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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 24.03.2009
Aktenzeichen: 4 L 438/06
Rechtsgebiete: LSA-GO, LSA-KAG, LSA-StrG, LSA-WG


Vorschriften:

LSA-GO § 136 Abs. 1
LSA-GO § 136 Abs. 1 S. 1
LSA-GO § 137
LSA-GO § 91 Abs. 2
LSA-KAG § 5
LSA-StrG § 2 Abs. 2 Nr. 1
LSA-StrG § 23 Abs. 5
LSA-StrG § 23 Abs. 5 S. 1
LSA-StrG § 23 Abs. 5 S. 3
LSA-WG § 181
1. Mit § 23 Abs. 5 StrG LSA besteht hinsichtlich der vom Straßengesetz erfassten Straßen und innerhalb des zeitlichen Anwendungsbereichs der Norm ein umfassendes System für die Kostenbeteiligung des für die Beseitigung des Straßenoberflächenwassers (Straßenabwassers) eigentlich zuständigen Straßenbaulastträgers, wenn die Entwässerung des Straßenabwassers mit Einverständnis der Gemeinde oder des Abwasserverbandes in eine von ihnen eingerichtete Abwasseranlage erfolgt. Weitergehende Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 23 Abs. 5 StrG LSA sind nicht erforderlich. Keine unmittelbare Anwendung findet dieses Kostenbeteiligungssystem auf vor Inkrafttreten des Straßengesetzes (10. Juli 1993) hergestellte oder erneuerte Abwasseranlagen.

2. Die Gemeinde oder der Abwasserverband erwirbt bei einer Anwendbarkeit des § 23 Abs. 5 StrG LSA nach dessen Satz 1 mit der Herstellung oder Erneuerung der Abwasseranlage einen gesetzlichen Anspruch auf eine einmalige Kostenbeteiligung gegen den jeweiligen Straßenbaulastträger. Es handelt sich um eine gesetzliche Pflicht des Straßenbaulastträgers, die zwingend ist. Den Beteiligten ist es lediglich erlaubt, zur Erleichterung der Berechnung die Ermittlung der konkreten Höhe der einmaligen Kostenbeteiligung im Rahmen eines Vergleichvertrages i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfG LSA i.V.m. § 55 VwVfG festzulegen und z.B. auf Pauschalsätze zurückzugreifen.

3. Die mit § 23 Abs. 5 Satz 1 StrG LSA korrespondierende Regelung des § 23 Abs. 5 Satz 3 StrG LSA ist dahingehend auszulegen, dass damit jedenfalls ein Anspruch auf laufende Zahlungen für die Inanspruchnahme der Entwässerungsanlagen durch den Straßenbaulastträger ausgeschlossen ist. Der Ausschluss erfasst auch Benutzungsgebühren i.S.d. § 5 KAG LSA.

4. Es ist sehr fraglich, ob für vor dem Inkrafttreten des Straßengesetzes hergestellte oder erneuerte Abwasseranlagen an Landesstraßen ein Anspruch auf einmalige Kostenbeteiligung aus der "Altfallregelung" des Runderlasses des Ministeriums für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr vom 14. Mai 1997 (MBl. LSA, S. 1033) hergeleitet werden kann. In Betracht kommen dürften jedenfalls für Landes- und Kreisstraßen eher ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch oder ein Anspruch auf Aufwendungsersatz aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag. Diese Ansprüche richten sich auf eine Kostenbeteiligung für den Zeitraum nach Inkrafttreten des Straßengesetzes im Hinblick auf vor Inkrafttreten des Straßengesetzes hergestellte oder erneuerte Abwasseranlagen.


Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen kommunalaufsichtliche Verfügungen des Landkreises C-Stadt-Q., des Rechtsvorgängers des Beklagten.

Mit einer am 1. Januar 2004 in Kraft getretenen Änderungssatzung vom 30. Oktober 2003 fügte die Klägerin in den § 4 Abs. 1 ("Gebührensätze") der Abwassergebührensatzung vom 13. Dezember 2001 u.a. eine neue Nr. 3 ein, wonach die Abwassergebühr für die Niederschlagswasserbeseitigung von Verkehrsanlagen 0,79 €/m3 beträgt.

