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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 11.07.2007
Aktenzeichen: 4 L 107/07
Rechtsgebiete: LSA-GKG


Vorschriften:

LSA-GKG § 13 Abs. 1 S. 1
LSA-GKG § 14 Abs. 4 S. 1
1. Die Erhebung einer Zweckverbandsumlage darf schon nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG LSA nicht durch eine Vorschrift in der Verbandssatzung von vornherein nur auf einzelne Mitglieder des Zweckverbandes beschränkt werden.

2. Es kann offen bleiben, ob den Zweckverbänden überhaupt die Erhebung von getrennten Umlagen bzw. "Sonderumlagen", möglicherweise sogar auf der Grundlage verschiedener Umlagemaßstäben, über eine Differenzierung nach Aufgabenbereichen hinaus erlaubt ist.

3. Grundsätzlich hat ein Zweckverband auf Grund des Fehlens näherer Vorgaben im GKG LSA bei der Wahl des jeweiligen Umlagemaßstabes einen erheblichen Spielraum. Er muss darauf achten, dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Verbindung mit dem gleichfalls dem Rechtsstaatsprinzip entstammenden Willkürverbot eine Umlegung der Kosten auf die verbandsangehörigen Gemeinden verbietet, bei der eine Gemeinde gegenüber den anderen Gemeinden offenbar sachunangemessen und damit unverhältnismäßig benachteiligt wird.

4. Ob im Rahmen der Erhebung einer (einheitlichen) Umlage eines neugebildeten Zweckverbandes ein Umlagemaßstab bestimmt werden kann und darf, durch den Rückstände, die vor der Fusion von Zweckverbänden entstanden waren, nur auf die jeweiligen Mitglieder dieser (Alt)Verbände verteilt werden, ist sehr fraglich. Möglicherweise kann eine solche Verteilung im Ergebnis nur durch im Rahmen der Fusion zu treffende Regelungen zwischen den Mitgliedsgemeinden und den (Alt)Verbänden erreicht werden, wonach die Mitgliedsgemeinden sich gegenüber dem neu zu bildenden Verband dazu verpflichten, im Innenverhältnis diese Rückstände in einem bestimmten Verhältnis zu übernehmen.

5. § 14 Abs. 4 Satz 1 GKG LSA, wonach ein Zweckverband nach seiner Auflösung als fortbestehend gilt, solange und soweit der Zweck der Abwicklung dies erfordert, ist bei einer Fusion von Zweckverbänden weder unmittelbar noch mit seinem "Rechtsgedanken" anwendbar.


Gründe:

Der statthafte Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Es bestehen an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung keine ernstlichen Zweifel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Die Regelung des § 15 Abs. 2 Satz 2 der Verbandssatzung des Beklagten aus Dezember 2003, wonach eine gesonderte Umlage an die Mitglieder der jeweiligen Rechtsvorgänger (des Beklagten) erhoben wird, soweit dies zur Deckung von Kosten für die Aufholung von Rückständen in der Aufgabenerfüllung (vgl. § 15 Abs. 2 Satz 1 VS) erforderlich ist, verstößt gegen § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG LSA. Danach erhebt der Zweckverband von den Verbandsmitgliedern eine Verbandsumlage, die nach Aufgabenbereichen differenziert sein kann, soweit die sonstigen Einnahmen und speziellen Entgelte nicht ausreichen, den Liquiditätsbedarf zu decken. Die Erhebung der Umlage darf deshalb schon nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG LSA nicht durch eine Vorschrift in der Verbandssatzung von vornherein nur auf einzelne Mitglieder des Zweckverbandes beschränkt werden. Zu Recht weist das Verwaltungsgericht zudem auf den Zweck des § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG LSA hin und stellt den im Zweckverbandsrecht angelegten Gedanken der Solidargemeinschaft heraus. Denn die (Zweck)Verbandsumlage (vgl. dazu umfassend Forst, KStZ 2006, 161 ff., 181 ff.) ist ein Instrument des Finanzausgleichs unter öffentlich-rechtlichen Körperschaften und hat gerade nicht den Charakter eines Entgelts für einen dem Umlagepflichtigen gebotenen Vorteil (vgl. BVerfG, Entscheidung v. 7. Februar 1991 - 2 BvL 24/84 -, BVerwG, Beschl. v. 21. Oktober 1987 - 7 B 64.87 -; Beschl. v. 4. Juni 2002 - 9 B 15.02 -, jeweils zit. nach JURIS).

Es kann danach offen bleiben, ob den Zweckverbänden überhaupt die Erhebung von getrennten Umlagen bzw. "Sonderumlagen", möglicherweise sogar auf der Grundlage verschiedener Umlagemaßstäbe, über eine Differenzierung nach Aufgabenbereichen hinaus erlaubt ist (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 5. August 2002 - 2 M 63/02 -; Kleine u.a., Kommunalverfassungsrecht, § 13 GKG LSA Anm. 2.4; vgl. aber auch Forst, a.a.O. S. 166 ff.). In der vom Beklagten vorgelegten Rundverfügung des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 29. September 2006 wird jedenfalls ausgeführt, es dürfe nur eine Umlage erhoben werden, die nicht nach einzelnen Einrichtungen zur Aufgabenerledigung differenziert werden könne. Wenn allerdings in der Rundverfügung weiter ein "2-Stufen-System" vorgeschlagen wird, bei dem der Liquiditätsbedarf nach verschiedenen Umlagemaßstäben verteilt und dann zu einem Umlagebetrag zusammengeführt wird, handelt es sich im Ergebnis um die Erhebung getrennter Umlagen.

