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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 04.02.2009
Aktenzeichen: 4 L 118/06
Rechtsgebiete: GG, VwGO


Vorschriften:

GG Art. 105
VwGO § 86
VwGO § 86 Abs. 1
1. Auch auf Grund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2004 (- 1 BvR 1748/99, 905/00 -, BVerfGE 110, 274 ff.), in der zur Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger Stellung genommen worden ist, bestehen an der Einordnung der Vergnügungssteuer als zulässige Aufwandsteuer gem. Art. 105 GG keine Zweifel (vgl. BVerwG, Beschl. v. 23. Juni 2008 - 9 B 43/07 -, zit. nach JURIS).

2. Die mangelnde Substantiierung des Vortrags zu den Einspielergebnissen der eigenen Geräte, hier die offenkundige Weigerung, zu den Einspielergebnissen erschöpfend Stellung zu nehmen, führt zur Unzulässigkeit eines gestellten Beweisantrages zur Einholung eines Sachverständigengutachtens hinsichtlich der Einspielergebnisse der Geräte anderer Unternehmer.


Gründe:

Der statthafte Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.

1. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Auch auf Grund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20. April 2004 (- 1 BvR 1748/99, 905/00 -, BVerfGE 110, 274 ff.), in der zur Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger Stellung genommen worden ist, bestehen an der Einordnung der Vergnügungssteuer als zulässige Aufwandsteuer gem. Art. 105 GG keine Zweifel. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich der Senat anschließt, ist der Inhalt von Art. 105 Abs. 2a GG unter diesem Aspekt nicht klärungsbedürftig, weil er insoweit bereits höchstrichterlich geklärt ist (so Beschl. v. 23. Juni 2008 - 9 B 43/07 -, zit. nach JURIS unter Hinweis auf Urt. v. 13. April 2005 - BVerwG 10 C 8.04 -, Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 39 S. 53).

2. Eine Abweichung von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Dezember 2005 (- 10 CN 1.05 -, zit. nach JURIS) i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO hat die Klägerin schon nicht in einer § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt. Um den für die Frage einer Abweichung notwendigen Vergleich in der Sache zu ermöglichen, muss dargelegt werden, dass das Verwaltungsgericht von einem abstrakten, fallübergreifenden Rechts- oder Tatsachensatz ausgegangen ist und seinen Erwägungen zugrunde gelegt hat. Der aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichts gewonnene, hinreichend bezeichnete Rechts- oder Tatsachensatz ist sodann einem anderen eindeutig gegenüberzustellen, der aus der konkreten Entscheidung im Instanzenzug zu gewinnen ist. Die Klägerin zeigt bereits nicht auf, welchen "abweichenden" abstrakten Rechtssatz das Verwaltungsgericht seinen Erwägungen zugrunde gelegt hat. Eine Abweichung kann zwar "stillschweigend" geschehen. Es muss sich jedoch auch dann um eine abweichende "Entscheidung" handeln; eine angeblich nur unrichtige Anwendung eines in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten und vom Tatsachengericht nicht in Frage gestellten Rechts- oder Tatsachengrundsatzes auf den Einzelfall stellt keine Abweichung i.S. des Zulassungsrechts dar (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 29. April 2008 - 4 L 98/07 -, m.w.N.).

Dementsprechend genügt auch die hilfsweise gerügte Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht den Darlegungsanforderungen nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.