Nach erfolgter Anhörung beanstandete der Landkreis C-Stadt-Q. mit Bescheid vom 28. Juni 2004 die Änderungssatzung hinsichtlich der genannten Neuregelung und gab der Klägerin auf, die Regelung zu streichen. Die Satzungsänderung sei bis zum 30. August 2004 zu beschließen und anschließend bekannt zu machen (Nr. 1 des Tenors). Weiterhin ordnete der Landkreis an, von den Straßenbaulastträgern im Stadtgebiet, bei denen die Einleitung des Straßenabwassers bisher nur geduldet oder unentgeltlich gestattet worden sei (Altfälle), die Kostenerstattung zu betreiben. Mit den Straßenbaulastträgern sei eine Kostenpauschale zu vereinbaren, die an der Restnutzungsdauer der Kanalisationsanlage gemessen werde. Diese Vereinbarungen seien bis zum 30. September 2004 zu schließen. Komme eine Vereinbarung nicht zu Stande, sei der Anspruch auf dem Klagewege durchzusetzen (Nr. 3 des Tenors). Zur Begründung verwies der Landkreis darauf, dass eine Gebührenerhebung gegen § 23 Abs. 5 StrG LSA verstoße. Aus dieser Regelung folge, dass der Träger der Straßenbaulast sich anteilig an den Kosten der Herstellung oder Erneuerung einer von einem Träger der öffentlichen Abwasserbeseitigung eingerichteten Abwasseranlage in einem Umfang zu beteiligen habe, der dem Kostenumfang für eine selbständige Anlage zur Straßenentwässerung entspreche. Dafür dürfe der Träger der öffentlichen Abwasserbeseitigung kein Entgelt erheben, was als Oberbegriff für die zur Verfügung stehenden Einnahmearten aus Gebühren, Beiträgen, Steuern usw. zu verstehen sei. Im Rahmen der sogenannten "Altfälle" bestehe der Anspruch auf Zahlung von Pauschalen auf der Grundlage einer durch Runderlass des Ministeriums für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr vom 14. Mai 1997 getroffenen "Altfallregelung", die eine Kostenbeteiligungsregelung des Bundes in der Ortsdurchfahrtenrichtlinie - ODR - übernehme. Insoweit sei § 23 Abs. 5 StrG LSA eine "offene" Norm, weil es an einer Regelung für die Fälle fehle, in denen die Einleitung des Straßenwassers nur geduldet oder unentgeltlich gestattet sei. Nur von Straßenbaulastträgern der Bundesstraßen dürfe eine satzungsgestützte Gebühr erhoben werden, weil § 23 Abs. 5 StrG LSA auf Bundesfernstraßen nicht anwendbar sei. Im Stadtgebiet existiere aber keine Bundesfernstraße. Die Anwendung einer rechtswidrigen Gebührenregelung könne nur durch ein Einschreiten der Kommunalaufsicht verhindert werden, so dass eine Ermessensreduzierung auf Null vorliege. Damit die Klägerin in erster Linie "sonstige Einnahmen" i.S.d. § 91 Abs. 2 GO LSA nutze, sei die Anordnung zum Abschluss von Verträgen mit Kostenpauschalen erforderlich.

Die Klägerin hat nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens beim Verwaltungsgericht Halle gegen die beiden Verfügungen Klage erhoben, die das Gericht mit Urteil vom 28. September 2006 abgewiesen hat.

Der streitbefangene Satzungsbeschluss der Klägerin verstoße gegen § 23 Abs. 5 StrG LSA. Die Vorschrift begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Danach würden Straßenentwässerungsanlagen grundsätzlich anhand der aktuell entstehenden Baukosten abgerechnet, wobei allerdings in den Fällen, in denen bereits vor Inkrafttreten des § 23 Abs. 5 StrG LSA die Straßenentwässerungsanlage errichtet worden sei, eine pauschalierte Berechnung durch die Anwendung der ODR vorgesehen sei. Damit blieben nach der gesetzlichen Regelung keine nicht abgerechneten Altfälle übrig, für die die Gemeinde keinerlei Kostenbeteiligung erhalte. Die Verfassungswidrigkeit folge auch nicht daraus, dass eine vollständige Kostendeckung nach dieser Abrechnungsmethode eventuell nicht vorliege. Eine unangemessene Benachteiligung der Gemeinden sei nicht ersichtlich. Dabei sei zu berücksichtigen, dass im Rahmen der Kostenbeteiligung nach § 23 Abs. 5 StrG LSA bei der für die Entwässerung zuständigen Gemeinde ein den tatsächlichen (Bau)Kostenanteil des Straßenbaulastträgers übersteigender Mehrbetrag als überschießender Betrag und damit letztlich als Vorauszahlung auf weitere laufende Kosten verbleibe. Dieser Kapitalbetrag genüge zwar vermutlich nicht, um sämtliche laufende Kosten der Straßenentwässerung abzudecken. Dass hierin eine unangemessene Benachteiligung der Gemeinden zu sehen sei, sei aber nicht festzustellen, zumal belastbares Zahlenmaterial von der Klägerin selbst auch nicht vorgelegt worden sei. Insoweit treffe die Klägerin eine Mitwirkungspflicht. Nicht zu prüfen sei, ob der Klägerin gegen den Träger der Straßenbaulast eventuell ein zivilrechtlicher Erstattungsanspruch zustehe, da dieser ohnehin nicht als Gebührentatbestand mit pauschalierten Sätzen in die Satzung aufgenommen werden könne. Auch die in dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Anordnung zum Betreiben der Kostenerstattung in "Altfällen" sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin sei gemäß § 91 Abs. 2 GO LSA zur Abrechnung dieser Fälle verpflichtet.

