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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 13.07.2006
Aktenzeichen: 4 L 127/06
Rechtsgebiete: KAG LSA


Vorschriften:

KAG LSA § 6 I 1
KAG LSA § 6 VI 3
KAG LSA § 6 VI 2
Bei dem sog. besonderen Herstellungsbeitrag bzw. Herstellungsbeitrag II (vgl. dazu OVG LSA, Urt. v. 19. Mai 2005 - 1 L 252/04 -; Beschl. v. 18. November 2004 - 1 M 61/04 -; Urt. v. 4. Dezember 2003 - 1 L 226/03 -; vgl. auch Driehaus, Kommunalabgabenrecht Bd. III, § 8 Rdnr. 1057b) handelt es sich dem Grunde nach um einen Herstellungsbeitrag i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA, der sich lediglich wegen der Regelung in § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA von einem "normalen" Herstellungsbeitrag unterscheidet. Die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht wird daher - eingeschränkt für Altanschlussnehmer durch § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA - auch für diesen Beitrag durch § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG LSA geregelt. Die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht setzt also nicht die Erneuerung der Einrichtung vor dem veranlagten Grundstück voraus.
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 4 L 127/06

Datum: 13.07.2006

Gründe:

Der statthafte Antrag hat keinen Erfolg.

1. Es bestehen an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung keine ernstlichen Zweifel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass die sachliche Beitragspflicht mit der Schaffung der Einrichtung im Rechtssinne und dem Inkrafttreten der Niederschlagswasserbeitragssatzung des Beklagten vom 18. Oktober 2001 entstanden ist. Im Gegensatz zur klägerischen Rechtsauffassung erfordert die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht vorliegend nicht, dass Maßnahmen zur Erneuerung am Entwässerungssystem hinsichtlich der Niederschlagswasserbeseitigung vor dem Grundstück durchgeführt worden sind.

Bei dem sog. besonderen Herstellungsbeitrag bzw. Herstellungsbeitrag II (vgl. dazu OVG LSA, Urt. v. 19. Mai 2005 - 1 L 252/04 -; Beschl. v. 18. November 2004 - 1 M 61/04 -; Urt. v. 4. Dezember 2003 - 1 L 226/03 -; vgl. auch Driehaus, Kommunalabgabenrecht Bd. III, § 8 Rdnr. 1057b) handelt es sich dem Grunde nach um einen Herstellungsbeitrag i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA, der sich lediglich wegen der Regelung in § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA von einem "normalen" Herstellungsbeitrag unterscheidet. § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA bestimmt zum einen, dass für die Grundstücke, die bereits vor Inkrafttreten des KAG LSA am 16. Juni 1991 an eine zentrale öffentliche leitungsgebundene Anlage angeschlossen waren oder eine Anschlussmöglichkeit hatten, in Abweichung von § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG LSA eine Beitragspflicht i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA nicht für Investitionen entsteht, die vor Inkrafttreten des KAG LSA abgeschlossen worden sind. Zum anderen folgt aus der Regelung, dass bei der Bemessung des besonderen Herstellungsbeitrages für die Grundstücke, die bereits vor Inkrafttreten des KAG LSA angeschlossen waren oder angeschlossen werden konnten, d.h. bei der Ermittlung der nach dem 15. Juni 1991 getätigten Investitionen, der Aufwand für die nach diesem Zeitpunkt neu erschlossenen oder zu erschließenden Gebiete unberücksichtigt bleiben muss. Ansonsten gilt aber auch für den besonderen Herstellungsbeitrag, dass die sachliche Beitragspflicht gem. § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG LSA dann entsteht, sobald das Grundstück an die Einrichtung angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem Inkrafttreten der (Beitrags)Satzung.

