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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 14.04.2008
Aktenzeichen: 4 L 181/07
Rechtsgebiete: GG, KAG LSA


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
KAG LSA § 5 Abs. 3
1. Mit der Regelung einer pauschalen Grundgebühr für unbewohnte Wohngrundstücke, die der Höhe nach der Grundgebühr für einen Einwohner entspricht, wird nicht ausreichend berücksichtigt, dass relevanter Bezugspunkt für die Erhebung der Grundgebühr ausschließlich das Maß der Inanspruchnahme der aus der Lieferbereitschaft folgenden und jederzeit für den Grundstückseigentümer abrufbaren Vorhalteleistung und nicht die tatsächliche Inanspruchnahme der durch die öffentliche Einrichtung zur Verfügung gestellten Versorgungsleistungen (Trinkwasser und Abwasser) ist.

2. Auch unbewohnte Wohngrundstücke nehmen je nach Bebauung und Nutzungsmöglichkeit Vorhalteleistungen in Anspruch, die insbesondere nicht dadurch eingeschränkt werden oder entfallen, dass ein Wohngrundstück im Abrechnungszeitraum ganz oder zeitweise nicht bewohnt war.

3. Entsprechendes gilt für die Regelung einer pauschalen Grundgebühr für ungenutzte Gewerbegrundstücke.

4. Die Unwirksamkeit des Grundgebührenmaßstabes für unbewohnte Wohngrundstücke und ungenutzte Gewerbegrundstücke führt zur Nichtigkeit des gesamten die Grund- und Leistungsgebühr betreffenden Teils der Gebührensatzung.


Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu Verbrauchs- und Grundgebühren für die Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung des Beklagten für den Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2004. Er ist Eigentümer des Grundstücks Sankt-Stephan-Straße 453a in der Gemeinde W..

Mit Bescheiden vom 13. Mai 2005 setzte der Beklagte die von dem Kläger zu entrichtenden Gebühren für Abwasser und Wasser im Abrechnungszeitraum 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2004 auf insgesamt 3.380,18 Euro fest. Auf den Widerspruch des Klägers vom 13. Juni 2005, mit dem er sich im Wesentlichen auf die mangelnde Nachvollziehbarkeit der einzelnen Gebührenbescheide berief, änderte der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 2005 seinen Gebührenbescheid vom 13. Mai 2005 für den Abrechnungszeitraum 1. Januar 2001 bis 31. Dezember 2001 von 1.135,58 Euro auf 652,23 Euro ab und wies im Übrigen den Widerspruch des Klägers zurück.

Am 29. Juli 2005 hat der Kläger Klage erhoben und im Wesentlichen ausgeführt, der Beklagte habe bereits die Mieterin des auf dem Grundstück befindlichen Wohnhauses zur Leistung von Gebühren herangezogen, die entsprechenden Bescheide aber später von Amts wegen aufgehoben und diese sodann ohne Angabe von Gründen gegen ihn erlassen. Schon aus diesem Grund seien die an ihn gerichteten Gebührenbescheide rechtswidrig.

Der Kläger hat beantragt,

die Bescheide des Beklagten vom 13. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juli 2005 aufzuheben,

hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat neben einer Erläuterung für die bei der Neufestsetzung dem Kläger gegenüber aufgetretenen Unterschiede in den ausgewiesenen Wasserzählerständen ergänzend ausgeführt, Gebührenbescheide seien an den Grundstückseigentümer zu richten, so dass die Aufhebung der ursprünglich an die Mieterin gerichteten Bescheide rechtmäßig gewesen sei. Eine Informationspflicht bestehe insoweit nicht. Auch sei ein Guthaben in Höhe von 873,13 Euro dem Kundenkonto des Klägers gutgeschrieben worden.