Die Klägerin hat fristgerecht die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt und macht zur Begründung geltend, die streitgegenständlichen Verfügungen seien rechtswidrig, weil § 23 Abs. 5 StrG LSA in der vom Beklagten vorgenommenen Auslegung gegen höherrangiges Recht verstoße. Für alle Altfälle vor Inkrafttreten des Straßengesetzes gelte, dass mit dieser Regelung der Kommune Finanzmittel entzogen würden, die sie nach § 5 KAG LSA erheben könne. Das Landesverfassungsgericht habe aber entschieden, dass bereits entstandene Beitrags- und Gebührenansprüche durch den Gesetzgeber nicht mehr entzogen werden könnten, ohne dass hierfür ein Ausgleich in ausreichender Höhe geschaffen würde. Gleiches gelte nach den Bestimmungen des Finanzausgleichsgesetzes. Eine Kostenbeteiligung auf der Grundlage der ODR dürfte nach dem Wortlaut des landesrechtlichen Runderlasses jedenfalls für vor dem Inkrafttreten des Straßengesetzes bereits errichtete Anlagen nicht eingreifen.

Für Baumaßnahmen nach Inkrafttreten des § 23 Abs. 5 StrG LSA gelte, dass hier gegen die Bestimmungen des Finanzausgleichsgesetzes verstoßen werde. Der Landesgesetzgeber entziehe nämlich der Gemeinde die Befugnis, Gebühren für eine tatsächlich erbrachte Leistung (Niederschlagswasserbeseitigung) zu fordern. Insoweit bestünden bereits erhebliche Zweifel darin, dass der Landesgesetzgeber den Bund als Träger der Straßenbaulast tatsächlich von einer Gebührenveranlagung befreien könne. Hierzu fehle ihm die normgeberische Kompetenz. Aber auch für die Befreiung des Landesstraßenbaulastträgers könne ein der Kommune aufgezwungener Gebührenverzicht nur dann zulässig sein, wenn der Kommune als Gegenleistung angemessene Finanzzuweisungen gewährt würden. Zwar beteilige sich der Straßenbaulastträger nach der in Sachsen-Anhalt auch unmittelbar anwendbaren ODR mit einer Pauschale an dem Bau der kommunalen Abwasserbeseitigung. Diese Richtlinie sei aber bereits über zehn Jahre alt und daher reiche zum jetzigen Zeitpunkt die Kostenbeteiligung der Straßenbaulastträger nicht mehr aus, um neben der investiven Maßnahme auch noch Rücklagen zu bilden, die der Refinanzierung der laufenden Kosten der Niederschlagswasserbeseitigung dienen könnten. Dies werde durch ein Privatgutachten, das sie habe erstellen lassen, bestätigt. Sie verfüge über 7.171 m Leitungen und müsse danach einen jährlichen Verlust von 11.879,59 € tragen. Eine solche Belastung sei nicht zulässig. Nach Überprüfung der vom Beklagten als Beispiel angeführten Baumaßnahme sei festzustellen, dass selbst bei diesem von ihm bewusst ausgesuchten positiven Beispiel keine Mittel verbleiben würden, aus denen Einnahmen erzielt werden könnten, die die laufende Unterhaltung und ggfs. Sanierung der Leitung decken könnten. Für den Fall, dass sie - wie vom Beklagten vorgeschlagen - nach ihrer Wahl die tatsächlichen Fiktivkosten der Verlegung einer eigenen Straßenoberflächenentwässerungsleitung einfordere, verblieben nach eigenem Vortrag des Beklagten keine zu kapitalisierenden Einnahmen, weil für diesen Fall ja nur die Summe bezahlt werde, die auch tatsächlich verbraucht werde.

