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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 14.04.2005
Aktenzeichen: 4/2 K 597/04
Rechtsgebiete: GG, LSA-Verf, LSA-GO, VwGO


Vorschriften:

GG Art. 80 I 3
LSA-Verf § 79 I 3
LSA-GO § 75 I
LSA-GO § 76 I
LSA-GO § 76 Ia
VwGO § 91 I
1. Der gegen eine frühere Fassung der Verordnung gerichtete Normenkontrollantrag kann geändert und auf die neue Fassung umgestellt werden, wenn der Inhalt der Regelung im Wesentlichen gleich geblieben ist.

2. Enthält eine Verordnung eine Summe von Zusammenschlüssen von Gemeinden zu Verwaltungsgemeinschaften, so kann die einzelne Gemeinde jeweils nur den sie betreffenden Verordnungsteil im Weg der Normenkontrolle angreifen (Reichweite der Antragsbefugnis).

3. Dem "Zitiergebot" des Art. 79 Abs. 1 Satz 3 der Landesverfassung (vgl. auch Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG) ist nur genügt, wenn in der Verordnung alle Ermächtigungsgrundlagen angegeben worden sind, auf welchen die Verordnungsregelung beruht (im Anschluss an BVerfGE 101, 1).

4. Ist die Verordnung "teilbar", indem sie sich faktisch als Summe einzelner Verordnungsregelungen darstellt, die untereinander keinen systematischen Zusammenhang haben, so muss dem "Zitiergebot" nur für die jeweilige Verordnungsregelung genügt werden.

5. § 76 Abs. 1a Satz 3 GO LSA schließt eine Verordnungsregelung im Grundsatz schon dann aus, wenn eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung "freiwillig" getroffen worden ist; nicht erforderlich ist, dass diese auch bereits genehmigt ist.

6. Müssen Verwaltungsgemeinschaften durch Verordnung gebildet werden, so steht dem Verordnungsgeber ein "Planungsermessen" zu. Ihm ist allerdings verwehrt, "ohne Not" gegen die Interessen der beteiligten Gemeinden zu handeln, wenn wunschgerechte Einheiten in Abwägung mit den Interessen benachbarter Gemeinden auch möglich sind.

7. Ein zwangsweiser Zusammenschluss ist gesetzmäßig, wenn es möglich erscheint, dass sich in der Umgebung leitbildgerechte Verwaltungsgemeinschaften bilden oder gebildet werden können.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT URTEIL

Aktenz.: 4/2 K 597/04

Datum: 14.04.2005

Tatbestand:

Die Antragstellerin, die mit ihren ca. 2.670 Einwohnern bisher Mitglied der Verwaltungsgemeinschaft Derenburg mit Sitz des gemeinsamen Verwaltungsamts in Derenburg war, wendet sich gegen ihre Zuordnung zur Verwaltungsgemeinschaft Nordharz.

Die Verwaltungsgemeinschaft Derenburg, die mit den Gemeinden ... am 31.12.2002 eine Einwohnerzahl von 4.862 aufwies, grenzt kreisübergreifend im Norden und Nordosten an verschiedene Verwaltungsgemeinschaften des Landkreises Halberstadt, im Nordwesten an die Verwaltungsgemeinschaft Nordharz, im Westen an die Stadt Wernigerode und im Süden an die Verwaltungsgemeinschaft Blankenburg an.

Am 11.11.2003 beschlossen die Gemeinden ... eine Gemeinschaftsvereinbarung über die Bildung/Erweiterung der Verwaltungsgemeinschaft Nordharz; Sitz des gemeinsamen Verwaltungsamts sollte Veckenstedt sein. Zur weiteren Vorbereitung der Neuordnung von Verwaltungsgemeinschaften fand am 19.11.2003 für den Landkreis Wernigerode eine Kreiskonferenz statt, in deren Verlauf auch eine Fusion der Verwaltungsgemeinschaft Derenburg mit der Verwaltungsgemeinschaft Nordharz angesprochen wurde. In einem Fragebogen vom 27.11.2003 erklärte die Antragstellerin, kreisgebietsübergreifend mit weiteren Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Harzvorland-Huy eine Verwaltungsgemeinschaft bilden zu wollen.

In der Folgezeit unterzeichneten die Bürgermeister der Gemeinden ... sowie der Antragstellerin (Beschluss vom 04.02.2004) eine Gemeinschaftsvereinbarung über die Bildung der Verwaltungsgemeinschaft Vorharz mit Sitz des gemeinsamen Verwaltungsamts in Derenburg. Am 05.02.2004 beantragte die Verwaltungsgemeinschaft Harzvorland-Huy im Namen seiner - sämtlich im Landkreis Halberstadt belegenen - Mitgliedsgemeinden ..., die Genehmigung dieser Vereinbarung zum 01.01.2005. Mit Bescheid vom 18.05.2004 versagte das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt die Genehmigung und gab zur Begründung an, die geplante Verwaltungsgemeinschaft Vorharz besitze mit nur 8.261 Einwohnern nicht die geforderte Leistungsfähigkeit. Es bestehe auch keine weit unterdurchschnittliche Bevölkerungsdichte, die eine Ausnahmeregelung rechtfertigen könne. Da es sich um eine kreisübergreifende Vereinbarung handele und die Kreistage der betroffenen Landkreise einer Änderung der Kreisgrenze noch nicht zugestimmt hätten, sei darüber hinaus eine Zuordnung durch den Antragsgegner erforderlich. Über den von den Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Harzvorland-Huy erhobenen Widerspruch ist - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden.

