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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 28.09.2009
Aktenzeichen: 4 K 356/08
Rechtsgebiete: KAG LSA


Vorschriften:

KAG LSA § 5
KAG LSA § 13a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tatbestand:

Die Antragsteller wenden sich gegen die Entwässerungsabgabensatzung der Antragsgegnerin vom 16. Oktober 2006 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 30. Juni 2008. Auf der Grundlage dieser Satzung wurde der Antragsteller zu 1. nach eigenen Angaben als Eigentümer des Grundstücks A-Straße, Flurstück 107/16, Flur 2, der Gemarkung A-Stadt regelmäßig als Gebührenschuldner herangezogen. Für den Antragsteller zu 2. ist im Grundbuch von A-Stadt, Blatt (...), Zweite Abteilung, ein Wohnrecht ("Altenteil") eingetragen. Nach Angaben des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller ist der Antragsteller zu 2. als dinglich Nutzungsberechtigter aufgrund des Überlassungsvertrages Nummer (...) der Urkundenrolle 11. April 1994 (Notar K., Stadt B.) verpflichtet, die Kosten für die auf seine Wohnung entfallenden öffentlichen Abgaben selbst zu tragen.

Mit dem am 18. August 2008 gestellten Normenkontrollantrag machen die Antragsteller im Wesentlichen geltend, es gebe bereits keine wirksame Veröffentlichung der Entwässerungsabgabensatzung der Antragsgegnerin. Unabhängig davon sei die Satzung auch deshalb unwirksam, weil sie an materiell-rechtlichen Fehlern leide. Schon der Anknüpfungspunkt in § 1 der Satzung führe zur Nichtigkeit. Soweit dort auf die Abwasserbeseitigungssatzung vom 5. Dezember 1996 hingewiesen werde, sei die Anlagendefinition getrennt nach zentraler und dezentraler öffentlicher Abwasserbeseitigung nicht aufzufinden. Es müsse zumindest aus der Satzung selbst und nicht aufgrund irgendeiner Satzung klar sein, wo überhaupt welche Einrichtungsbegriffe gelten sollen. Nach § 1 Abs. 2 der Abwasserbeseitigungssatzung sei dies nicht der Fall. Im Übrigen knüpfe die Gemeinde auch bei der sog. zentralen Abwasserbeseitigung nicht an einen gesicherten Anlagenbegriff an. Abgabensatzung und Abwasserbeseitigungssatzung müssten kongruent miteinander verzahnt sei, wenn das System funktionieren solle. Dies sei schon deswegen nicht der Fall, weil offen gelassen werde, ob die Abwasserbeseitigung mittels Trennsystem, Mischsystem oder Abwasserabfuhr erfolge. Trennsystem und Mischsystem ließen sich jedenfalls nicht ohne Weiteres wegen des Niederschlagswasserproblems rechtlich vereinheitlichen, so wie es hier geschehen sei.

Außerdem sei eine vorteilsgerechte Beitragsdifferenzierung nicht vorzufinden; insbesondere sei in § 4 der Entwässerungsabgabensatzung für Gewerbe- und Industriegebiete keine vorteilsgerechte Berücksichtigung zu verzeichnen. Statt eines "Gewerbegebietszuschlags" sei ein gegenteiliger Vorgang zu verzeichnen, nämlich ein Gewerbegebietsbonus. Während Sportplätze mit der Grundflächenzahl 1 bewertet würden, werde das Gewerbe- und Industriegebiet nur mit 0,8 bewertet. Damit sei schon in grundsätzlicher Hinsicht dem Aspekt der Beitragsgerechtigkeit nicht entsprochen. Soweit in den Gebühren pauschal Verwaltungsgebühren eingepreist seien, finde auch das keine Grundlage. Grundgebühren zur anteiligen Deckung von fixen Kosten für Verwaltung und Betriebsführung seien keine Positionen, die kommunalabgabenrechtlich einen zulässigen Erhebungstatbestand verkörperten.

Auch die Ansetzung einer Mindestmenge sei hier fehlgeregelt, denn es gebe keinen Erfahrungsgrundsatz, dass bei einem Nichtanzeigen der Abwassermesseinrichtung gleichwohl 10 m³ Mindestmenge pro auf dem Grundstück lebenden Einwohnern, deren Erfassung ungeregelt geblieben sei, in Ansatz zu bringen sei. Wenn alle Einwohner eines Grundstücks ganzjährig im Urlaub seien und die Messeinrichtungen funktionierten, dann sei die Regelung des § 13 in der Satzung rechtswidrig, denn eine Mindestgebühr werde ausdrücklich nicht ausgeworfen.