Die Tatsache, dass die Pauschalzahlungen nach der ODR nicht ausreichten, führe dazu, dass § 23 Abs. 5 StrG LSA jedenfalls für Gebührenansprüche, die vor Inkrafttreten des Straßengesetzes bereits entstanden seien, verfassungswidrig sei. Darüber hinaus verbleibe es auch nach erneuter Überprüfung bei der bislang vertretenen Auffassung, wonach der Wortlaut des § 23 Abs. 5 StrG LSA der Kommune ein Wahlrecht darüber einräume, ob sie die Einmalzahlung annehme oder aber laufende Gebühren erhebe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Halle - 1. Kammer - vom 28. September 2006 und die Beanstandungs- und Anordnungsverfügung des Landkreises C-Stadt-Q. vom 28. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 7. September 2004 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Ausschluss der Erhebung von Entgelten in § 23 Abs. 5 Satz 3 StrG LSA erscheine systemgerecht und verletze nicht verfassungsrechtlich geschützte Positionen der Kommune. Für Kreis- und Gemeindestraßen sei die Mitbenutzung auf Grundlage der in dem Gesetz normierten fiktiven Kostenermittlung zu bestimmen. Es verbleibe dabei ein Überschussbetrag als Differenz von fiktiven und tatsächlichen Kosten, der zu kapitalisieren und für künftig anteilig anfallende Betriebskosten mit einzusetzen sei. Bei Landesstraßen könne ein Leistungsanspruch auf die durch Runderlass vorgenommene "Altfallregelung" gestützt werden, die auf die ODR verweise. Für alle Fälle nach dem Inkrafttreten des Straßengesetzes ergebe sich der Leistungsanspruch auf Grund des § 23 Abs. 5 StrG LSA. Die Landesstraßenbauverwaltungen seien jedoch durch den Runderlass angehalten, nicht die aufwändige fiktive Kostenermittlung zu betreiben, sondern vielmehr die Fallpauschalen zur Anwendung zu bringen. Für Bundesstraßen bedürfe die Frage der Anwendung von Runderlass und Altfallregelung keiner weiteren Erörterung. Für Gemeinde- und Kreisstraßen werde die Anwendung der ODR nur empfohlen, so dass ein Anspruch daraus nicht abgeleitet werden könne. Es verbiete sich die unmittelbare Bezugnahme auf die ODR. Weiterhin sei der wirtschaftliche Vorteil des kostenfreien Verlegens von Entsorgungsleitungen im Straßenkörper insoweit aufzurechnen, was durch die Klägerin bisher nicht berücksichtigt worden sei.

Soweit die Klägerin argumentiere, dass die Kostenpauschalen nicht ausreichten, um die tatsächlichen Kosten der Errichtung einer Entwässerungsanlage zu decken, so habe sie zunächst einmal nicht nachgewiesen, wie sich dieses Verhältnis für die Vergangenheit gestalte. Sollten die ermittelten Kosten für die Gegenwart tatsächlich höher sein als nach der Pauschalierung, so wäre dieses Missverhältnis nicht § 23 Abs. 5 StrG LSA zuzuordnen. Allenfalls könnte damit der Runderlass die Gemeinde unangemessen benachteiligen. Zudem habe sie in ihrem Kostenvergleich verabsäumt darzustellen, ob es in ihrem Gebiet Gründe dafür gebe, um auch einen Zuschlag zu den Pauschalen nach Ziffer 2 des Allgemeinen Rundschreibens zu fordern. Allerdings gehe er davon aus, dass im Gebiet der Klägerin keine Umstände vorhanden seien, die die Zuschläge für die Pauschalen rechtfertigen könnten. Jedoch dränge sich der Verdacht auf, dass die Berechnung der Klägerin nicht die wirkliche Situation in der Kommune wiedergebe.

Für den Fall, dass die tatsächlichen Kosten zur Errichtung der Entwässerungsanlage höher seien als der Pauschalabgeltungsbetrag, sei für den Zeitraum ab dem Inkrafttreten des Straßengesetzes nicht der Runderlass Anspruchsgrundlage, sondern die gesetzliche Regelung selbst. Soweit ein höherer Kostenbeteiligungsanspruch bestehe, könne dieser auch entgegen bzw. über den Pauschalabgeltungsbetrag nach dem allgemeinen Rundschreiben hinaus bei Landesstraßen geltend gemacht werden. Für Kreisstraßen sei die Kostenbeteiligung generell vertraglich zu vereinbaren, da der Runderlass für diese nicht allgemein verbindlich sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beteiligten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist in dem aus dem Urteilstenor ersichtlichen Umfang begründet.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht in vollem Umfang abgewiesen. Der Bescheid des Landkreises C-Stadt-Q. vom 28. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 7. September 2004 ist - soweit er angegriffen worden ist - nur hinsichtlich der Beanstandungsverfügung in Nr. 1 des Bescheidtenors i.S.d. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO rechtmäßig (1.). Die Anordnungsverfügung in Nr. 3 des Bescheidtenors ist dagegen rechtswidrig und verletzt die Klägerin in eigenen Rechten (2.).

