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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 27.09.2004
Aktenzeichen: 2 O 158/03
Rechtsgebiete: VwGO, ZPO, BauGB, DDR-StrVO, LSA-StrG


Vorschriften:

VwGO § 166
ZPO § 114
BauGB § 127 II Nr. 1
BauGB § 131 I 1
BauGB § 132 Nr. 4
BauGB § 133 II
BauGB § 242 IX
DDR-StrVO § 3 II 1
LSA-StrG § 3 I Nr. 3
LSA-StrG § 51 III
1. "Hinreichende Erfolgsaussicht" i. S. des Prozesskostenhilferechts liegt vor, wenn der Rechts-standpunkt des Klägers zutreffend oder bei schwieriger Rechtslage ohne Überspannung der An-forderungen zumindest vertretbar erscheint.

2. Für die Frage, ob es sich um eine (Verkehrs-)Anlage handelt, ist im Erschließungs- wie im Stra-ßenbaubeitragsrecht auf die natürliche Betrachtungsweise abzustellen. Maßgebend ist das durch die tatsächlichen Gegebenheiten wie Straßenführung, Straßenlänge, Straßenbreite und Straßen-ausstattung geprägte Erscheinungsbild, also der Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Betrachter vermitteln.

Ein "kurviger Verlauf" ist dabei ebenso unschädlich wie eine unterschiedliche Befestigung.

3. Der Umstand, dass die Straße teilweise einen anderen Namen hatte oder dass sie in einem (his-torischen) Bauplan als besondere Anlage bezeichnet worden war, rechtfertigt keine andere Be-urteilung.

4. Die Straße ist nicht aus dem Erschließungsbeitragsrecht entlassen, wenn ihre Befestigung am 03.10.1990 nicht den örtlichen Ausbaugepflogenheiten entsprach. Ein historischer Bauplan (hier: aus dem Jahr 1947) kann ein "technisches Ausbauprogramm" i. S. des § 242 Abs. 9 BauGB enthalten.

5. Beleuchtungs- und Entwässerungsanlagen sind nur beitragsfähig, wenn sie in der Satzung als Merkmale der endgültigen Herstellung i. S. von § 132 Nr. 4 BauGB gefordert werden.

Stellt die Satzung auf die "Betriebsfertigkeit" dieser Teil-Einrichtungen ab, so fehlt dem nicht die notwendige Bestimmtheit.

6. Eine (erneute) Widmung ist entbehrlich, wenn die Öffentlichkeit der Straße bereits nach früherem Straßenrecht der DDR besteht.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 2 O 158/03

Datum: 27.09.2004

Gründe:

I.

Der Kläger hat bei dem Verwaltungsgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren beantragt, mit welchem er die Aufhebung des Straßenausbaubeitragsbescheides der Beklagten vom 16.09.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.01.2003 begehrt.

Das Verwaltungsgericht Magdeburg hat mit Beschluss vom 17.03.2003 (Az: 2 A 110/03 MD) den Prozesskostenhilfeantrag des Klägers mit der Begründung abgelehnt, die von dem Kläger erhobene Klage habe keine Aussicht auf Erfolg, weil keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des festgesetzten Beitrags bestünden. Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides sei zwar nicht § 6 KAG-LSA i. V. m. der Straßenbaubeitragssatzung der Beklagten vom 30.07.1998 in der Fassung der 2. Änderungssatzung vom 09.12.2002, sondern §§ 127 ff. BauGB i. V. m. der Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten vom 24.06.2002; die fehlerhafte Begründung stehe seiner Aufrechterhaltung nach den Regeln des Erschließungsbeitragsrechts jedoch nicht entgegen. Zutreffend habe die Beklagte den gesamten Straßenzug von der Kreuzung B-Straße bis zur Einmündung in die S-Straße als eine beitragsrechtliche Anlage der Aufwandsermittlung und -verteilung zugrunde gelegt. Zudem habe die lediglich mittels Schotterdecke befestigte Fahrbahn auf einer Teilstrecke von etwa 100 m nicht den vergleichsweise zugrunde zu legenden Ausbaugepflogenheiten in E. entsprochen; denn die Fahrbahnoberflächen öffentlicher Verkehrsflächen seien (ortsüblich) ganz überwiegend mit Kopfsteinpflaster und in Teillängen mit Asphaltdünnschichtbelag befestigt gewesen. Dementsprechend sei die gesamte Anlage am 03.10.1990 nicht den Anforderungen des § 242 Abs. 9 Satz 2 BauGB entsprechend hergestellt gewesen, wenngleich sie als Verkehrsanlage auf ganzer Länge bereits existiert habe. Eine selbständige Abrechnung der Teillängen abhängig vom Ausbauzustand komme nicht in Betracht, weil § 242 Abs. 9 BauGB keine Abrechnung von "Teilstrecken" zulasse. Einer Widmung habe es aufgrund der Existenz der Straße vor dem 31.07.1957 nicht bedurft. Das Grundstück des Klägers sei schließlich durch die Straße erschlossen und sonstige Mängel bei der Aufwandsermittlung und -verteilung seien nach Aktenlage nicht offensichtlich.