Bereits mit Schreiben vom 30.01.2004 hatte der Antragsgegner die Antragstellerin zu der Absicht angehört, aus ihr und den Gemeinden ... (bisherige Verwaltungsgemeinschaft Derenburg) sowie den Gemeinden ... (bisherige Verwaltungsgemeinschaft Nordharz) eine Verwaltungsgemeinschaft zu bilden, und gab der Antragstellerin Gelegenheit, sich hierzu schriftlich bis zum 15.05.2004 zu äußern. Unter dem 12.05.2004 lehnte die Antragstellerin die Bildung dieser Verwaltungsgemeinschaft ab. Sie begründete dies im Wesentlichen mit historischen, geographischen, wirtschaftlichen, bevölkerungspolitischen und schulischen Beziehungen zu den Gemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Harzvorland-Huy sowie ihren Bemühungen, wegen dieser Beziehungen die Verwaltungsgemeinschaft Vorharz bilden und zusätzlich die Gemeinde Huy aufnehmen zu wollen. Zudem hätten die sich ständig ändernden Landesvorgaben in Bezug auf die erforderliche Einwohnerzahl keine sichere Planung bei den Neugliederungsbemühungen zugelassen.

Mit Schreiben vom 04.06.2004 forderte das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt die Antragstellerin, die Gemeinden ... sowie die Gemeinden ... auf, bis zum 02.08.2004 zur Bildung einer Verwaltungsgemeinschaft eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung der oberen Kommunalaufsicht zur Genehmigung vorzulegen, und wies darauf hin, dass der Antragsgegner nach Ablauf der Frist von seiner Zuordnungsermächtigung Gebrauch machen könne.

In seiner Abwägung vom 05.08.2004 ("Prüfraster"), auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, ging der Antragsgegner von folgenden Erwägungen aus: Weder die bisherige Verwaltungsgemeinschaft Derenburg mit nur 4.862 Einwohnern noch die bisherige Verwaltungsgemeinschaft Nordharz mit 6.880 Einwohnern seien dauerhaft leistungsfähig im Sinne des § 76 Abs. 1 GO LSA, so dass eine Fusion dieser Verwaltungsgemeinschaften eine sinnvolle Lösung sei. Aus den Anhörungen seien keinerlei Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, das eine der Gemeinden die Gesichtspunkte der Raumordnung und Landesplanung sowie der örtlichen Zusammenhänge als nicht ausreichend berücksichtigt ansehe. Die schulpflichtigen Kinder der Antragstellerin würden in Schulen des Landkreises Wernigerode beschult. Soweit die Antragstellerin unter der Überschrift "Wirtschaftliche Verflechtungen" die Situation der Stadt schildere, zeige sie nicht auf, aus welchen Gründen ein kreisgrenzenübergreifender Wechsel zur Verwaltungsgemeinschaft Harzvorland-Huy geboten sei.

Mit § 1 Nr. 10 der Zweiten Verordnung über die Zuordnung von Gemeinden zu Verwaltungsgemeinschaften vom 08.09.2004 (LSA-GVBl., S. 550) - 2. VwGemVO -, die auf die Ermächtigungsgrundlage in § 76 Abs. 1a GO LSA Bezug nimmt, ordnete der Antragsgegner die Antragstellerin der Verwaltungsgemeinschaft Nordharz zu. Unter Datum vom 01.11.2004 erließ er eine neue Fassung dieser Verordnung (LSA-GVBl., S. 763) und hob zugleich die Verordnung vom 08.09.2004 auf. Am 10.12.2004 schließlich erließ der Antragsgegner - unter Aufhebung der Verordnung vom 01.11.2004 - eine dritte Fassung der 2. VwGemVO (LSA-GVBl., S. 822), nach deren § 1 Nr. 10 die Antragstellerin - unverändert - der Verwaltungsgemeinschaft Nordharz zugeordnet wird.

Bereits am 22.10.2004 hat die Antragstellerin einen Normenkontrollantrag gestellt. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus: Ihre Zuordnung zur Verwaltungsgemeinschaft Nordharz sei schon deshalb (noch) nicht möglich, weil die bestehende Verwaltungsgemeinschaft Derenburg bislang noch nicht formell aufgelöst und damit das Ausscheiden noch nicht vollzogen sei. Materiell sei die Zuordnung rechtswidrig, weil in ihrem Fall ein Abweichen vom gesetzlichen Leitbild, das im Regelfall eine Einwohnerzahl von 10.000 voraussetze, nach der Ausnahmeregelung des § 76 Abs. 1 Satz 3 GO LSA gerechtfertigt sei und daher die von ihr beabsichtigte Bildung der Verwaltungsgemeinschaft Vorharz nicht zu beanstanden sei. Die im betreffenden Gebiet bestehende Einwohnerdichte von 74 Einwohnern je km² liege weit unter dem Landesdurchschnitt von 123 Einwohnern je km². Soweit diese Ausnahmeregelung für eine Unterschreitung der Einwohnerzahl von 10.000 weiter verlange, dass "eine sinnvolle Zuordnung nicht möglich sei", komme es auf eine Gesamtschau an, bei der auch die von ihr im Anhörungsverfahren geltend gemachten Verflechtungen mit anderen Gemeinden von Bedeutung seien. Auch vor dem Hintergrund, dass der Landesgesetzgeber im Jahre 2003 für Verwaltungsgemeinschaften (ursprünglich) eine Regelgröße von 8.000 Einwohnern angestrebt habe und diese Zahl erst im Gesetzgebungsverfahren auf 10.000 erhöht worden sei, rechtfertige vorliegend ein geringfügiges Abweichen vom gesetzlichen Leitbild. Ohne aktuelle Zuordnungsverfügung stehe die Verwaltungsgemeinschaft Harzvorland-Huy weiter als Partner zur Verfügung. Die fehlende Zustimmung der beteiligten Landkreise könne ersetzt werden.