1. An der Rechtmäßigkeit der Beanstandungsverfügung des Landkreises C-Stadt-Q. bestehen keine durchgreifenden Bedenken.

Rechtsgrundlage ist § 136 Abs. 1 Satz 1 GO LSA, wonach die Kommunalaufsichtsbehörde Beschlüsse und Anordnungen der Gemeinde, die das Gesetz verletzen, beanstanden und verlangen kann, dass sie von der Gemeinde binnen einer angemessenen Frist aufgehoben werden.

a) Die streitbefangene Satzungsänderung, mit der die Klägerin eine Benutzungsgebühr für die Niederschlagswasserbeseitigung von Verkehrsanlagen eingeführt hat, verstößt für nach Inkrafttreten des Straßengesetzes (10. Juli 1993) hergestellte oder erneuerte Abwasseranlagen an Straßen, die dem Straßengesetz unterfallen, gegen § 23 Abs. 5 Satz 3 StrG LSA.

Erfolgt eine Straßenentwässerung über eine nicht straßeneigene, von der Gemeinde oder dem Abwasserverband eingerichtete Abwasseranlage, so beteiligt sich der Träger der Straßenbaulast nach § 23 Abs. 5 StrG LSA an den Kosten der Herstellung oder Erneuerung dieser Anlage in dem Umfang, wie es der Bau einer eigenen Straßenentwässerung erfordern würde (Satz 1). Der Gemeinde obliegt die schadlose Abführung des Straßenoberflächenwassers (Satz 2). Für die Inanspruchnahme der Entwässerungsanlage ist darüber hinaus kein Entgelt zu erheben (Satz 3). Wort- bzw. Inhaltsgleiche Bestimmungen enthalten § 23 Abs. 5 BbgStrG, § 30 Abs. 4 StrWG-MV, § 23 Abs. 5 SächsStrG, § 23 Abs. 5 ThürStrG und § 20 Abs. 5 Satz 1 bis 3 HStrG.

(1) Mit § 23 Abs. 5 StrG LSA besteht hinsichtlich der vom Straßengesetz erfassten Straßen und innerhalb des zeitlichen Anwendungsbereichs der Norm ein umfassendes System für die Kostenbeteiligung des für die Beseitigung des Straßenoberflächenwassers (Straßenabwassers) eigentlich zuständigen (vgl. § 151 Abs. 3 Nr. 2 WG LSA und § 9 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 2 Nr. 1 StrG LSA) Straßenbaulastträgers, wenn die Entwässerung des Straßenabwassers mit Einverständnis der Gemeinde oder des Abwasserverbandes in eine von ihnen eingerichtete Abwasseranlage erfolgt. Weitergehende Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 23 Abs. 5 StrG LSA, wie eine "unwiderrufliche Bereitschaft" der Gemeinde oder des Abwasserverbandes, das Straßenabwasser u.a. unentgeltlich aufzunehmen und die Mischkanalisation ohne weitere Beiträge des Straßenbaulastträgers zu unterhalten (so Hubert, Straßengesetz für das Land Sachsen-Anhalt, 2. A., § 23 Rdnr. 9), sind dagegen nicht erforderlich.

§ 23 Abs. 5 Satz 1 StrG LSA sieht für einen solchen Fall der erlaubten Mitbenutzung vor, dass die Gemeinde oder der Abwasserverband mit der Herstellung oder Erneuerung der Abwasseranlage einen gesetzlichen Anspruch gegen den jeweiligen Straßenbaulastträger auf Zahlung eines einmaligen Kostenanteils in dem Umfang erwirbt, wie es der Bau einer eigenen (getrennten) Straßenentwässerungsanlage durch den Straßenbaulastträger erfordern würde (so wohl auch VG Gera, Beschl. v. 2. September 2004 - 2 K 1925/98.GE - zit. nach JURIS zu § 23 ThürStrG). Eine Auslegung des § 23 Abs. 5 Satz 1 StrG LSA als "Soll"-Vorschrift mit der Einräumung eines Entscheidungsspielraums des Straßenbaulastträgers (so OVG Thüringen, Beschl. v. 18. November 2008 - 4 EO 129/06 -, zit. nach JURIS zu § 23 Abs. 5 ThürStrG) oder als ein Ausschluss der Regelung für die Fälle, in denen eine Mitbenutzung durch den Straßenbaulastträger von der Gemeinde oder dem Abwasserverband (zunächst) geduldet oder unentgeltlich gestattet wird (so wohl VG Magdeburg, Urt. v. 24. Juni 1998 - A 1 K 200/97 -, FiWi 1999, 212, 213 f.), ist mit dem Wortlaut der Norm nicht in Übereinstimmung zu bringen. Vielmehr handelt es sich um eine gesetzliche Pflicht des Straßenbaulastträgers, die zwingend ist. Dem Straßenbaulastträger und der Gemeinde oder dem Abwasserverband ist es lediglich erlaubt, zur Erleichterung der Berechnung die Ermittlung der konkreten Höhe der einmaligen Kostenbeteiligung im Rahmen eines Vergleichsvertrages i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfG LSA i.V.m. § 55 VwVfG festzulegen (so auch OVG Thüringen, Beschl. v. 18. November 2008, a.a.O.) und z.B. auf Pauschalsätze zurückzugreifen. Allerdings ist damit die Höhe der Kostenbeteiligung nicht zur freien Disposition der Beteiligten gestellt. Auch das grundsätzliche Ziel einer solchen vertraglichen Vereinbarung ist es, die Kosten, die dem Straßenbaulastträger wahrscheinlich entstanden wären, möglichst verlässlich zu prognostizieren.

