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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 05.09.2007
Aktenzeichen: 3 L 193/04
Rechtsgebiete: PflegeV-AG, VwGO


Vorschriften:

PflegeV-AG § 8 Abs. 3
VwGO § 114
1. Maßgeblich für die Entscheidung eines Gerichts sind die Rechtsvorschriften, die sich im Zeitpunkt der Entscheidung für die Beurteilung des Klagebegehrens Geltung beimessen. Knüpft wie im vorliegenden Fall das Ausführungsgesetz zum Pflege-Versicherungsgesetz für das Entstehen eines Anspruches auf finanzielle Förderung an einen bestimmten Zeitraum an, zu dem die Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen müssen und ist ihm auch unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes nicht zu entnehmen, dass bei rechtswidriger Nichterfüllung ein solcher Anspruch wegen einer späteren Veränderung der Sach- oder Rechtslage untergehen soll, ist auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen. Diese Überlegung trifft auf einen Subventionsanspruch nach Wegfallen der haushaltsrechtlichen Grundlagen in den Folgejahren zu, wenn die Voraussetzungen einer Förderung vor der Aufhebung der Norm erfüllt waren und der Antrag rechtzeitig gestellt wurde. Hier ergibt sich aus dem Gleichheitssatz in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip, dass der vorher existente Anspruch auf Förderung durch die spätere Rechtsänderung nicht mehr berührt wird. Von der in dieser Weise geklärten Frage, unter welchen Voraussetzungen der Anspruch auf Gleichbehandlung entstand, ist jedoch die hier Frage zu trennen, ob dieser möglicherweise in willkürlicher Weise verletzte Anspruch erlischt, wenn die Fördermittel erschöpft sind. Im Übrigen gilt, dass dann, wenn die Bewilligungsbehörde ihre Verpflichtung zu einer unverzüglichen ermessensfehlerfreien Entscheidung über die Subventionsgewährung nicht erfüllt, sie sich später nicht auf den Wegfall der vormals noch vorhandenen Haushaltmittel berufen kann.

2. § 114 Satz 2 VwGO schafft lediglich die prozessualen Voraussetzungen dafür, dass die Behörde defizitäre Ermessenserwägungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen kann, nicht hingegen dafür, dass sie ihr Ermessen nachträglich erstmals ausübt oder die Gründe einer Ermessensausübung (komplett oder doch in ihrem Wesensgehalt) ausgewechselt werden. Eine Ergänzung der Ermessenserwägungen ist daher nur zulässig, sofern die nachträglich angegebenen Gründe schon bei Erlass des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheides vorlagen, diese Heranziehung keine Wesensänderung des angefochtenen Verwaltungsakts bewirkt und der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt wird. Es stellt daher keine zulässige bloße Ergänzung bereits angestellter Ermessenerwägungen dar, wenn völlig neue Ermessensgesichtspunkte ins Feld geführt werden, die bei der behördlichen Entscheidung ersichtlich nicht einmal marginal eine Rolle spielten.


Tatbestand:

Die Klägerin begehrt unter Aufhebung des entgegenstehenden Bescheides der Beklagten die Gewährung einer Zuwendung zu Investitionsmaßnahmen bei stationären Pflegeeinrichtungen, die zwischen dem 01.01.1991 und dem 01.06.1994 getätigt wurden.

Die Klägerin ist Trägerin einer Altenpflegeeinrichtung in C-Stadt/Saale. In dem Altenpflegeheim mit 147 Plätzen leben alte und pflegebedürftige Menschen. Das Heim, bestehend aus zwei Gebäuden aus dem Jahre 1896 mit einer integrierten Kapelle, wurde in den Jahren 1993 bis 1996 vollständig renoviert. Von den Gesamtbaukosten in Höhe von 21,230 Mio. DM wurden 7,8 Mio. DM durch den Beklagten und 3,9 Mio. DM durch die Stadt C-Stadt übernommen. Die Klägerin nahm im November 1995 und im Februar 1997 Kredite in einer Gesamthöhe von 8,4 Mio. DM auf, und zwar in Form von Annuitätendarlehen für eine Dauer von zehn Jahren zu festen Konditionen. Die Kosten für die Refinanzierung beliefen sich ursprünglich auf jährlich 637.900 DM für Zins und Tilgung.

Am 1. Juni 1994 trat das Gesetz zur sozialen Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit vom 26. Mai 1994 (PflegeVG, BGBl. I S. 1014) in Kraft. Danach stellte der Bund gemäß Art. 52 PflegeVG den Ländern im Beitrittsgebiet für die Verbesserung der Qualität der ambulanten, teilstationären und stationären Versorgung der Bevölkerung und zur Anpassung an das Versorgungsniveau für ab dem 01. Juni 1994 begonnene Investitionsmaßnahmen Zuschüsse von bis zu 80 % der öffentlichen Finanzierung zur Verfügung, sofern das Land oder die Gemeinden 20 % der Kosten übernahmen. Hierüber waren vom jeweiligen Land fortzuschreibende Investitionsprogramme, erstmalig bis spätestens zum 01. Oktober 1994, aufzustellen. Der Beklagte erhielt vom Bund in den Jahren 1995 bis 2002 jährlich 142,7 Mio. DM. Er stellte seine bis 1994 praktizierte Förderung auf das neue Programm "Sonderförderung Ost" um und entsprach sämtlichen Förderanträgen, die nach dem 01. Juni 1994 gestellt wurden und die Voraussetzungen der Förderung erfüllten, mit 100 % der förderfähigen Gesamtkosten.

Hinsichtlich der vor dem 01. Juni 1994 getätigten Investitionsmaßnahmen regelt das am 01. Juli 1996 in Kraft getretene Ausführungsgesetz zum Pflege-Versicherungsgesetz vom 07. August 1996 (PflegeV-AG - GVBl. LSA S. 254, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Änderung sozial- und gesundheitsrechtlicher Vorschriften vom 10. August 2007, GVBl. LSA S. 306) die Einzelheiten der Förderung von Pflegeeinrichtungen. Gemäß § 7 Abs. 1 PflegeV-AG können Pflegeeinrichtungen auf Antrag Förderleistungen erhalten, wenn sie in die kommunalen Pflegestrukturpläne und den Förderplan des Landes aufgenommen worden sind. Neben der Förderung der Aufwendungen für die Herstellung von Pflegeeinrichtungen kann das Land bei Einrichtungen, die vor dem 01. Juni 1994 hergestellt wurden ("alte Last"), auch die Erfüllung von Verbindlichkeiten fördern, die zu Herstellungszwecken eingegangen wurden. Die Förderung wurde auf die im Haushalt zur Verfügung stehenden Mittel begrenzt (§ 8 Abs. 3 PflegeV-AG).

Am 29. Mai 1999 traten hierzu die "Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zu Investitionsmaßnahmen bei stationären Pflegeeinrichtungen, die zwischen dem 1. Januar 1991 und dem 1. Juni 1994 getätigt wurden" vom 20. April 1999 (MBl. LSA S. 608) in Kraft. Im Haushaltsjahr 1999 waren im Kapitel 0509 Titel 66376 Barmittel von insgesamt 11,5 Mio DM sowie 25 Mio DM als Verpflichtungsermächtigung eingestellt.