Gegen diesen Beschluss hat der Kläger am 08.04.2003 Beschwerde eingelegt und diese damit begründet, ihm sei Prozesskostenhilfe schon deswegen zu bewilligen, weil in dem Hauptsacheverfahren schwierige Rechts- und Tatsachenfragen zu klären seien. So sei zweifelhaft, ob es sich bei dem streitgegenständlichen Straßenzug tatsächlich nur um eine beitragsrechtliche Anlage handele, so dass eine Augenscheinseinnahme unumgänglich sei. Auch sei erst noch zu klären, ob sein Grundstück im Zuge des Ausbaus der N-Straße aus Rechtsgründen als erschlossen gelte. Zu klären sei außerdem, wie die Teillängen der H-Straße im Süden (Abzweig von der S-Straße) und im Norden (Abzweig von der B-Straße) zu behandeln seien und wie die bestehende Verbindungsstrecke tatsächlich und rechtlich zu bewerten sei. Soweit das Verwaltungsgericht ausgeführt habe, es habe sich um eine Schotterbefestigung ohne Borde gehandelt, stehe dies nicht fest. Den Angaben der Beklagten sei nur zu entnehmen, dass eine Strecke von etwa 100 m als Schotterstraße ausgebaut gewesen sei; auch stehe nicht fest, wo die Borde im Verlaufe der jetzigen H-Straße gefehlt hätten. Zudem habe das Gericht nicht geprüft, ob die Schotterbefestigung den örtlichen Ausbaugepflogenheiten entsprochen habe. Unzutreffend sei das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass ein technisches Ausbauprogramm existiert habe; denn auf den Bebauungsplan vom 12.02.1947 könne nicht abgestellt werden. Weiter genüge die Erschließungsbeitragssatzung vom 24.06.2002 nicht den materiell-rechtlichen Anforderungen des § 132 Nr. 4 BauGB, da in § 7 Abs. 2 die zwingend notwendigen Angaben zum technischen Ausbauprogramm für die Teileinrichtungen "Straßenentwässerung" und "Straßenbeleuchtung" fehlten. Schließlich habe das Verwaltungsgericht verkannt, dass es im vorliegenden Fall sehr wohl einer Widmung als notwendiges Merkmal der endgültigen Herstellung einer öffentlichen Straße bedurft hätte. Auch hinsichtlich der Aufwandsermittlung und -verteilung bedürfe es einer weiteren Sachverhaltsaufklärung, da Zuwendungen aus Bundesmitteln nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz möglicherweise nicht korrekt auch zugunsten der Beitragspflichtigen berücksichtigt worden seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsvorgänge sowie die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht mit der Begründung abgelehnt, die beabsichtigte Rechtsverfolgung biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 (BGBl I 686) - VwGO -, zuletzt geändert durch Gesetz 24.06.2004 (BGBl I 1359 [1381]), i. V. m. § 114 der Zivilprozessordnung - ZPO -).

