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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 05.11.2008
Aktenzeichen: 3 O 577/08
Rechtsgebiete: GKG, VwGO, ZPO


Vorschriften:

GKG § 66 Abs. 3
GKG § 66 Abs. 5 S. 1
VwGO § 67 Abs. 2
VwGO § 67 Abs. 4
VwGO § 84 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 129a
1. Gem. § 67 Abs. 4 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 VwGO in der zum 1. Juli 2008 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung gem. Art. 13 Nr. 2 des Gesetzes zur Neuregelung des Beratungsrechts vom 12. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2840) besteht in Verfahren vor dem Oberverwaltungsgerichts auch bei Beschwerden gegen erstinstanzliche Streitwertbeschlüsse ein sog. Anwaltszwang.

2. Wird von der anwaltlich nicht vertretenen Partei ein als "sofortige Beschwerde" bezeichnetes Rechtmittel gegen einen Gerichtsbescheid eingelegt, ist dieses als Antrag auf mündliche Verhandlung umzudeuten.


Gründe:

Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.

Das vom Kläger mit Schreiben vom 09. Oktober 2008 eingelegte Rechtsmittel der "sofortigen Beschwerde gegen Ihre Beschlüsse und die Höhe des Streitwertes vom 23.09.2008" wird vom Senat zunächst als Beschwerde gegen die im Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Magdeburg vom 23. September 2008 erfolgte Streitwertfestsetzung ausgelegt.

Das so verstandene Rechtsmittel ist allerdings zu verwerfen, weil gem. § 67 Abs. 4 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 VwGO in der zum 1. Juli 2008 in Kraft getretenen Fassung des Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung gemäß Art. 13 Nr. 2 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts vom 12. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2840) in Verfahren vor dem (Bundesverwaltungsgericht und) Oberverwaltungsgericht, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, generell Anwaltszwang besteht und eine Beschwerde - auch gegen erstinstanzliche Streitwertbeschlüsse - rechtswirksam nur durch einen Bevollmächtigten gestellt werden kann. Dies ergibt sich unmittelbar aus dem insoweit eindeutigen Gesetzeswortlaut, wonach entgegen der bisherigen Rechtslage nunmehr auch in allen Kosten- und Streitwertbeschwerden ein Vertretungszwang besteht (so ausdrücklich auch in BT-Drucks. 16/3655, S. 97 zu Art. 13 Nr. 2 Abs. 4 des vorgenannten Gesetzes). Darüber hinaus erscheint dem Senat eine andere rechtliche Bewertung auch nicht im Hinblick auf die unverändert gebliebenen Vorschriften des § 66 Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz GKG i. V. m. § 129a ZPO geboten, weil insoweit jedenfalls die älteren Regelungen nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen durch die neueren Vorschriften verdrängt werden; es kommt hinzu, dass durch die Einführung des § 66 Abs. 5 Satz 2 GKG in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts vom 12. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2840) zum Ausdruck kommt, dass für die Bevollmächtigung - und dies gilt auch für den Vertretungszwang - die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend gelten (vgl. zu allem: Posser/Wolff, VwGO, 2008, § 67 Rdnr. 48; Zander, BDVR-Rundschreiben 03/2008, S. 131 (133); im Ergebnis ebenso: Beschluss d. Senats vom 23.08.2008 - 3 O 537/08 -). Aus den genannten Gründen vermag sich der Senat der gegenteiligen Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen im Beschluss vom 09. September 2008 - 5 E 1093/08 - (juris) nicht anzuschließen.

Da der Kläger im vorliegenden Rechtsmittelverfahren, obwohl er über den bestehenden Anwaltszwang in der Rechtsmittelbelehrung des Gerichtsbescheides ordnungsgemäß belehrt worden ist, nicht durch einen Rechtsanwalt bzw. in der nach § 67 Abs. 4 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 VwGO vorgesehenen Weise vertreten ist und er die Beschwerde selbst erhoben hat, obwohl er nicht wie ein Anwalt postulationsfähig ist, hat dies zur Folge, dass die Beschwerde als unzulässig verworfen werden muss.