Die Antragstellerin beantragt,

§ 1 Nr. 10 der "Zweiten Verordnung über die Zuordnung von Gemeinden zu Verwaltungsgemeinschaften" vom 10. Dezember 2004 (LSA-GVBl., S. 822) für unwirksam zu erklären, soweit sie in die Bildung dieser Verwaltungsgemeinschaft einbezogen worden ist.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er trägt vor: Eine landkreisinterne Bildung leistungsfähiger Verwaltungsgemeinschaften sei nur mit einer "Vollfusion" der Mitgliedsgemeinden der bisherigen Verwaltungsgemeinschaften Nordharz und Derenburg möglich, da die übrigen Verwaltungsgemeinschaften im Landkreis Wernigerode bereits leistungsfähig seien und sie deshalb nicht in das Verordnungsverfahren einbezogen werden sollten. Die von der Antragstellerin vorgeschlagene Bildung der Verwaltungsgemeinschaft Vorharz scheitere daran, dass die erforderliche Zahl von 10.000 Einwohnern nicht erreicht werde. Eine Ausnahme nach § 76 Abs. 1 Satz 3 GO LSA komme nicht in Betracht, weil jedenfalls eine sinnvolle Zuordnung der Antragstellerin zur Verwaltungsgemeinschaft Nordharz erfolgen könne. Die Gemeinde Huy, die mit 9.067 Einwohnern als Einheitsgemeinde leistungsfähig sei, könne nach § 76 Abs. 1c GO LSA nur nachrangig in eine Verordnung einbezogen werden. Da aber andere Verwaltungsgemeinschaften gemäß § 76 Abs. 1a und 1b GO LSA möglich seien, scheitere eine Zuordnung. Die Verwaltungsgemeinschaften Schwanebeck und Untere Bode hätten freiwillig eine Verwaltungsgemeinschaft Bode-Holtemme mit 9.629 Einwohnern gebildet; die gemeinsame Gemarkungsgrenze sei durch einen Gebietstausch hergestellt worden. Eine Zuordnung zur Verwaltungsgemeinschaft Blankenburg habe die Antragstellerin abgelehnt; auch stünde § 76 Abs. 2 GO LSA dieser Zuordnung entgegen.

Das Sonderproblem Harzvorland-Huy solle im Zusammenhang mit der anstehenden Kreisgebietsreform gelöst werden: Dazu werde die Gemeinde Langenstein der Verwaltungsgemeinschaft Bode-Holtemme zugeordnet, so dass dort eine Verwaltungsgemeinschaft mit mehr als 10.000 Einwohnern entstehe. Die übrigen Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Harzvorland-Huy würden entweder der Verwaltungsgemeinschaft Nordharz oder der Verwaltungsgemeinschaft Osterwieck-Fallstein zugeordnet werden. Schließlich sei die Antragstellerin auch unter Berücksichtigung der in § 76 Abs. 2 GO LSA genannten Kriterien der Verwaltungsgemeinschaft Nordharz zuzuordnen.

Die Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners haben vorgelegen und sind in ihren wesentlichen Teilen Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 14.04.2005 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

1.1. Die (nunmehr) angegriffene Zweite Verordnung über die Zuordnung von Gemeinden zu Verwaltungsgemeinschaften vom 10.12.2004 (LSA-GVBl., S. 822) - 2. VwGemVO - ist eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift, die zum Gegenstand einer Normenkontrolle vor dem Oberverwaltungsgericht gemacht werden kann (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 [BGBl I 686] - VwGO -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 24.08.2004 [BGBl I 2198 <2204>]), i. V. m. § 10 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung vom 28.01.1992 [LSA-GVBl., S. 36], zuletzt geändert durch Gesetz vom 16.07.2003 [LSA-GVBl., S. 158]).

Art. 75 Nr. 7 der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt - LVerf-LSA - vom 16.07. 1992 (LSA-GVBl., S. 600), geändert durch Gesetz vom 27.01.2005 (LSA-GVBl., S. 44), steht dem nicht entgegen, weil Gegenstand einer kommunalen Verfassungsbeschwerde nur förmliche Gesetze sein können (LVfG LSA, Urt. v. 22.02.1996 - LVG 2/95 -, LVerfGE 4, 401 [406 f]).

1.2. Die Antragstellerin ist antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO.

Einen Normenkontrollantrag kann nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Für die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO reicht es aus, dass die Antragstellerin hinreichend substanziiert Tatsachen vorgetragen hat, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass sie durch den zur Prüfung gestellten Rechtssatz in einem subjektiven Recht verletzt wird (BVerwG, Urt. v. 10.03.1998 - BVerwG 4 CN 6.97 -, NVwZ 1998, 732). Dabei ist eine Rechtsverletzung nicht nur dann möglich, wenn die Norm oder ihre Anwendung unmittelbar in eine Rechtsstellung eingreift. Maßgeblich ist, ob sich die mögliche Verletzung subjektiver Rechte der angegriffenen Norm tatsächlich und rechtlich zuordnen lässt (OVG LSA, Urt. v. 17.04.2003 - 2 K 258/01 -).

Diese Voraussetzungen sind erfüllt, soweit die Antragstellerin durch § 1 Nr. 10 der 2. VwGemVO mit anderen Städten und Gemeinden zu einer Verwaltungsgemeinschaft zusammen geschlossen worden ist; denn sie wird durch diese Entscheidung des Antragsgegners unmittelbar in ihren durch Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 2 Abs. 3 und Art. 87 LVerf-LSA rechtlich geschützten Interessen berührt.

