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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 13.01.2005
Aktenzeichen: 4 K 36/03
Rechtsgebiete: LSA-KAG, LSA-GO, BauGB


Vorschriften:

LSA-KAG § 6 V
LSA-KAG § 6 VIII
LSA-KAG § 6a I
LSA-KAG § 6a III
LSA-GO § 6
BauGB § 34
BauGB § 35
1. Eine "Bestimmung" der Abrechnungseinheit i. S. des § 6a Abs. 3 Satz 3 KAG-LSA ist nicht getroffen, wenn die Gemeinde eine Satzung veröffentlicht, deren textlicher Teil in Widerspruch zu einem Plan steht, welcher Bestandteil der Satzung ist.

2. Soll nach dem Satzungstext der gesamte Gemeindebereich eine Abrechnungseinheit bilden, soweit er als "im Zusammenhang bebauter Ortsteil" anzusehen ist, so wird auf die Begrifflichkeit des Bauplanungsrechts verwiesen. Damit werden Verkehrsanlagen ausgeschlossen, die im pla-nungsrechtlichen "Außenbereich" liegen. Mit einer solchen textlichen Festsetzung ist nicht vereinbar, dass der Planteil der Satzung Straßenteile ausweist, die im Außenbereich liegen.

3. Der für eine Abrechnungseinheit i. S. v. § 6a Abs. 3 Satz 1 KAG-LSA erforderliche "funktionale Zusammenhang" ist nicht gegeben, soweit hierbei auch Verkehrsanlagen einbezogen worden sind, die mit einer Länge von mehr als 100 m im Außenbereich liegen.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT URTEIL

Aktenz.: 4 K 36/03

Datum: 13.01.2005

Tatbestand:

Die Antragsteller wenden sich in einem Normenkontrollverfahren gegen die Gültigkeit einer Satzung über die Erhebung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge.

Sie sind Eigentümer des mit einem Wohngebäude bebauten Grundstücks der Gemarkung Förderstedt, ... mit der Straßenbezeichnung: "M-Straße ...", das an diese Straße angrenzt und innerhalb der geschlossenen Ortslage der Antragsgegnerin, einer Gemeinde mit etwa 2.100 Einwohnern, liegt. Die "M-Straße" ist die im Gebiet der Antragsgegnerin verlaufende Ortsdurchfahrt der Bundesstraße ..., die deren geschlossene Ortslage in einen westlichen und einen ungefähr gleich großen östlichen Bereich teilt. Der größere Teil des westlichen Bereichs, der im Westen durch die von Süd-West (...) nach Nord-Ost (...) verlaufende Bahnlinie begrenzt wird, umfasst drei Flächen, die im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegen: Das Wohngebiet "..." (Bebauungsplan Nr. 02/91), das Gewerbegebiet "..." (Bebauungsplan Nr. 01/91) und das Grundstück der Flur ..., Flurstück ... (vorhabenbezogener Bebauungsplan Nr. 05/00). Der östliche Bereich wird durch die in die "M -Straße" mündende, in Ost-West-Richtung verlaufende Landesstraße 63 (...) in einen nördlichen und einen südlichen Gebietsteil geteilt. In dem nördlichen Gebietsteil liegt das Wohngebiet "..." (ausgewiesen durch den Bebauungsplan Nr. 04/99). Westlich an dieses Wohngebiet grenzt ein Friedhofsgelände, an dessen nördlicher Grenze die "K-Straße" verläuft. In dem südlichen Gebietsteil verlaufen parallel in Süd-Nord-Richtung die in die "U-Straße" mündenden Anliegerstraßen "A." und "T-Weg". Während die angrenzenden Grundstücke im nördlichen Bereich dieser Anliegerstraßen abgesehen von einem Schulgebäude überwiegend mit Wohngebäuden bebaut sind, grenzen an den jeweils südlichen Bereich dieser Straßen nur vereinzelte Wohngrundstücke und im Übrigen überwiegend unbebaute oder lediglich mit kleineren Nebengebäuden bebaute Grundstücke.