Mit Schreiben vom 25. Juni 1999 beantragte die Klägerin unter Bezugnahme auf die vorbenannten Richtlinien Zuwendungen in Form von Zins- und Tilgungshilfe. Dem Antrag waren der Zuwendungsbescheid von 08. Dezember 1992 sowie der Änderungsbescheid vom 21. Januar 1997 beigefügt. In dem Antrag wurde angegeben, dass der Finanzierungsplan Bestandteil des Antrages sei und dass die Kosten für die Refinanzierung von Krediten sich jährlich auf 637.900 DM für Zins und Tilgung beliefen. Dem Antrag waren zwei Kreditverträge und die dazugehörigen Zins- und Tilgungspläne sowie Valutierungsbestätigungen beigefügt. Der Beklagte beanstandete zu keinem Zeitpunkt eine etwaige Unvollständigkeit der Unterlagen, sondern stellte mit Schreiben vom 03. Juli 2000 eine Entscheidung nach Klärung noch offener Fragen bei der Umsetzung der Richtlinien in Aussicht.

Am 19. Dezember 2000 traten die "Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zu Investitionsmaßnahmen bei stationären Pflegeeinrichtungen, die zwischen dem 1. Januar 1991 und dem 1. Juni 1994 getätigt wurden" außer Kraft (Runderlass des MS vom 06.10.2000, MBl. LSA S. 1377). Ab dem Jahr 2000 waren auch keine weiteren Mittel zur Förderung der "alten Last" in den Haushalt eingestellt.

Mit Bescheid vom 20. Januar 2001 lehnte der Beklagte sodann die Gewährung der begehrten Zuwendung ab. Zur Begründung wurde wörtlich Folgendes ausgeführt: "§ 8 Abs. 3 PflegeV-AG stellt eine Bestimmung dar, deren praktische Durchführung an das Vorhandensein entsprechender Haushaltsmittel gebunden ist. In den für die Umsetzung der Richtlinien und damit für die Förderung nach § 8 Abs. 3 PflegeV-AG bestimmten Haushaltstitel des Landeshaushaltes von Sachsen-Anhalt sind durch den Haushaltsgesetzgeber keine Mittel eingestellt worden. Aufgrund ihrer rechtlichen Ausgestaltung als ausdrückliche "Kann"-Bestimmung gewährt die genannte Vorschrift keinen Rechtsanspruch auf eine Förderung, sondern nur einen solchen auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Durch den Umstand fehlender Haushaltsmittel ist das mir durch § 8 Abs. 3 PflegeV-AG eingeräumte Ermessen dahingehend eingeschränkt worden, dass eine antragsgemäße Entscheidung und damit die Bewilligung von Fördermitteln unmöglich ist."

Entsprechend lehnte der Beklagte auch die Förderanträge von etwa 30 weiteren Pflegeeinrichtungen ab, so dass die für 1999 zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel nicht ausgegeben wurden.

Am 27. Februar 2001 hat die Klägerin vor dem Verwaltungsgericht Halle Klage erhoben. Sie hat im Wesentlichen vorgetragen, dass im maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung im Jahre 1999 Fördermittel durch den Haushaltsgesetzgeber zur Verfügung gestellt worden seien. Der Beklagte könne sich deshalb nicht auf fehlende Haushaltsmittel berufen; insofern habe er sein Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgeübt. Im Übrigen sei in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bereits geklärt, dass die Förderung aller Pflegeeinrichtungen wettbewerbsneutral zu erfolgen habe. Hierzu gehöre auch die Förderung betriebsbedingter Investitionsaufwendungen. Die Klägerin werde als Trägerin einer Pflegeeinrichtung, welche der "alten Last" zuzurechnen sei, benachteiligt, weil sie Investitionen bereits vor 1994 getätigt habe und solche Einrichtungen durch das Land nicht voll gefördert würden. Damit würde anderen Pflegeeinrichtungen, welche nach 1994 errichtet worden seien, ein unzulässiger Wettbewerbsvorteil verschafft. Soweit durch den Beklagten im Weiteren vorgetragen worden sei, dass nicht alle der "alten Last" zuzurechnenden Pflegeeinrichtungen ausreichend hätten gefördert werden können und dass bei einer ansonsten zwingenden gleichmäßigen Förderung die Förderhöhe zu niedrig gewesen wäre, um sich sinnvoll auszuwirken, sei dies unerheblich. Anderenfalls würde durch den Schluss, überhaupt keine Einrichtung zu fördern, der Intention des Gesetzgebers nicht entsprochen werden.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 30. Januar 2001 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihr entsprechend ihrem Antrag vom 25. Juni 1999 Zuwendungen zu von ihr zwischen dem 01. Januar 1991 und dem 01. Juni 1994 getätigten Investitionsmaßnahmen zu bewilligen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat zwar eingeräumt, dass im Haushaltsjahr 1999 zur so genannten Schuldenhilfe im Haushalt Barmittel bzw. Verpflichtungsermächtigungen vorhanden gewesen seien. Angesichts der Vielzahl der Antragsteller sei aber eine sinnvolle Förderung aller Antragsteller nicht möglich gewesen. Die vom Haushaltsgesetzgeber bereit gestellten Mittel seien zu gering gewesen, um sich im Falle der Bewilligung aller Anträge positiv auswirken zu können. Für eine Vergabe von Kleinbeträgen sei die Förderung der "alten Last" nicht konzipiert gewesen. Die Förderung aller Antragsteller wäre aber aus Gleichheitsgesichtspunkten zwingend gewesen. Es sei dem Beklagten verwehrt gewesen, einzelne Antragsteller zu bevorzugen. Aus diesem Grunde habe man in keinem Falle eine Förderung bewilligt. Der Antrag der Klägerin sei deshalb wegen fehlender Haushaltsmittel zu Recht abgelehnt worden. Auf die Ausübung des Ermessens sei es nicht mehr angekommen.