Mit dem angefochtenen Urteil vom 3. Mai 2007 hat das Verwaltungsgericht Magdeburg die Gebührenbescheide des Beklagten aufgehoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der in § 2 Abs. 6 der Trinkwassergebührensatzung und in § 3 I. Abs. 6 bis 8 der Zentralen Gebührensatzung des Beklagten enthaltene Einwohnermaßstab für die Grundgebührenerhebung sei unwirksam; denn das Maßstabselement für unbewohnte Wohngrundstücke sei nicht vorteilsgerecht. Danach erhebe der Beklagte für jedes unbewohnte Wohngrundstück nur eine Grundgebühr in einer Höhe, die der Grundgebühr für einen Einwohner entspreche. Diese Ausgestaltung des Gebührenmaßstabs verletze sowohl den Grundsatz der leistungsbezogenen Gebührenbemessung nach § 5 Abs. 3 S. 1 und 2 KAG LSA als auch den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Das Maß der Nutzung der Vorhalteleistung der jeweiligen öffentlichen Einrichtung sei nicht hinreichend erfasst, wenn für jedes unbewohnte Wohngrundstück nur ein Einwohner zugrunde gelegt werde. Dies sei zum einen innerhalb der Gruppe "unbewohnte Grundstücke" zu pauschal, denn unbewohnte Wohngrundstücke könnten eine sehr unterschiedliche Vorhalteleistung in Anspruch nehmen, je nachdem wie viele Wohneinheiten auf dem jeweiligen Grundstück vorgesehen seien. Eine Ungleichbehandlung, die sich nicht mit Gründen der Verwaltungspraktikabilität und -vereinfachung rechtfertigen lasse, trete ein, weil auch unbewohnte Wohngrundstücke gegenüber vergleichbar bewohnten Grundstücken in gleichem Maße Vorhalteleistungen der öffentlichen Einrichtung in Anspruch nähmen. Gleiches gelte für die vorgesehene Pauschalgrundgebühr für ungenutzte Gewerbegrundstücke. Wegen der Nichtigkeit des Maßstabes für die Erhebung der Grundgebühr sei auch der Gebührensatz für die jeweilige Verbrauchs- bzw. Leistungsgebühr nichtig.