Unabhängig hiervon sieht der Senat auch keine Veranlassung, den vom Verwaltungsgericht im angefochtenen Gerichtsbescheid festgesetzten Streitwert gem. § 66 Abs. 3 GKG von Amts wegen abzuändern bzw. entsprechend dem Begehren des Klägers zu reduzieren. Der Streitwert ist nach § 52 Abs.1 GKG grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitstand allerdings - wie hier - keine genügenden Anhaltspunkte, so ist im Klageverfahren vom sog. Auffangstreitwert auszugehen (§ 52 Abs. 2 GKG), der sich auf 5.000, - Euro beläuft (vgl. für das Sachgebiet "Streit um erkennungsdienstliche Maßnahmen und kriminalpolizeiliche Unterlagen" auch Ziffer 35.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit - abgedr. in NVwZ 2004, 1327 ff.). Hierbei bleibt zur Erläuterung ergänzend anzumerken, dass dieser Betrag nicht der Höhe der durch das Verfahren bedingten Gerichtskosten entspricht, sondern nur als eine Bemessungsgrundlage für die festzusetzenden Gerichtskosten dient.

Soweit - wie eingangs bereits ausgeführt - vom Kläger mit Schreiben vom 09. Oktober 2008 das "Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegen Ihre Beschlüsse und die Höhe des Streitwertes vom 23.09.2008" eingelegt worden ist, könnte dies die Annahme nahe legen, dass der Kläger sich nicht nur gegen die Festsetzung des Streitwertes wendet, sondern auch gegen die durch den Gerichtsbescheid ergangene Entscheidung zur Sache (und zur Kostenlast). Gleichwohl sieht sich der Senat aufgrund der Formulierung in der "Beschwerdeschrift" nicht zur Annahme veranlasst, dass der Kläger damit zugleich einen Antrag auf Zulassung der Berufung gem. § 124a Abs. 4 VwGO hat stellen wollen. Zwar handelt es sich bei der vom Kläger gegen den Gerichtsbescheid (als solchen) gerichteten "sofortigen Beschwerde" um kein statthaftes Rechtsmittel, so dass eine Umdeutung der Rechtsmittelschrift geboten erscheint, sofern der Kläger sich mit dieser nicht nur gegen die Streitwertfestsetzung hat wenden wollen. Als statthaftes Rechtmittel kommt indes - worauf der Kläger in der Rechtsmittelbelehrung des Gerichtsbescheides ordnungsgemäß hingewiesen worden ist - gem. § 84 Abs. 2 Nr. 2 VwGO entweder ein Antrag auf Zulassung der Berufung oder aber ein Antrag auf (Durchführung einer) mündlichen Verhandlung in Betracht, wobei eine mündliche Verhandlung stattfindet, sofern von beiden Rechtsmitteln Gebrauch gemacht wird. Im Hinblick darauf, dass das Gesetz somit bei kumulativen Anträgen dem Antrag auf mündliche Verhandlung den Vorrang einräumt, erscheint es dem Senat sachgerecht, auch im vorliegenden Fall bei der Auslegung des klägerischen Begehrens davon auszugehen, dass vom Kläger (sinngemäß) die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht beantragt worden ist. Eine solche Auslegung dürfte im Übrigen auch dem wohlverstandenen Interesse des Klägers entsprechen, weil für den Antrag auf Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht gem. § 67 Abs. 4 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 VwGO Anwaltszwang besteht, während ein solcher für den Antrag auf mündliche Verhandlung nicht gegeben ist. D. h. während der Antrag auf Zulassung der Berufung mangels anwaltlicher Vertretung des Klägers sich als unzulässig erweisen würde und demzufolge kostenpflichtig zu verwerfen wäre, ist dies bei einer Umdeutung des Rechtsschutzbegehrens des Klägers als Antrag auf mündliche Verhandlung, über den das Verwaltungsgericht zu entscheiden hat, nicht der Fall. Mit der dem Rechtsschutzbegehren des Klägers vom Senat nach allem beigemessenen Bedeutung wird zugleich in der gebotenen Weise dem gem. Art. 19 Abs. 4 GG gewährleisteten Anspruch des Klägers auf effektiven Rechtsschutz Rechnung getragen.

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, weil das die Streitwertfestsetzung betreffende Beschwerdeverfahren (gerichts-)gebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden, § 68 Abs. 3 GKG.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar, §§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG.

Ende der Entscheidung

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