Die Antragstellerin hat ihren Antrag auch zu Recht auf den sie betreffenden Teil der Verordnungsregelung beschränkt; denn diese Verordnung ist teilbar. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 27.01.1978 - BVerwG 7 C 44.76 -, DVBl. 1978, 536 [537]) führt die Ungültigkeit eines Teils einer Verordnung dann nicht zu ihrer Gesamt-Nichtigkeit, wenn die Restbestimmung auch ohne den unwirksamen Teil sinnvoll bleibt (Grundsatz der Teilbarkeit) und mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wäre (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers). Die zweite Frage nach dem hypothetischen Willen des Normgebers ist zwar wichtig; sie setzt jedoch voraus, dass die Verordnungsregelung überhaupt teilbar ist, ohne ihren Sinn zu verlieren. Das Bundesverwaltungsgericht hat diesen Gedanken im Hinblick auf einen Bebauungsplan dahingehend zusammengefasst, dass eine teilweise Nichtigkeit zur umfassenden Nichtigkeit führe, wenn die Regelung ohne den nichtigen Teil nicht sinnvoll bestehen könne (BVerwG, Urt. v. 14.07.1972 - BVerwG IV C 69.70 -, BVerwGE 40, 268 [274]). Dies ist hier indes nicht der Fall; denn die Unwirksamkeit des Teils der Regelung, von welcher die Antragstellerin betroffen ist, führt nicht dazu, dass die übrigen, auf andere Gemeinden und Verwaltungsgemeinschaften bezogenen Festlegungen und damit die gesamte Verordnung Sinn und Rechtfertigung verliert; vielmehr betrifft jede Zuordnungs- oder Zusammenschluss-Regelung einen Einzelfall, der die besonderen Verhältnisse der zugeordneten oder zusammengeschlossenen Gemeinden in den jeweiligen Landkreisen berücksichtigt, so dass eine - möglicherweise festzustellende - (Teil-)Unwirksamkeit einer einzelnen Regelung auf die übrigen Regelungen der Verordnung keinen Einfluss hat.

Die Verordnungsregelung hat keinen systematischen Zusammenhang, sondern die einzelnen Bestimmungen lassen sich so behandeln, als seien sie jeweils Gegenstand einer isolierten einzelnen Verordnung, so dass sich die angegriffene Verordnung faktisch als Summe einer Vielzahl einzelner Verordnungen darstellt.

Das wird besonders deutlich im Vergleich der verschiedenen Fassungen der "Zweiten Verordnung" untereinander sowie mit den jüngsten Regelungen der "Dritten Verordnung über die Zuordnung von Gemeinden zu Verwaltungsgemeinschaften" vom 11.03.2005 (LSA-GVBl., S. 140). Hier zeigt sich, dass die einzelnen Regelungen innerhalb der Zuordnungs- und Zusammenschluss-Paragraphen jeweils der aktuellen Lage angepasst worden sind, ohne dass die nur in der Nummer veränderten Gegenstände ihren materiellen Gehalt geändert hätten.

1.3. Der Zulässigkeit des Antrags steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin ihren Antrag geändert hat, der sich ursprünglich gegen die Zweite Verordnung über die Zuordnung von Gemeinden zu Verwaltungsgemeinschaften in der Fassung vom 08.09.2004 (LSA-GVBl., S. 550) gerichtet hat; denn die Antragsänderung, in welche der Antragsgegner eingewilligt hat, ist auch im Sinne des § 91 Abs. 1 VwGO sachdienlich, weil auch für den geänderten Antrag der Streitstoff im Wesentlichen derselbe bleibt, da der Inhalt der die Gemeinde betreffenden Verordnungsregelung erhalten geblieben ist, und die Antragsänderung deshalb die endgültige Beilegung des Streites fördert (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 91 RdNr. 19, m. w. N.).

2. Der Normenkontrollantrag hat aber keinen Erfolg.

Die von der Antragstellerin angegriffene, sie betreffende Verordnungsregelung ist formell gültig (2.1.) und auch in der Sache nicht zu beanstanden (2.2.).

2.1. Das sog. "Zitiergebot" ist nicht verletzt (2.1.1.); das gesetzlich geforderte Verfahren ist eingehalten (2.1.2.).

2.1.1. Eine (unterstellte) Verletzung des Zitiergebots bei der "Zweiten Verordnung" ist nicht dadurch "geheilt" worden, dass die "Dritte Verordnung" den verfassungsrechtlichen Anforderungen insoweit genügt; denn die neue Verordnung lässt die frühere Regelung (bis auf die Aufhebung einzelner Regelungen) unangetastet.

Die hier einschlägige konkrete Regelung für die Antragstellerin in der "Zweiten Verordnung" verletzt aber das Zitiergebot des Art. 79 Abs. 1 Satz 3 LVerf-LSA nicht; denn die Bezugnahme auf § 76 Abs. 1a Satz 1 der Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt - GO LSA - vom 05.10.1993 (LSA-GVBl., S. 568), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28.04.2004 (LSA-GVBl., S. 246), betrifft Veränderungen in der bisherigen Verwaltungsgemeinschaftsstruktur für Gemeinden - wie hier die Antragstellerin -, die bereits Mitglieder von Verwaltungsgemeinschaften waren.

Dass die Verordnung auch andere Fälle regelt bzw. geregelt hat (vgl. inzwischen die Dritte Verordnung über die Zuordnung von Gemeinden zu Verwaltungsgemeinschaften" vom 11.03.2005 [LSA-GVBl., S. 140]), in welchen bislang "verwaltungsgemeinschaftsfreie" Gemeinden zugeordnet werden, wirkt sich nicht aus, weil die Verordnung "teilbar" ist (OVG LSA, Beschl. v. 28.12.2004 - 2 R 730/04 -; vgl. auch bereits oben die Ausführungen bei Abschn. 1.2. dieser Entscheidungsgründe) und deshalb Bestand hat, soweit für den einschlägigen Teil den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt ist.