Am 05.05.2000 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin eine Innenbereichssatzung im Sinne des § 34 Abs. 4 BauGB und machte diese Satzung im Amtsblatt "..." der Verwaltungsgemeinschaft "..." am 22.12. 2001 bekannt.

Am 26.06.2001 beschloss die Antragsgegnerin eine "Satzung über die Erhebung wiederkehrender Beiträge für die öffentlichen Verkehrsanlagen der Ortslage Förderstedt" und machte diese Satzung im "..." am 27.07.2001 bekannt. Nach § 2 dieser Satzung sollten sämtliche in der geschlossenen Ortslage verlaufende Verkehrsanlagen ausweislich eines als Anlage beigefügten Planes zu einer dem Geltungsbereich der genannten Innenbereichssatzung entsprechenden Abrechnungseinheit zusammengefasst und der beitragsfähige Aufwand nach den jährlichen Investitionsaufwendungen für die Gesamtheit dieser Verkehrsanlagen ermittelt werden. Gegen diese Satzung haben die Antragsteller am 13.09.2001 beim erkennenden Gericht einen Normenkontrollantrag gestellt. Diesem Antrag hat das Gericht mit Urteil vom 26.06. 2002 (Az: 2 K 275/01) stattgegeben und die Satzung mit der Begründung für nichtig erklärt, der beigefügte Plan sei nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden.

Am 08.10.2002 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin erneut eine "Satzung über die Erhebung wiederkehrender Beiträge für die öffentlichen Verkehrsanlagen der Ortslage Förderstedt". Gleichzeitig beschloss er eine "Satzung über den Beitragssatz in Verbindung mit der Erhebung wiederkehrender Beiträge für die öffentlichen Verkehrsanlagen der Ortslage Gemeinde Förderstedt" und setzte in deren § 1 den Beitragssatz für das Jahr 2001 auf 0,31941 €/m² Nutzfläche und in deren § 2 den Beitragssatz für das Jahr 2002 auf 0,37846 €/ m² Nutzfläche fest. Beide Satzungen machte die Antragsgegnerin am 18.10.2002 im "..." bekannt.

Am 30.01.2003 haben sich die Antragsteller auch gegen diese Satzung mit einem Normenkontrollantrag an das Oberverwaltungsgericht gewandt. Zur Begründung tragen sie vor: § 2 SAS in Verbindung mit dem Plan über das Abrechnungsgebiet lege fest, dass nahezu der gesamte Ort eine einzige Abrechnungseinheit bilde. Dies verstoße gegen die Voraussetzungen des § 6a KAG-LSA, da die Bildung einer Abrechnungseinheit verlange, dass die eingezogenen Verkehrsanlagen in einem räumlichen und funktionalen Zusammenhang stünden. Dieser Zusammenhang könne nicht ganz allgemein dadurch hergestellt werden, dass alle Straßen zum Gebiet einer Gemeinde gehörten. Vielmehr müsse ein spezifischer räumlicher und funktionaler Zusammenhang bestehen, aufgrund dessen die Beitragspflichtigen annähernd gleiche Vorteile von den gemeinschaftlich zu bezahlenden Maßnahmen hätten (§ 6 Abs. 5 KAG-LSA).

Zudem stünden die von den einzelnen Beitragspflichtigen erhobenen Beiträge in einem Missverhältnis, da die Antragsgegnerin bei der Umlage des erschließungsfähigen Aufwandes auf die beitragspflichtigen Eigentümer nicht nach den unterschiedlichen Straßentypen differenziere. Auch dies verstoße gegen den Grundsatz der Beitragsgerechtigkeit und sei daher mit dem Äquivalenzprinzip nicht zu vereinbaren.