Hinreichende Erfolgsaussicht ist nämlich nur dann gegeben, wenn der Rechtsstandpunkt des Klägers ohne Überspannung der Anforderungen zutreffend oder bei schwieriger Rechtslage zumindest vertretbar erscheint (OVG LSA, Beschl. v. 06.04.1998 - F 2 S 366/96 -). Insoweit ist dem Kläger zuzustimmen, dass es nicht Sinn des Verfahrens auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist, schon zur Klärung der Voraussetzungen für eine Bewilligung umfangreiche Beweisaufnahmen vorzunehmen, die der Sache nach zum Hauptsacheverfahren gehören; insbesondere, wenn der Erfolg des Rechtsstreits von der Beantwortung schwieriger Rechtsfragen abhängt, über die entweder keine höchstrichterliche Rechtsprechung oder sich widersprechende Entscheidungen vorliegen, ist die Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO grundsätzlich zu bejahen (Kopp/Schenke, VwGO, 12. Auflage, § 166 RdNr. 8 m w. N.). Allerdings erfüllen die von dem Kläger erhobenen Einwendungen gegen die ablehnende Entscheidung des Verwaltungsgerichts diese Voraussetzungen nicht, weil sich die aufgeworfenen Fragen nach Aktenlage ohne Weiteres beantworten lassen.

1. Es ist zunächst nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht den streitgegenständlichen Straßenzug als eine beitragsrechtliche Anlage gewertet hat.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats ist für die Beantwortung der Frage, ob eine Straße bzw. ein Straßenzug eine einzelne Erschließungsanlage ist oder aus mehreren Anlagen besteht und wie weit die Fläche einer bestimmten Erschließungsanlage reicht, auf eine natürliche Betrachtungsweise abzustellen. Maßgebend ist insoweit das durch die tatsächlichen Gegebenheiten wie Straßenführung, Straßenlänge, Straßenbreite und Straßenausstattung geprägte Erscheinungsbild, d. h. der Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter vermitteln (BVerwG, Urt. v. 22.04.1994 - BVerwG 8 C 18.92 -, KStZ 1995, 209; Urt. v. 22.03.1996 - BVerwG 8 C 17.94 -, BVerwGE 101, 12; Urt. v. 07.06.1996 - BVerwG 8 C 30.94 -, DÖV 1997, 294; VGH BW, Urt. v. 05.11.1998 - 2 S 2603/97 - [juris]; OVG LSA, Urt. v. 12.08.2004 - 2 L 157/01 -). Unterscheiden sich Straßenteile nach dieser Betrachtungsweise derart, dass die Unterschiede jeden Straßenteil zu einem augenfällig abgegrenzten Element des Straßennetzes machen, ist jeder dieser Straßenteile als eine eigene Erschließungsanlage anzusehen (vgl. auch Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 6. Aufl. 2001, § 12 RdNr. 10).

Nach der hiernach gebotenen natürlichen Betrachtungsweise stellt sich die abgerechnete Verkehrsanlage "H-Straße" als eine einheitliche Erschließungsanlage dar. Allein die Tatsache, dass die H-Straße kurvig verläuft, unterbricht nicht das einheitliche Erscheinungsbild dieser Straße. Dies ist schon anhand der im erstinstanzlichen Klageverfahren von der Beklagten vorgelegten Pläne und Lichtbilder derart deutlich zu erkennen, dass die Einnahme eines Augenscheins entbehrlich ist. Wer die H-Straße in nördlicher Richtung befährt oder begeht, kann nicht den Eindruck gewinnen, dass sie an irgendeiner Stelle endet und weitere selbständige Erschließungsanlagen bildet. Eine solcher Eindruck könnte höchstens dann entstehen, wenn die Erschließungsanlage baulich so gestaltet wäre, dass er eine eindeutige Zäsur darstellt, wie z. B. bei einer deutlichen Fahrbahnverengung in diesem Bereich. Eine solche bauliche Gestaltung ist hier aber nicht gegeben. Vielmehr ist die H-Straße einheitlich ausgebaut und bildet eine Durchgangsstraße zwischen der B-Straße und der S-Straße.