Mit Urteil vom 25. Februar 2004 hat das Verwaltungsgericht Halle den Bescheid des Beklagten vom 30. Januar 2001 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, über den Antrag der Klägerin von 25. Juni 1999 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass als maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage auf die Haushaltslage zum Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen gewesen sei. Ob zum Zeitpunkt des Erlasses des ablehnenden Bescheides oder im Zeitpunkt des Termins der mündlichen Verhandlung Fördermittel zur Verfügung gestellt worden seien bzw. zur Verfügung gestanden hätten, sei rechtlich ohne Belang. Anderenfalls könnte die Behörde die ihr zur Verfügung gestellten Mittel ohne Bindung an den Gleichheitssatz verteilen und sich gegenüber potentiellen und übergangenen Subventionsbewerbern später auf nicht mehr vorhandene Haushaltsmittel berufen. Auf die von der Klägerin begehrte Förderung bestehe grundsätzlich kein Anspruch, vielmehr habe die Bewilligungsbehörde im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Anhaltspunkte für eine Ermessensreduzierung auf Null lägen nicht vor. Der ablehnende Bescheid des Beklagten sei im Übrigen auch rechtswidrig, weil der Beklagte seiner Entscheidung falsche Tatsachen zu Grunde gelegt habe. Er habe die Ablehnung der beantragten Zuwendung allein damit begründet, dass keine Haushaltsmittel zur Verfügung stünden und somit eine Bewilligung von Fördermittel unmöglich sei. Der Beklagte habe deshalb bei einer erneuten Entscheidung über den Antrag der Klägerin erstmals eine Ermessensentscheidung zu treffen. Dies sei in dem ablehnenden Bescheid nicht geschehen. Die von dem Beklagten im gerichtlichen Verfahren erörterten Erwägungen seien im Übrigen selbst ermessensfehlerhaft. Insbesondere könne der Beklagte mit der Argumentation, bei der Förderung der "alten Last" gebe es keine sachgerechten Unterscheidungskriterien, nicht mehr gehört werden. So könnten bei der Abwägung, welche von mehreren Antragstellern zu fördern seien, etwa die Dringlichkeit des Bedarfs an Fördermitteln, die Gesamtkosten, die Eigenleistung und sonstige Verhältnisse eine Rolle spielen. Auch der Einwand des Beklagten, der Antrag der Klägerin sei deshalb schon nicht zu fördern gewesen, weil deren Darlehen zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht ablösereif gewesen seien und es nicht Aufgabe der Zuwendungsbehörde sei, allein eine Zinstilgungshilfe zu leisten, rechtfertige kein anderes Ergebnis. Der Beklagte verkenne, dass Fördermittel auch mit der Maßgabe bewilligt werden könnten, dass die konkrete Zuwendung erst zu einem späteren Zeitpunkt ausgezahlt werde. Im Übrigen habe der Beklagte diese Ermessenserwägungen erstmals im gerichtlichen Verfahren dargelegt. Dem Beklagten sei es allerdings verwehrt, entsprechende Ermessenserwägungen im gerichtlichen Verfahren mit heilender Wirkung gemäß § 114 Satz 2 VwGO nachzuschieben. Weiter dürfte der Neubescheidung des Förderantrages der Klägerin nicht entgegenstehen, dass die Klägerin möglicherweise 1999 nicht in den Förderplan des Beklagten aufgenommen worden sei.

Mit seiner dagegen vom Senat zugelassenen Berufung trägt der Beklagte - zusammengefasst - vor:

Der Antrag auf Förderung sei rechtmäßig abgelehnt worden. Die Fördervoraussetzungen lägen schon deshalb nicht vor, weil es im Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde an verfügbaren Haushaltsmitteln gefehlt habe. Im Haushaltsjahr 1999 seien zwar noch Barmittel bzw. Verpflichtungsermächtigungen im Haushalt eingestellt worden. Dieser Ansatz im Haushalt 1999 habe jedoch nicht ausgereicht, alle Verbindlichkeiten der Einrichtungen der "alten Last" insgesamt abzulösen. Eine Bewilligung von geringeren Förderbeiträgen sei wirtschaftlich sinnlos gewesen. Die Regelung zur Schuldendiensthilfe im Pflegeversicherungs-Ausführungsgesetz stelle nur eine Option für eine Förderung dar, falls die unterschiedlichen Investitionskostenanteile sich nachteilig auf die Belegung der zur "alten Last" zählenden Pflegeheime auswirkten. Insofern sei als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal eine "wirtschaftliche Schieflage" bzw. das Vorliegen eines Härtefalles Voraussetzung für die Förderung einer Pflegeeinrichtung der "alten Last" gewesen. Dies sei bei der Klägerin weder im Jahr 1999 noch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht der Fall gewesen. Vielmehr sei die Einrichtung der Klägerin stets voll belegt gewesen. Insoweit sei auch nicht ersichtlich, dass es zu einer Wettbewerbsverzerrung im Vergleich zu den Einrichtungen, die nach dem 01. Juni 1994 fertig gestellt worden seien, gekommen sei. Im Übrigen sei die Bindung der Förderung im Ausführungsgesetz zum Pflegeversicherungsgesetz an das Haushaltsrecht auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Aus Artikel 3 GG ergebe sich nicht, dass der Beklagte ohne Rücksicht auf vorhandene Haushaltsmittel die begehrte Förderung gewähren müsse; er habe daher keinem der insgesamt über 30 Förderanträge stattgegeben. Die unterschiedliche Behandlung der neu geschaffenen Pflegeheime und der vor dem 01. Juni 1994 geschaffenen Pflegeeinrichtungen sei auch sachgerecht, denn die Förderung am 01. Juni 1994 schon vorhandener Pflegeheime sei für die Schaffung einer intakten Pflegestruktur nicht notwendig gewesen. Sie sei auch nicht erforderlich gewesen, um den Bestand der betreffenden Pflegeheime zu erhalten. Die Belegungszahlen seien entgegen der Prognosen der Pflegeheimbetreiber nicht stark gesunken. Einen Anspruch auf "Nachförderung" gebe es nicht. Die Klägerin könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, da die Pflegesatzfinanzierung der nicht geförderten Investitionsaufwendungen durch die Leistungen der Sozialhilfe weiterhin bestehe. Insoweit sei auch die wirtschaftliche Existenz der Klägerin gewährleistet, da diese ihre Investitionsaufwendungen weiter refinanzieren könne. Außerdem sei der Antrag der Klägerin nicht bescheidungsreif gewesen, denn die Klägerin habe insbesondere den Umfang der von ihr begehrten Schuldendiensthilfe nicht hinreichend beziffert.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 25. Februar 2004 zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze in den Gerichtsakten sowie auf den beigezogenen Verwaltungsvorgang Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 30. Januar 2001 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in soweit in ihren Rechten, als dem Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über ihren Antrag vom 25. Juni 1999 nicht genüge getan worden ist.

Der Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung für die begehrte Zuwendung ergibt sich aus §§ 7 Abs. 1 und 2, 8 Abs. 3 PflegeV-AG i. V. m. der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zu Investitionsmaßnahmen bei stationären Pflegeeinrichtungen, die zwischen dem 01. Januar 1991 und dem 01. Juni 1994 getätigt wurden (MBl. LSA 1999, S. 608) und dem Haushaltsgesetz des Land Sachsen-Anhalt für das Jahr 1999. Das Verwaltungsgericht hat hierbei zunächst zu Recht festgestellt, dass bei der Prüfung des Antrages der Klägerin auf Gewährung der Schuldendiensthilfe im Grundsatz auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen ist, sofern der Antrag zu diesem Zeitpunkt entscheidungsreif ist.

Der Antrag der Klägerin auf Gewährung von Zuwendungen hat sich nicht zwischenzeitlich dadurch erledigt, dass seit dem Jahr 2000 keine Haushaltsmittel mehr für Fördermaßnahmen nach § 8 Abs. 3 PflegeV-AG zur Verfügung stehen, die vorbenannte Richtlinie vom 20. April 1999 am 6. Oktober 2000 und nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung sozial- und gesundheitsrechtlicher Gesetze vom 10. August 2007 (GVBl. LSA S. 306) nunmehr auch die §§ 6 bis 8 PflegeV-AG aufgehoben worden sind. Damit sind aktuell keine gesetzlichen Bestimmungen, Haushaltsmittel und Richtlinien für die von der Klägerin begehrte Schuldendiensthilfe mehr vorhanden. Hierauf kommt es jedoch im vorliegenden Falle nicht an. Bei einem Erfolg des nunmehr allein noch streitigen Bescheidungsanspruches der Klägerin würde die Aufhebung des rechtswidrigen Bescheides dazu führen, dass der Beklagte dem Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Zuwendungen nicht allein die nunmehrige Erschöpfung der Haushaltsmittel bzw. das Außerkrafttreten der gesetzlichen Regelungen und Verwaltungsvorschriften entgegen halten könnte.