Der Beklagte macht zur Begründung der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung geltend, der Senat habe es bereits in seinem Beschluss vom 19. Oktober 2006 - 4 L 72/06 - als ausreichend angesehen, wenn eine Satzung für unbewohnte Wohngrundstücke eine pauschale Grundgebühr entsprechend eines Einwohners vorsehe. Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergebe sich aus Art. 3 Abs. 1 GG kein striktes Gebot der gebührenrechtlichen Leistungsproportionalität. Vielmehr werde in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass das Äquivalenzprinzip und der Gleichheitssatz es nicht verlangten, Benutzungsgebühren nach dem Maß der durch die jeweilige Benutzung verursachten Kosten zu erheben. Tatsächlich und rechtlich unzutreffend sei ferner die Ansicht des Verwaltungsgerichts, dass unbewohnte Wohngrundstücke und brachliegende Gewerbegrundstücke die öffentliche Einrichtung hinsichtlich der mit der Grundgebühr umgelegten Kosten unterschiedlich in Anspruch nähmen, je nach dem wie viele Wohneinheiten auf dem Grundstück vorhanden seien bzw. wie groß das brachliegende Gewerbegrundstück sei und wie viele Gebäude auf diesem Grundstück aufstünden. Vielmehr nähmen unbewohnte Wohngrundstücke und ungenutzte Gewerbegrundstücke die mit der Grundgebühr abzudeckenden invariablen Kosten gleichmäßig in Anspruch, da unabhängig von den auf dem Grundstück vorhandenen Wohneinheiten bzw. unabhängig von der Größe des Gewerbegrundstücks bzw. der auf dem Gewerbegrundstück aufstehenden Gebäude keine tatsächliche Inanspruchnahme vorliege, so dass auch von einer unterschiedlichen Inanspruchnahme der mit der Grundgebühr finanzierten Aufwendungen nicht ausgegangen werden könne. Insoweit gebe es auch keinen Rechtssatz, wonach bei gewerblich genutzten Grundstücken die Inanspruchnahme der öffentlichen Trinkwasser- bzw. Abwassereinrichtung abhängig sei von der Größe des Grundstücks oder der Größe und Anzahl der auf dem Grundstück aufstehenden Gebäude. Ferner könne ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG unter dem Gesichtspunkt des Grundsatzes der Typengerechtigkeit nicht bejaht werden. Hierzu sei zu bemerken, dass es sich beim Leerstand von Wohngrundstücken und von gewerblich genutzten Grundstücken grundsätzlich um einen vorübergehenden Zustand handele. Hinzu komme, dass im Verbandsgebiet weder auf dem Gebiet des Wohnungs- noch auf dem Gebiet des Gewerbewesens ein Leerstand von mehr als 10% an den zu berücksichtigenden Gesamteinheiten zu verzeichnen sei. Schließlich könne der Vorinstanz nicht darin gefolgt werden, dass sich aus der Teilnichtigkeit der Satzungsregelung über die Grundgebühr die Gesamtnichtigkeit der Regelung über den Gebührensatz in der Satzung ergebe; denn es sei nicht erkennbar, weshalb die Verbandsversammlung insgesamt auf die Erhebung von (kostendeckenden) Leistungsgebühren verzichten wolle. Dies führe letztlich zu einem Totalausfall auf Seiten der Gebührenerhebung, was in keinem Fall in seinem Interesse liege.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 9. Kammer - vom 3. Mai 2007 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen führt der Kläger ergänzend aus, der Ansatz des Beklagten, dass der Grundgebühr eine Gewinnleistung gegen-überstehen müsse, sei sachlich falsch. Im Übrigen seien die von dem Beklagten gewählten Begrifflichkeiten nicht nachvollziehbar. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Die angefochtenen Bescheide des Beklagten vom 13. Mai 2005 betreffend die Abrechnungszeiträume 2001, 2002, 2003 und 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juli 2005 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Grund- und Verbrauchsgebühren für Trinkwasser ist § 5 KAG LSA i. V. m. der Satzung des Beklagten über die Erhebung von Gebühren für die Trinkwasserversorgung vom 20. Dezember 2001 (Trinkwassergebührensatzung - TGS -) in der Gestalt der Änderungssatzung vom 29. November 2006, veröffentlicht im Amtsblatt des Landkreises Quedlinburg vom 20. Dezember 2006. Die Erhebung der Gebühren für die Inanspruchnahme der zentralen öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage beruht auf der Satzung des Beklagten über die Erhebung von Gebühren für die zentrale Abwasserbeseitigung (Zentrale Gebührensatzung - ZGS -) vom 12. Juli 2001 in der Fassung der Änderungssatzung vom 29. November 2006, die im Amtsblatt des Landkreises Quedlinburg vom 20. Dezember 2006 veröffentlicht wurde.

Zu Recht hat das Verwaltungsgericht festgestellt, dass der in § 2 Abs. 6 TGS und § 3 I. Abs. 8 ZGS enthaltene Einwohnermaßstab für die Grundgebührenerhebung unwirksam (1.) und damit die Gebührenerhebung insgesamt rechtswidrig (2.) ist. Nach diesen Vorschriften erhebt der Beklagte für unbewohnte Wohngrundstücke eine Grundgebühr für Trinkwasser in Höhe von 36,00 Euro + 7% MwSt. pro Jahr und eine Grundgebühr für Abwasser in Höhe von 36,00 Euro pro Jahr. Ein solcher Gebührenmaßstab, der pauschal für jedes unbewohnte Wohngrundstück eine Grundgebühr in einer Höhe berechnet, die der Grundgebühr für einen Einwohner entspricht, ist indes weder mit § 5 Abs. 3 S. 1 und 2 KAG LSA noch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

1. Für die gerichtliche Überprüfung der Wahl eines Gebührenmaßstabs gilt nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt: OVG LSA, Urt. v. 12.02.2008 - 4 L 264/07 -) folgendes: Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA erheben Landkreise und Gemeinden als Gegenleistung die für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen erforderlichen Benutzungsgebühren, soweit nicht ein privatrechtliches Entgelt gefordert wird. Nach § 5 Abs. 3 Satz 1 KAG LSA erfolgt die Bemessung der Gebühren unter Berücksichtigung von Art und Umfang der Inanspruchnahme der Einrichtung.

