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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 12.12.2008
Aktenzeichen: 3 M 591/08
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 60
VwGO § 82 Abs. 2 S. 3
1. Die Vorschrift des § 60 VwGO ist bei Versäumung richterlicher Fristen weder unmittelbar noch analog anwendbar.

2. Zur Abgabe einer Prozesserklärung wegen Erledigung des Rechtsstreits ist eine richterliche Frist von 1 Woche nicht zu kurz bemessen, wenn sich dies nach den Gesamtumständen des Einzelfalles als ausreichend erweist.


Gründe:

Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Die mit der Beschwerde des Antragstellers vorgebrachten Einwände, auf deren Prüfung der Senat gem. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, greifen nicht durch.

Der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts war der Rechtsstreit in der Hauptsache vom Antragsteller nicht für erledigt erklärt worden, obwohl er sich erledigt hatte, nachdem der zugrunde liegende Kostenbescheid vom 21. Januar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01. April 2008 mit Bescheid des Antragsgegners vom 07. Oktober 2008 aufgehoben worden war. Bei dieser Sachlage war - wovon das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen ist - das vorläufige Rechtsschutzbegehren mangels Rechtschutzbedürfnisses mit der gem. § 154 Abs. 1 VwGO gesetzlich vorgesehenen Kostenfolge für den Fall des Unterliegens abzulehnen.

Soweit der Antragsteller mit der Beschwerde geltend macht, eine Erledigungserklärung sei mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 21. Oktober 2008 per Fax dem Gericht übersandt worden, ist festzustellen, dass ein solches Fax bis heute nicht zur Gerichtsakte gelangt ist. Zudem ist die Behauptung des Antragstellers, es sei ein entsprechendes Fax von seinem Prozessbevollmächtigten übermittelt worden, im Beschwerdeverfahren nicht glaubhaft gemacht worden. Ein entsprechender Nachweis wäre indes erforderlich und auch - etwa durch Vorlage eines Sendeprotokolls - möglich gewesen.

Unabhängig hiervon hat der Senat Zweifel daran, dass dem Gericht ein entsprechendes Fax tatsächlich übersandt worden ist. Diesbezügliche Zweifel erscheinen dem Senat zum einen deshalb berechtigt, weil im Nachgang zum Fax kein Originalschriftsatz bei Gericht eingegangen ist, obwohl vom Prozessbevollmächtigten des Antragstellers ansonsten regelmäßig - so jedenfalls im vorliegenden Beschwerdeverfahren und auch im Verfahren des Antragstellers zum Aktenzeichen 3 M 571/08 - im Anschluss an die Übermittlung eines Faxes der jeweilige Originalschriftsatz übersandt wird. Zum anderen fällt auf, dass - obwohl eine fristgerechte Übersendung der Prozesserklärung gegenüber dem Gericht geltend gemacht wird - bereits mit dem an das Verwaltungsgericht gerichteten (persönlichen) Schreibens des Antragstellers vom 23. Oktober 2008 eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Fristversäumung beantragt und zudem gleichsam im Vorgriff auf die Mitteilung des Gerichts vom 20. November 2008, dass ein Fax nicht zur Gerichtsakte gelangt ist, erklärt wird: "Im Nichtauffindensfall kann dieses Schriftstück nachgereicht werden." Auf diese Ungereimtheiten im Vortrag des Antragstellers kommt es letztlich aber nicht entscheidungserheblich an, da jedenfalls die von ihm behauptete Tatsache im Rechtsmittelverfahren nicht in der gebotenen Weise nachgewiesen bzw. glaubhaft gemacht worden ist.

Soweit der Antragsteller darüber hinaus eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 60 VwGO beantragt hat, kommt diese ebenfalls nicht in Betracht. Denn die genannte Vorschrift ist auf richterliche Fristen - und um eine solche handelte es sich hier - weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar (HessVGH, Beschl. v. 05.03.1999 - 3 ZU 4704/98.A -, NVwZ-RR 1999, 539; Kopp/Schenke, VwGO 15. Aufl. § 60 Rdnr. 5). Der Gesetzgeber hat sich in § 60 Abs. 1 VwGO ganz bewusst für eine Wiedereinsetzung nur in Bezug auf gesetzliche Fristen ausgesprochen und dort, wo er eine entsprechende Anwendung bezüglich richterliche Fristen bejaht, dies wie in § 82 Abs. 2 Satz 3 VwGO ausdrücklich angeordnet. Unabhängig hiervon scheidet eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch deshalb aus, weil die versäumte Handlung - hier die Erledigungserklärung - nicht innerhalb der Antragsfrist gem. § 60 Abs. 2 VwGO in der erforderlichen Weise nachgeholt wurde und auch weder dargelegt noch ersichtlich ist, dass der Antragsteller ohne Verschulden verhindert war, die ihm gesetzte Frist einzuhalten. Dass der Antragsteller vor Abgabe einer Erledigungserklärung mit seinem Rechtsanwalt, der im erstinstanzlichen Verfahren nicht als Prozessbevollmächtigter bestellt war, Rücksprache nehmen wollte, entschuldigt die Fristversäumung nicht, zumal es zu den Obliegenheiten eines ordnungsgemäß Prozessführenden gehört hätte, bei Gericht rechtzeitig um eine entsprechende Fristverlängerung nachzusuchen.

Im Übrigen erweist sich der angefochtene Beschluss auch nicht deshalb als rechtswidrig, weil - wie der Antragsteller geltend macht - die seitens des Gerichts gesetzte Frist von einer Woche zur Abgabe einer Erledigungserklärung zu kurz bemessen war und der Antragsteller hierdurch in seinem Recht auf rechtliches Gehör verletzt worden wäre. Zwar ist die dem Antragsteller zur Abgabe der Erklärung gesetzte richterliche Frist eng bemessen; sie ist aber auch nicht derart unverhältnismäßig kurz bemessen, dass sich die Fristsetzung als rechtlich bedenklich erweisen würde. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Antragsteller ausweislich eines Vermerks zur Gerichtsakte (Bl. 30 R d. GA) der Aufhebungsbescheid der Antragsgegnerin bereits am 9. Oktober 2008 zugestellt wurde, so dass ihm bis zum Ablauf der Frist bzw. bis zum Erlass des Beschlusses des Verwaltungsgerichts am 21. Oktober 2008 eine Überlegungsfrist von insgesamt 12 Tagen zur Verfügung gestanden hat. In Anbetracht des sehr geringen Streitwertes erscheint eine solche Frist ausreichend, um sich über die Abgabe der Prozesserklärung schlüssig zu werden oder aber ausnahmsweise eine Fristverlängerung zu beantragen. Darüber hinaus bleibt anzumerken, dass es im Grundsatz nicht einmal einer richterlichen Fristsetzung bedurft hätte. Denn es bleibt im Allgemeinen dem jeweiligen Verfahrensbeteiligten selbst überlassen, bei Eintritt einer Änderung der Sach- oder Rechtslage durch entsprechende Prozesserklärungen in geeigneter Weise - zeitnah - zu reagieren, um prozessuale Nachteile abzuwenden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 52 Abs. 1 und 3, 53 Abs. 3 Nr. 2, 47 Abs. 1 Satz 1 GKG i. V. m. Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedr. in Kopp/Schenke, a. a. O. Anhang zu § 164 VwGO).

Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG.

Ende der Entscheidung

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