3. Ein Verfahrensmangel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liegt schließlich ebenfalls nicht vor.

a) Dass die unter Hinweis auf Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. April 2005 gem. § 87b Abs. 2 und 3 VwGO erfolgte Fristsetzung des Verwaltungsgerichts vom 24. Oktober 2005 an die Klägerin, bis zum 21. November 2005 Einspielergebnisse ihrer Gewinnspielautomaten und/oder der von anderen Aufstellern im Stadtgebiet der Beklagten vorzulegen, entgegen § 67 Abs. 3 Satz 3 VwGO a.F. nicht an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin, sondern an den Geschäftsführer der Klägerin übersandt worden ist, führt nicht zu einer Zulassung der Berufung. Selbst wenn man davon ausgeht, dass dieser Mangel zu einer Unwirksamkeit der Fristsetzung geführt hat, beruhte das Urteil nicht auf diesem Verfahrensmangel. Das Gericht hatte schon vorher mit fehlerfrei zugestelltem Schreiben vom 7. Oktober 2005 auf die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts hingewiesen und die Beteiligten dazu aufgefordert mitzuteilen, ob und inwieweit sie über Angaben von Einspielergebnissen - auch anderer Aufsteller - aus dem maßgeblichen Erhebungsjahr 2003 verfüge oder sich diese beschaffen könne. Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht mit dem Geschäftsführer der Klägerin und ihrem Prozessbevollmächtigten am 19. Oktober 2005 eine mündliche Verhandlung durchgeführt und nach der angefochtenen Entscheidung die Verhandlung deshalb auf den 14. Dezember 2005 vertagt, um der Klägerin ausreichend Gelegenheit zu geben, ihre Einspielergebnisse oder die von anderen Aufstellern vorzulegen. Es ist danach davon auszugehen, dass die Klägerin in hinreichender Weise darauf hingewiesen worden war, dass die Vorlage nur eines Teils der Einspielergebnisse ihrer Geräte von vornherein nicht genügend sein würde. Dies ergibt sich im Übrigen schon ohne Weiteres aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, in der ausdrücklich darauf verwiesen wird, es liege auf der Hand, dass die Schwankungsbreite der Einspielergebnisse im Satzungsgebiet umso verlässlicher bestimmt werden könne, je mehr Apparate und Aufsteller von der Vergleichsrechnung erfasst würden (so Urt. v. 13. April 2005 - 10 C 5/04 -, zit. nach JURIS). Eine Unwirksamkeit der Fristsetzung vom 24. Oktober 2005 konnte also nur zur Folge haben, dass das Verwaltungsgericht daran gehindert gewesen wäre, nach Ablauf der gesetzten Frist vorgelegte Zahlen unberücksichtigt zu lassen.

b) Die Ablehnung des klägerischen Beweisantrages, mit dem durch ein Sachverständigengutachten im Wesentlichen Beweis darüber erhoben werden sollte, dass auch bei anderen Aufstellunternehmern Umsatzschwankungen in relevanter Höhe vorliegen, erfolgte im Ergebnis zu Recht.

Der Beweisantrag stellte sich nach dem Vorbringen der Klägerin als unzulässiger "Ausforschungsbeweis"-Antrag (vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO 15. A., § 86 Rdnr. 18a) dar. Da die Klägerin für die Richtigkeit ihrer Behauptung zu den Einspielergebnissen der anderen Aufstellunternehmer keinerlei Anhaltspunkte nannte und schon selbst ihren Mitwirkungspflichten (vgl. § 86 Abs. 1 Satz 1 HS 2 VwGO) zur Vorlage der Einspielergebnisse ihrer Geräte nicht in ausreichender Weise nachkam, gab es für diese Behauptung keine tatsächliche Grundlage. Das Verwaltungsgericht hat unwidersprochen dargelegt, dass die Klägerin nur die Ergebnisse von vier ihrer mindestens sechzehn Geräte vorgelegt habe und es zudem versäumt habe, die Einspielergebnisse der von ihrem Geschäftsführer als Einzelkaufmann betriebenen Geräte vorzulegen.

Zwar kann im Rahmen der Aufklärung der "Schwankungsbreite" der Einspielergebnisse von Gewinnspielgeräten im maßgeblichen Gebiet sogar schon die unterlassene Einholung eines Sachverständigengutachtens trotz Anregung eines Verfahrensbeteiligten eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) darstellen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 4. September 2007 - 9 B 10/07, 9 B 10/07 - zit. nach JURIS). Umso mehr wäre dann unter den gleichen Voraussetzungen die Ablehnung eines Beweisantrages als Verfahrensfehler anzusehen. Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung ausdrücklich festgestellt, die Verletzung der Mitwirkungspflichten durch die Beteiligten könne die Anforderungen an die Ermittlungspflicht des Gerichts herabsetzen. Die gerichtliche Aufklärungspflicht finde dort ihre Grenze, wo das Vorbringen der Beteiligten keinen tatsächlichen Anlass zu weiterer Aufklärung biete (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 14. Dezember 2005 - 10 CN 1.05 -, a.a.O.). In gleicher Weise führt die mangelnde Substantiierung des Vortrags zu den Einspielergebnissen der eigenen Geräte, hier die offenkundige Weigerung, zu den Einspielergebnissen erschöpfend Stellung zu nehmen, zur Unzulässigkeit eines gestellten Beweisantrages zur Einholung eines Sachverständigengutachtens hinsichtlich der Einspielergebnisse der Geräte anderer Unternehmer.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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