Die nach § 5 Abs. 3 Satz 5 KAG LSA zulässige Grundgebühr stellt eine Form der Benutzungsgebühr dar, die für die Inanspruchnahme der Liefer- und Betriebsbereitschaft einer öffentlichen Einrichtung (hier der Trinkwasserversorgung und Abwasserbeseitigung) erhoben wird. Mit ihr werden die durch das Bereitstellen und ständige Vorhalten der Einrichtung entstehenden verbrauchsunabhängigen Betriebskosten (sog. Fixkosten oder invariable Kosten wie z.B. Abschreibungsbeträge und Zinsen) ganz oder teilweise abgegolten, und sie wird deshalb nicht - verbrauchsabhängig - nach dem Maß der Inanspruchnahme, sondern - verbrauchsunabhängig - nach einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab bemessen, der sich an Art und Umfang der aus der Lieferbereitschaft folgenden abrufbaren Arbeitsleistung (z.B. Nenngröße des Wasserzählers) als Anhalt für die vorzuhaltende Höchstlastkapazität zu orientieren hat (vgl. OVG LSA, Urt. v. 06.03.2007 - 4 L 321/06 -, zitiert nach juris; BVerwG, Urt. v. 01.08.1986 - BVerwG 8 C 112.84 -, KStZ 1987, 11; NdsOVG, Beschl. v. 26.08.2002 - 9 LA 305/02 -). Dabei darf die Anwendung des Wahrscheinlichkeitsmaßstabs nicht dazu führen, dass die Gebühr in einem offensichtlichen Missverhältnis zu der damit abgegoltenen Leistung steht (§ 5 Abs. 3 Satz 2 KAG LSA). In der Rechtsprechung des Senats ist insoweit geklärt, dass die landesgesetzliche Ausprägung des Äquivalenzprinzips (§ 5 Abs. 3 S. 1 und 2 KAG LSA) auch für die Erhebung der verbrauchsunabhängigen Grundgebühr gilt (vgl. OVG LSA, Urt. v. 06.03.2007, a. a. O.; OVG LSA, Urt. v. 01.04.2004 - 1 K 93/03 -, zitiert nach juris). Neben dieser Grundgebühr wird nach dem Maß der jeweiligen Inanspruchnahme eine Verbrauchsgebühr (hier gemäß §§ 3 TGS, 3 I. ZGS) erhoben, mit der die laufenden verbrauchsabhängigen Kosten gedeckt werden.

Mit der in § 2 Abs. 6 TGS und § 3 I. Abs. 8 ZGS geregelten pauschalen Grundgebühr für unbewohnte Wohngrundstücke, die der Höhe nach der Grundgebühr für einen Einwohner entspricht (vgl. §§ 2 Abs. 2 TGS, 4 Abs. 2a ZGS), hat der Beklagte nicht berücksichtigt, dass relevanter Bezugspunkt für die Erhebung der Grundgebühr ausschließlich das Maß der Inanspruchnahme der aus der Lieferbereitschaft folgenden und jederzeit für den Grundstückseigentümer abrufbaren Vorhalteleistung und nicht die tatsächliche Inanspruchnahme der durch die öffentliche Einrichtung zur Verfügung gestellten Versorgungsleistungen (Trinkwasser und Abwasser) ist (vgl. schon OVG LSA, Beschl. v. 18.10.2006 - 4 M 356/06 -). Wesen der Grundgebühr ist es, die unabhängig von der tatsächlichen Nutzung allein durch die durchgängig vorzuhaltende Liefer- und Leistungsbereitschaft der Einrichtung entstehenden Fixkosten ganz oder zum Teil vorab auf die Gebührenpflichtigen zu verteilen (OVG LSA, Urt. v. 12.02.2008 - 4 L 264/07 -). Die Grundgebühr hat sich folglich ausschließlich an dem auf dem Grundstück möglichen Trinkwasserverbrauch und Abwasseranfall zu orientieren, da nur dieser Maßstab ausreichende Rückschlüsse auf die mögliche Menge des entnehmbaren Trinkwassers einerseits und das in die Entwässerungseinrichtung einleitbaren und vom Beklagten zu beseitigenden Abwassers andererseits und damit auf den Umfang der jederzeit abrufbaren Arbeitsleistung als Anhalt für die vorzuhaltende Höchstlastkapazität zulässt.