Die Antragsteller haben ursprünglich beantragt festzustellen, dass die Satzung über die Erhebung wiederkehrender Beiträge für öffentliche Verkehrsanlagen der Ortslage Förderstedt vom 08.10.2002, veröffentlicht im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft ... am 18.10.2002, unwirksam ist, hilfsweise, festzustellen, dass § 1 der Satzung über den Beitragssatz in Verbindung mit der Erhebung wiederkehrender Beiträge für die öffentlichen Verkehrsanlagen der Ortslage Gemeinde Förderstedt vom 08.10.2002, veröffentlicht im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft ... am 18.10.2002, unwirksam ist.

Am 18.12.2003 beschloss die Antragsgegnerin wiederum eine "Satzung über die Erhebung wiederkehrender Beiträge für die öffentlichen Verkehrsanlagen der Ortslage Förderstedt" (WBS), die nach ihrem § 18 rückwirkend am 01.01.1999 in Kraft treten sollte und die genannten Satzungen vom 26.06.2001 und vom 08.10.2002 außer Kraft setzte. Inhaltlich entspricht die WBS im Wesentlichen ihren Vorgängersatzungen. Nach ihrem § 3 werden die im räumlichen und funktionalen Zusammenhang stehenden Verkehrsanlagen zu einer Abrechnungseinheit zusammengefasst, wie sie sich aus einem als Anlage 1 beigefügten Plan ergibt. In § 3 Abs. 3 WBS werden die zu der Abrechnungseinheit gehörenden Verkehrsanlagen einzeln aufgezählt. Die Abrechnungseinheit umfasst im Wesentlichen die gesamte geschlossene Ortslage der Antragsgegnerin. Ebenfalls am 18.12.2003 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin eine "Satzung über den Beitragssatz in Verbindung mit der Erhebung wiederkehrender Beiträge für die öffentlichen Verkehrsanlagen der Ortslage Gemeinde Förderstedt" (WBBS) und setzte in deren § 1 den Beitragssatz für das Jahr 2002 auf 0,402764 €/ m² Nutzfläche und in deren § 2 den Beitragssatz für das Jahr 2003 auf 0,154882 €/ m² Nutzfläche fest. Die WBBS trat nach ihrem § 3 rückwirkend am 01.01.2002 in Kraft und ersetzte die Beitragssatzung der Antragsgegnerin vom 25.03.2002. Beide Satzungen machte die Antragsgegnerin am 30.01.2004 im "..." bekannt.

Die Antragsteller beantragen nunmehr,

festzustellen, dass die Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung wiederkehrender Beiträge für öffentliche Verkehrsanlagen der Ortslage Förderstedt vom 18. Dezember 2003, veröffentlicht im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft ... am 30. Januar 2004, unwirksam ist,

hilfsweise,

festzustellen, dass §§ 1 und 2 der Satzung über den Beitragssatz in Verbindung mit der Erhebung wiederkehrender Beiträge für die öffentlichen Verkehrsanlagen der Ortslage Gemeinde Förderstedt vom 18. Dezember 2003, veröffentlicht im Amtsblatt der Verwaltungsgemeinschaft ... am 30. Januar 2004, unwirksam ist.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie führt aus, die WBS sei formell rechtswirksam, da sie entsprechend den Vorschriften der Gemeindeordnung zustande gekommen und wirksam veröffentlicht worden sei. Die WBS sei auch materiell rechtmäßig. Insbesondere sei es mit § 6a KAG-LSA vereinbar, dass nach § 3 der Satzung ihre sämtlichen im räumlichen und funktionalen Zusammenhang stehenden Verkehrsanlagen in lediglich einer Abrechnungseinheit zusammengefasst seien.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsvorgänge sowie die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen; diese sind Gegenstand der Beratung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung i. d. F. d. Bek. v. 19.03.1991 [BGBl I 686] - VwGO -, zuletzt geändert durch Gesetz vom 24.08.2004 [BGBl I 2198 <2204>]).

Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

Die erlassene Satzung über die Erhebung wiederkehrender Beiträge für die öffentlichen Verkehrsanlagen der Ortslage Förderstedt vom 18.12.2003 ist eine im Range unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift (§ 10 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung - AG VwGO LSA - vom 28.01.1992 [LSA-GVBl., S. 36], zuletzt geändert durch Gesetz vom 27.04.1994 [LSA-GVBl., S. 549], i. V. m. § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO). Die Antragsteller können geltend machen, durch diese Satzung unmittelbar in eigenen Rechten verletzt zu sein (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO); denn sie werden als beitragspflichtige Miteigentümer eines Grundstücks in der Ortslage Förderstedt zu wiederkehrenden Straßenausbaubeiträgen herangezogen. Der Antrag ist auch innerhalb der Zwei-Jahres-Frist nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt worden. Schließlich ist es zulässig, dass die Antragsteller ihren ursprünglich gegen die Satzung der Antragsgegnerin vom 08.10. 2002 gerichteten Antrag nunmehr gegen deren Satzung vom 18.12.2003 (WBS) richten. Da die WBS im Wesentlichen der Satzung vom 08.10.2002 entspricht, ist die Änderung gemäß § 91 Abs. 1 VwGO sachdienlich.

Das Normenkontrollbegehren ist auch begründet.

Mit der von den Antragstellern u. a. aufgeworfenen Frage nach der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit eines wiederkehrenden Beitrags, wie er in § 6a des Kommunalabgabengesetzes - KAG-LSA - i. d. F. d. Bek. v. 13.12.1996 (LSA-GVBl., S. 405), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.12.2003 (LSA-GVBl., S. 370), i. V. m. der WBS geregelt ist, braucht sich der Senat im vorliegenden Fall allerdings nicht näher zu befassen (vgl. hierzu Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 RdNrn. 8b ff.); denn unabhängig davon ist die zur Rechtskontrolle gestellte, nunmehr ordnungsgemäß bekannt gemachte WBS jedenfalls deshalb unwirksam, weil die in ihrem § 3 gebildete Abrechnungseinheit mit § 6a KAG-LSA nicht im Einklang steht.

Nach § 6a Abs. 1 Satz 1 KAG-LSA können die Gemeinden durch Satzung für ihr gesamtes Gebiet oder einzelne Gebietsteile bestimmen, dass anstelle einmaliger Beiträge im Sinne des § 6 KAG-LSA die jährlichen Investitionsaufwendungen der zu Abrechnungseinheiten (Absatz 3) zusammengefassten Verkehrsanlagen nach Abzug des Gemeindeanteils (Absatz 4) von den Beitragspflichtigen im Sinne des § 6 Abs. 8 KAG-LSA als wiederkehrende Beiträge erhoben werden. Nach § 6a Abs. 1 Satz 2 KAG-LSA gelten die einer Abrechnungseinheit angehörenden Verkehrsanlagen als einheitliche kommunale Einrichtung. Gemäß § 6a Abs. 3 Satz 1 KAG-LSA setzt die Bildung einer Abrechnungseinheit voraus, dass die Straßen in einem räumlichen und funktionalen Zusammenhang stehen. Gemäß § 6a Abs. 3 Satz 2 kann ein derartiger Zusammenhang insbesondere deshalb gegeben sein, weil die Verkehrsanlagen - 1. - innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile der Gemeinde liegen oder - 2. - innerhalb selbständiger städtebaulicher Einheiten liegen oder - 3. - innerhalb einzelner Baugebiete im Sinne des § 1 Abs. 2 BauNVO liegen. Gemäß § 6a Abs. 3 Satz 3 KAG-LSA sind die Abrechnungseinheiten in der Satzung zu bestimmen.

