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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 15.05.2006
Aktenzeichen: 4 L 141/06
Rechtsgebiete: GKG LSA


Vorschriften:

GKG LSA § 9 I 1
Zur Auslegung der Regelungen zur Aufgabenübertragung auf einen Zweckverband in einer Verbandssatzung
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 4 L 141/06

Datum: 15.05.2006

Gründe:

Der statthafte Antrag hat keinen Erfolg.

1. Es bestehen an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung keine ernstlichen Zweifel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass der Beklagte keine Befugnis zum Erlass einer Gebührensatzung für den streitbefangenen Zeitraum hat, weil es an der dazu notwendigen Übertragung der Aufgabe der zentralen Abwasserbeseitigung für das Gebiet der Gemeinde P. fehlt.

a) Gemäß § 2 Abs. 1 der 1993 bekannt gemachten Verbandssatzung des Beklagten vom 16. Juli 1992 - VS 1992 - hatte der Beklagte die Aufgabe, die im Verbandsgebiet anfallenden und in den örtlichen Entwässerungsanlagen gesammelten Abwässer in Sammelkanälen fortzuleiten und an eine(m) Sammelpunkt vor der Großkläranlage A-Stadt-Nord das Abwasser an den Betreiber der Kläranlage zu übergeben. Diese Aufgabe umfasste damit nicht die zentrale Abwasserbeseitigung in der Gemeinde P., weil das dort anfallende Abwasser der bereits vor Gründung des Beklagten errichteten Kläranlage P. (D.-Stadt) zugeführt wurde. § 2 Abs. 1 VS 1992 kann auch nicht "unter Berücksichtigung des Zwecks der Regelung und der tatsächlichen (historischen) Hintergründe der Regelung" erweiternd ausgelegt werden. Abgesehen davon, dass der Wortlaut einer Regelung anderen Auslegungsmethoden eine Grenze setzt, sind die vom Beklagten geltend gemachten Anhaltspunkte in der VS 1992 von vornherein nicht geeignet, eine abweichende Auslegung vorzunehmen.

Die Tatsache, dass sich der Beklagte in § 2 Abs. 2 Satz 1 VS 1992 die Errichtung einer eigenen Kläranlage nach Auswertung einer Effektivitätsstudie vorbehielt, hat auf die Festlegung der Aufgabenbereiche keine Auswirkungen. Auch der Umstand, dass in § 2 Abs. 1 VS 1992 die "Absicht klargestellt" wurde, die Abwässer der Großkläranlage A-Stadt-Nord zuzuleiten, lässt nicht darauf schließen, dass die Sammlung, Fortleitung und Behandlung der Abwässer in den anderen Kläranlagen ebenfalls dem Beklagten übertragen werden sollte.

Soweit der Beklagte darauf verweist, aus dem bei Fassung der Verbandssatzung entwickelten Konzept werde der "Wille der Verbandsmitglieder deutlich, dem Verband in jedem Fall die Aufgabe einer zentralen Abwasserbeseitigung durch Fortleitung zur Kläranlage A-Stadt-Nord oder durch eigene Kläranlagen zu übertragen", erfasst dies schon nicht die Abwasserbeseitigung in den vor Gründung des Beklagten errichteten Kläranlagen. Darüber hinaus lässt sich der VS 1992 ein solcher Wille nicht entnehmen. Die Regelung zu den Verbandsanlagen in § 3 VS 1992 steht gem. § 3 Satz 1 VS 1992 unter dem ausdrücklichen Vorbehalt, das es nur um Anlagen und Einrichtungen geht, die zur Erfüllung der Verbandsaufgaben notwendig sind. Die Aufgaben des Beklagten ergeben sich aber aus § 2 VS 1992. Soweit in § 3 Satz 6 VS 1992 festgelegt wird, dass die Erstellung, Unterhaltung und der Betrieb der Ortskanalisation sowie der Zuleitung und Anschlüsse an die Verbandsanlagen derzeit den Verbandsmitgliedern obliegt, handelt es sich lediglich um eine Klarstellung der schon aus § 2 Abs. 1 VS 1992 folgenden Aufgabentrennung. Auch sonst ist in § 3 VS 1992 keinerlei Hinweis darauf zu erkennen, dass der Beklagte die Aufgabe haben sollte, die zentrale Abwasserbeseitigung in den schon vor seiner Gründung errichteten Kläranlagen zu übernehmen.