Mit der Regelung einer pauschalen Grundgebühr für unbewohnte Wohngrundstücke wird der Beklagte diesen Grundsätzen nicht gerecht; denn auch unbewohnte Wohngrundstücke nehmen je nach Bebauung und Nutzungsmöglichkeit Vorhalteleistungen in Anspruch, die insbesondere nicht dadurch eingeschränkt werden oder entfallen, dass ein Wohngrundstück im Abrechnungszeitraum ganz oder zeitweise nicht bewohnt war; denn der Gebührenpflichtige kann jederzeit eine Wohnnutzung aufnehmen oder ausweiten und damit gegenüber dem Beklagten sofort den Anspruch erwerben, dass dieser ihm die benötigte Menge an Trinkwasser liefert und das Abwasser abnimmt. Nehmen deshalb unbewohnte Wohngrundstücke und - nach ihrer Nutzungsintensität entsprechende - bewohnte Wohngrundstücke im vergleichbaren Umfang Vorhalteleistungen in Anspruch, wahrt die vorliegend in Rede stehende Grundgebührenerhebung für unbewohnte Wohngrundstücke, die an die Gebühr für einen Einwohner anknüpft, die verhältnismäßige Gleichheit unter den Gebührenschuldnern nicht (Art. 3 Abs. 1 GG). Hinzu kommt, dass der Beklagte je nach Nutzungsmöglichkeit unterschiedliche Leistungen vorzuhalten hat. So ist es ohne weiteres nachvollziehbar, dass ein Mehrfamilienhaus in der Regel eine höhere Vorhalteleistung auslöst als ein Einfamilienhaus. Diesem unterschiedlichen Ausmaß bei der erbrachten Leistung hat auch der Grundgebührenmaßstab für unbewohnte Wohngrundstücke Rechnung zu tragen; eine pauschale Grundgebühr wird dem aus § 5 Abs. 3 S. 1 und 2 KAG LSA folgenden Differenzierungsgebot jedenfalls nicht gerecht.

Gleiches gilt für den in § 3 I. Abs. 9 ZGS geregelten Grundgebührenmaßstab für ungenutzte Gewerbegrundstücke, denn auch diese Pauschalgebühr berücksichtigt in keiner Weise, dass auch ungenutzte Gewerbegrundstücke je nach Größe und möglicher Ausnutzung unterschiedliche Vorhalteleistungen in Anspruch nehmen können.

Mit seiner Auffassung setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu seinem Beschluss vom 19. Oktober 2006 - 4 L 72/06 -, denn in dieser Entscheidung hatte der Senat lediglich die Feststellung getroffen, dass es weder willkürlich ist noch gegen das als Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes zu verstehende Prinzip der Leistungsproportionalität verstößt, dass der Beklagte die Grundgebühr bei Wohngrundstücken nach einem personengebundenen Maßstab berechnet und bei nicht zu Wohnzwecken genutzten Grundstücken nach der Nenngröße des Wasserzählers. Zu der weiteren Frage, ob die fehlende Erhebung von Grundgebühren für leer stehende Wohnungen und nicht genutzte Wohngrundstücke gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoße, konnte der Senat hingegen schon deswegen nicht Stellung nehmen, weil der Antragsteller insoweit die Antragsbegründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO versäumt hatte. Die Entscheidung beschränkt sich deshalb auch ohne weitere rechtliche Durchdringung auf den bloßen Hinweis, dass nach § 2 Abs. 6 TGS für unbewohnte Wohngrundstücke abweichend von § 2 Abs. 1 TGS auch eine pauschale Grundgebühr entsprechend eines Einwohners berechnet werde.