Der von dem Kläger im Hinblick auf die teilweise vorhandene Befestigung der H-Straße geforderten abschnittsweisen Betrachtung der Verkehrsanlage steht entgegen, dass das Erschließungsbeitragsrecht in § 127 Abs. 2 Nr. 1 des Baugesetzbuchs - BauGB - i. d. F. d. Bek. v. 27.08.1997 (BGBl I 2141, ber.: BGBl. 1998 I 137), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24.06.2004 (BGBl I 1359), auf eine selbständige Verkehrsanlage als einzelne Erschließungsanlage abhebt. Für die Beantwortung der Frage, ob eine Straße eine einzelne Erschließungsanlage ist oder aus mehreren Anlagen besteht, ist, ausgehend von einer natürlichen Betrachtungsweise, maßgebend auf das Erscheinungsbild abzustellen, so dass nur Unterschiede, welche jeden der Straßenteile zu einem augenfällig abgegrenzten Element des Straßennetzes machen, jeden dieser Straßenteile als eine eigene Erschließungsanlage kennzeichnen (BVerwG, Urt. v. 21.09.1979 - BVerwG 4 C 55.76 -, DÖV 1980, 833). Eine lediglich unterschiedliche Befestigung einer ansonsten bei natürlicher Betrachtungsweise erschließungsbeitragsrechtlich selbständigen Erschließungsanlage im Sinne des § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB, wie sie hier gegeben ist, rechtfertigt indes nicht die "Zerstückelung" der Verkehrsanlage in mehrere selbständige Erschließungsanlagen. Auch die vorgelegte Luftbildkarte vom 09.05.1989 führt entgegen der Auffassung des Klägers nicht zwingend und eindeutig zu der Feststellung, dass der schon vor dem 03.10.1990 befestigte Teil der H-Straße Bestandteil der N-Straße war; denn die gepflasterte Teilstrecke der H-Straße endete nicht an der Einmündung der N-Straße, sondern ging über diese hinaus.

Auch der Umstand, dass eine Teilstrecke der jetzigen H-Straße im Süden (Abzweig von der S-Straße) ursprünglich eine andere Namensbezeichnung hatte oder im Bebauungsplan vom 12.02.1947 als Anlage "F" bezeichnet wurde, ändert an diesem Ergebnis nichts; denn die räumliche Ausdehnung einer Anbaustraße ist erst im Zeitpunkt des Entstehens sachlicher Erschließungsbeitragspflichten zu beurteilen, da - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt - erst eine entstandene Erschließungsbeitragspflicht zur Unabänderlichkeit der bestehenden Verhältnisse führt (BVerwG, Urt. v. 22.03.1996, a. a. O.).

2. Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, es sei noch zu klären, ob sein Grundstück im Zuge des Ausbaus der N-Straße aus Rechtsgründen bereits als erschlossen galt. Da das klägerische Grundstück nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts im maßgeblichen Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Erschließungsbeitragspflichten (§ 133 Abs. 2 BauGB), unmittelbar an die H-Straße angrenzte und darüber hinaus die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit der Zufahrt vom Straßenland auf das klägerische Grundstück unstreitig besteht, ist das Grundstück als durch die H-Straße erschlossen im Sinne des § 131 Abs. 1 Satz 1 BauGB anzusehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.10.1988 - BVerwG 8 C 56.87 -, NVwZ 1989, 570).