Die in § 25 der Satzung geregelten Vorgaben für Billigkeitsmaßnahmen entsprächen nicht § 13a KAG LSA, weil dem dortigen Absatz 3 überhaupt keine Rechnung getragen werde. Damit widerspreche die Satzung höherrangigem Recht und sei unwirksam.

Die Antragsteller beantragen,

die Entwässerungsabgabensatzung der Antragsgegnerin vom 16. Oktober 2006 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 30. Juni 2008 für nichtig zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er macht geltend, es bestünden bereits erhebliche Zweifel an der Antragsbefugnis der Antragsteller. Jedenfalls halte die streitgegenständliche Entwässerungsabgabensatzung aber einer gerichtlichen Überprüfung stand. Die Satzung sei wirksam entsprechend der Hauptsatzung der Antragsgegnerin im "Heideboten", dem amtlichen Mitteilungsblatt der Verwaltungsgemeinschaft "(...)", veröffentlicht worden. Die rechtliche Zusammenfassung von Trenn- und Mischsystem sei im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden. Sie habe sich für das Trennsystem entschieden. Solange jedoch noch Mischkanäle existierten, gebe es ein Nebeneinander dieser sich in technischer Hinsicht voneinander unterscheidenden Abwasserbeseitigungssysteme. Diese Situation habe sich zwangsläufig ergeben, weil es der Gemeinde nicht möglich sei, die Abwasserbeseitigung "von einem Tag auf den anderen" vom Misch- auf das Trennsystem umzustellen. Die Regelungen zu Beitragsmaßstab und -satz enthielten keinen Gewerbegebietsbonus. Der geringeren Nutzung z. B. von Sportplätzen trage § 4 Abs. 2d der Entwässerungsabgabensatzung Rechnung. Bei derartigen Grundstücken werde nur 50% der Grundstücksfläche für die Beitragserhebung berücksichtigt. Die Regelungen zur Erhebung einer Grundgebühr seien ebenfalls nicht zu beanstanden. Soweit in den §§ 1 Abs. 3b und 11 der Satzung auf die Kosten für Verwaltung und Betriebsführung verwiesen werde, solle damit unterstrichen werden, dass es um solche Kosten des Anlagenbetriebs gehe, die unabhängig davon anfielen, in welchem Umfang die Abwasserbeseitigungsanlage in Anspruch genommen werde. § 13 Abs. 3 der Satzung solle Konstellationen erfassen, bei denen aufgrund eines Fehlers eine Messeinrichtung nicht richtig oder überhaupt nicht angezeigt habe. Dass § 25 der Satzung nicht auf § 13a Abs. 3 KAG LSA verweise, sei im Übrigen unschädlich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet durch Beschluss, weil er eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 47 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO); die Beteiligten haben hierzu ihr Einverständnis erklärt.

Der Normenkontrollantrag ist zulässig (I.), aber unbegründet (II.).

I. Für den (gemäß den §§ 195 Abs. 7, 47 Abs. 2 VwGO) fristgerecht innerhalb von zwei Jahren nach Bekanntmachung der Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung von Beiträgen, Gebühren und Kostenerstattungen für die Abwasserbeseitigung vom 16. Oktober 2006 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 30. Juni 2008 - Entwässerungsabgabensatzung (EAS) - gestellten Normenkontrollantrag sind die Antragsteller gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Nach dieser Vorschrift kann den Normenkontrollantrag jede natürliche oder juristische Person stellen, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Die Antragsteller haben - insoweit unwidersprochen - vorgetragen, Eigentümer bzw. dinglich Nutzungsberechtigter eines Grundstücks im Satzungsgebiet der Antragsgegnerin zu sein, das an die öffentliche Einrichtung angeschlossen ist. Mit dem Inkrafttreten der Satzung sind die Antragsteller mithin abgabepflichtig gemäß den §§ 5, 15 EAS geworden, so dass die Satzung ihre Rechtsstellung im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO berührt.