Die Auffassung des Senats steht darüber hinaus auch im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts; denn dieses vertritt - wie vorstehend ausgeführt - in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass mit der Grundgebühr "die durch das Bereitstellen und ständige Vorhalten der Einrichtung entstehenden verbrauchsunabhängigen Betriebskosten (sog. Fixkosten wie z.B. Abschreibungsbeträge und Zinsen) ganz oder teilweise abgegolten werden, und sie deshalb nicht - verbrauchsabhängig - nach dem Maß der Benutzung (Inanspruchnahme), sondern - verbrauchsunabhängig - nach einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab bemessen wird, der sich an Art und Umfang der aus der Lieferbereitschaft folgenden abrufbaren Arbeitsleistung (z.B. Nenngröße des Wasserzählers, Zahl der Räume oder Zapfstellen, Brennstellen) als Anhalt für die vorzuhaltende Höchstlastkapazität zu orientieren pflegt" (BVerwG, Urt. v. 01.08.1986 -, a. a. O.).

Von dem von dem Beklagten erwähnten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Oktober 1977 (- BVerwG 7 C 4.76 -, Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 37, S. 39) weicht der Senat schon deswegen nicht ab, weil das Bundesverwaltungsgericht ausschließlich die Frage zu klären hatte, ob die Bemessung der Entwässerungsgebühren (Verbrauchsgebühren) nach dem von der Beklagten angewendeten modifizierten Frischwassermaßstab ohne besondere Berücksichtigung der Niederschlagswasserbeseitigung das Äquivalenzprinzip und den Gleichheitssatz verletzt. Die insoweit aufgestellten Grundsätze sind auf die hier streitgegenständliche Erhebung einer Grundgebühr schon deswegen nicht übertragbar, weil die Grundgebühr - anders als die Verbrauchsgebühr - unabhängig von der tatsächlichen Nutzung zu bemessen ist. Auch ein Widerspruch zu dem zum Abfallgebührenrecht ergangenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Dezember 2000 (- BVerwG 11 C 7.00 -, BVerwGE 112, 297 [301]), ist nicht erkennbar. Vielmehr vertritt auch der Senat die Auffassung, dass eine "Nichtnutzung" der öffentlichen Einrichtung die Grundgebührenpflicht - ihrem Wesen entsprechend - nicht entfallen lässt. Lediglich die vorliegend streitige Ausgestaltung der Grundgebühr im Einzelnen hält der Senat unter dem Gesichtspunkt der Belastungsgleichheit der Gebührenschuldner für rechtsfehlerhaft. Im Übrigen herrscht im Abfallgebührenrecht - im Unterschied zum Recht der Wasser- und Abwassergebühren - eine stark pauschalierende Erhebungstechnik vor, so dass dort von vornherein andere (großzügigere) Maßstäbe gelten (vgl. BVerwG, Beschl. v. 01.12.2005 - BVerwG 10 C 4.04 -, NVwZ 2006, 589).

Schließlich ist der in der Satzung des Beklagten geregelte Grundgebührenmaßstab für unbewohnte Wohngrundstücke und ungenutzte Gewerbegrundstücke auch nicht durch die von dem Bundesverwaltungsgericht entwickelten Grundsätze der Typengerechtigkeit (vgl. nur BVerwG, Beschl. v. 19.09.1983 - BVerwG 8 N 1.83 -, KStZ 1984, 9 [11]) gerechtfertigt.

