr zu erwarten wären. Dies dürfte aber nicht für die vom Antragsteller begangene Urkundenfälschung gelten, bei der ein Bezug zu der ursprünglich auferlegten Aufenthaltsbeschränkung nicht erkennbar ist. Dass für Straftaten dieser Art eine Wiederholungsgefahr nicht mehr besteht, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Der bloße Umstand, dass das geahndete Vergehen etwa 3 1/2 Jahre zurückliegt, dürfte seiner Berücksichtigung ebenfalls nicht entgegenstehen, da die für Geldstrafen bis zu 90 Tagessätzen geltende Tilgungsfrist des § 46 Abs. 1 Nr. 1 a) BZRG von fünf Jahren noch nicht abgelaufen ist (vgl. Beschl. d. Senats v. 01.08.2006, a. a. O.; BrbOVG, Urt. v. 01.07.2004 - 4 A 747/03 -, Juris). Die Länge der Tilgungsfristen bildet die Schwere der begangenen Straftat durchaus realitätsgerecht ab und ist daher grundsätzlich geeignet, auch gegenwartsbezogen Schlüsse auf die Aktualität des Ausweisungsgrunds zu ermöglichen (vgl. VGH BW, Urt. v. 06.05.2009 - 13 S 2428/08 -, Juris).

Entgegen der Annnahme des Antragstellers dürfte der vom Antragsgegner angeführte Ausweisungsgrund auch nicht "verbraucht" sein. Aktuelle Bedeutung hat ein Ausweisungsgrund zwar auch dann nicht mehr, wenn die Ausländerbehörde trotz vollständiger Kenntnis aus ihm keine negativen Schlussfolgerungen für den weiteren Aufenthalt des Ausländers gezogen hat, etwa durch Ausweisung, Ablehnung eines Antrags auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis oder nachträgliche zeitliche Befristung des Aufenthaltstitels. In solchen Fällen gebietet der rechtsstaatliche Vertrauensschutzgrundsatz, dass auf den "verbrauchten" Ausweisungsgrund im Rahmen eines späteren Verfahrens auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht mehr zurückgegriffen werden darf (Beschl. d. Senats v. 01.08.2006 - 2 M 236/06 -, Juris, m. w. Nachw.). Ein solches Verhalten der zuständigen Ausländerbehörde lässt sich indes nicht feststellen. Der frühere Landkreis Anhalt-Zerbst nahm in der Verfügung vom 09.02.2007 u. a. die durch Strafbefehl 11.07.2006 geahndete Urkundenfälschung zum Anlass, den Antragsteller auszuweisen. Das Verfahren auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis setzte er am 21.05.2007 wegen des gegen den Antragsteller eingeleiteten Ermittlungsverfahrens aufgrund der Feststellungen des Hauptzollamts B-Stadt am 19.04.2007 gemäß § 79 Abs. 2 AufenthG aus. Mit dieser Aussetzung gab er entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht zu erkennen, dass er den zuvor geahndeten Straftaten keine Bedeutung mehr beimesse. Da die Aussetzung des Erlaubnisverfahrens im Fall der Ermittlung wegen des Verdachts einer Straftat nicht im Ermessen der Ausländerbehörde steht, sondern gemäß § 79 Abs. 2 AufenthG zwingend zu erfolgen hat (vgl. BayVGH, Beschl. v. 22.03.2006 - 24 ZB 06.165 -, Juris), lässt sich daraus kein "Verbrauch" früher bereits abgeurteilter Straftaten ableiten.

Nach § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG kann von der Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG zwar abgesehen werden. Der für eine Aufhebung der Erteilungssperre des § 10 Abs. 3 Satz 3 AufenthG erforderliche strikte Rechtsanspruch besteht aber nicht.