II. Der Antrag ist jedoch unbegründet.

1. In formeller Hinsicht begegnet die streitgegenständliche Entwässerungsabgabensatzung keinen Bedenken. Die in diesem Zusammenhang von den Antragstellern erhobene Rüge einer fehlerhaften Bekanntmachung der Satzung greift nicht durch; denn sowohl die Entwässerungsabgabensatzung der Antragsgegnerin vom 16. Oktober 2006 als auch die 1. Änderungssatzung vom 30. Juni 2008 sind entsprechend § 13 Abs. 1 Satz 1 der Hauptsatzung der Antragsgegnerin vom 8. August 2005 in der Fassung der 2. Änderungssatzung vom 20. August 2007 im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft "(...)" - Heide-Bote - veröffentlicht worden (vgl. Amtliches Mitteilungsblatt Nr. 11 vom 1. November 2006 und Amtliches Mitteilungsblatt Nr. 8 vom 6. August 2008).

2. Die Entwässerungsabgabensatzung der Antragsgegnerin vom 16. Oktober 2006 in der Fassung der 1. Änderungssatzung vom 30. Juni 2008 leidet entgegen der Auffassung der Antragsteller auch nicht an den von ihnen behaupteten materiell-rechtlichen Fehlern.

2.1. Zunächst ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass § 1 EAS hinsichtlich des Anlagenbegriffs auf die Abwasserbeseitigungssatzung der Antragsgegnerin vom 5. Dezember 1996, verweist die in ihrem § 1 bestimmt, dass die Antragsgegnerin zur Beseitigung des ihrem Entsorgungsgebiet anfallenden Abwassers (Schmutzwasser, Niederschlagswasser) rechtlich jeweils selbständige Anlagen a) zur zentralen Abwasserbeseitigung als öffentliche Anlage und b) zur dezentralen Schmutzwasserbeseitigung als öffentliche Einrichtung betreibt; denn primär maßgeblich für die Frage, was öffentliche Einrichtung ist, ist nicht die Abgabensatzung, sondern die (technische) Abwasserbeseitigungs- oder Anschlusssatzung der Gemeinde bzw. des Zweckverbandes. Die Abgabensatzung zieht lediglich beitragsrechtliche Folgerungen aus der Abwasserbeseitigungssatzung. Die von den Antragstellern geforderte "Verzahnung" verdeutlicht im vorliegenden Fall § 1 EAS, wonach die Antragsgegnerin die Abwasserbeseitigung nach Maßgabe der Satzung über die Entwässerung der Grundstücke und den Anschluss an öffentliche Abwasserbeseitigungsanlagen (Abwasserbeseitigungssatzung) vom 5. Dezember 1996 in den derzeit gültigen Fassungen als zentrale öffentliche oder dezentrale öffentliche Abwasserbeseitigung betreibt; denn hierdurch ist eine Kongruenz des Anlagenbegriffs sowohl in der Abwasserbeseitigungssatzung als auch in der streitgegenständliche Entwässerungsabgabensatzung gewährleistet.

Schließlich lässt sich § 1 Abs. 2 der Abwasserbeseitigungssatzung entgegen der Auffassung der Antragsteller auch entnehmen, dass die zentrale Abwasserbeseitigung a) mittels Trennsystem (Schmutzwasser, Niederschlagswasser in separate Leitungen) oder im Mischsystem (Schmutz- und Niederschlagswasser in gemeinsamen Leitungen einschließlich einer Abwasserbehandlungsanlage) und die dezentrale Schmutzwasserbeseitigung b) mittels Einrichtungen und Vorkehrungen zur Abfuhr und Behandlung von Abwasser einschließlich Fäkalschlamm erfolgt; insbesondere begegnet die Zusammenfassung von Trenn- und Mischsystem zu einer öffentlichen Einrichtung vorliegend keinen rechtlichen Bedenken. Da weder § 22 GO LSA noch die §§ 5 Abs. 1 Satz 1, 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA bestimmen, was als öffentliche (leitungsgebundene) Einrichtung im Sinne dieser Vorschrift gilt, muss die Gemeinde für das Gebühren- und Beitragsrecht der leitungsgebundenen Anlagen grundsätzlich in einer Satzung regeln, ob sie eine oder mehrere öffentliche Einrichtungen betreibt.