Diesen Anforderungen wird die in § 3 WBS geregelte Abrechnungseinheit nicht gerecht. In formeller Hinsicht fehlt es bereits an einer § 6a Abs. 3 Satz 3 KAG-LSA genügenden Bestimmung der Abrechnungseinheit. In materieller Hinsicht mangelt es darüber hinaus an einem funktionalen Zusammenhang im Sinne des § 6a Abs. 3 Satz 1 KAG-LSA.

Formell rechtswidrig ist die in § 3 WBS geregelte Abrechnungseinheit, weil sie nicht im Sinne des § 6a Abs. 3 Satz 3 KAG-LSA hinreichend "bestimmt" ist. Ein "Bestimmen" der Abrechnungseinheit in diesem Sinne liegt nur vor, wenn sich aus den einschlägigen Satzungsregelungen eindeutig entnehmen lässt, welche Verkehrsanlagen mit welcher Länge von der Abrechnungseinheit umfasst sein sollen. Die Regelungen müssen also den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Bestimmtheit von Satzungsvorschriften genügen. Dies setzt u. a. voraus, dass sie nicht in sich widersprüchlich sind. Eine derartige Widersprüchlichkeit liegt hier aber vor, weil die textliche Festlegung der Abrechnungseinheit in § 3 Abs. 2 Satz 1 WBS mit dem hierzu beigefügten Plan in Widerspruch steht und damit das Abrechnungsgebiet gerade nicht hinreichend "bestimmt" ist.

Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 WBS werden "die innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile gelegenen Verkehrsanlagen zu einer Abrechnungseinheit zusammengefasst", wie sie "sich aus dem als Anlage 1 beigefügten Plan" ergibt. Die dem Regelbeispiel des § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 KAG-LSA entsprechende Satzungsformulierung "innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile" ist dahingehend auszulegen, dass hiervon ausschließlich der Bereich umfasst ist, der als "Innenbereich" im Sinne des § 34 BauGB verstanden wird (vgl. zum rheinland-pfälzischen Landesrecht: OVG RP, Urt. v. 02.07.1997 - 6 A 13429/96 -, AS RP-SL 26, 322; a. A.: Kirchmer, Der wiederkehrende Straßenausbaubeitrag, RdNr. 105.8). Hierfür spricht bereits der mit § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB wörtlich übereinstimmende Begriff "innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile". Auch der systematische Zusammenhang zu § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 KAG-LSA, wo von einzelnen Baugebieten im Sinne der BauNVO die Rede ist, zeigt, dass der Gesetzgeber in § 6a Abs. 3 Satz 2 KAG-LSA zur Erläuterung des räumlichen und funktionalen Zusammenhangs auf die bauplanungsrechtliche Unterscheidung zwischen den Gebietskategorien "Bebauungsplanbereich" und "Innenbereich" zurückgegriffen hat. Diese Auslegung wird auch durch eine Gesamtbetrachtung der in den Nummern 1 bis 3 des § 6a Abs. 3 Satz 2 KAG-LSA genannten Regelbeispiele bestätigt. An der Aufzählung solcher Gebiete, die innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile (§ 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 KAG-LSA), innerhalb selbständiger städtebaulicher Einheiten (§ 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 KAG-LSA) oder innerhalb einzelner Baugebiete im Sinne der BauNVO (§ 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 KAG-LSA) liegen, lässt sich erkennen, dass der räumlich-funktionale Zusammenhang im Sinne des § 6a Abs. 3 Satz 1 KAG-LSA insgesamt nur solche Verkehrsanlagen umfassen soll, die nicht im Außenbereich (§ 35 BauGB) liegen. Allein diese Auslegung wird auch dem das Beitragsrecht prägenden Vorteilsprinzip gerecht. Dieses verlangt, dass bei der Bildung einer Abrechnungseinheit im Sinne des § 6a Abs. 3 KAG-LSA nur solche Verkehrsanlagen zu einer Abrechnungseinheit zusammen gefasst werden können, die der Erschließung der angrenzenden Grundstücke dienen, also Anbaubestimmung haben und daher gerade nicht im Außenbereich liegen (vgl. zum rheinland-pfälzischen Landesrecht: OVG RP, Urt. v. 18.03.2003 - 6 C 10580/02 -, NVwZ-RR 2003, 591).