Die mit § 23 Abs. 5 Satz 1 StrG LSA korrespondierende Regelung des § 23 Abs. 5 Satz 3 StrG LSA legt dann fest, dass "darüber hinaus", d.h. über den Anspruch nach Satz 1 hinaus, kein Anspruch auf weitere Entgelte für die Inanspruchnahme der Entwässerungsanlage besteht. Sie ist dahingehend auszulegen (vgl. auch BGH, Beschl. v. 30. Juli 1998 - III ZB 34/97 -, zit. nach JURIS), dass damit jedenfalls ein Anspruch auf laufende Zahlungen für die Inanspruchnahme der Entwässerungsanlagen durch den Straßenbaulastträger, sei es auf privatrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Grundlage, ausgeschlossen ist. Der Ausschluss erfasst auch Benutzungsgebühren i.S.d. § 5 KAG LSA; denn § 1 Abs. 1 KAG LSA erlaubt die Erhebung von kommunalen Abgaben nur, soweit nicht Bundes- oder Landesrecht etwas anderes bestimmt. Diese Rechtsfolge des § 23 Abs. 5 Satz 3 StrG LSA ist unabhängig davon, ob eine Kostenbeteiligung nach Satz 1 tatsächlich erfolgt ist bzw. ob eine Bereitschaft des Straßenbaulastträgers dazu besteht. Ebenfalls existiert im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin nach dem eindeutigen Wortlaut des § 23 Abs. 5 Satz 1 und 3 StrG LSA kein Wahlrecht der Gemeinde oder des Verbandes zwischen einer einmaligen Kostenbeteiligung und einer Erhebung von laufenden Zahlungen (vgl. auch OVG Saarland, Teilurteil v. 5. September 2007 - 1 A 44/07 -, zit. nach JURIS zu § 20 Abs. 5 Satz 1 bis 3 HStrG).

(2) Der Regelungsbereich des § 23 Abs. 5 StrG LSA beschränkt sich zum einen auf die vom Straßengesetz erfassten Straßen, so dass Bundesfernstraßen von vornherein nicht betroffen sind. Denn eine nach § 1 Satz 2 StrG LSA für die Anwendbarkeit des Straßengesetzes auf Bundesfernstraßen erforderliche ausdrückliche Bestimmung im Straßengesetz (vgl. §§ 10 Abs. 1, 20 Abs. 4, 33 Abs. 1 StrG LSA) besteht zu § 23 Abs. 5 StrG LSA nicht.

Zum anderen findet das Kostenbeteiligungssystem des § 23 Abs. 5 StrG LSA auch keine unmittelbare Anwendung auf vor Inkrafttreten des Straßengesetzes (10. Juli 1993) hergestellte oder erneuerte Abwasseranlagen. Da eine ausdrückliche Bestimmung zu ihrem zeitlichen Anwendungsbereich in der Norm selbst fehlt und entsprechende Übergangs- oder Überleitungsregelungen im Straßengesetz nicht vorhanden sind, muss die Norm unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze des intertemporalen Rechts ausgelegt werden (vgl. dazu OVG Niedersachsen, Urt. v. 15. März 2006 - 10 LB 7/06 -, zit. nach JURIS). Der Wortlaut des § 23 Abs. 5 StrG LSA, der ausdrücklich auf eine von einer Gemeinde oder einem Abwasserverband eingerichtete Abwasseranlage abstellt, und die Konzeption des Systems der Kostenbeteiligung, das von einer Beteiligung zum Zeitpunkt der Herstellung oder Erneuerung der Anlage ausgeht, schließen aber eine Erstreckung der Norm auf vor dem Inkrafttreten des Straßengesetzes bereits hergestellte oder erneuerte Anlagen aus. Zudem würde eine unbegrenzte Rückerstreckung des zeitlichen Anwendungsbereichs dazu führen, dass in Fällen, in denen die zur Straßenentwässerung mitbenutzte Entwässerungsanlage zu DDR-Zeiten hergestellt oder erneuert worden ist, eine nachträgliche einmalige Kostenbeteiligung nach dem Maßstab der hypothetischen Kosten einer eigenen Straßenentwässerung zu DDR-Zeiten erfolgen müsste. Eine zeitliche Rückwirkung hätte daher zwingend eine differenzierte Übergangsregelung erforderlich gemacht (so auch OVG Thüringen, Beschl. v. 18. November 2008, a.a.O. zu § 23 Abs. 5 ThürStrG). Dass § 51 Abs. 9 StrG LSA nur für die §§ 29 und 31 StrG LSA ausdrücklich eine Anwendung auf Bauvorhaben ausschließt, die vor Inkrafttreten des Straßengesetzes zugelassen waren oder für die eine Kostenregelung vereinbart worden war, lässt keinen Gegenschluss für die übrigen Bestimmungen des Straßengesetzes zu (a.M. VG Gera, Beschl. v. 2. September 2004, a.a.O. zu § 23 Abs. 5 ThürStrG). Zwar sind die §§ 29, 31 StrG LSA nach ihrem Wortlaut und der Gesetzessystematik hinsichtlich ihres zeitlichen Anwendungsbereiches mit § 23 Abs. 5 StrG LSA zumindest vergleichbar. Der Gesetzgeber ist aber nicht gehindert, eine aus der Norm selbst schon abzuleitende Rechtsfolge nochmals klarstellend festzulegen.