Bei der Frage, ob und mit welchem Umfang eine Gemeinde eine öffentliche Einrichtung betreibt und ob sie dabei technisch getrennte Entsorgungssysteme zusammenfasst oder nicht, steht ihr ein weites Organisationsermessen zu. Die Grenze des Organisationsermessens einer Gemeinde ist allein das Willkürverbot des Art. 3 GG. So können Unterschiedlichkeit der Arbeitsweise und des Arbeitsergebnisses eine Vergleichbarkeit und damit die Zusammenfassung der Anlagen zu einer öffentlichen Einrichtung schlechterdings ausschließen (vgl. zuletzt BVerwG, Urt. v. 27.09.2000 - BVerwG 11 CN 1.00 -, KStZ 2001, 76 [77]). Erhebliche Bedeutung kommt insoweit auch den Rechtssätzen des für die jeweilige Aufgabenerfüllung maßgeblichen Rechts zu. Nach Auffassung des Senats ist nach sachsen-anhaltischem Landesrecht von einem eher aufgabenbezogenen Begriff der öffentlichen Einrichtung auszugehen; denn nach § 2 Abs. 1 GO LSA ist die Gemeinde auf ihrem Gebiet der ausschließliche Träger der gesamten öffentlichen Aufgaben, soweit die Gesetze nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmen. Sie stellt in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit die für ihre Einwohner erforderlichen sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen öffentlichen Einrichtungen bereit. Deshalb dürfte der Gesetzgeber des KAG LSA im Grundsatz auch dann von einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung ausgehen, wenn die Anlagen der Erfüllung derselben Aufgabe dienen. Im Vergleich der Niederschlagswasserbeseitigung im Trenn- und Mischsystem ergeben sich zwar unterschiedliche Arbeitsweisen (Unterschiede hinsichtlich der Notwendigkeit der Reinigung des Abwassers). Vor dem Hintergrund, dass von einem eher aufgabenbezogenen Begriff der öffentlichen Einrichtung auszugehen ist und sich daran das Organisationsermessen der Gemeinde misst, treten diese Unterschiede jedoch hinter dem gemeinsamen Zweck der Erledigung der öffentlichen Aufgabe Abwasserentsorgung zurück (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 18.03.1996 - 9 A 384/93 -, NVwZ-RR 1997, 653; VGH Bayern, Urt. v. 04.08.1989 - 23 B 86.03697 -, zit. nach juris; OVG Niedersachsen, Urt. v. 22.09.1989 - 9 L 57/89 -, Nds.Rpfl. 1990, 23 [24]). Insoweit können auch Schmutzwasserkanalisation einerseits und Regenwasserkanalisation andererseits rechtlich zu einer öffentlichen Einrichtung zusammengefasst werden (Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 4 Rdnrn. 41 ff.; 6 Rdnr. 652). Gleiches gilt für Schmutz- und Regenwasserkanalisation einerseits und Mischwasserkanalisation andererseits (OVG Niedersachsen, Urt. v. 23.08.1989 - 9 L 153/89 -, zit. nach juris).

Dass es im konkreten Fall geboten ist, getrennte Einrichtungen zu bilden (Schmutz- und Niederschlagswasserbeseitigung, dezentrale Entsorgung abflussloser Sammelgruben und Kleinkläranlagen), haben die Antragsteller im Übrigen nicht substanziiert aufgezeigt.

2.2. Soweit die Antragsteller geltend machen, in § 4 der Entwässerungsabgabensatzung sei für Gewerbe- und Industriegebiete keine vorteilsgerechte Berücksichtigung zu verzeichnen, hat der Normenkontrollantrag ebenfalls keinen Erfolg. Der von der Antragsgegnerin verwendete nutzungsbezogene Flächenmaßstab (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EAS) verstößt weder gegen das Gebot, Beiträge nach Vorteilen zu bemessen, noch gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die ihrem Einwand zugrunde liegende Annahme der Antragsteller, gewerblich und industriell genutzten Grundstücken werde in aller Regel ein größerer Vorteil durch den Anschluss an die Schmutzwasserbeseitigungsanlage vermittelt, als dies bei anderweitigen Grundstücksnutzungen (z. B. Sportplätzen) der Fall sei, so dass die Berücksichtigung einer Grundflächenzahl von 0,8 (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 3b EAS) für diese Grundstücke einem "Gewerbegebietsbonus" gleichkomme, trifft nicht zu. Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz, wonach gewerblich bzw. industriell genutzte oder nutzbare Grundstücke eine Schmutzwasserbeseitigungsanlage typischerweise stärker in Anspruch nehmen als andere, insbesondere Wohngrundstücke; denn Gewerbebetriebe mit hohem Abwasseranfall, wie z.B. Molkereien oder Brauereien, stehen gewerblichen Unternehmen, wie z.B. Speditionen oder Tischlereien, gegenüber, bei denen nur gewöhnlich verschmutztes Abwasser in geringen Mengen anfällt (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 31.08.2005 - 4 M 255/05 -; Beschl. v. 01.07.2003 - 1 M 492/02 -; Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rdnr. 1024 ff., 1041 m.w.N.; vgl. auch BVerwG, Beschlüsse v. 30.04.1996 - BVerwG 8 B 31.96 - und v. 26.07.1993 - BVerwG 8 B 85.93 -, jeweils zit. nach juris; Rosenzweig/Freese, Niedersächsisches Kommunalabgabengesetz, § 6 Rdnr. 208, 216).