Als Ausprägung des Gleichheitssatzes des Art. 3 Abs. 1 GG verlangt der Grundsatz der Abgabengerechtigkeit vom Normgeber die Gleichbehandlung der Abgabenpflichtigen und fordert für Differenzierungen wesentlich gleicher oder die Gleichbehandlung wesentlich ungleicher Sachverhalte einen sachlich einleuchtenden und hinreichend gewichtigen Grund (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 28.03.1995 - BVerwG 8 N 3.93 -, NVwZ-RR 1995, 594 ff.). Dabei ist für das leitungsgebundene Abgabenrecht anerkannt, dass es dem Satzungsgeber gestattet ist, bei der Ausgestaltung abgabenrechtlicher Regelungen in der Weise zu typisieren und zu pauschalieren, dass an Regelfälle eines Sachbereichs angeknüpft wird und die sich diesem "Typ" entziehenden Besonderheiten (bei einer Toleranzbreite von 10. v. H. der von einer Regelung betroffenen Fälle) außer Betracht bleiben (BVerwG, Urt. v. 16.09.1981 - BVerwG 8 C 47.81 -, Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 45 S. 14). Im Abgabenrecht gilt insoweit der Grundsatz der Praktikabilität, wonach der Satzungsgeber im Rahmen des Gleichheitsgrundsatzes berücksichtigen darf, dass seine Satzungsregelungen den praktischen Erfordernissen der Verwaltung Rechnung tragen müssen, damit die Abgabengerechtigkeit und die Genauigkeit der Abgabenbemessung einerseits sowie der Verwaltungsaufwand, der zur Verwirklichung dieses Zieles erforderlich ist, andererseits in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen. Die Rechtfertigung hierfür wird hergeleitet aus der Notwendigkeit, Massenvorgänge des Wirtschaftslebens angemessen verwaltungsmäßig zu bewältigen und zum anderen aus besonderen, unverhältnismäßigen Schwierigkeiten, vor allem technischer oder wirtschaftlicher Art, in manchen Bereichen die Abgabe nach einem individuellen, allen Gegebenheiten der Einzelsachverhalte Rechnung tragenden Wirklichkeitsmaßstab zu bemessen. Zu diesen Massenvorgängen zählt auch die Gebührenerhebung für die Inanspruchnahme der öffentlichen Abwasseranlage, weil sie sämtliche Grundstücke innerhalb eines Verbandsgebiets betrifft. Allerdings muss die durch jede typisierende Regelung entstehende Ungerechtigkeit noch in einem angemessenen Verhältnis zu den erhebungstechnischen Vorteilen der Typisierung stehen und die Zahl der Ausnahmen gering sein. Die Grenze liegt dort, wo ein sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung wesentlich gleicher oder die gesetzliche Gleichbehandlung wesentlich ungleicher Sachverhalte auch mit Blick auf die Verwaltungsvereinfachung fehlt (BVerwG, Beschl. v. 28.03.1995, a. a. O.; vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 29.09.2004 - BVerwG 10 C 3.04 -, NVwZ 2005, 332).

Der Satzungsgeber ist also bei der Ordnung der Gebührenerhebung und -bemessung berechtigt, eine Vielzahl von Einzelfällen in einem Gesamtbild zu erfassen, wenn bei der unvermeidbar typisierenden Betrachtung eine betroffene Fallgruppe nicht ins Gewicht fällt (vgl. BVerfG, Urt. v. 19.03.2003 - 2 BvL 9/98 u.a., BVerfGE 108, 1 [19]). Der Grundsatz der Typengerechtigkeit gestattet dem Abgabengesetzgeber die verallgemeinernde und pauschalierende Anknüpfung an die Regelfälle eines Sachbereichs aber nur so lange, als die Zahl der dem "Typ" widersprechenden Ausnahmen geringfügig ist (BVerwG, Beschl. v. 28.03.1995, a. a. O.; vgl. auch OVG NW, Urt. v. 17.12.2007 - 9 A 3648/04 -, zitiert nach juris).

Ausgehend von diesen Grundsätzen vermag der Hinweis des Beklagten, der Leerstand im Verbandsgebiet liege im Verhältnis zu den bewohnten Wohngrundstücken bzw. gewerblich genutzten Grundstücken unter 10 % und sei im Übrigen nur ein vorübergehender Zustand, den Grundgebührenmaßstab für unbewohnte Wohngrundstücke und ungenutzte Gewerbegrundstücke nicht zu rechtfertigen.