Soweit in der Antragsbegründung darauf abgestellt wird, es handele sich bei dem besonderen Herstellungsbeitrag um eine "Schöpfung" des Richterrechts und es ergebe sich aus der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt, dass die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht die Erneuerung der Einrichtung vor dem veranlagten Grundstück voraussetze, geht dies fehl. Der besondere Herstellungsbeitrag beinhaltet keinen von der gesetzlichen Regelung losgelösten und durch Richterrecht geschaffenen Beitragstatbestand, sondern findet seine Rechtsgrundlage in § 6 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 6 Satz 3 KAG LSA. Die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht wird daher - eingeschränkt für Altanschlussnehmer durch § 6 Abs. 6 Satz 3 KAG LSA - auch für diesen Beitrag durch § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG LSA geregelt. Dass in der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts hinsichtlich der Vorteilslage der Altanschlussnehmer auch auf die mit der Erneuerung verschlissener Anlagenteile verbundene dauerhafte Sicherung der Anschlussmöglichkeit verwiesen wird, hat schon von vornherein nichts mit der Entstehung der sachlichen Beitragspflicht zu tun. Darüber hinaus folgt aus dieser Rechtsprechung, die in erster Linie auf die Schaffung der öffentlichen Einrichtung im Rechtssinne abstellt, gerade nicht, dass sämtliche Teile der übernommenen Anlage - und damit zwingend auch die vor den Grundstücken - erneuert werden müssen, um einen Vorteil entstehen zu lassen. Das Bestehen der Vorteilslage i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA hängt neben der tatsächlichen Möglichkeit der Anschlussnahme auch von der rechtlichen Sicherung ab. Hat eine Kommune oder ein Zweckverband nach Inkrafttreten des KAG LSA eine vorhandene zentrale Niederschlagswasserbeseitigungsanlage übernommen und den bei der Übernahme an diese Anlage angeschlossenen Altanschlussnehmern zur Nutzung zur Verfügung gestellt, so wird den angeschlossenen Grundstücken eine dauerhaft gesicherte Anschlussmöglichkeit erst mit der Widmung der Anlage geboten, die nach § 8 Satz 1 Nr. 1 GO LSA grundsätzlich durch Erlass einer Satzung erfolgt, mit der die Benutzung der öffentlichen Einrichtung geregelt und der Zugang zu ihr eröffnet wird. Wird den Anschlussnehmern kein Anschlussrecht und keine Befugnis zur Benutzung der öffentlichen Einrichtung eingeräumt, so fehlt es an der den Vorteil begründenden Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtung (vgl. auch OVG LSA, Beschl. v. 22. November 2004 - 1 L 41/03 -). Daher entstand die Vorteilslage für die hier in Rede stehenden Grundstückseigentümer schon allein durch die Schaffung der öffentlichen Einrichtung im Rechtssinne, die mit der erstmaligen Widmung im Satzungsrecht des Beklagten erfolgte.

Der Einwand, erst mit der Erneuerung der Anlagenteile vor dem Grundstück werde zumindest in technischer Hinsicht die dauerhafte Sicherung der Anschlussmöglichkeit gewährleistet, ist ebenfalls nicht durchgreifend. Im Rahmen des § 6 Abs. 6 Satz 2 KAG LSA kommt es in tatsächlicher Hinsicht nur darauf an, ob die Anschlussmöglichkeit vor dem Grundstück betriebsbereit und dauerhaft ist, d.h. nicht nur provisorisch hergestellt (vgl. Driehaus, Kommunalabgabenrecht Bd. II, § 8 Rdnr. 537; Bd. III Rdnr. 1050, 1050a). Dass der Anschlusskanal aber zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Beitragssatzung des Beklagten nicht betriebsbereit gewesen ist oder nur provisorisch hergestellt, ist weder ersichtlich noch vorgetragen.

Der pauschale Verweis auf eine - nicht näher benannte - Rechtsprechung in Thüringen ist von vornherein nicht geeignet, ernstliche Zweifel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO darzulegen.

Mit der in der Antragsbegründung weiter dargestellten "systematischen Argumentation", die sich aus dem "Wesen der Beitragserhebung" ergebe, wird - worauf in dem angegriffenen Urteil zu Recht verwiesen wird - nicht die Feststellung des Verwaltungsgerichts zum Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht angegriffen. Der damit verbundene Einwand richtet sich darauf, dass auf Grund der Übernahme eines weitgehend funktionierenden Systems der Niederschlagswasserbeseitigung kurzfristig nur wenige Investitionen erforderlich seien, so dass mit der Erhebung des streitbefangenen Beitrages eine unzulässige Vorfinanzierung verbunden sei. Damit wird aber allein die Frage aufgeworfen, ob die in die Kalkulation des besonderen Herstellungsbeitrages eingestellten Kosten tatsächlich in vollem Umfang eingestellt werden durften. Konkrete Rügen zu der Aufwandsermittlung werden in der Antragsbegründung jedoch nicht erhoben.

2. Der Rechtssache kommt aus den o.g. Gründen auch keine grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu. Die Durchführung eines Berufungsverfahrens ist zur Klärung der aufgeworfenen Rechtsfragen nicht erforderlich. Es ist nicht zu erwarten, dass ein Berufungsverfahren zu der sinngemäß aufgeworfenen Fragestellung, ob beim Anschluss an Altanlagen die Entstehung der sachlichen Beitragspflicht die Erneuerung der Einrichtung vor dem jeweils veranlagten Grundstück voraussetzt, zu Erkenntnissen führt, die über die vorstehenden Ausführungen hinausgehen. Die Zulassung der Berufung durch ein anderes Verwaltungsgericht nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO bindet - unabhängig von der Frage, ob es sich überhaupt um identische Rechtsfragen handelt - das Oberverwaltungsgericht in dem vorliegenden Verfahren nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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