Angesichts des jedenfalls gegebenen Satzungsverstoßes im Hinblick auf Entwässerungsanlagen, die nach Inkrafttreten des Straßengesetzes hergestellt oder erneuert worden sind, muss nicht entschieden werden, ob infolge einer echten Regelungslücke eine analoge Anwendung (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 11. September 2008 - 2 B 43/08 -, zit. nach JURIS) des § 23 Abs. 5 StrG LSA auf vor Inkrafttreten des Straßengesetzes hergestellte oder erneuerte Abwasseranlagen geboten ist oder sich aus dieser Vorschrift zumindest als allgemein geltende Vorgabe das Verbot einer Erhebung von laufenden Zahlungen wie Benutzungsgebühren auch für solche Anlagen entnehmen lässt. Gegen eine solche analoge Anwendung oder rückwirkende Herleitung einer allgemein geltenden Vorgabe könnte der aus dem Fehlen einer differenzierenden Übergangsregelung möglicherweise herzuleitende Wille des Gesetzgebers sprechen, das Kostenbeteiligungssystem des § 23 Abs. 5 StrG ausschließlich auf nach Inkrafttreten des Straßengesetzes hergestellte oder erneuerte Anlagen anzuwenden.

(3) Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass § 23 Abs. 5 StrG LSA in seinem Anwendungsbereich verfassungswidrig ist, sind weder ersichtlich noch von der Klägerin ausreichend geltend gemacht. Die Darlegungen der Klägerin einschließlich des vorgelegten Privatgutachtens beziehen sich schon allein auf die Pauschalzahlungen nach der Ortsdurchfahrtenrichtlinie, deren Anwendbarkeit nach den oben vorgenommenen Erläuterungen vom Einverständnis der Beteiligten abhängig ist. Soweit die Klägerin im Hinblick auf nach Inkrafttreten des Straßengesetzes hergestellte oder erneuerte Abwasseranlagen geltend macht, es werde gegen die Finanzhoheit der Gemeinden verstoßen, weil die Zahlung einer einmaligen Kostenbeteiligung i.S.d. § 23 Abs. 5 Satz 1 StrG LSA nicht ausreiche, die laufenden Kosten für die (Mit)Nutzung der Abwasseranlagen zu decken, ergibt sich dies schon aus ihrem eigenen Vorbringen nicht. Denn sie trägt ausdrücklich vor, bei der Einforderung der "tatsächlichen Fiktivkosten der Verlegung einer eigenen Straßenoberflächenentwässerungsleitung" verblieben keine zu kapitalisierenden Einnahmen, weil nur die Summe bezahlt werde, die auch tatsächlich "verbraucht" werde. Nach dem Konzept des § 23 Abs. 5 Satz 1 StrG LSA ist die einmalige Kostenbeteiligung, die sich an den fiktiven Kosten des Straßenbaulastträgers für eine (getrennte) straßeneigene Entwässerungsanlage orientiert, aber regelmäßig deutlich höher als der wegen der (zusätzlichen) Aufnahme des Straßenabwassers verursachte Mehrkostenanteil für die Herstellung oder Erneuerung der Abwasseranlage der Gemeinde oder des Abwasserverbandes. Daraus ergibt sich, dass fast immer ein Überschuss verbleibt, der - einschließlich der Verzinsung - von der Gemeinde oder dem Abwasserverband für die Unterhaltungskosten eingesetzt werden kann. Selbst wenn die Beschränkung auf die einmalige Kostenbeteiligung i.S.d. § 23 Abs. 5 Satz 1 StrG LSA in atypischen Fällen (z.B. außergewöhnliche topologische, geologische oder verkehrstechnische Umstände; vgl. OVG Thüringen, Beschl. v. 18. November 2008, a.a.O.) keine oder keine ausreichende Deckung der anteiligen Unterhaltungskosten zur Folge haben sollte, liegt darin nicht zwangsläufig für die Gemeinden ein unzumutbarer Eingriff in die Finanzhoheit. Sollten diese atypischen Fälle nur ganz vereinzelt vorkommen und/oder keine gravierenden finanziellen Unterdeckungen für die Gemeinden zur Folge haben, kann die Regelung schon durch Praktikabilitätsgesichtspunkte (vgl. dazu auch Köster, Beteiligung fremder Straßenbaulastträger an den Kosten von ihnen genutzter kommunaler Entwässerungseinrichtungen, in: NWVBl. 2005, 451, 455) gerechtfertigt sein. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Gemeinden und Abwasserverbände grundsätzlich (vgl. dazu § 181 WG LSA) nicht dazu verpflichtet sind, ihr Einverständnis zu einer Mitbenutzung ihrer Entwässerungsanlagen zu erteilen. Im Übrigen müsste zur Verhinderung eines unzumutbaren Eingriffs in die Finanzhoheit eine verfassungskonforme Auslegung des § 23 Abs. 5 StrG LSA geprüft werden.