Maßgeblich für die Entscheidung eines Gerichts sind die Rechtsvorschriften, die sich im Zeitpunkt der Entscheidung für die Beurteilung des Klagebegehrens Geltung beimessen, und zwar gleichgültig, ob es sich um eine Feststellungsklage, eine Leistungsklage, eine Anfechtungsklage oder Verpflichtungsklage handelt; dabei kann das insoweit maßgebende Recht seinerseits auf früheres - d.h. außer Kraft getretenes - Recht verweisen und dieses für anwendbar erklären (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.07.2002 - 3 C 53.01 - juris m. w. N). Dieser nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht zweifelhafte Ausgangspunkt kann in Verfahren, in denen - wie im vorliegenden Fall - über die Vergabe einer im Wesentlichen durch Richtlinien geregelten Zuwendung gestritten wird, im Einzelfall zu Schwierigkeiten führen. Grundlage für die Beurteilung eines solchen Begehrens ist, da die Richtlinien als solche keine Rechtsnormqualität aufweisen, regelmäßig in erster Linie der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG, der zwischen der Behördenentscheidung und der gerichtlichen Entscheidung regelmäßig keiner Veränderung unterliegt. Verändern kann sich aber der aufgrund des Gleichheitssatzes zu berücksichtigende Bezugsrahmen. Subventionsregelungen erstreben häufig eine zeitlich begrenzte Einflussnahme des Staates auf bestimmte Entwicklungen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.07.2002, a. a. O.). Ändern sich die insoweit maßgeblichen Verhältnisse, so kann eine Änderung der Vergabevoraussetzungen notwendig werden, ohne dass dies sich auch zu Gunsten oder zu Lasten der unter den früheren Bedingungen durchgeführten Vorhaben auswirken müsste. In solchen Fällen ist daher stets die Prüfung notwendig, ob eine Änderung der Vergabebedingungen bereits zuvor zur Förderung gestellte Vorhaben erfasst und ob dies insbesondere im Hinblick auf den Zuwendungszweck mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar ist (vgl. hierzu auch BVerwG, Urt. v. 11.05.2006 - 5 C 10.05 - BVerwGE 126, 33 zum Auslaufen der Wohnungsbauförderung in Berlin).

Knüpft wie im vorliegenden Fall das maßgebliche PflegeV-AG bzw. die vorbenannte Richtlinie vom 20. April 1999 für das Entstehen eines Anspruches an einen bestimmten Zeitraum (Haushaltsjahr) an, zu dem die Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen mussten und ist ihm auch unter Berücksichtigung des Gleichheitssatzes nicht zu entnehmen, dass bei rechtswidriger Nichterfüllung ein solcher Anspruch wegen einer späteren Änderung der Sach- oder Rechtslage untergehen soll, ist auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Antragstellung - hier Juni 1999 - abzustellen. Dies gilt regelmäßig für einen Subventionsanspruch nach Wegfall der haushaltsrechtlichen Grundlagen in den Folgejahren, wenn die Voraussetzungen einer Förderung vor der Aufhebung der Norm erfüllt waren und der Antrag rechtzeitig gestellt wurde (vgl. OVG Weimar, Urt. v. 16.10.2001 - 2 KO 169/00 - GewArch 2002, 232; OVG Bautzen, Beschl. v. 17.09.2001 - 3 B 400/99 -, LKV 2002, 417). Hier ergibt sich aus dem Gleichheitssatz in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip, dass ein im Jahr 1999 entstandener Anspruch auf Förderung durch die spätere Rechtsänderung nicht mehr berührt wurde. Dem steht auch nicht entgegen, dass im vorliegenden Fall entscheidende Grundlage und Voraussetzung für die Zuwendung war, dass Haushaltsmittel bereit standen und nur deren Bereitstellung im Haushaltsplan zusammen mit den Förderrichtlinien einen Gleichbehandlungsanspruch bei der Bewilligung auslöste. Maßgeblich ist, dass diese Fördervoraussetzungen - Vorhandensein von Fördermitteln - im Jahr 1999 überhaupt gegeben waren. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass ein in rechtswidriger Weise verletzter Anspruch erlischt, wenn die Fördermittel erschöpft sind oder die Förderung ausgelaufen ist. Aus der Richtlinie vom 20. April 1999 lässt sich eine entsprechende Erlöschensregelung nicht entnehmen. Im Übrigen gilt grundsätzlich, dass dann, wenn die Bewilligungsbehörde ihre Verpflichtung zu einer unverzüglichen ermessensfehlerfreien Entscheidung über die Subventionsgewährung nicht erfüllt, sie sich später nicht auf den Wegfall der vormals noch vorhandenen Haushaltmittel berufen kann (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 21.01.1999 - A 1 S 821/98 -).

Das Verwaltungsgericht hat auch zutreffend festgestellt, dass der Beklagte in dem Bescheid vom 30. Januar 2001 keine Ermessensentscheidung getroffen, mithin kein Ermessen ausgeübt hat. Dies ergibt sich bereits aus der Formulierung: "Durch den Umstand fehlender Haushaltsmittel ist das mir durch § 8 Abs. 3 des Ausführungsgesetzes eingeräumte Ermessen dahin eingeschränkt worden, dass eine antragsgemäße Entscheidung und damit die Bewilligung von Fördergeldern unmöglich ist." Auch in der Berufungsbegründung (Seite 22) vertritt der Beklagte selbst die Position, dass er weder verpflichtet noch berechtigt gewesen sei, nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden.

Soweit der Beklagte im gerichtlichen Verfahren hierzu ergänzt, dass der Gewährung einer Zuwendung an die Klägerin § 8 Abs. 3 PflegeV-AG, §§ 34 LHO und die Subsidiarität der Schuldendiensthilfe entgegenstünden, da die Zuwendung gemessen an ihrem Zweck nicht zu rechtfertigen und damit zwingend zu versagen gewesen sei, liegt der Auffassung des Beklagten bereits eine unzulässige retrospektive Betrachtung der Entwicklung der Pflegeeinrichtungen seit dem Jahr 1999 zugrunde. Die Auffassung des Beklagten, dass ihm im Jahr 1999 die Möglichkeit einer Ermessensentscheidung über den Antrag der Klägerin auf Bewilligung einer Schuldendiensthilfe nur dann eröffnet gewesen wäre, wenn durch die Förderung der nach dem 1. Juni 1994 errichteten Pflegeheime eine "Marktschieflage" eingetreten wäre und die wirtschaftliche Existenz der Pflegeeinrichtungen der sog. alten Last aufgrund von Unterbelegungen akut gefährdet gewesen wäre, lässt sich zudem weder den Gesetzgebungsmaterialien zum PflegeV-AG, dem Wortlaut dieses Gesetzes, dem Inhalt der "Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zu Investitionsmaßnahmen bei stationären Pflegeeinrichtungen, die zwischen dem 01. Januar 1991 und dem 01. Juni 1994 getätigt wurden", den Begründungen zu den Haushaltsansätzen in den Einzelplänen der Haushaltsgesetze 1997 bis 1999, der vom Beklagten vorgelegten Kabinettsvorlage vom 21. Oktober 1997 noch den Antworten der Landesregierung auf verschiedene Anfragen von Landtagsabgeordneten zu der hier aufgeworfenen Problematik entnehmen. Es sind nirgendwo Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass etwa im Sinne eines ungeschriebenen Tatbestandsmerkmals eine "Marktschieflage" bzw. der Eintritt eines "Härtefalls" generelle Voraussetzung für die Gewährung von Förderleistungen nach dem PflegeV-AG gewesen wäre.

