Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 13.02.2007
Aktenzeichen: 4 L 21/06
Rechtsgebiete: AbwAG


Vorschriften:

AbwAG § 9 Abs. 1
Zur Prüfung der Einleitereigenschaft i.S.d. § 9 Abs. 1 AbwAG bei dem Betrieb eines Campingplatzes/Strandbades mit einer Kläranlage auf Grund eines Erbbaupachtvertrages.

Der Betreiber der Kläranlage, der auf Grund seiner Sachherrschaft in der Lage ist, andere von der Benutzung auszuschließen, ist grundsätzlich allein für die durch die Anlage vermittelte Einleitung verantwortlich. Ob eine Dritten zuzurechnende und ohne entsprechende Befugnis vorgenommene vereinzelte Einleitung über die Anlage bei der Festsetzung der Abwasserabgabe zu berücksichtigen ist, ist eine von der personellen Zuordnung als Einleiter getrennt zu behandelnde Frage (vgl. dazu Köhler/Meyer, AbwAG 2. A., § 9 Rdnr. 14).


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 4 L 21/06

Datum: 13.02.2007

Gründe:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung (I.) und ihr Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Stellung eines Antrages zur Zulassung der Berufung (II.) haben jeweils keinen Erfolg

I. Es bestehen an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung keine ernstlichen Zweifel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, Einleiter i.S.d. § 9 Abs. 1 AbwAG sei regelmäßig der Betreiber der Abwasseranlage. Liege keine wasserrechtliche Erlaubnis vor, sei Betreiber, wer die tatsächliche Sachherrschaft über die Anlage ausübe. Dies wiederum sei regelmäßig der Besitzer oder Nutzungsberechtigte der Anlage, wobei nach den konkreten Umständen des Einzelfalles zu entscheiden sei, ob der Besitzer oder der Nutzungsberechtigte die Herrschaft über die Anlage auch tatsächlich innehabe. Üblicherweise gäben die der Nutzung zugrunde liegenden Verträge über die Betreibereigenschaft Auskunft. In Anwendung dieser Maßstäbe, gegen deren Geltung keine Bedenken bestehen (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 27. April 2006 - 4 K 89/06 -, zit. nach JURIS), hat das Verwaltungsgericht zu Recht die Klägerin zumindest ab dem 6. Mai 1998 als Einleiterin angesehen. Denn sie ist unstreitig durch eine notarielle Vereinbarung vom 6. Mai 1998 in einen zwischen der Gemeinde Sandersdorf und der C... AG geschlossenen Vertrag über ein Erbbaurecht für das streitbefangene Grundstück, auf dem sich ein Campingplatz und ein Strandbad befinden, eingetreten und hat das Grundstück übernommen.

Dass die Kläranlage im Verlauf des Jahres 1996 von der C... AG auf dem Grundstück errichtet wurde und "dabei" mit der Klägerin eine Vereinbarung getroffen worden sei, dass die fertige Kläranlage von ihr "schlüsselfertig" übernommen werden sollte, steht dem nicht entgegen. Dies gilt auch für den von der Klägerin geltend gemachten Umstand, dass die AG am 24. Mai 1996 eine Erlaubnis zum Betrieb einer Kläranlage beantragt und diese Anlage danach - ohne Erlaubnis und angeblich ohne Kenntnis der Klägerin - in Betrieb genommen habe. Denn schon nach dem Vortrag der Klägerin ereignete sich dies alles vor Abschluss der Vereinbarung vom 6. Mai 1998. Die Klägerin hat aber die Feststellung des Verwaltungsgerichts, es sei im Hinblick auf diese Vereinbarung, die sogar eine rückwirkende Übernahme der Rechte und Pflichten aus dem Erbbaupachtvertrag beinhaltet habe, davon auszugehen, dass sie seit dem 6. Mai 1998 Inhaberin der tatsächlichen Sachherrschaft und damit Betreiberin des Campingplatzes/Strandbades gewesen sei, nicht bestritten. Auf Grund des zugrunde liegenden Erbbaupachtvertrages war die Klägerin auch zur Sicherung eines ganzjährigen Camping- und Badebetriebes verpflichtet. Damit ist die weitere Folgerung des Verwaltungsgerichts gerechtfertigt, dass die Klägerin ebenfalls Betreiberin der auf dem Grundstück befindlichen Kläranlage war.