Der entgegengesetzten Ansicht des Verwaltungsgerichts Halle (vgl. etwa: VG Halle, Beschl. v. 02.02.2005 - 1 B 15/05 HAL -) folgt der Senat nicht; denn die vom Verwaltungsgericht in Bezug genommene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Urt. v. 06.07. 1999 - 1 BvF 3/90 -, BVerfGE 101, 1 ff) betrifft eine andere Fallkonstellation:

Die dort geprüfte Verfassungsmäßigkeit der "Hennenhaltungs-Verordnung" ist zwar an Art. 80 Abs. 1 Satz 3 GG gescheitert (BVerfGE 101, 1 [1, 41 ff]), weil sie nicht alle in Betracht kommenden Ermächtigungsgrundlagen aufgeführt hatte; sie wurde aber in dem Urteil nicht als vom Gegenstand her teilbar, sondern als Ganzes, nämlich als "Ausführungsverordnung" angesehen, die nähere Bestimmungen über die Anforderung der Tierhaltung für den Bereich der Legehennen in Käfigen treffen sollte (BVerfGE 101, 1 [31]). Sie enthielt damit - im Gegensatz zu der hier streitigen Verordnungsregelung, die als unverbunden nebeneinander stehende Summe von Teil-Regelungen zu verstehen ist - ein zusammenhängendes Regelungswerk. Die für eine solche Regelung gezogene Konsequenz, die Verordnung müsse alle Ermächtigungsnormen zitieren, auf welche sie sich inhaltlich stütze und welche Motiv für ihren Erlass seien (BVerfGE 101, 1 [41, 43]), ist gerade nicht auf den Fall einer teilbaren Regelung übertragbar, bei dem dann konsequenterweise nur zur Prüfung stehen kann, ob gerade für den jeweiligen Regelungsteil die Anforderungen des verfassungsrechtlichen Zitiergebots erfüllt sind.

Das wird auch den vom Bundesverfassungsgericht erkannten Anforderungen an den Zweck des Zitiergebots (BVerfGE 101, 1 [41/42]) gerecht. Gemeinden, welche schon bislang Verwaltungsgemeinschaften angehörten, haben keinerlei rechtliches Interesse daran, zu erfahren, auf welcher gesetzlichen Grundlage die Verordnungsteile für bislang "verwaltungsgemeinschaftsfreie" Gemeinden beruhen, ob der Verordnungsgeber für diese von gesetzlichen Ermächtigungen Gebrauch machen wollte oder welcher Ermächtigungsrahmen sich insoweit für den Verordnungsgeber bietet.

2.1.2. Das von § 76 Abs. 1a GO LSA verlangte Verfahren ist eingehalten.

Die hier streitige Regelung für die Antragstellerin ist, selbst wenn man auf die erste Fassung der "Zweiten Verordnung" abstellt, erst nach dem 01.04.2004 getroffen worden (§ 76 Abs. 1a Satz 1 GO LSA).

Die betroffenen Gemeinden, (bisherigen) Verwaltungsgemeinschaften und der Landkreis sind auch vor Erlass der Verordnung ausreichend angehört worden (§ 76 Abs. 1a Satz 4 GO LSA).

Soweit die Antragstellerin meint, eine Zuordnung sei aus formellen Gründen schon nicht möglich, weil die bestehende Verwaltungsgemeinschaft Derenburg noch nicht aufgelöst und damit das Ausscheiden noch nicht vollzogen sei, trifft dies nicht zu; denn gemäß § 76 Abs. 1a Satz 5 GO LSA scheiden einer anderen Verwaltungsgemeinschaft zugeordnete Gemeinden kraft Gesetzes aus der bisherigen Verwaltungsgemeinschaft aus. Zwar ist auch in diesem Fall § 84 GO LSA entsprechend anzuwenden, d. h. die Gemeinden haben insbesondere die Auseinandersetzung durch eine Vereinbarung zu regeln. Allerdings ist diese Auseinandersetzungsvereinbarung nicht Voraussetzung für eine Zuordnung, sondern folgt ihr nach dem Wortlaut des § 76 Abs. 1a Satz 5 GO LSA nach.

Ob und zu welchem Zeitpunkt eine Verwaltungsgemeinschaft (freiwillig) vereinbart worden war (§ 76 Abs. 1 S. 1, 3 GO LSA), wertet der Senat nicht als Frage formellen, sondern materiellen Rechts, weil - wie bereits aus dem Wortlaut des § 76 Abs. 1a Satz 3 GO LSA ("Vereinbarungen" [Plural]) folgt - hierzu nicht nur auf eine konkrete Vereinbarung, welche auch die Zustimmung der Antragstellerin gefunden hat, abzustellen ist, sondern auch darauf, dass im Land Sachsen-Anhalt insgesamt Verwaltungsgemeinschaften be- oder entstehen, welche den Anforderungen des § 76 Abs. 1 Satz 2 GO LSA entsprechen oder ausnahmsweise unter den Bedingungen des § 76 Abs. 1 Satz 3 GO LSA genehmigt werden können. Dies verlangt eine (materielle) Bewertung im Einzelfall.

2.2. Die Verordnungsregelung für die Antragstellerin verletzt aber auch materielles Recht nicht.

§ 76 Abs. 1a der Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt - GO LSA - vom 05.10.1993 (LSA-GVBl., S. 568), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28.04.2004 (LSA-GVBl., S. 246), ermächtigt den Antragsgegner zur Herstellung der dauerhaften Leistungsfähigkeit der Verwaltungsgemeinschaften unter anderem dazu, alle oder auch einzelne Gemeinden von Verwaltungsgemeinschaften einer bestehenden Verwaltungsgemeinschaft zuzuordnen. Mit der angegriffenen Zuordnung verfolgt der Antragsgegner dieses Ziel. Nachdem die Gemeinden ... mit den Mitgliedsgemeinden der Verwaltungsgemeinschaft Nordharz eine Gemeinschaftsvereinbarung über die Erweiterung dieser Verwaltungsgemeinschaft geschlossen haben, wird die Antragstellerin keiner Verwaltungsgemeinschaft mehr angehören. Mit einer Einwohnerzahl von rund 2.670 liegt sie weit unter der Zahl von 8.000 Einwohnern, die § 76 Abs. 1b GO LSA für Gemeinden zur Feststellung ihrer Leistungsfähigkeit fordert. Auch die bisherige Verwaltungsgemeinschaft Derenburg erreichte mit 4.862 Einwohnern nicht die in § 76 Abs. 1 GO LSA geforderte Größe. Mit der Zuordnung der Antragstellerin zur Verwaltungsgemeinschaft Nordharz würde die Leistungsfähigkeit dieser Verwaltungsgemeinschaft nach der Vermutungsregelung in § 76 Abs. 1 Satz 2 GO LSA hergestellt; denn mit der Antragstellerin und den beiden anderen Mitgliedsgemeinden der ehemaligen Verwaltungsgemeinschaft Derenburg würde die erweiterte Verwaltungsgemeinschaft Nordharz nach den Erhebungen des Antragsgegners zum maßgeblichen Stichtag 31.12. 2002 eine Einwohnerzahl von 11.742 erreichen. Auch besteht der in § 76 Abs. 1a Satz 2 GO LSA geforderte räumliche Zusammenhang, der voraussetzt, dass jede Mitgliedsgemeinde der künftigen Verwaltungsgemeinschaft mit mindestens einer anderen Mitgliedsgemeinde benachbart ist und diese Anbindung nicht durch eine nicht der Verwaltungsgemeinschaft angehörende Gemeinde durchbrochen werden darf.