Soweit die Antragsteller unter Hinweis auf die in § 4 Abs. 3 Satz 3b EAS geregelte Grundflächenzahl von 1,0 für Sportplätze eine vorteilsgerechte Beitragsdifferenzierung in Frage stellen wollen, ist dem schon - ungeachtet der Frage eines Anwendungsbereichs der Grundflächenzahl im Rahmen des satzungsmäßig bestimmten Vollgeschossmaßstabs - nicht zu folgen, da Sportplätze - im Gegensatz zu Gewerbe- und Industriegrundstücken - gemäß § 4 Abs. 2c EAS nur mit 50 v. H. der Grundstücksfläche in die Beitragsberechnung einfließen und damit schon vom Ansatz her geringere Beiträge auf derartig genutzte Grundstücke entfallen.

2.3. Auch der Einwand der Antragsteller, Grundgebühren zur anteiligen Deckung von fixen Kosten für Verwaltung und Betriebsführung seien keine Positionen, die kommunalabgabenrechtlich einen zulässigen Erhebungstatbestand verkörpern, führt nicht zum Erfolg. Dabei kann der Senat offen lassen, ob es einer substanziierten Definition der Grundgebühr in der Satzung überhaupt bedarf, so dass etwaige Fehler in der Begriffsbestimmung bereits zur Nichtigkeit der Norm führen; denn aufgrund der Ermächtigung in § 5 Abs. 3 Satz 5 KAG LSA können Grundgebühren erhoben werden, wenn fixe Vorhaltekosten zu refinanzieren sind. Hierzu zählen insbesondere auch (anteilige) eigene Personal- und Sachkosten der Verwaltung sowie Unterhaltungs- und Instandsetzungskosten. Die nach § 5 Abs. 3 Satz 5 KAG LSA zulässige Grundgebühr stellt eine Form der Benutzungsgebühr dar, die für die Inanspruchnahme der Liefer- und Betriebsbereitschaft einer öffentlichen Einrichtung erhoben wird. Mit ihr werden die durch das Bereitstellen und ständige Vorhalten der Einrichtung entstehenden verbrauchsunabhängigen Betriebskosten (sog. Fixkosten oder invariable Kosten wie z.B. Abschreibungsbeträge und Zinsen) ganz oder teilweise abgegolten, und sie wird deshalb nicht - verbrauchsabhängig - nach dem Maß der Inanspruchnahme, sondern - verbrauchsunabhängig - nach einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab bemessen (OVG LSA, Urt. v. 08.04.2008 - 4 L 180/07 -, zit. nach juris), dessen Anwendung allerdings nicht dazu führen darf, dass die Gebühr in einem offensichtlichen Missverhältnis zu der damit abgegoltenen Leistung steht (§ 5 Abs. 3 Satz 2 KAG LSA). Dies ist hier indes weder ersichtlich noch von den Antragstellern dargelegt worden.

2.4. Entgegen der Auffassung der Antragsteller verstößt auch die in § 13 Abs. 3 Satz 1 EAS getroffene Regelung über eine angenommene pauschale Mindestmenge von 10 m³ pro auf dem Grundstück lebenden Einwohnern und Jahr nicht gegen höherrangiges Recht (so auch OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 13.08.1986 - 10 C 24/85 -, zit. nach juris). Nach dieser Vorschrift werden die auf dem Grundstück anfallenden Wasser- bzw. Schmutzwassermengen von der Antragsgegnerin unter Zugrundelegung des Verbrauchs bzw. der Einleitungsmenge des Vorjahres und unter Berücksichtigung der begründeten Angaben des Gebührenpflichtigen geschätzt, wenn ein Wasserzähler oder eine Abwassermesseinrichtung nicht richtig oder überhaupt nicht angezeigt hat, wobei aufgrund des durchschnittlichen jährlichen Wasserverbrauches im Gemeindegebiet eine Mindestmenge von 10 m³ pro auf dem Grundstück lebenden Einwohnern und Jahr angesetzt wird ("Sicherheitssperre").