3.3. Der Antragsteller hat voraussichtlich auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG. Danach kann einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von § 11 Abs. 1 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden, wenn seine Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall der Ausreisehindernisse in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Eine (freiwillige) Ausreise ist im Sinne von § 25 Abs. 5 Satz 1 AufenthG aus rechtlichen Gründen unmöglich, wenn ihr rechtliche Hindernisse entgegenstehen, welche die Ausreise ausschließen (wie etwa das Fehlen erforderlicher Einreisepapiere oder sonstige Einreiseverbote in den Herkunftsstaat) oder als unzumutbar erscheinen lassen. Derartige Hindernisse können sich insbesondere aus inlandsbezogenen Abschiebungsverboten ergeben, zu denen u. a. auch diejenigen Verbote zählen, die aus Verfassungsrecht (etwa mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 GG) oder aus Völkervertragsrecht (etwa aus Art. 8 EMRK) in Bezug auf das Inland herzuleiten sind (BVerwG, Urt. v. 27.06.2006 - 1 C 14.05 -, BVerwGE 126, 192). Wie bereits dargelegt, wird Art. 6 GG nicht verletzt, wenn dem Ehegatten eine nur vorübergehende Trennung von der Ehefrau zur Nachholung des Visumverfahrens abverlangt wird (vgl. auch SächsOVG, Beschl. 17.08.2006 - 3 BS 130/06 -, AuAS 2007, 15). Nichts anderes gilt für die vorübergehende Trennung von Lebenspartnern.

Eine rechtliche Unmöglichkeit ergibt sich auch nicht aus Art. 8 EMRK. Danach hat jede Person das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. Eine Behörde darf in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) entschieden hat (vgl. Entsch. v. 07.10.2004 - 33743/03 (Dragan) -, NVwZ 2005; Entsch. v. 16.09.2004 - 11103/03 (Ghiban) -, NVwZ 2005, 1046) folgt aus Art. 8 EMRK grundsätzlich noch kein Recht des Ausländers, in ein bestimmtes Land einzureisen und sich dort aufzuhalten; die Vertragsstaaten haben vielmehr nach allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätzen das Recht, über die Einreise, den Aufenthalt und die Abschiebung fremder Staatsangehöriger zu entscheiden. Der EGMR hat in den genannten Entscheidungen weiter betont, Entscheidungen der Staaten könnten zwar in bestimmten Fällen in das in Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens eingreifen; diese Vorschrift dürfe aber nicht so verstanden werden, als verbiete sie allgemein die Abschiebung eines fremden Staatsangehörigen nur deshalb, weil er sich eine bestimmte Zeit im Hoheitsgebiet aufgehalten habe. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann selbst eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 MRK bedeuten (EGMR, Urt. v. 31.07.2008 - 265/07 -, InfAuslR 2008, 421).

Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob eine dem Antragsteller abverlangte Rückkehr in sein Heimatland für längere Zeit im Hinblick auf die lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaft und die weiteren vom Antragsteller für eine Integration in die deutsche Gesellschaft angeführten Gesichtspunkte einen unverhältnismäßigen Eingriff in sein durch Art 8 EMRK geschütztes Recht auf Achtung des Privatlebens begründen würde. Ein nur vorübergehender Abbruch seiner Bindungen in der Bundesrepublik für die Dauer des Visumverfahrens ist ihm jedenfalls zuzumuten. Der Vortrag des Antragstellers, schon die voraussichtliche Dauer des Visumverfahrens würde eine unverhältnismäßig lange Trennung zur Folge haben, bleibt - wie oben bereits ausgeführt - unsubstanziiert.

Soweit der Antragsteller schließlich vorträgt, er müsse im Fall seiner Rückkehr aufgrund seiner sexuellen Orientierung mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen, bleibt auch dies unsubstanziiert. Eine derartige Strafdrohung in Benin ist nicht ersichtlich (vgl. das Gutachten des Instituts für Afrikakunde vom 16.07.1998 und die Auskunft des Auswärtigen Amts vom 02.10.1998 an das VG Greifswald, jeweils zit. in Juris).

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 GKG.

5. Da die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den dargelegten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO), ist auch der für das Beschwerdeverfahren gestellte Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen.

Ende der Entscheidung

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