Das Tatbestandsmerkmal einer "Marktschieflage" bzw. einer "besonderen Härte" als zwingende Voraussetzung für eine Förderung der sog. alten Last allgemein ist nachfolgend weder Gegenstand einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung im PflegeV-AG noch einer Bestimmung in den Richtlinien vom 20. April 1999 geworden. § 1 Abs. 1 PflegeV-AG (welcher sich im Wortlaut an § 9 SGB XI anlehnt) beschreibt lediglich den allgemeinen Gesetzeszweck der Vorhaltung einer pflegerischen Versorgungsstruktur im Land Sachsen-Anhalt, welche leistungsfähig, zahlenmäßig ausreichend und wirtschaftlich sein soll. Die Richtlinien vom 20. April 1999 beschränken sich auf den Hinweis, dass die Grundsätze des PflegeV-AG bei der Gewährung von Zuwendungen zu beachten seien (Ziffer 1.2.) und benennen als Ziel der Zuwendungen die annähernde Gleichstellung mit Pflegeeinrichtungen, die nach Artikel 52 des Pflege-Versicherungsgesetzes vom 26. Mai 1994 gefördert werden. Eine Beschränkung der Förderungsmöglichkeiten auf (akut) in ihrer Existenz bedrohte Pflegeeinrichtungen ist dem Wortlaut der vorgenannten Regelungen nicht zu entnehmen.

Auch die zur Auslegung des § 8 Abs. 3 PflegeV-AG ergänzend heranzuziehenden Gesetzesmaterialien bzw. die für die Ermessensausübung maßgebliche Verwaltungspraxis geben jedenfalls bis zum hier maßgeblichen Jahr 1999 keine Hinweise darauf, dass seitens des Landesgesetzgebers bzw. der die Zuwendung bewilligenden Behörde ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal der "Marktschieflage" bzw. des "Härtefalles" als zwingende Voraussetzung angesehen wurde, um überhaupt Pflegeeinrichtungen der "alten Last" fördern zu können. Vielmehr war offensichtliche Zielrichtung der Landesregierung und des Gesetzgebers die nachhaltige Förderung älterer Pflegeeinrichtungen, soweit diese Investitionen mit Kreditmitteln getätigt hatten.

So heißt es zunächst in dem Entwurf der Landesregierung eines Ausführungsgesetzes zum Pflege-Versicherungsgesetz (PflegeV-AG) vom 1. Februar 1996 (LT-Drucksache 2/1881, Seite 13):

"Einen besonderen Problemkreis im Rahmen der Investitionsfinanzierung bildet die sog. alte Last. Hierbei geht es um Pflegeeinrichtungen, die nach demjenigen Fördermodell investiv gefördert wurden, das im Land Sachsen-Anhalt vor dem Wirksamwerden des Art. 52 PflegeVG praktiziert wurde. Nach diesem Modell wurden in der Regel die Investitionsaufwendungen für Altenpflegeheime in Land Sachsen-Anhalt zu 40 v. H. aus Landesmitteln, zu 10 v. H. aus kommunalen Mitteln und zu weiteren 10 v. H. aus Eigenmitteln des Einrichtungsträgers finanziert. Die restlichen 40 v. H. wurden aus Kapitalmarktmitteln gedeckt, die über den sozialhilferechtlichen Pflegesatz letztlich aus dem Landeshaushalt refinanziert wurden. Eine solche Form der Refinanzierung findet nach dem PflegeVG nicht mehr statt, was im Verhältnis zu neuen Förderfällen eine Benachteiligung derjenigen Einrichtungen zur Folge hat, die nach dem alten Modell gefördert wurden."

In der Einzelbegründung zu § 8 Abs. 3 PflegeV-AG heißt es weiter (LT-Drucksache 2/1881, S. 22):

"Absatz 3 betrifft die sog. alte Last. Der Stichtag 01. Juni 1994 ergibt sich daraus, dass Investitionsmaßnahmen, die nach diesem Tage begonnen wurden, nach dem Pflege-Investitionshilfeprogramm Ost förderungsfähig sind (vgl. Art. 52 Abs. 5 S. 3 PflegeVG). Förderungsfähig ist nach Abs. 3 die Erfüllung von Verbindlichkeiten, welche mit allen Formen der "Herstellung" im Sinne des Abs. 1 Nr. 1 (einschließlich einer Modernisierung) zusammenhängen."

Bereits die Formulierung der Begründung des Gesetzentwurfes ("was im Verhältnis zu neuen Förderfällen eine Benachteiligung derjenigen Einrichtungen zur Folge hat" - Hervorhebung durch den Senat -) spricht im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten dafür, dass der Gesetzgeber bei der Verabschiedung des PflegeV-AG davon ausgegangen ist, dass bereits abstrakt durch die unterschiedliche Behandlung der nach Art. 52 PflegeVG geförderten Einrichtungen und der sog. alten Last eine durch das Land zu kompensierende strukturelle Ungleichbehandlung eingetreten ist. Ausgehend von dieser abstrakten Betrachtungsweise hat der Gesetzgeber gerade nicht - wie von dem Beklagten mehrmals suggeriert - für den einzelnen Förderfall einen konkreten wirtschaftlichen Nachteil ("Schieflage") der betreffenden Pflegeeinrichtung der "alten Last" gegenüber einem der nach Art. 52 PflegeVG geförderten Heime gefordert.

Diese Auffassung hat offensichtlich auch die Landesregierung ihrem Beschluss über die Verabschiedung eines Programms zur "Ablösung der alten Last" zugrunde gelegt (Kabinettsvorlage vom 2. Oktober 1997, in Auszügen vorgelegt vom Beklagten). Es wird dort auf eine Stellungnahme des Ministeriums der Justiz verwiesen, wonach bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen ein Anspruch auf Förderung der "alten Last" bestehe.

Die Annahme der Kompensation eines strukturellen Wettbewerbsnachteils wird auch in der Begründung zur Titelgruppe 76 des Kapitels 0509 im Haushalt 1997 deutlich:

"Die ausgebrachten Mittel dienen zur Abwicklung des bis zum Inkrafttreten des Pflegeversicherungsgesetzes geltenden Landesprogramms zur Förderung von Altenpflegeeinrichtungen."

Weiter heißt es:

"Dies bedeutet jedoch für die Einrichtungen, die vor dem 01.06.1994 durch das Land gefördert wurden, einen Wettbewerbsnachteil und für die Pflegebedürftigen eine zusätzliche finanzielle Belastung, so dass die Inanspruchnahme der Sozialhilfe nicht ausgeschlossen werden kann."