Der Senat vermag schon dem Ansatz des Beklagten nicht zu folgen, dass bewohnte und unbewohnte Wohngrundstücke bzw. genutzte und ungenutzte Gewerbegrundstücke einem einzigen Regeltyp zuzuordnen sind, weil die Nutzung bzw. Funktion der jeweiligen Grundstücke völlig andersartig ist. Dem entsprechend hat der Beklagte vor dem Hintergrund insbesondere des auf unbewohnte Wohngrundstücke naturgemäß nicht übertragbaren Einwohnermaßstabs die genutzten Grundstücke einerseits und die ungenutzten Grundstücke andererseits jeweils einem eigenständigen "Typ" bzw. Sachbereich zugeordnet. Der Beklagte selbst hat also den Sachbereich "unbewohnte Wohngrundstücke bzw. ungenutzte Gewerbegrundstücke" nicht im Sinne des Typisierungsgrundsatzes "außer Betracht gelassen", sondern in seiner Satzung diesen Typ ausdrücklich (gesondert) gebührenrechtlich erfasst. Unterwirft der Satzungsgeber die unbewohnten bzw. ungenutzten Grundstücke aber einer eigenständigen Grundgebührenpflicht, ist hinsichtlich der von der Grundgebühr erfassten Fälle ggf. eine Modifizierung des Maßstabs erforderlich. Dabei ist für die Prüfung, ob im Hinblick auf den Grundsatz der Typisierung eine Differenzierung des Maßstabs entbehrlich ist, allein die Gruppe der unbewohnten Wohngrundstücke/ungenutzten Gewerbegrundstücke heranzuziehen. Nur innerhalb dieses Sachbereichs kann der Beklagte die sich dem Typ entziehenden Besonderheiten aus Praktikabilitätserwägungen unberücksichtigt lassen.

2. Die Unwirksamkeit des Grundgebührenmaßstabes für unbewohnte Wohngrundstücke und ungenutzte Gewerbegrundstücke führt entgegen der Auffassung des Beklagten auch zur Nichtigkeit des gesamten die Grund- und Leistungsgebühr betreffenden Teils der Gebührensatzung.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschl. v. 1. August 2001 - BVerwG 4 B 23.01 -, zit. nach JURIS m.w.N.) führt die Ungültigkeit eines Teiles einer kommunalen Satzungsbestimmung nur dann nicht zu ihrer Gesamtunwirksamkeit, wenn die übrigen Teile auch ohne den ungültigen Teil sinnvoll bleiben (Grundsatz der Teilbarkeit) und mit Sicherheit anzunehmen ist, dass sie auch ohne diesen erlassen worden wären (Grundsatz des mutmaßlichen Willens des Normgebers). Das Verwaltungsgericht hat im Einzelnen dargelegt, dass ein solcher hypothetischer Wille des Beklagten hinsichtlich der Grundgebührenregelung schon deswegen nicht anzunehmen sei, weil es dem Satzungsgeber im Falle lediglich der Nichtigkeit der Grundgebühr für unbewohnte Wohngrundstücke und ungenutzte Gewerbegrundstücke verwehrt sei, seine nur teilweise unwirksame Satzung durch eine Neugestaltung der Grundgebühr oder Anhebung der Verbrauchsgebühr auf einen kostendeckenden Gebührensatz zu heilen. Eine derartige Rechtsfolge werde insbesondere dem weiten Ermessen des Ortsgesetzgebers bei der Ausgestaltung seiner (rückwirkenden) Gebührensatzung nicht gerecht, so dass vor diesem Hintergrund von einem in sich geschlossenen Satzungsgefüge aus Grund- und Leistungsgebühr ausgegangen werden müsse.

Auf die vom Verwaltungsgericht genannten Anhaltspunkte zu dessen (hypothetischen) Willen, insbesondere des drohenden Gebührenausfalls, geht der Beklagte nicht ein, sondern beschränkt sich letztlich auf die Feststellung, es entspreche - schon zur Vermeidung eines Totalausfalls auf Seiten der Gebührenerhebung - dem Willen der Verbandsversammlung, dass für den Fall der Unwirksamkeit des Grundgebührenmaßstabs die übrige Satzung Geltung behalte. Eine derartige, vom Beklagten aufgestellte (Regel)Vermutung besteht jedoch gerade nicht, auch nicht im Abwassergebührenrecht (vgl. schon OVG LSA, Beschl. v. 30. November 2006 - 4 L 321/06 -; OVG Schleswig-Holstein, Urt. v. 15. März 2006 - 2 LB 9/05 - und Entsch. v. 24. November 1999 - 2 K 19/97 - jeweils zit. nach JURIS; OVG Thüringen, Beschl. v. 26. September 2005 - 4 EO 817/03 -, zit. nach JURIS und Urt. v. 12. Dezember 2001, a.a.O.; Driehaus, Kommunalabgabenrecht Bd. 1, § 6 Rdnr. 265; Bd. 2, § 6 Rdnr. 755c a.E.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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