Ist demnach der in § 3 Abs. 2 WBS geregelte Begriff "innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile" als "Innenbereich" im Sinne des § 34 BauGB zu verstehen, trifft diese Regelung keine hinreichende "Bestimmung" der Abrechnungseinheit, weil sie zu dem beigefügten Plan, auf den sie selbst Bezug nimmt, in einem unauflösbaren Widerspruch steht. Nach diesem Plan ist das Abrechnungsgebiet nämlich gerade nicht auf die "innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile gelegenen Verkehrsanlagen" beschränkt, sondern umfasst auch solche Verkehrsanlagen, die teilweise im Außenbereich liegen. Dies gilt mindestens für den jeweils südlichen Teil der Verkehrsanlagen "A." und "T-Weg" sowie den nördlich des Friedhofs verlaufenden Teil der "K-Straße". Der Senat stützt sich insoweit auf die von der Antragsgegnerin vorgelegten Pläne sowie Licht- und Luftbilder, aus denen hinreichend deutlich wird, dass in den genannten Bereichen entweder überhaupt keine oder jedenfalls keine im Sinne des § 34 BauGB zusammenhängende Wohnbebauung vorhanden ist.

Eine Zugehörigkeit der genannten Teilstrecken zum Innenbereich im Sinne des § 34 BauGB ergibt sich auch nicht aus der von der Antragsgegnerin am 05.05.2000 beschlossenen und am 22.12.2001 bekannt gemachten Innenbereichs- und Abrundungssatzung (§ 34 Abs. 4 BauGB). Diese ist bereits deshalb unwirksam, weil es insoweit - wie die Antragsgegnerin selbst dargelegt hat - an der erforderlichen Genehmigung fehlt. Im Übrigen umfasst diese Innenbereichssatzung nicht die genannten Außenbereichsstraßen, sondern den westlich der Bahnlinie Staßfurt - Schönebeck gelegenen "Athenslebener Weg". Soweit in der Ausgabe des "..." vom 22.12.2001, in der der Text der Innenbereichssatzung veröffentlicht ist, neben dem Satzungstext eine die gesamte geschlossene Ortslage der Antragsgegnerin umfassende Planskizze veröffentlicht ist, handelt es sich - wie auch aus der dieser Planskizze beigefügten Bezeichnung "Straßenausbaubeitrag" hervorgeht - nicht um eine Bestimmung des Satzungsgebietes der Innenbereichssatzung, zumal dieses auf den "A-Weg" bezogen ist. Dies hat auch die Antragsgegnerin nunmehr fernmündlich bestätigt und insoweit erklärt, sie habe mit der Abbildung dieser Planskizze die Abrechnungseinheit ihrer Satzung über die Erhebung wiederkehrender Beiträge vom 26.06.2001 veröffentlichen wollen. Soweit der Senat in seinem den Beteiligten bekannten Urteil vom 26.06.2002 (2 K 275/01) ausgeführt hat, die Planskizze sei dazu bestimmt gewesen, den räumlichen Geltungsbereich der genannten Innenbereichssatzung zu kennzeichnen, hält er daran nicht mehr fest.

Selbst wenn man aber davon ausginge, dass die in § 3 WBS i. V. m. dem beigefügten Plan gebildete Abrechnungseinheit deshalb (noch) hinreichend bestimmt wäre, weil es insoweit in erster Linie auf den Plan ankomme, aus dem sich die Grenzen der Abrechnungseinheit parzellenscharf ergäben, wäre die so gebildete Abrechnungseinheit jedenfalls (auch) materiell rechtswidrig, weil es insoweit an dem gemäß § 6a Abs. 3 Satz 1 KAG-LSA erforderlichen räumlich-funktionalen Zusammenhang fehlt.