In dem vorliegend maßgeblichen Haushaltsplan 1999 heißt es zur Erläuterung der Titelgruppe 76:

"Pflegeeinrichtungen, die seit dem 01.06.1994 nach den Vorgaben des Ausführungsgesetzes zum Pflege-Versicherungsgesetz erstellt wurden, erhalten gemäß Art. 52 Pflege-Versicherungsgesetz (Pflege-VG) eine 100%ige Förderung der Investitionskosten. Einrichtungen, die vor diesem Stichtag erstellt wurden, erhielten seitens des Landes eine anteilige oder keine Förderung, so dass die Investitionskosten teilweise oder ganz über Kredite o. ä. finanziert wurden. Diese Anteile werden gemäß § 82 Abs. 3 SGB XI auf die Pflegebedürftigen umgelegt, die insoweit die sog. alten Lasten zu tragen haben. Durch dieses Programm soll haushaltsmäßig sichergestellt werden, dass Pflegebedürftige, die in den letztgenannten Einrichtungen leben, nicht mit Investitionskosten belastet werden. Mit den Haushaltsmitteln werden die Zins- und Tilgungslasten getragen sowie mittelfristig die Verpflichtungen abgelöst. Da diese Ablösung nur nach Ablösung des Kreditvertrages sinnvoll ist, wird eine VE in angegebener Höhe benötigt."

Von diesem Verständnis der Regelungen des PflegeV-AG ging die Landesregierung auch in den Antworten zu den verschiedenen Anfragen von Abgeordneten des Landtages aus, welche sich auf die sog. "alte Last" bezogen. So heißt es in der Antwort auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Krause (LT-Drucksache 2/4781, Seite 6) zum Thema "Artikel 52 Pflegeversicherungsgesetz und das Problem der "alten Last" vom 14. Mai 1998:

"Bei den nach Artikel 52 PflegeVG geförderten Einrichtungen ("Neueinrichtungen") greift ein sog. Belastungsverbot, welches dazu führt, dass die pflegebedürftigen Bewohnerinnen und Bewohner keine Investitionskosten zu tragen haben. Die geplante Richtlinie zur "alten Last" verfolgt dasselbe Ziel einer Entlastung der Bewohnerinnen und Bewohner, indem eine Ablösung von Verbindlichkeiten vorgesehen ist, die von "Alteinrichtungen" zu Investitionszwecken eingegangen wurden."

Die Problematik der Förderung der "alten" Pflegeeinrichtungen war nach Verabschiedung des PflegeV-AG ständiges Thema sowohl in der Landesregierung als auch im Landtag. Dies zeigt sich etwa an der Kleinen Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Böhmer vom 4. September 1998 (LT-Drucksache 3/275, Seite 2 f.) zum Thema "Schuldendiensthilfe für Altenpflegeeinrichtungen - altes Programm", insbesondere aber schließlich an einem Ereignis, das in der hiesigen Parlamentsgeschichte einmalig sein dürfte:

Am 9. Oktober 1998 fasste der Landtag einen Beschluss zum Haushaltsvollzug (Beschluss 3/8/368 B):

"Die Landesregierung ist (Hervorhebung durch den Senat) aufgefordert, unverzüglich die rechtlichen Voraussetzungen für den Haushaltsvollzug 1998 im Einzelplan 05, Kapitel 0509,Titelgruppe 76 (Schuldendiensthilfe an Sonstige) durch Inkraftsetzung der erforderlichen Richtlinie zu schaffen."

Damit unterstrich der Landtag die besondere Notwendigkeit und Eilbedürftigkeit einer konkreten Förderung (Schuldendiensthilfe) "alter" Pflegeeinrichtungen. Diesem Gebot des Gesetzgebers kam die Landesregierung sodann mit Erlass der hier maßgeblichen Förderrichtlinien aus dem Jahr 1999 nach.

Soweit der Beklagte nunmehr die Versagung einer Förderung der Klägerin damit zu begründen versucht, bereits angesichts der Begrenztheit der Mittel im Jahr 1999 und gleich gelagerter Ansprüche von mehr als 30 Pflegeeinrichtungen habe der Förderzweck von vornherein nicht erreicht werden können, ist zu bemerken:

Es war - jedenfalls in dem hier maßgeblichen Zeitraum - Ziel des Gesetzgebers, die strukturellen Defizite der "alten Last" nicht im Wege einer einmaligen Hilfe, sondern langfristig und nachhaltig auszugleichen; Ziffer 5.3. der Richtlinien untersagt insofern nur die mehrfache Förderung eines bestimmten Pflegeplatzes in einer Pflegeeinrichtung. Dabei war eine sich über mehrere Jahrestranchen erstreckende, ggf. anteilige Förderung beabsichtigt, was sich an der Ausbringung von Verpflichtungsermächtigungen für die Jahre 1998 und 1999 zeigt. Die Annahme des Beklagten, im Hinblick auf die Begrenztheit der Fördermittel im Jahr 1999 jegliche Förderung versagen zu müssen, findet keine rechtliche Grundlage.

Es ist danach jedenfalls für den hier maßgeblichen Zeitraum vom Eingang des Antrages der Klägerin am 28. Juni 1999 bis zum Ende des Haushaltsjahres 1999 nicht ersichtlich, dass außer den in der Richtlinie vom 20. April 1999 genannten formalen Voraussetzungen, welche sich auf den Nachweis der Voraussetzungen der §§ 7 und 8 PflegeV-AG beziehen, noch weitere "ungeschriebene" Tatbestandsmerkmale wie das Vorliegen einer "Marktschieflage" bzw. einer existenziellen Notlage der Pflegeeinrichtungen Voraussetzung für die Bewilligung der von der Klägerin begehrten Zuwendung waren. Insbesondere ist auch nicht ersichtlich, dass dem Beklagten durch den Gesetzgeber eine Einschätzungsprärogative dahingehend eingeräumt worden ist, dass eine Bewilligung der Schuldendiensthilfe nur dann erfolgen sollte, wenn die vom Gesetzgeber postulierte strukturelle Ungleichbehandlung der Einrichtungen der "alten Last" und der nach Art. 52 PflegeVG geförderten Einrichtungen sich konkret in der wirtschaftlichen Situation der Einrichtungen der alten Last negativ ausgewirkt hat. Dem steht insbesondere die Intention des Gesetzgebers entgegen, die Schuldendiensthilfe in "Tranchen" über mehrere Haushaltsjahre hinaus zu gewähren. Eine solche Vorgehensweise wäre, wenn man die Förderung der "alten Last" nur als "Nothilfe" oder als Unterstützung von "akuten" Härtefallen begreifen würde, offenkundig nicht zweckmäßig. Letztlich ist auch den Motiven des Gesetzgebers hinsichtlich der nunmehr erfolgten ersatzlosen Streichung der §§ 6 bis 8 PflegeV-AG nicht zu entnehmen, dass es sich lediglich um eine gesetzgeberische Klarstellung bzw. Bestätigung einer bereits länger angewandten behördlichen Praxis handelt. Die Streichung der §§ 6 bis 8 PflegeV-AG wird lediglich damit begründet, dass eine weitere (Hervorhebung durch den Senat) investive Förderung von Pflegeeinrichtungen durch das Land nicht vorgesehen ist (LT-Drucksache 5/486, Seite 15). Für die Beurteilung der Rechtslage im Jahr 1999 ergibt sich daher keine Änderung.