Es ist nicht in hinreichend substanziierter Form geltend gemacht worden, dass die Klägerin nach der Übernahme des Grundstücks nicht tatsächlich die Sachherrschaft über die Kläranlage ausübte. Dazu reicht es auch nicht, dass die Klägerin auf eine zwischen ihr und der D... GmbH getroffene Vereinbarung vom 30. September 1998 verweist. Zwar ist fraglich, ob die Einschätzung des Verwaltungsgerichts zutreffend ist, dass sich die Vereinbarung nach ihrem Wortlaut nicht auf die Betreibung der Biokläranlage bezogen hat. Dafür ist allerdings schon zweifelhaft, ob es sich bei dieser als "Aktennotiz" bezeichneten Vereinbarung, die erst im August 2001 und damit nach Erlass der Festsetzungsbescheide dem ehemaligen Regierungspräsidium Dessau zugeleitet worden ist, nicht um ein Scheingeschäft handelt, um die Abgabepflicht auf eine ab dem 18. Januar 2001 aufgelöste Gesellschaft zu verschieben. Anhaltspunkte für ein Scheingeschäft ergeben sich nicht nur aus der Form dieser Vereinbarung und dem Zeitpunkt ihrer Vorlage, sondern auch aus der Tatsache, dass die Klägerin nach einem Handelsregisterauszug einmal Geschäftsführerin dieser GmbH war und auch ein Schreiben der C... AG vom 12. September 2000 "i.A." unterschrieben hat. Weiterhin wäre - bei Annahme der Rechtsgültigkeit der Vereinbarung - zu prüfen, ob damit nicht bloß ein Auftragsverhältnis i.S.d. § 662 ff. BGB vereinbart werden sollte, die Klägerin aber weiter Verfügungsberechtigte bleiben sollte und damit i.S.d. § 9 Abs. 1 AbwAG als Einleiterin anzusehen wäre (vgl. dazu VG Cottbus, Urt. v. 19. Februar 2004 - 6 K 146/00 -, zit. nach JURIS).

Diese Fragen müssen nicht abschließend geklärt werden. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass entscheidend ist, wer tatsächlich die Kläranlage betreibt und dass eine bloße Freistellungserklärung eines Dritten den Betreiber nicht von der Abgabepflicht entbinden kann. Angesichts der Übernahme des gesamten Grundstücks durch die Klägerin sowie die Betreibung des Campingplatzes und des Strandbades durch sie ist die bloße Vorlage einer zivilrechtlichen Abrede nicht ausreichend. Es sind aber keine durchgreifenden Anhaltspunkte ersichtlich oder geltend gemacht, dass die D... GmbH tatsächlich die Sachherrschaft über die Kläranlage ausgeübt hat.

Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, ihre Stellung als Einleiterin i.S.d. § 9 Abs. 1 AbwAG sei dadurch ausgeschlossen gewesen, weil Unbekannte im Juli 2000 verbotenerweise den Inhalt von Chemietoiletten in an die Kläranlage angeschlossene Toiletten geschüttet hätten. Der Betreiber der Kläranlage, der auf Grund seiner Sachherrschaft in der Lage ist, andere von der Benutzung auszuschließen, ist grundsätzlich allein für die durch die Anlage vermittelte Einleitung verantwortlich. Ob eine Dritten zuzurechnende und ohne entsprechende Befugnis vorgenommene vereinzelte Einleitung über die Anlage bei der Festsetzung der Abwasserabgabe zu berücksichtigen ist, ist eine von der personellen Zuordnung als Einleiter getrennt zu behandelnde Frage (vgl. dazu Köhler/Meyer, AbwAG 2. A., § 9 Rdnr. 14).

II. Gemäß §§ 166 VwGO, 114 Satz 1 ZPO ist Prozesskostenhilfe demjenigen zu gewähren, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht oder nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Da der Antrag auf Zulassung der Berufung abgelehnt worden ist, bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg i.S.d. § 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO. Auf einen früheren Zeitpunkt zur Prüfung des Prozesskostenhilfeantrages kann nicht abgestellt werden, weil die Klägerin trotz schriftlicher Aufforderung keine aktuelle Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse übersandt hat und auch nicht erklärt hat, an ihren Verhältnissen habe sich nichts geändert (vgl. zur wiederholten Anforderung solcher Erklärungen BVerfG, Beschl. v. 14. Oktober 2003 - 1 BvR 901/03 -, NVwZ 2004, 334 ff.). Auf die Erklärung der Klägerin vom 15. November 2004 kann zum jetzigen Zeitpunkt - etwas mehr als zwei Jahre später - nicht mehr zurückgegriffen werden.

Die Kostenentscheidung für das Rechtsmittelverfahren beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, für das Prozesskostenhilfeverfahren auf § 166 VwGO i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 72 Nr. 1 GKG i.V.m. § 13 Abs. 2 GKG i.d.F. vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts v. 5. Mai 2004 - GKG a.F. -.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 72 Nr. 1 GKG i.V.m. 25 Abs. 3 Satz 2 GKG a.F.).

Ende der Entscheidung

Zurück