Diese Zuordnung verstößt nicht gegen den Grundsatz der "Freiwilligkeit", weil der Antragsgegner die von der Antragstellerin am 04.02.2004 unterzeichnete Gemeinschaftsvereinbarung der Verwaltungsgemeinschaft Vorharz im Rahmen seiner Abwägungsentscheidung nicht berücksichtigt hat (2.2.1.);; auch hat der Antragsgegner seinen Abwägungs- und Gestaltungsspielraum gewahrt (2.2.2.).

2.2.1. § 76 Abs. 1a Satz 3 GO LSA stellt zwar nur auf das Zustandekommen, nicht auch auf die Wirksamkeit der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung(en) ab (2.2.1.1.), hindert den Verordnungsgeber aber nicht, von der Ermächtigung nach § 76 Abs. 1a Satz 1 GO LSA dann Gebrauch zu machen, wenn wegen des "freiwilligen" Zusammenschlusses zu einer Verwaltungsgemeinschaft bei dieser oder "im Umfeld" dem Leitbild des § 76 Abs. 1 GO LSA nicht (mehr) genügt wird (2.2.1.2.). Ist eine Verordnung möglich, geht das "Planungsermessen" auf den Verordnungsgeber über (2.2.1.3.).

2.2.1.1. Eine Verordnungsregelung scheidet wegen § 76 Abs. 1a Satz 3 GO LSA nicht erst dann aus, wenn die öffentlich-rechtliche Vereinbarung über die Gründung oder Änderung der Verwaltungsgemeinschaft durch die zuständige Aufsichtsbehörde (§ 76 Abs. 4 Satz 1 GO LSA) genehmigt worden ist, sondern im Grundsatz schon dann, wenn die Vereinbarung getroffen worden ist. Für diese Auslegung spricht der Wortlaut der Bestimmung (so zutreffend: VG Magdeburg, Beschl. v. 28.01.2005 - 9 B 48/05 MD -), der nicht auf die Wirksamkeit der Vereinbarung, sondern auf deren Zustandekommen abstellt. Mit dieser Wortwahl lehnt sich der Gesetzgeber an die Begrifflichkeit des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§§ 145 ff BGB) an, die über das Recht der öffentlich-rechtlichen Verträge (§§ 54 ff des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Sachsen-Anhalt i. d. F. d. Bek. v. 07.01.1999 [LSA-GVBl., S. 3] - VwVfG LSA -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 19.03.2002 [LSA-GVBl., S. 130, 135 <Nr. 34>]), auch für die Vereinbarungen über Verwaltungsgemeinschaften gilt (ebenso bereits: VG Magdeburg, a. a. O.). Das Bürgerliche Gesetzbuch unterscheidet deutlich zwischen den Regeln für den Vertragsabschluss einerseits und der Wirksamkeit der Verträge andererseits (vgl. nur §§ 182 ff BGB zur notwendigen Beteiligung Dritter, insbesondere durch eine Genehmigung [§ 184 Abs. 1 BGB]).

Dass auch gerade der Gemeindeordnung diese Unterscheidung zwischen Wirksamkeit und Zustandekommen zu Grunde liegt, zeigt der Wortlautvergleich zwischen einerseits §§ 75 Abs. 1; 76 Abs. 1a Satz 3 GO LSA ("durch Vereinbarung bilden" bzw. "zustande gekommen") und andererseits § 140 Abs. 1 GO LSA ("Wirksamkeit").

Dieser demnach bereits im Wortlaut des § 76 Abs. 1a Satz 3 GO LSA deutlich zum Ausdruck kommende "Vorrang der »Freiwilligkeit«" entsprach auch dem Ziel des Gesetzgebers (Mehrheitsansicht insbesondere zu der Frage "Einheitsgemeinde" oder "Selbständigkeit", aber auch speziell zur Bildung neuer Verwaltungsgemeinschaften: vgl. etwa: .Regierungsentwurf des Gesetzes zur Fortentwicklung der Verwaltungsgemeinschaften und zur Stärkung der gemeindlichen Verwaltungstätigkeit, LdTg-Drs. 4/858 v. 26.06.2003, Allgemeine Begründung, A. [S. 11 unten], B. [S. 12] sowie Einzelbegründung zu Art. 1 Nr. 4 [S. 17]; Erste Beratung vom 04.07.2003 [StenBer 4/24]: Minister des Innern [S. 1719, 1720], Wolpert, FDP [S. 1724], Kolze, CDU [S. 1726]; Zweite Beratung vom 23.10.2003 [StenBer 4/27]: Minister des Innern [S. 1980, 1981], Wolpert, FDP [S. 1982, 1983], Kolze, CDU [S. 1985, 1986]). § 76 Abs. 1a Satz 3 GO LSA blieb während seiner Behandlung im Landtag und in den Ausschüssen unverändert (vgl. insoweit auch Beschlussvorlage, LdTg-Drs. 4/1064 vom 06.10.2003, zu Art. 1 Nr. 4 [S. 6 ff]).