Entgegen der Auffassung des Beklagten war der Antrag der Klägerin auch in einer Form gestellt, dass über diesen im Jahre 1999 durchaus hätte entschieden werden können. Ist wie hier die Gewährung einer Zuwendung von einem Antrag abhängig, ergibt sich der notwendige Antragsinhalt aus seinem Zweck. Die Bewilligungsbehörde muss beurteilen können, ob zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes eine Zuwendung notwendig und angemessen ist. Der Antrag auf Gewährung der Zuwendung muss dazu alle zur Entscheidung erforderlichen Angaben enthalten. So liegt der Fall auch hier:

Der Antrag der Klägerin vom 25. Juni 1999 enthielt einen Antrag auf Schuldendiensthilfe unter dem ausdrücklichen Hinweis auf die Richtlinie des Beklagten vom 20. April 1999. Es waren entgegen der Auffassung des Beklagten auch alle Angaben zu den zu fördernden Aufwendungen enthalten. Im Antrag hat die Klägerin angegeben, dass sie für die Zeit vom 30. April 1996 bis zum 30. September 1997 Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 1.127.600 DM erbracht hatte, welche nicht refinanziert worden seien. Ferner hat die Klägerin dargelegt, dass sie für die Finanzierung der vor dem Jahr 1994 begonnenen Investitionsmaßnahmen im Jahre 1995 sowie im Februar 1997 zwei Kredite in einer Gesamthöhe von 8,4 Mio. DM in Form von Annuitätendarlehen aufgenommen hatte. Die Zinsbindung über 7,8 Mio. DM aus dem November 1995 endete zum 01. November 2005. Die Beendigung der Zinsbindung für das zweite Darlehen über 1,7 Mio. DM aus dem April 1997 war für den 04. Februar 2007 vereinbart. Dem Antrag waren auch die Zins- und Tilgungspläne beigefügt. Ferner war auch die Förderungsvoraussetzung, dass die zu fördernde Einrichtung in den kommunalen Pflegestrukturplan aufgenommen war, vorliegend erfüllt, da die Klägerin in den Pflegestrukturplan der Stadt C-Stadt mit 147 stationären Pflegeplätzen aufgenommen worden war. Auch war gemäß § 7 Abs. 1 PflegeV-AG seitens der Klägerin ein Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Pflegekassen abgeschlossen worden. Der Beklagte hat auch nicht näher in Zweifel gezogen, dass die Aufnahme in den Förderplan der obersten Landesbehörde nach § 6 PflegeV-AG nicht bereits im Zeitpunkt der Antragstellung erfolgt sein musste, was sich im Übrigen auch aus dem Wortlaut von Ziffer 4.1. der Richtlinie vom 20. April 1999 ergibt ("fortzuschreibenden Pflegeplan").

Soweit der Beklagte erstmals im gerichtlichen Verfahren weiter beanstandet, dass die Klägerin in ihrem Antrag nicht die genaue Höhe der begehrten Schuldendiensthilfe beziffert habe und der Antrag daher nicht bescheidungsfähig gewesen sei, ist zunächst festzustellen, dass die Bezifferung der Höhe der begehrten Zuwendung keine Zuwendungsvoraussetzung i. S. d. Ziffer 4 der Richtlinien ist. Im Übrigen soll gemäß § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i. V. m. § 25 VwVfG die Behörde die Abgabe von Erklärungen, die Stellung von Anträgen oder die Berichtigung von Erklärungen oder Anträgen anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestellt worden sind. Dabei richtet sich der Umfang dieser Betreuungspflicht nach den Umständen des Einzelfalles; maßgeblich sind dabei u. a. der Verfahrensstand sowie die Kenntnisse und Fertigkeiten des Antragstellers (vgl. Stelkens/Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 6. Aufl. 2001, Rdnr. 20 zu § 25 m. w. N.). Die Klägerin hatte sich hier unter dem 8. Oktober 1999 und dem 23. Oktober 2000 bei dem Beklagten ausdrücklich "nach der weiteren Vorgehensweise" erkundigt. Es ist aus dem vorliegenden Verwaltungsvorgang nicht ersichtlich, ob der Beklagte den Antrag der Klägerin überhaupt auf seine Vollständigkeit geprüft hat. Jedenfalls wäre er für den Fall, dass er die fehlende Bezifferung der Förderungsleistung als Hindernis für eine Bescheidung des Antrages der Klägerin gesehen hätte, gehalten gewesen, der Klägerin auf ihre Sachstandsanfragen hin einen entsprechenden Hinweis zu erteilen. Im Übrigen war die finanzielle Situation der Klägerin dem Beklagten bereits aus dem vorangegangenen Förderverfahren, welches mit dem Zuwendungsbescheid vom 8. Dezember 1992 endete, hinreichend bekannt. Insofern war es geboten, auch diese Unterlagen in das vorliegende Verfahren einzubeziehen. Erst wenn nach den dem Beklagten bereits vorliegenden Akten und den von der Klägerin dem Antrag vom 28. Juni 1999 beigefügten Unterlagen eine Bescheidung des Antrages nicht möglich gewesen sein sollte und die Klägerin auch auf Nachfrage nicht ergänzend zur (notwendigen) Vervollständigung des Antrages hätte vortragen können, hätte der Beklagte verfahrensfehlerfrei eine Ablehnung des Antrages auch auf eine Verletzung der der Klägerin obliegenden Mitwirkungspflichten stützen können. Diese Voraussetzungen waren hier indes ersichtlich nicht gegeben.