Die gebildete Abrechnungseinheit dürfte zwar den gesetzlichen Anforderungen an einen räumlichen Zusammenhang genügen. Ein derartiger räumlicher Zusammenhang setzt eine von der Lage der Verkehrsanlagen her gegebene verkehrsmäßige Verbindung voraus. Diese bedarf zwar grundsätzlich einer etwa durch topographische Gegebenheiten, Baugebietsgrenzen oder anderer Merkmale begründeten Eingrenzung. In kleineren Gemeinden bis etwa 3.000 Einwohnern kann allerdings im Einzelfall auch die gesamte geschlossene Ortslage ohne das Vorliegen derartiger Eingrenzungsmerkmale einen räumlichen Zusammenhang darstellen (vgl. zum mit § 6a KAG-LSA vergleichbaren Landesrecht in Rheinland-Pfalz: OVG RP, Urt. v. 18.03.2003 - 6 C 10580/02 - NVwZ-RR 2003, 591; Urt. v. 25.11.2003 - 6 A 10631/03 -, JURIS). In Anwendung dieser Grundsätze dürfte bei der von der Antragsgegnerin gebildeten Abrechnungseinheit, die deren gesamte geschlossene Ortslage umfasst, angesichts ihrer geringen Größe von etwa 2.100 Einwohnern und der Kompaktheit dieser Ortslage ein räumlicher Zusammenhang zu bejahen sein.

Es fehlt aber an einem funktionalen Zusammenhang. Zum Vorliegen eines derartigen funktionalen Zusammenhangs hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (Urt. v. 18.03.2003 - 6 C 10580/02 -, a. a. O., mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen) auf der Grundlage des dortigen, mit § 6a KAG-LSA vergleichbaren Landesrechts folgende Grundsätze aufgestellt:

"Ein funktionaler Zusammenhang im Sinne des § 13 Abs. 2 KAG 1986, jetzt 10 Abs. 2 Satz 2 KAG liegt nach dem o.g. Urteil vom 8. Oktober 1993 (- 10 C 10237/93 -, AS 24, 261) nur bei einem System von Verkehrsanlagen vor, die untereinander derart in Beziehung stehen, dass sie in ihrer Gesamtheit für die Nutzung der in dem System liegenden Grundstücke und Betriebe einen greifbaren beitragsrechtlichen Vorteil vermitteln. Dies setzt ein System von Verkehrsanlagen voraus, das für sich genommen die Zufahrt zu dem übrigen Straßennetz bietet. Ein solches System besteht aus Verkehrsanlagen, die durch Straßen mit stärkerer Verkehrsbedeutung zu einer Einheit zusammengefasst werden. Diese Straßen können beispielsweise als Ring um ein Netz von Verkehrsanlagen herum oder durch ein solches Netz hindurchführen. ... Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, dass außerorts verlaufende Verbindungsstraßen den funktionalen Zusammenhang von Verkehrsanlagen, der in der Vermittlung der Zufahrt und des Zugangs zum übrigen Verkehrsnetz besteht, aufheben. Dies beruht darauf, dass nur solche Verkehrsanlagen zu einer Abrechnungseinheit zusammengefasst werden können, die der Erschließung der angrenzenden Grundstücke dienen und zu diesem Zweck als Straßensystem funktional zusammenwirken. Im Außenbereich verlaufende Straßen sind kraft ihrer Lage nicht zum Anbau bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. April 1977 - IV C 1.75 - BVerwGE 52, 364 <366ff>; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 06. März 2002 - 6 A 11508/01.OVG -) und können deshalb nicht Teil des aus Erschließungsanlagen bestehenden Straßensystems sein. Insofern hebt eine durch den Außenbereich verlaufende Straße den funktionalen Zusammenhang im Sinne des § 10 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 KAG zwischen beitragsfähigen Erschließungsanlagen auf (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18. April 1996 - 6 A 12152/95.OVG -, AS 26, 203 (205)). Entsprechendes gilt auch dann, wenn innerhalb einer von einer Gemeinde gebildeten Abrechnungseinheit die Teilstrecke einer Straße auf einer Länge von mehr als 100 m durch den Außenbereich verläuft. Unter dieser Voraussetzung verliert der im Außenbereich verlaufende Teil der Verkehrsanlage seinen Charakter als Erschließungsanlage und stellt eine so genannte Gemeindeverbindungsstraße dar (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 21. Februar 1995 - 6 B 10557/95.OVG -), die nicht Teil der Abrechnungseinheit ist."