Für die Frage, ob eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung "freiwillig" getroffen worden ist, kommt es nicht auf einen festen Zeitpunkt an, insbesondere muss die Vereinbarung nicht bereits am 31.03.2004 vorgelegen haben (so bereits: Wolpert [FDP], in: Zweite Beratung des Gesetzentwurfs [StenBer 4/27 vom 23.10.2003, S. 1983, l. Sp., unten]).

Der Wortlaut des § 76 Abs. 1a Satz 3 GO LSA steht einer solchen Auslegung ebenso wenig entgegen wie das System des Absatzes 1a dieser Bestimmung insgesamt oder speziell Satz 1 dieses Absatzes. Durch § 76 Abs. 1a Satz 1 GO LSA wird lediglich festgelegt, dass Verordnungsentscheidungen vor dem 01.04.2004 überhaupt nicht stattfinden dürfen; § 76 Abs. 1a Satz 3 GO LSA hingegen hat innerhalb des Systems den Inhalt, dass nach diesem Zeitpunkt zwar Verordnungen statthaft sind, sie aber immer noch unter der Prämisse stehen, dass sie auch "erforderlich" sind, um das gesetzgeberische Ziel zu erreichen, leistungsfähige kommunale Einheiten zu schaffen. Von einer solchen Notwendigkeit kann ersichtlich nicht gesprochen werden, wenn (nach dem 01.04.2004) noch ein freiwilliger Zusammenschluss stattfindet. Auch dies entspricht dem Willen der Mehrheitsmeinung im Landtag, wonach die Verordnungsmaßnahme nur als "ultima ratio" in Betracht kommt (Kolze [CDU], in: Zweite Beratung des Gesetzentwurfs [StenBer 4/27 vom 23.10.2003, S. 1985, l. Sp.]).

2.2.1.2. Der "Grundsatz der »Freiwilligkeit«" ist aber andererseits auch mit Blick auf den reinen Wortlaut des § 76 Abs. 1a Satz 3 GO LSA keine absolute Sperre für eine Verordnung, weil die Bestimmung im größeren Zusammenhang gesehen werden muss.

Ebenso wenig wie eine Verordnung ausgeschlossen ist, wenn der konkrete freiwillige Zusammenschluss die Zielzahl des § 76 Abs. 1 Satz 2 GO LSA nicht erreicht, ohne eine Ausnahme nach § 76 Abs. 1 Satz 3 GO LSA für sich in Anspruch nehmen zu können, darf sich ein für sich genommen i. S. des § 76 Abs. 1 GO LSA "leistungsfähiger" Zusammenschluss gegen den Eingriff durch eine Verordnung wehren, wenn dadurch "in der Nachbarschaft" keine leistungsfähigen Verwaltungsgemeinschaften (oder Einheitsgemeinden) mehr gebildet werden können. Schon durch den Gesetzesbefehl des § 76 Abs. 1 GO LSA soll erreicht werden, dass - soweit keine Einheitsgemeinden gebildet werden - insgesamt im Land, also "flächendeckend", leistungsfähige Verwaltungsgemeinschaften entstehen. Die eingefügten Absätze 1a bis 1c innerhalb des § 76 GO LSA sind diesem Ziel untergeordnet und dienen allein dem Zweck, den Befehl des Absatzes 1 auch dort durchzusetzen, wo das Ziel nicht freiwillig erreicht worden ist. Diesem Zusammenhang müsste eine Auslegung des § 76 Abs. 1a Satz 3 GO LSA widersprechen, die sich nur auf die konkrete Verwaltungsgemeinschaft konzentriert und den Blick auf § 76 Abs. 1 GO LSA vernachlässigt. Trotz "zustande gekommener" (§ 76 Abs. 1a Satz 3 GO LSA) Vereinbarung über eine "leistungsfähige" Verwaltungsgemeinschaft, wird sich wegen § 76 Abs. 1 GO LSA nicht vermeiden lassen, durch Verordnung so einzugreifen, dass auch "in der Nachbarschaft" noch leistungsfähige Einheiten entstehen können.

Für eine solche Auslegung spricht nicht nur der Wortlaut des § 76 Abs. 1a Satz 3 GO LSA selbst, der (im Plural) auf das Vorhanden-Sein von Vereinbarungen abstellt, sondern auch die Genehmigungsbedürftigkeit jeder einzelnen öffentlich-rechtlichen Vereinbarung nach § 76 Abs. 4 Satz 1 GO LSA. Die Genehmigung als Maßnahme der Rechtsaufsicht (§§ 133 Abs. 2; 140 Abs. 1 Satz 1 GO LSA) ist nicht schon zu erteilen, wenn mit Blick nur auf die konkrete Verwaltungsgemeinschaft § 76 Abs. 1 GO LSA genügt ist, sondern erst dann, wenn die konkrete Vereinbarung auch mit Blick auf die "Nachbarschaft" i. S. des § 76 Abs. 1 GO LSA "unbedenklich" ist.

2.2.1.3. Diese Bedeutung des "Grundsatzes der »Freiwilligkeit«" hat zur Folge, dass das Ermessen, aus welchen Gemeinden eine Verwaltungsgemeinschaft gebildet werden soll, von der reinen "Vereinbarungshoheit" der beteiligten Gemeinden auf den Verordnungsgeber als nunmehr "planende", das Ziel des § 76 Abs. 1 GO LSA gleichsam vollziehende Stelle übergeht.

Gleichwohl strahlt der "Vorrang der »Freiwilligkeit«" noch aus, weil die Verordnung nur eingreifen darf, soweit ihre Regelung zur Durchführung des § 76 Abs. 1 GO LSA auch erforderlich ist. Dies hindert den Verordnungsgeber, "ohne Not" gegen berechtigte Interessen der beteiligten Gemeinden abstrakte Gebilde zu schaffen, ohne darauf Bedacht zu nehmen, ob mit Blick auf die Wünsche der Beteiligten Einheiten in Frage kommen, die auch normgerecht (§ 76 Abs. 1 GO LSA) und in Abwägung mit den Interessen benachbarter Gemeinden verträglich sind.