3. Das Verwaltungsgericht hat in nicht zu beanstandender Weise den Ausbauzustand der H-Straße am 03.10.1990 mit der von der Beklagten vorgelegten Bestandsaufnahme über den Ausbauzustand der Straßen in ihrem Stadtgebiet zum 03.10.1990 verglichen und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die mittels Schotterdecke befestigte Fahrbahn auf einer Teilstrecke von etwa 100 m nicht den vergleichsweise zugrunde zu legenden Ausbaugepflogenheiten in E. entsprach, weil die Fahrbahnoberflächen öffentlicher Verkehrsanlagen (ortsüblich) ganz überwiegend mit Kopfsteinpflaster und in Teillängen mit Asphaltdünnschichtbelag befestigt waren. Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Verwaltungsgericht mithin maßgeblich auf die "örtlichen Ausbaugepflogenheiten" im Sinne des § 242 Abs. 9 Satz 2 BauGB und nicht auf den Bebauungsplan aus dem Jahre 1947 abgestellt, so dass es auf die Frage, ob ein Bebauungsplan ein technisches Ausbauprogramm im Sinne des § 242 Abs. 9 BauGB darstellen kann, nicht entscheidend ankommt. Allerdings hat der Senat nicht die von dem Kläger aufgezeigten Bedenken, auch Bebauungspläne unter den Begriff des "technischen Ausbauprogramms" gemäß § 242 Abs. 9 Satz 2 BauGB zu subsumieren; denn der Begriff "technisches Ausbauprogramm" ist nach dem Gesetzeswortlaut sehr allgemein gefasst. Damit wird auf irgendein Ausbauprogramm, d. h. einen Plan, nach dem die betreffende Anlage oder eine ihrer Teileinrichtungen gebaut werden sollte, abgestellt, gleichgültig von wem und in welcher Form dieser Plan aufgestellt worden ist oder gar Rechtswirksamkeit erlangt hat. Ebenso ist es unerheblich, ob dieser Plan eine einzelne Anbaustraße bzw. Teileinrichtungen oder eine unbestimmte Vielzahl derartiger Anlagen betrifft. Ohne Belang ist ferner, ob sich das technische Ausbauprogramm unmittelbar aus einem Beschlussprotokoll oder nur mittelbar aus Aktenvermerken sowie Verträgen, Anweisungen oder sonstigen Vorgaben an die für die Durchführung der jeweiligen Ausbaumaßnahme zuständige Stelle entnehmen lässt (Driehaus, a. a. O., § 2 RdNr. 40). Es kommt allein maßgeblich darauf an, ob sich den vorgefundenen Unterlagen die geplante Art und Weise des Ausbaus der Anlage und/oder ihrer Teileinrichtungen entnehmen lässt.

4. Entgegen der Auffassung des Klägers wird § 7 der Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten vom 24.06.2002 den Anforderungen des § 132 Nr. 4 BauGB gerecht; insbesondere enthält diese Vorschrift keine regelungsbedürftige Lücke zum technischen Ausbauprogramm für die Teileinrichtungen "Straßenentwässerung" und "Straßenbeleuchtung".

Die durch § 132 Nr. 4 BauGB gebotene Festlegung der Merkmale der endgültigen Herstellung in der Satzung soll dem Bürger möglichst erkennbar machen, wann die sein Grundstück erschließende Anlage endgültig mit der Rechtsfolge hergestellt ist, dass nach § 133 Abs. 2 BauGB die sachlichen Beitragspflichten entstehen, sofern deren sonstige rechtliche Voraussetzungen erfüllt sind (BVerwG, Urt. v. 21.01.1977 - BVerwG 4 C 84 bis 92.74 -, Buchholz 406.11 [BBauG] § 131 Nr. 20 [S. 23]). Dabei ist bei Anbaustraßen im Sinne des § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zwischen den Teileinrichtungen Beleuchtung und Entwässerung einerseits sowie den flächenmäßigen Teileinrichtungen (Fahrbahn, Gehwege, Radwege) andererseits zu unterscheiden (BVerwG, Urt. v. 23.06.1972 - BVerwG IV C 15.71 -, BVerwGE 40, 177; Driehaus, a. a. O, § 11 RdNr. 33). Weiter hat das Bundesverwaltungsgericht bereits in seinem Urteil vom 21.05.1969 - BVerwG IV C 104.67 - (ZMR 1969, 375) entschieden, dass Beleuchtungs- und Entwässerungsanlagen nur dann beitragsfähig sind, wenn sie von der Erschließungsbeitragssatzung als Merkmale der endgültigen Herstellung im Sinne von § 132 Nr. 4 BBauG gefordert werden.

Diese Voraussetzungen erfüllt die Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten vom 24.06.2002; denn § 7 Abs. 1 Satz 2b) bestimmt, dass Straßen, Wege und Plätze, mit Kraftfahrzeugen nicht befahrbare Verkehrsanlagen, Sammelstraßen und selbständige Parkflächen endgültig hergestellt sind, wenn sie über "betriebsfertige Entwässerungs- und Beleuchtungseinrichtungen verfügen." Dieser Formulierung fehlt entgegen der Auffassung des Klägers nicht die erforderliche Bestimmtheit. Dieser Anforderung wird eine Formulierung nämlich nur dann nicht gerecht, wenn ihr nicht entnommen werden kann, ob die Beleuchtung bzw. Entwässerung Herstellungsmerkmal ist oder nicht (so schon BVerwG, Urt. v. 21.05.1969, a. a. O.). So liegt es hier aber nicht; denn dem Satzungstext ist unzweifelhaft zu entnehmen, dass eine Erschließungsanlage nur dann endgültig hergestellt ist, wenn sowohl über die Beleuchtung als auch über die Entwässerung betriebsfertig verfügt werden kann.