Bei dieser Regelung handelt es sich ersichtlich nicht um eine Regelung einer Mindestgebühr; denn bei der Mindestgebühr handelt es sich nach allgemeinem Verständnis um eine Benutzungsgebühr, die - anders als die Grundgebühr - für die (wenn auch nur geringfügige) tatsächliche uneingeschränkte Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung zur Deckung sämtlicher mit der Leistungserstellung verbundenen Kosten erhoben wird. Sie stellt sich als eine für den unteren Bereich der Inanspruchnahme pauschalierte Arbeits- und Verbrauchsgebühr dar, die nicht mehr als Mindestgebühr in Erscheinung tritt, wenn der Mindestbetrag bei entsprechender Inanspruchnahme überschritten wird. § 13 Abs. 3 Satz 1 EAS bietet vielmehr ausschließlich eine Schätzungsgrundlage für den Ausnahmefall, dass ein Wasserzähler oder eine Abwassermesseinrichtung nicht richtig oder überhaupt nicht angezeigt hat (§ 13 Abs. 1 Nr. 4b KAG LAS i. V. m. § 162 der Abgabenordnung - AO -; Schulte/Wiesemann, in: Driehaus, a. a. O., § 6 Rdnr. 374.).

Danach ist gegen die Regelung in § 13 Abs. 3 Satz 1 EAS nichts zu bedenken; insbesondere wird die von den Antragstellern aufgezeigte Fallgestaltung, "wenn alle Einwohner eines Grundstücks ganzjährig im Urlaub sind und die Messeinrichtungen funktionieren", von der Satzungsbestimmung nicht erfasst. Anhaltspunkte dafür, dass die Zugrundelegung einer pauschalen - hier relativ geringen - Wasser- bzw. Abwassermenge von 10 m² pro Person und Jahr für den Fall einer nicht funktionierenden Wasser- bzw. Abwassermesseinrichtung auf dem Grundstück eine untaugliche Schätzungsgrundlage wäre, haben die Antragsteller weder vorgetragen, noch sind diese ersichtlich; denn dieser Wert ergibt sich nach den Angaben der Antragsgegnerin und der angegriffenen Satzung aus den Feststellungen über den durchschnittlichen jährlichen Wasserverbrauch pro Person und Jahr. Zudem kann nach der Satzung von der Mindestmenge bei begründeten Angaben des Abgabepflichtigen abgewichen werden.

2.5. Ohne Erfolg wenden die Antragsteller schließlich ein, die in § 25 EAS geregelten Vorgaben entsprächen nicht § 13a KAG LSA, weil dem dortigen Absatz 3 keine Rechnung getragen werde; denn grundsätzlich gehört zum zwingend gebotenen Inhalt einer Abgabensatzung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG LSA nicht die Regelung von Billigkeitsmaßnahmen (vgl. Driehaus, a. a. O., § 8 Rdnr. 98). Einzig § 13a Abs. 1 Satz 3 KAG LSA verlangt einen Hinweis in der Satzung (und im Bescheid), dass Ansprüche aus dem Abgabeschuldverhältnis unter bestimmten Voraussetzungen ganz oder teilweise gestundet (§ 13a Abs. 1 Satz 1 KAG LSA) bzw. ganz oder zum Teil erlassen werden können (§ 13a Abs. 1 Satz 2 KAG LSA). § 13a Abs. 3 KAG LSA sieht demgegenüber keine Verpflichtung für den Satzungsgeber vor, auf die in dieser Vorschrift vorgesehenen Billigkeitsmaßnahmen für landwirtschaftlich oder als Wald genutzte Grundstücke hinzuweisen mit der Folge, dass das Fehlen einer derartigen Regelung nicht zur Nichtigkeit der Satzung führt. Der Anspruch des Abgabepflichtigen gegenüber der abgabenerhebenden Behörde ergibt sich bei Vorliegen der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für eine Stundung vielmehr unmittelbar aus § 13a Abs. 3 KAG LSA.

Soweit die Antragsteller abschließend darauf hinweisen, dass nur einige Aspekte der zur Nichtigkeit der Satzung führenden Rechtslage herausgegriffen worden seien, sieht der Senat keine Veranlassung zu einer vertiefenden Prüfung; denn in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung (vgl. OVG Saarland, Urt. v. 25.06.2009 - 2 C 478/07 -; BVerwG, Beschl. v. 04.10.2006 - BVerwG 4 BN 26/06 -, beide zit. nach juris) gehört es nicht zu den Aufgaben der Oberverwaltungsgerichte, "gleichsam ungefragt" in die Suche nach Fehlern einer Satzung einzutreten.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO analog i. V. m. den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.

Ende der Entscheidung

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