Die vom Beklagten unterlassene Ermessensentscheidung ist auch nicht ausnahmsweise unschädlich, weil sich der Ermessensspielraum so weit reduziert hat, dass allein eine Ablehnung des Antrages ermessensfehlerfrei gewesen wäre. Zwar kann auch bei Entscheidungen, die an sich von der gesetzlichen Ermächtigung her in das Ermessen der Behörde gestellt sind, sich aus dem Zusammenhang mit anderen Rechtsvorschriften oder angesichts der besonderen Umstände des Einzelfalls ergeben, dass schon aus rechtlichen Gründen nur eine einzige Entscheidung in Betracht kommt. Die Behörde ist in einem solchen Fall wie bei einer durch Rechtssatz determinierten Entscheidung gehalten, die einzig zulässige Entscheidung zu treffen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 40 Rdnr. 30 m. w. N). Von einer solchen Ermessensreduzierung auf Null - etwa wegen eines fehlenden Verteilungsmaßstabes - kann vor dem Hintergrund der Motive des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung des § 8 Abs. 3 PflegeV-AG und den Erläuterungen zu den Ansetzungen im Haushaltsplan von 1997 bis 1999 nicht ausgegangen werden. Wie sich aus oben zitierten Antworten der Landesregierung auf die Kleinen Anfragen der Abgeordneten Krause und Prof. Dr. Böhmer ergibt, ist der Beklagte jedenfalls bis zum September 1998 selbst noch davon ausgegangen, dass eine Schuldendiensthilfe an alle Einrichtungen der sog. alten Last nicht binnen eines Haushaltsjahres hätte geleistet werden können. Die Schuldendiensthilfe war - wie bereits ausgeführt - von vornherein so konzipiert, dass die Förderung in jährlichen "Tranchen" erfolgen sollte. Vor diesem Hintergrund wäre der Beklagte bereits nach seinen eigenen Ausführungen gegenüber dem Landtag im Jahr 1998 gehalten gewesen, zu diesem Zeitpunkt einen unter Beachtung von Art. 3 GG sachgerechten Verteilungsmaßstab zu entwickeln, welcher die zeitliche Abwicklung der Schuldendiensthilfe nach § 8 Abs. 3 PflegeV-AG über mehrere Jahre hätte berücksichtigen müssen. Ob hierbei spezifisch einrichtungsbezogene Umstände, die Anwendung des Prioritätsprinzips oder andere sachgerechte Verteilungsmaßstäbe zu berücksichtigen sind, ist - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - der pflichtgemäßen Ausgestaltung der Vergabekriterien der Beklagten überlassen. Der Beklagte hat auch im Berufungsverfahren nicht dargelegt, dass keines der denkbaren Vergabekriterien auf die Schuldendiensthilfe nach § 8 Abs. 3 PflegeV-AG anwendbar ist. Vielmehr hat er sich ohne Erfolg auf die nicht näher dargelegte Behauptung beschränkt, dass eine Förderung nach dem "Gießkannenprinzip" die Pflegeeinrichtungen nicht "nennenswert" entlastet hätte und die Förderung daher "sinnlos" und daher rechtswidrig gewesen sei. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die vom Beklagten angestellte Betrachtungsweise den der Exekutive eingeräumten und daher von ihr zu beachtenden Gestaltungsspielraum bei der Vergabe von Zuwendungen in unzulässiger Weise einenge, was die Zweckbindung des Haushaltsgesetzgebers ins Leere gehen lasse. Der Beklagte berücksichtigt nicht hinreichend, dass sowohl der Legislative als auch der Exekutive ein weitgehend freier Gestaltungsspielraum bei der Entscheidung, welche Personen oder Unternehmen er durch finanzielle Zuwendungen bzw. Verschonungssubventionen unterstützen will (vgl. BVerfG, Beschl. v. 25.07.2007 - 1 BvR 1031/07 - "Biosprit-Steuer"), eingeräumt ist.

Das Verwaltungsgericht hat weiter zutreffend ausgeführt, dass die erst im gerichtlichen Verfahren angestellten Erwägungen gemäß § 114 Satz 2 VwGO nicht mehr zu berücksichtigen sind, selbst wenn es sich um ergänzende Ermessenserwägungen handeln sollte. § 114 Satz 2 VwGO schafft lediglich die prozessualen Voraussetzungen dafür, dass die Behörde defizitäre Ermessenserwägungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen kann, nicht hingegen dafür, dass sie ihr Ermessen nachträglich erstmals ausübt oder die Gründe einer Ermessensausübung (komplett oder doch in ihrem Wesensgehalt) ausgewechselt werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.09.2006 - 1 C 20.05 - NVwZ 2007, 470). Eine Ergänzung der Ermessenserwägungen ist daher nur zulässig, sofern die nachträglich angegebenen Gründe schon bei Erlass des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheides vorlagen, diese Heranziehung keine Wesensänderung des angefochtenen Verwaltungsakts bewirkt und der Betroffene nicht in seiner Rechtsverteidigung beeinträchtigt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.06.1997 - 3 C 22.96 - BVerwGE 105, 55). Ein wegen Ermessensnichtgebrauchs rechtswidriger Verwaltungsakt kann daher vom Gericht nicht geheilt werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.01.1999 - 6 B 133/98 - NJW 1999, 2912). Dies ist auch nicht im Wege einer Ergänzung nach § 114 Satz 2 VwGO möglich. Die Vorschrift setzt nämlich voraus, dass bereits vorher, bei der behördlichen Entscheidung, schon "Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes" angestellt worden sind, das Ermessen also in irgendeiner Weise betätigt worden ist. Es stellt daher entgegen der Auffassung des Beklagten keine zulässige bloße Ergänzung bereits angestellter Ermessenserwägungen dar, wenn völlig neue Ermessensgesichtspunkte ins Feld geführt werden, die bei der behördlichen Entscheidung ersichtlich nicht einmal marginal eine Rolle spielten (vgl. VGH München, Beschl. v. 13.11.2006 - 19 CS 06.2383 - juris). Es ist weder aus dem angefochtenen Bescheid, aus dem Verwaltungsvorgang noch aufgrund des eigenen Vortrags des Beklagten ersichtlich, dass die von ihm im gerichtlichen Verfahren bzw. im Berufungsverfahren nunmehr umfangreich angestellten Erwägungen bei der Entscheidung über den Antrag der Klägerin in irgendeiner Form im Rahmen der Ermessensbetätigung eine Rolle gespielt haben könnten.

Aus den vorgenannten Gründen kam es auf im Termin der mündlichen Verhandlung unter Beweis gestellten Tatsachen, welche sich ausschließlich auf die "Tatbestandsebene" des § 8 Abs. 3 PflegeV-AG beziehen, nicht an. Wie bereits ausgeführt, steht hier eine Ermessensentscheidung im Streit, wobei auch nach dem Vorbringen des Beklagten das ihm obliegende Ermessen nicht ausgeübt worden ist und eine Ermessensausübung nicht entbehrlich war. Auf die inneren Entscheidungsüberlegungen des Beklagten kommt es daher nicht rechtserheblich an.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 Abs. 2 VwGO). Insbesondere ist der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung beizumessen gem. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die hier streitgegenständliche Norm des § 8 Abs. 3 PflegeV-AG ist nicht mehr in Kraft; auch ist nicht ersichtlich, dass der Haushaltsgesetzgeber in einem überschaubaren zeitlichen Rahmen wieder Mittel für die Förderung der "alten Last" zur Verfügung stellt. Die Klärung von Fragen zu ausgelaufenem Recht, zu auslaufendem Recht bzw. Übergangsrecht dient nicht der Fortentwicklung des Rechts. Derartigen Fragen kommt deshalb nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung zu. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist wesentlich auf die für die Zukunft richtungweisende Klärung von Rechtsfragen des geltenden Rechts gerichtet (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.08.2007 - 2 B 22/07 - juris m. w. N.). Nur ausnahmsweise lässt sich eine grundsätzliche Bedeutung daraus herleiten, dass die auslaufende Vorschrift noch für eine erhebliche Zahl offener Altfälle bzw. für einen noch nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft bedeutsam ist. Das Vorliegen einer solchen Sachlage hat der Beschwerdeführer substantiiert darzulegen (BVerwG, Beschl. v. 08.03.2000 - 2 B 64.99 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 21). Der Beklagte hat im Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht ausgeführt, dass außer dem hier anhängigen Verfahren nur noch ein weiteres Verfahren vor den Verwaltungsgerichten anhängig ist, welches derzeit ruhend gestellt worden ist. Von einer erheblichen Zahl offener Altverfahren ist daher nicht auszugehen.

Ende der Entscheidung

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