Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 08.09.2006
Aktenzeichen: 4 L 346/06
Rechtsgebiete: KAG LSA


Vorschriften:

KAG LSA § 5 Abs. 1 S. 1
KAG LSA § 5 Abs. 3 S. 5
Der Benutzungstatbestand für eine Grundgebühr ist bei einer leitungsgebundenen öffentlichen Einrichtung ab dem Zeitpunkt erfüllt, von dem der Gebührenpflichtige einen betriebsbereiten Anschluss an das Leitungsnetz unterhält. Von diesem Zeitpunkt an kommen ihm die Vorhalteleistungen in Gestalt der Unterhaltung eines öffentlichen Leitungsnetzes voll zugute, weil er über den vorhandenen Anschluss und das ständig lieferbereit gehaltene Leitungsnetz jederzeit die Leistungen der öffentlichen Einrichtung (hier: Abwasserbeseitigung) abrufen kann.

Auch bei einem unbebauten Grundstück ist jedenfalls bei der Abwasserbeseitigung das Vorhandensein vom Grundstückseigentümer herzustellenden Einrichtungen, die der Sammlung, Vorbehandlung, Prüfung, Rückhaltung und Ableitung des Abwassers auf dem Grundstück dienen und die nicht zur öffentlichen Abwasseranlage gehören, grundsätzlich Voraussetzung für die Annahme eines betriebsbereiten Anschlusses an das Leitungsnetz.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 4 L 346/06

Datum: 08.09.2006

Gründe:

Der statthafte Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.

Entgegen der Auffassung des Beklagten bestehen an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung keine ernstlichen Zweifel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, es könne keine Grundgebühr erhoben werden, weil das klägerische Grundstück in dem streitbefangenen Zeitraum nicht an die öffentliche Abwasseranlage angeschlossen gewesen sei, ist nicht zu beanstanden.

Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA erheben Landkreise und Gemeinden als Gegenleistung die für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen erforderlichen Benutzungsgebühren, soweit nicht ein privatrechtliches Entgelt gefordert wird. Die nach § 5 Abs. 3 Satz 5 KAG LSA zulässige Grundgebühr stellt eine Form der Benutzungsgebühr dar, die für die Inanspruchnahme der Liefer- und Betriebsbereitschaft einer öffentlichen Einrichtung (hier der Abwasserbeseitigung) erhoben wird. Sie dient zur Deckung derjenigen verbrauchsunabhängigen Betriebskosten (auch Fixkosten oder invariable Kosten genannt), die durch das Bereitstellen und ständige Vorhalten der Einrichtung entstehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 1. August 1986 - 8 C 112.84 -, KStZ 1987, 11; OVG LSA, Beschl. v. 4. Dezember 2000 - 3 M 368/00 -; OVG Niedersachsen, Beschl. v. 26. August 2002 - 9 LA 305/02 -).

Der Benutzungstatbestand für eine Grundgebühr ist bei einer leitungsgebundenen öffentlichen Einrichtung ab dem Zeitpunkt erfüllt, von dem der Gebührenpflichtige einen betriebsbereiten Anschluss an das Leitungsnetz unterhält. Von diesem Zeitpunkt an kommen ihm die Vorhalteleistungen in Gestalt der Unterhaltung eines öffentlichen Leitungsnetzes voll zugute, weil er über den vorhandenen Anschluss und das ständig lieferbereit gehaltene Leitungsnetz jederzeit die Leistungen der öffentlichen Einrichtung (hier: Abwasserbeseitigung) abrufen kann (OVG LSA, Beschl. v. 19. April 2006 - 4 L 421/05 -; so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 25. August 1995 - 9 A 3907/93 -, NVwZ-RR 1996, 700; vgl. weiter OVG LSA, Beschl. v. 4. Dezember 2000 - 3 M 368/00 -; Driehaus, Kommunalabgabenrecht Bd. I, § 6 Rdnr. 221c; Bd. II Rdnr. 755a; Forst, KStZ 2001, 141, 147; zweifelnd: OVG Niedersachsen, Beschl. v. 12. September 1990 - 9 L 119/89 -). Dementsprechend werden gem. § 1 der Abwassergebührensatzung des Beklagten vom 4. September 2003 - AGS - für die Inanspruchnahme der zentralen öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlagen Abwassergebühren für die Grundstücke erhoben, die an diese öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlagen angeschlossen sind oder in diese entwässern, und die Gebührenpflicht entsteht gem. § 8 Abs. 1 Satz 1 AGS mit dem Tag, an dem das Grundstück an die zentrale Abwasseranlage angeschlossen ist.

Für einen solchen Anschluss muss bei der Abwasserbeseitigung grundsätzlich eine haustechnische Abwasseranlage (vgl. § 2 Nr. 11, § 6, § 13 Nr. 5 Entwässerungssatzung des Beklagten vom 3. März 1998 - ES -) vorhanden sein, die an die vom Verband herzustellenden Bestandteile der öffentlichen Einrichtung anzubinden ist. Haustechnische Abwasseranlagen sind nach der ES die Einrichtungen, die der Sammlung, Vorbehandlung, Prüfung, Rückhaltung und Ableitung des Abwassers auf dem Grundstück dienen und die nicht zur öffentlichen Abwasseranlage gehören (§ 2 Nr. 11 ES). Auch bei einem unbebauten Grundstück ist jedenfalls bei der Abwasserbeseitigung das Vorhandensein solcher vom Grundstückseigentümer herzustellenden Einrichtungen grundsätzlich Voraussetzung für die Annahme eines betriebsbereiten Anschlusses an das Leitungsnetz.

Solche Einrichtungen bestanden in dem streitbefangenen Zeitraum auf dem klägerischen Grundstück unstreitig nicht. Dass sich noch ein zur öffentlichen Abwasseranlage gehörender Revisionsschacht auf dem Grundstück befand, ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht ausreichend. Zwar wird die Grundgebühr nach § 2 Abs. 2 AGS erhoben für "das Vorhalten der Abwasseranlage für bebaute, unbebaute (sofern sie über Hausanschlussschacht verfügen oder über Rohrleitung mit ihr verbunden sind) und einen privat-, gewerblichen-, oder kommunalen Nutzungscharakter haben". Zu Recht hat das Verwaltungsgericht aber festgestellt, dass diese Satzungsregelung - soweit sie die Grundgebührenpflicht im Gegensatz zur Mengengebührenpflicht (vgl. § 2 AGS) nicht von der tatsächlichen Anschlussnahme des Grundstücks an die öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlagen abhängig macht - nicht nur in Widerspruch mit §§ 1, 8 Abs. 1 Satz 1 AGS steht, sondern auch gegen § 5 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA in der oben dargelegten Auslegung verstößt.

Soweit § 8 Abs. 1 Satz 2 AGS für das Erlöschen der Gebührenpflicht bestimmte Voraussetzungen vorsieht, muss nicht der Frage nachgegangen werden, ob diese Regelung in Gänze mit den gesetzlichen Vorgaben in Einklang steht. Denn der Beklagte hat schon nicht geltend gemacht, dass im Hinblick auf das klägerische Grundstück die Grundgebührenpflicht entstanden war und auf Grund der Nichterfüllung der Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Satz 2 AGS nicht erloschen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes, dem die Festsetzung der Grundgebühr für das Jahr 2004 einschließlich einer Abschlagszahlung von 22,00 € zugrunde liegt, folgt aus § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

Zurück