Ob die vorgenommene Aufgabentrennung zwischen dem Beklagten und seinen Mitgliedern zu einer Erschwerung der Gebührenerhebung führt, kann bei der Auslegung der maßgebenden Normen nur eine untergeordnete Rolle spielen. Entsprechendes gilt für die Tatsache, dass die jeweiligen Gebührensatzungen des Beklagten davon ausgehen, dass ihm die zentrale Abwasserbeseitigung in den anderen Kläranlagen übertragen worden war. Ein entsprechender Wille des Satzungsgebers muss sich vielmehr in hinreichend deutlicher Weise aus der dazu erlassenen Bestimmung in der Verbandssatzung entnehmen lassen. Zum einen ist jedoch der Wortlaut des § 2 Abs. 1 VS 1992 insoweit eindeutig und zum anderen fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten, die eine abweichende Auslegung nahe legen. Gerade die vom Beklagten unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Norm vorgeschlagene Auslegung des § 2 Abs. 1 VS 1992, die in erheblicher Weise vom tatsächlichen Wortlaut abweicht, zeigt außerdem deutlich, dass eine derartige Auslegung zu weitgehend wäre.

b) Aus der im September 1995 bekannt gemachten Neufassung der Verbandssatzung des Beklagten sowie den §§ 2 Abs. 1 Buchst. a, Abs. 2 der Verbandssatzung des Beklagten vom 24. Februar 2003 - VS 2003 - ergibt sich keine weitergehende Aufgabenübertragung, weil diese Regelungen - was vom Beklagten nicht bestritten wird - mit den entsprechenden Regelungen der VS 1992 weitestgehend wortgleich sind.

c) Die Bestimmung des § 2 Abs. 4 VS 2003, wonach die gemeindlichen Aufgaben und hoheitlichen Befugnisse der Mitgliedsgemeinden auf dem Gebiet der Abwasserentsorgung mit Inkrafttreten der Verbandssatzung auf den Zweckverband übergehen, stellt lediglich eine konkretisierende Wiederholung des § 9 Abs. 1 Satz 1 GKG LSA in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung - GKG LSA a.F. - dar und bewirkt daher keine besondere Aufgabenübertragung. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 GKG LSA a.F. gehen mit der Bildung des Zweckverbandes das Recht und die Pflicht der beteiligten kommunalen Gebietskörperschaften, die übertragenen Aufgaben zu erfüllen und die dazu notwendigen Befugnis zu erfüllen, auf den Zweckverband über. Einer Auslegung des § 2 Abs. 4 VS 2003 als Generalklausel, mit der alle Aufgaben auf dem Gebiet der Abwasserentsorgung überragen werden sollten, soweit sie nicht bereits auf Grund des § 2 Abs. 1, 2 und 3 VS 2003 übertragen wurden, steht schon entgegen, dass es dann dieser Regelungen überhaupt nicht bedurft hätte. Darüber hinaus lässt sich dem Eingangssatz des § 2 Abs. 1 VS 2003, wonach dem Zweckverband "im Einzelnen folgende Aufgaben" obliegen, sowie der Aufzählung der Aufgaben in § 2 Abs. 1 Buchst. a und b VS 2003 deutlich entnehmen, dass allein mit dieser Vorschrift die Aufgabenübertragung geregelt werden sollte.

2. Soweit der Beklagte geltend macht, die Rechtssache weise besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf und habe grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, ist noch nicht einmal ansatzweise gem. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt, woraus sich dies ergibt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 4 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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