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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 20.10.2008
Aktenzeichen: 2 O 196/08
Rechtsgebiete: VwGO, ZPO


Vorschriften:

VwGO § 148
ZPO § 572 Abs. 3
1. Will das Verwaltungsgericht auf die Beschwerde des Antragstellers die Gründe für seinen Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss nicht aufrechterhalten, darf es der Beschwerde nicht in der Weise "abhelfen", dass es lediglich den versagenden Beschluss aufhebt; vielmehr muss es auch über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe selbst befinden.

2. Leidet der Abhilfebeschluss oder das Abhilfeverfahren an Mängeln, ist das Beschwerdegericht befugt, den Nichtabhilfebeschluss wegen derartiger Mängel aufzuheben und die Sache gemäß § 173 VwGO i. V. m. § 572 Abs. 3 ZPO zur erneuten Abhilfeentscheidung zurückzuverweisen.


Gründe:

I.

Am 06.08.2008 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht um vorläufigen Rechtsschutz gegen die Versagung einer Aufenthaltserlaubnis nachgesucht und für dieses Verfahren Prozesskostenhilfe beantragt. Mit Beschluss vom 08.08.2008 hat das Verwaltungsgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt, weil die Antragstellerin keine Belege über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt habe und darüber hinaus auf Grund ihres Untertauchens Zweifel am Vorliegen eines Rechtsschutzinteresses bestünden. Der dagegen eingelegten Beschwerde der Antragstellerin hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 21.08.2008 dergestalt "abgeholfen", dass es den Beschluss vom 08.08.2008 aufgehoben hat. Der hiergegen wiederum erhobenen Beschwerde der Antragstellerin vom 05.09.2008, in der sie die Nichtbescheidung ihres Prozesskostenhilfeantrags gerügt hat, hat das Verwaltungsgericht nicht abgeholfen mit der Begründung, im Zeitpunkt des Beschlusses vom 21.08.2008 hätten die Verwaltungsvorgänge zur Prüfung der Erfolgsaussichten noch nicht vorgelegen.

II.

Die Beschwerde der Antragstellerin vom 05.09.2008 ist zulässig, insbesondere fehlt es nicht an der Beschwer durch den angefochtenen Beschluss. Eine (formelle) Beschwer liegt dann vor, wenn die angegriffene Entscheidung dem Beschwerdeführer etwas versagt, was er in dem Verfahren, in dem die Entscheidung erging, beantragt hatte, d. h. wenn die Entscheidung hinter dem Begehren zurückbleibt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., Vorb. § 124 RdNr. 41). So liegt es hier. In der angegriffenen Entscheidung vom 21.08.2008 hat das Verwaltungsgericht den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss vom 08.08.2008 lediglich aufgehoben, ohne über die beantragte Prozesskostenhilfe zu entscheiden.

Die Beschwerde ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht, das die Gründe für seinen die Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss vom 08.08.2008 nicht aufrechterhalten will, durfte der gegen diesen Beschluss gerichteten Beschwerde der Antragstellerin nicht in der Weise "abhelfen", dass es lediglich den versagenden Beschluss aufhob. Vielmehr hätte es auch über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe selbst befinden müssen. Soweit das Verwaltungsgericht die Beschwerde für begründet hält, ist ihr gemäß § 148 VwGO abzuhelfen. Im Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe bedeutet "Abhilfe", dass das Erstgericht eine neue Entscheidung trifft und nach denselben Grundsätzen wie bei einer Erstentscheidung begründet (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 66. Aufl., § 127 RdNr. 91). Auch der Umstand, dass im Zeitpunkt der "Abhilfeentscheidung" die Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners noch nicht vorlagen und deshalb eine Prüfung der Erfolgsaussichten des vorläufigen Rechtsschutzantrags nicht stattfinden konnte, rechtfertigt es nicht, lediglich den versagenden Beschluss aufzuheben. Es sind keinerlei Gründe dafür ersichtlich, weshalb mit einer Abhilfeentscheidung nicht bis zum Eingang dieser Vorgänge zugewartet werden konnte. Diese trafen im Übrigen bereits am 21.08.2008, also noch am Tag der "Abhilfeentscheidung" ein. Spätestens aber im Zeitpunkt des Nichtabhilfebeschlusses am 08.09.2008 bestand kein Anlass mehr, eine Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht zu treffen.

Leidet der Abhilfebeschluss oder das Abhilfeverfahren - wie hier - an Mängeln, ist das Beschwerdegericht befugt, den Nichtabhilfebeschluss wegen dieser Mängel aufzuheben und die Sache gemäß § 173 VwGO i. V. m. § 572 Abs. 3 ZPO zur erneuten Abhilfeentscheidung zurückzuverweisen (vgl. Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., § 148 RdNr. 14; Happ in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl., § 148 RdNr. 7; Lipp in: Münchner Kommentar zur ZPO, § 572 RdNr. 14; VGH BW, Beschl. v. 14.07.2003 - 7 S 536/03 -, NVwZ-RR 2004, 230; SaarlOVG, Beschl. v. 28.09.2007 - 1 D 399/07 - NVwZ-RR 2008, 215). Es entspricht gerade dem Sinn des Abhilfeverfahrens, über eine Selbstkontrolle des Verwaltungsgerichts für eine Verkürzung der Verfahren und eine Entlastung des Beschwerdegerichts zu sorgen und gleichzeitig bei zunächst fehlender Sachentscheidung des Ausgangsgerichts dem Beschwerdeführer die Instanz zu erhalten (vgl. VGH BW, Beschl. v. 23.01.2008 - 11 S 2916/07 -, VBlBW 2008, 278).

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