Soweit der Beklagte darauf verweist, bei der unterschiedlichen Inanspruchnahme der Leistungen eines Zweckverbandes durch die Verbandsmitglieder könne eine entsprechende verursachergerechte Ausgestaltung der Verteilungsvorgaben getätigt werden, so dass nicht sämtlicher Umlagebedarf auf alle Mitgliedsgemeinden verteilt werden müsse, verkennt er den Inhalt der angefochtenen Entscheidung. Durch das Urteil wurde lediglich festgestellt, dass die von vornherein in der Verbandssatzung erfolgte Beschränkung der Erhebung einer Umlage auf einzelne Mitglieder nicht vom GKG LSA gedeckt ist. Die Frage, inwieweit bei der Erhebung der Umlage von allen Mitgliedern des Zweckverbandes im Rahmen der Verteilungsregelung (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 5 GKG LSA) eine Differenzierung nach dem Verursacherprinzip erfolgen darf, war danach nicht entscheidungsrelevant.

Grundsätzlich hat ein Zweckverband auf Grund des Fehlens näherer Vorgaben im GKG LSA bei der Wahl des jeweiligen Umlagemaßstabes einen erheblichen Spielraum. Er muss darauf achten, dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Verbindung mit dem gleichfalls dem Rechtsstaatsprinzip entstammenden Willkürverbot eine Umlegung der Kosten auf die verbandsangehörigen Gemeinden verbietet, bei der eine Gemeinde gegenüber den anderen Gemeinden offenbar sachunangemessen und damit unverhältnismäßig benachteiligt wird (so BVerwG, Beschl. v. 21. Oktober 1987, a.a.O.; vgl. auch VGH Bayern, Beschl. v. 8. Februar 2002 - 4 ZB 01.2547 -, zit. nach JURIS). Ob allerdings im Rahmen der Erhebung einer (einheitlichen) Umlage eines neugebildeten Zweckverbandes ein Umlagemaßstab bestimmt werden kann und darf, durch den Rückstände, die vor der Fusion von Zweckverbänden entstanden waren, nur auf die jeweiligen Mitglieder dieser (Alt)Verbände verteilt werden, ist sehr fraglich. Möglicherweise kann eine solche Verteilung im Ergebnis nur durch im Rahmen der Fusion zu treffende Regelungen zwischen den Mitgliedsgemeinden und den (Alt)Verbänden erreicht werden, wonach die Mitgliedsgemeinden sich gegenüber dem neu zu bildenden Verband dazu verpflichten, im Innenverhältnis diese Rückstände in einem bestimmten Verhältnis zu übernehmen.

Die übrigen Einwendungen des Beklagten sind ebenfalls nicht durchgreifend.

§ 14 Abs. 4 Satz 1 GKG LSA, wonach ein Zweckverband nach seiner Auflösung als fortbestehend gilt, solange und soweit der Zweck der Abwicklung dies erfordert, ist weder unmittelbar noch mit seinem "Rechtsgedanken" anwendbar. Es gibt angesichts der bestehenden gesetzlichen Regelungen kein Bedürfnis, diese für eine gänzlich andere Fallgestaltung konzipierte Norm hier heranzuziehen. Der Beklagte hat sich - worauf die Klägerin zu Recht hinweist - auch mit den vom Verwaltungsgericht insoweit genannten wasserrechtlichen Vorschriften (§ 157b Abs. 4 WG LSA) nicht auseinander gesetzt.

Soweit der Beklagte geltend macht, die Klägerin habe ihr Klagerecht verwirkt bzw. die Klageerhebung verstoße gegen Treu und Glauben, lässt sich eine derart weitgehende Beschränkung der Rechte der Klägerin als Verbandsmitglied aus den vom Beklagten genannten Bestimmungen des Fusionsvertrages nicht herleiten. Die Regelung des § 8 des Fusionsvertrages bezieht sich allein auf Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vertragspartnern, d.h. den (Alt)Verbänden. Dass die Vertragspartner gemäß § 10 unwirksam gewordene Passagen (vereinbarungsgemäß) durch eine wirksame Fassung ersetzen, die dem angestrebten wirtschaftlichen Ziel möglichst nahe kommt, hat insoweit ebenfalls keine beschränkende Wirkung hinsichtlich der Anfechtung eines Umlagebescheides durch ein Verbandsmitglied. Mit dem weiteren Vortrag, die Klage gefährde "massiv den Verbandsfrieden" hat der Beklagte lediglich dargetan, dass der Rechtsstreit für ihn erhebliche Bedeutung hat, nicht aber, warum aus diesem Umstand ein Verlust der Klagebefugnis der Klägerin folgt.

Nicht abschließend entschieden werden muss, ob einer Erhebung der Umlage nach § 15 Abs. 2 Satz 2 VS auch der von der Klägerin vorgebrachte Umstand entgegensteht, dass es dieser Umlage nach der wirtschaftlichen Lage des Beklagten nicht bedurft habe.

2. Die Rechtssache hat weiterhin keine grundsätzliche Bedeutung i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

Wie oben schon dargelegt, würde sich die vom Beklagten formulierte Rechtsfrage, ob bei der Umlageerhebung in einem Zweckverband die Verteilung jeglichen Umlageaufwandes auf sämtliche Mitgliedsgemeinden zu erfolgen habe oder bei der Umlageerhebung verursachergerecht differenziert werden dürfe, mit der Folge, dass der Umlagebedarf teilweise nur auf bestimmte Verbandsmitglieder zu verteilen sein könne, in einem Berufungsverfahren nicht stellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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