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien war die Zuordnung der Antragstellerin zur Verwaltungsgemeinschaft Nordharz durch § 1 Nr. 10 der 2. VwGemVO erforderlich; insbesondere war der Antragsgegner nicht durch den (freiwilligen) Abschluss einer Gemeinschaftsvereinbarung mit der Verwaltungsgemeinschaft Harzvorland-Huy gemäß § 76 Abs. 1a Satz 3 GO LSA an seiner Zuordnungsentscheidung gehindert; denn diese Gemeinschaftsvereinbarung wäre nicht genehmigungsfähig gewesen, weil die beabsichtigte Bildung der Verwaltungsgemeinschaft Vorharz mit 8.261 Einwohnern schon nicht die nach dem "Leitbild" des Gesetzgebers (§ 76 Abs. 1 Satz 2 GO LSA) erforderliche Einwohnerzahl von 10.000 erreicht hätte. Dabei kann dahinstehen, ob hier mit Blick auf die Bevölkerungsdichte im Interesse der Bürgernähe eine Abweichung von der in § 76 Abs. 1 Satz 2 GO LSA genannten Mindestgröße angezeigt gewesen wäre; denn jedenfalls war eine (andere) Zuordnung der Antragstellerin zur Verwaltungsgemeinschaft Nordharz sinnvoll möglich, so dass die Voraussetzungen des § 76 Abs. 1 Satz 3 GO LSA nicht vorliegen. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die Frage einer "sinnvollen" Zuordnung im Sinne des § 76 Abs. 1 Satz 3 GO LSA nicht anhand der Kriterien des § 76 Abs. 2 GO LSA, sondern allein nach Maßgabe des § 76 Abs. 1 GO LSA zu beantworten, d. h. sinnvoll ist eine Zuordnung bzw. ein Zusammenschluss schon dann, wenn auf diese Weise eine (leitbildgerechte) Verwaltungsgemeinschaft mit einer Einwohnerzahl von 10.000 entsteht. Eine Abwägung auf der Grundlage des § 76 Abs. 2 GO LSA hat erst dann zu erfolgen, wenn die Zuordnung zu mehreren leitbildgerechten Verwaltungsgemeinschaften möglich ist; letzteres ist hier - wie oben erläutert - nicht der Fall, weil die geplante Verwaltungsgemeinschaft Vorharz mit 8.261 Einwohnern nicht leitbildgerecht gewesen wäre.

2.2.2. Die Zuordnung durch § 1 Nr. 10 der 2. VwGemVO leidet auch im Übrigen nicht an einem Abwägungsfehler; insbesondere ist der Antragsgegner nicht verpflichtet, auf Wünsche einzelner Gemeinden auch dann einzugehen, wenn der Grundsatz des § 76 Abs. 1 GO LSA nicht verwirklicht werden kann.

Die Antragstellerin kann deshalb nicht verlangen, dass die Verwaltungsgemeinschaft Nordharz ohne sie auf deutlich unter 10.000 Einwohner reduziert wird, weil sie - mit Blick allein auf ihre Interessenlage - einer anderen Verwaltungsgemeinschaft angehören möchte, die ihrerseits trotz Zugehörigkeit der Antragstellerin nicht leitbildgerecht wäre. Die Ausnahmegründe des § 76 Abs. 1 Satz 3 GO LSA für diese neue Einheit lagen ersichtlich nicht vor, weil mit der Antragstellerin eine leistungsfähige Verwaltungsgemeinschaft Nordharz gebildet werden konnte.

Soweit der Senat noch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (2 R 598/04) Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Zuordnungsentscheidung geäußert hatte, weil insbesondere im Landkreis Halberstadt eine leitbildgerechte Bildung von Verwaltungsgemeinschaften nicht möglich sei, bestehen diese nach den Erkenntnissen im Hauptsacheverfahren nicht mehr; denn durch die Gebietsänderungsvereinbarung zwischen der Gemeinde N. (Landkreis Halberstadt) und der Stadt G. (Bördekreis), die das Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt am 09.11.2004 genehmigt hatte, ist nunmehr auch eine einheitliche, systemgerechte Bildung von Verwaltungsgemeinschaften im Landkreis Halberstadt möglich. Durch diese Vereinbarung und die damit verbundene Schaffung eines räumlichen Zusammenhangs im Sinne des § 76 Abs. 1a Satz 2 GO LSA ist nämlich nicht nur die Voraussetzung für die Bildung einer leitbildgerechten Verwaltungsgemeinschaft Bode-Holtemme, sondern auch die Grundlage für eine Zuordnung der (noch) nicht leitbildgerechten Verwaltungsgemeinschaft Harzvorland-Huy zu dieser Verwaltungsgemeinschaft geschaffen worden. Daneben bestehen die schon leitbildgerechte Verwaltungsgemeinschaft Osterwieck-Fallstein sowie die Einheitsgemeinde Huy mit mehr als 9.000 Einwohnern, so dass sämtliche Gemeinden im Landkreis Halberstadt einer dem gesetzlichen Leitbild gerecht werdenden Verwaltungsgemeinschaft bzw. Einheitsgemeinde angehören bzw. angehören werden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidungen über die Vollstreckbarkeit und über die Abwendungsbefugnis ergeben sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11; 711 ZPO.

Der Senat lässt die Revision nicht zu, weil aus Anlass dieses Verfahrens keine Fragen des Bundesrechts oder des Verwaltungsverfahrensrechts von grundsätzlicher Bedeutung zu klären sind (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), der Senat nicht von Entscheidungen im Instanzenzug abweicht (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und Verfahrensfehler nicht ersichtlich sind (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Ende der Entscheidung

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