Weiterer Angaben zum Ausbauprogramm bedurfte es nicht; denn der Grundgedanke des § 132 Nr. 4 BauGB, die Beschaffenheit einer endgültig hergestellten Erschließungsanlage möglichst genau festzulegen, findet seine Grenze in dem gleichgewichtigen Grundsatz, diesen Herstellungszustand möglichst allgemeingültig für alle Erschließungsanlagen von vornherein festzulegen. Das Bundesverwaltungsgericht hat § 132 Nr. 4 BBauG deshalb dahin ausgelegt, dass es nur darum gehen könne, "Merkmale zu finden, die allgemein -- ohne Bezug auf eine individuelle Erschließungsanlage -- in einer Ortssatzung festgelegt werden können, wenn auch nicht zu verkennen ist, daß damit keine volle Klarheit über die endgültige Herstellung der Straße gewonnen werden kann. Dazu würde es letzten Endes einer Ortssatzung über jede einzelne Straße bedürfen, was dem Sinn des Gesetzes erkennbar widerspricht" (BVerwG, Urt. v. 06.09.1968 - BVerwG IV C 96.66 -, DVBl. 1969, 274). Mithin kann es mit dem Bundesverwaltungsgericht, dem sich der erkennende Senat anschließt, nur darum gehen, für das Ausbauprogramm ein Mindesterfordernis festzulegen, das der Praxis gerecht wird und der Vorschrift des § 132 Nr. 4 BauGB noch genügt. Diesen Anforderungen wird § 7 Abs. 1 Nr. 2b) der Erschließungsbeitragssatzung der Beklagten gerecht; denn das Merkmal "betriebsfertig" macht für den Bürger erkennbar, dass sowohl die Straßenbeleuchtung als auch die Straßenentwässerung funktionstüchtig sein müssen, um sachliche Erschließungsbeitragspflichten zum Entstehen zu bringen, d. h. eine dem technischen Standard entsprechende Ausleuchtung der Straße erfolgt und das Oberflächenwasser ordnungsgemäß in die dafür vorgesehene Entwässerungsanlage abgeleitet wird.

Mit diesem Ergebnis setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu der von dem Kläger zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.07.2001 (BVerwG 9 B 25.01 -; NVwZ-RR 2001, 711); denn das Bundesverwaltungsgericht hatte lediglich festgestellt, dass die bautechnische Ausgestaltung der für eine Erschließungsanlage vorgesehenen Teileinrichtungen zu dem zwingend in die Satzung aufzunehmenden Ausbauprogramm gehört, soweit davon die endgültige Herstellung der Anlage abhängen soll (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 1995 - BVerwG 8 C 13.94 - Buchholz 406.11 [BauGB] § 133 Nr. 124, S. 10). Entscheidet sich die Gemeinde - wie hier - zu einer anderen Merkmalsregelung, die einerseits den Anforderungen des § 132 Nr. 4 BauGB, ein hohes Maß an Klarheit der Satzung zu schaffen, gerecht wird und andererseits die notwendige Allgemeingültigkeit aufweist, bestehen gegen die Rechtmäßigkeit einer solchen Satzungsbestimmung keine rechtlichen Bedenken.

Im Übrigen darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Beklage am 26.05.2003 eine neue Erschließungsbeitragssatzung beschlossen und rückwirkend zum 12.07.2002 in Kraft gesetzt hat, die die gerügten Mängel des Klägers berücksichtigt, so dass jedenfalls auf der Grundlage dieser (vom Kläger nicht beanstandeten) Satzung seine sachliche Beitragspflicht entstanden ist.

5. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass es im vorliegenden Fall einer (erneuten) förmlichen Widmung der H-Straße gemäß § 6 des Straßengesetzes für das Land Sachsen-Anhalt - StrG LSA - vom 06.07.1993 (LSA-GVBl., S. 334), zuletzt geändert durch Gesetz vom 07.12.2001 (LSA-GVBl., S. 540), als notwendiges Merkmal der endgültigen Herstellung einer öffentlichen Straße im Sinne von § 127 Abs. 2 Nr. 1 BauGB nicht bedurfte; denn die H-Straße war bereits aufgrund ihrer tatsächlichen Benutzung durch die Verkehrsteilnehmer gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über das Straßenwesen vom 18.07.1957 (DDR-GBl I 377) - StrVO 1957 - eine öffentliche kommunale Straße, mit der Folge, dass sie nunmehr gemäß § 51 Abs. 3 i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 3 StrG LSA eine öffentliche (Gemeinde-)Straße ist. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 StrVO 1957 waren kommunale Straßen, d. h. Stadt- und Gemeindestraßen, -wege und -plätze (§ 1 Abs. 1 Satz 2d StrVO 1957) nämlich öffentlich, wenn bisher - wie hier - ihrer Benutzung durch die Verkehrsteilnehmer seitens der Rechtsträger bzw. Eigentümer nicht widersprochen worden war. Die Öffentlichkeit der kommunalen Straßen war demnach allein von dem tatsächlichen Vorgang des allgemeinen Verkehrs und dessen Duldung durch den Rechtsträger oder Eigentümer des Straßenlandes abhängig (Priebe, Handbuch des Straßenwesens, VEB Deutscher Zentralverlag, Berlin 1959, VO § 3 Nr. 1b, S. 52 und Nr. 1d, S. 53). Dabei kommt es entgegen der Auffassung des Klägers nicht darauf an, dass die H-Straße entsprechend einem technischen Ausbauprogramm hergestellt war oder jedenfalls den örtlichen Ausbaugepflogenheiten entsprach. Eine derart einschränkende Auslegung lässt schon der Wortlaut des § 3 Abs. 2 Satz 1 StrVO 1957 nicht zu; denn das Merkmal "öffentlich" im Sinne dieser Vorschrift stellt allein auf eine unwidersprochen gebliebene Benutzung durch die Verkehrsteilnehmer ab, ohne den Ausbauzustand in irgendeiner Weise zu berücksichtigen.

6. Schließlich führt auch der Einwand des Klägers zur Berücksichtigungsfähigkeit von Zuwendungen aus Bundesmitteln nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz nicht zum Erfolg. Zwar trifft es zu, dass Fördermittel auch den Erschließungsbeitragspflichtigen zugute kommen können, wenn der Dritte für diesen Fall von vornherein auf eine Rückzahlung des Überschusses verzichtet und damit zum Ausdruck gebracht hat, dass die Zuwendung gegebenenfalls auch zur Entlastung der Erschließungsbeitragspflichtigen dienen soll. Entsprechendes gilt, wenn der Dritte zwar ursprünglich seine Zuwendung ausschließlich zur Deckung der von der Gemeinde endgültig zu tragenden Kosten gewährt hat, er jedoch später unter Verzicht auf eine Rückforderung die Zweckbestimmung dahin ändert, dass der Überschuss den Erschließungsbeitragspflichtigen zugute kommen soll (BVerwG, Urt. v. 30.01.1987 - BVerwG 8 C 10.86 -, NVwZ 1987, 982).

Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht in der o. g. Entscheidung ausdrücklich festgestellt, dass Zuwendungen aus Bundesmitteln nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz nur zur Deckung solcher Kosten bestimmt, die die Gemeinde nicht - z. B. auch durch die Erhebung von Erschließungsbeiträgen - abwälzen können. Das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz soll durch die Zuweisung von Bundesmitteln an die Länder diesen nämlich die sachgerechte Möglichkeit "einer finanziellen Unterstützung der Gemeinden" eröffnen (vgl. Amtliche Begründung des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. VI/1117, S. 6). Mit dem Ausschluss der Zuwendungsfähigkeit von Kosten, die aufgrund von gesetzlichen Bestimmungen wie z. B. der § 127 ff. BauGB von der Gemeinde abgewälzt werden können, hat der Bundesgesetzgeber erreichen wollen, dass durch Zuwendungen aus Bundesmitteln (anteilig) nur solche Kosten durch die Länder finanziert werden dürfen, die anderenfalls von der Gemeinde (endgültig) zu übernehmen wären.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Ende der Entscheidung

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