In Anwendung dieser Grundsätze, denen sich der Senat auf der Grundlage des § 6a Abs. 3 Satz 1 KAG-LSA anschließt, fehlt es bei der von der Antragsgegnerin gebildeten Abrechnungseinheit an einem "funktionalen Zusammenhang" im Sinne dieser Vorschrift.

Zwar dürften die Voraussetzungen für einen funktionalen Zusammenhang insoweit vorliegen, als der Bundesstraße ... (...) sowie den hiervon abzweigenden Landesstraßen ... jeweils eine Bündelungsfunktion in unterschiedlicher Himmelsrichtung zukommt. Diese Straßen haben auch keine den funktionalen Zusammenhang aufhebende trennende Wirkung, sondern sind vielmehr jeweils selbst Bestandteil der Abrechnungseinheit und jeweils selbst zum Anbau bestimmt (vgl. OVG RP, Urt. v. 25.11.2003 - 6 A 10631/03 -, a. a. O.). Der funktionale Zusammenhang ist auch nicht mit Blick auf die in der geschlossenen Ortslage vorhandenen Bebauungsplangebiete aufgehoben. Allerdings ist dies der Fall, wenn eine Satzungsbestimmung - wie hier § 3 WBS - vorsieht, dass die "im Zusammenhang bebauten Ortsteile" eine Abrechnungseinheit bilden und die von der Abrechnungseinheit umfassten Verkehrsanlagen (teilweise) im Geltungsbereich eines Bebauungsplans liegen (vgl. OVG RP, Urt. v. 02.07.1997 - 6 A 13429/96 -, AS RP-SL 26, 322). So liegt es hier aber nicht; denn die in der geschlossenen Ortslage der Antragsgegnerin vorhandenen Bebauungsplangebiete sind entweder von der Abrechnungseinheit ausgenommen oder erfassen jedenfalls nicht die in der Abrechnungseinheit berücksichtigten Verkehrsanlagen.

Der funktionale Zusammenhang ist hier jedoch deshalb aufgehoben, weil die von der streitgegenständlichen Abrechnungseinheit umfassten Verkehrsanlagen teilweise auf einer Länge von mehr als 100 m im Außenbereich liegen. Dies ist insbesondere bei der Anliegerstraße "A.", aber auch bei den Straßen "T-Weg" und "K-Straße" der Fall. Der im Außenbereich verlaufende Teil der Straße "A." umfasst eine Strecke von mindestens 250 m und damit (deutlich) mehr als die angeführten, von der zitierten obergerichtlichen Rechtsprechung noch als unbeachtlich angesehenen 100 m. Auch der im Außenbereich gelegene Teil der übrigen genannten Straßen überschreitet diese Länge.

Ist die WBS mithin bereits aus den genannten Gründen unwirksam, kommt es auf die von den Antragstellern im Übrigen erhobenen Einwände gegen die materielle Rechtmäßigkeit der Satzung nicht mehr an.

Einer Entscheidung des von den Antragstellern gestellten Hilfsantrags bedarf es nicht mehr, weil sie bereits mit ihrem Hauptantrag Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs.2 VwGO nicht gegeben sind.

Ende der Entscheidung

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