Im Hinblick auf die Forderung der Klägerin nach einer Vorlage des § 23 Abs. 5 StrG LSA an das Landesverfassungsgericht kann daher offen bleiben, ob im Rahmen der Kontrolle der Rechtmäßigkeit der kommunalaufsichtlichen Beanstandungsverfügung überhaupt zu untersuchen ist, ob das von der Aufsichtsbehörde herangezogene Gesetz selbst materiell verfassungswidrig ist. Durch § 136 Abs. 1 Satz 1 GO LSA sollen Verletzungen des geltenden Rechts erfasst werden (vgl. Wiegand, Kommunalverfassungsrecht Sachsen-Anhalt, GO LSA, § 136 Nr. 3; Lübking/Beck, GO LSA, § 136 Rdnr. 2). Der Begriff "geltendes Recht" i.S. dieser Norm erfasst aber möglicherweise auch materiell verfassungswidrige Gesetze. Da der Kommunalaufsichtsbehörde keine Normverwerfungskompetenz zusteht, ist diese grundsätzlich zu einer Durchsetzung eines förmlichen Gesetzes verpflichtet. Daraus könnte der Schluss zu ziehen sein, dass die Aufsichtsbehörde nur in den Fällen, in denen auch ein Verwaltungsgericht zur Normverwerfung ermächtigt wäre, von der materiellen Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes ausgehen darf (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 5. November 1990 - 2 S 3842/88 -, ESVGH 41, 108, 113 ff.). Dies ist bei einem - wie hier - förmlichen Gesetz jedoch nicht der Fall.

(4) Da schon § 23 Abs. 5 Satz 3 StrG LSA in seinem Anwendungsbereich jedenfalls die Erhebung von Benutzungsgebühren durch die Gemeinde oder den Abwasserverband gegenüber den Straßenbaulastträgern ausschließt, ist nicht entscheidungserheblich, ob die streitbefangene Satzungsregelung auch deswegen das Gesetz verletzt, weil für die Entwässerung des Straßenabwassers auch kommunalabgabenrechtlich keine Benutzungsgebühren von den Straßenbaulastträgern erhoben werden dürfen. Es wird vertreten, technische Anlagen, die sowohl der Entwässerung der Straße als auch der der angrenzenden Grundstücke dienten, seien rechtlich verschiedenen Einrichtungen im Sinne des Kommunalabgabengesetzes zuzuordnen, so dass Aufwendungen für die Straßenentwässerung von vornherein als - bezogen auf die Einrichtung "Grundstücksentwässerung" - einrichtungsfremde Kosten anzusehen seien. Soweit es um die Straßenentwässerung gehe, seien diese Anlagen Teil der Einrichtung Straße, so dass zwischen technischen Anlagen einerseits und rechtlichen Einrichtungen i.S.d. §§ 5 Abs. 1, 6 Abs. 1 KAG LSA andererseits zu unterscheiden sei (so Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rdnr. 746, 746a; Kirchmer u.a., KAG LSA, 2. A., § 5 S. 190; vgl. auch OVG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 25. April 2003 - 2 MB 33/03 -, NordÖR 2004, 173 f. und Urt. v. 24. Oktober 2007 - 2 LB 34/06 -, zit. nach JURIS). Teilweise ist eine solche Rechtsfolge in anderen Bundesländern gesetzlich ausdrücklich vorgesehen (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 8 KAG Brandenburg; § 11 Abs. 3 SächsKAG; § 17 Abs. 3 KAG Baden-Württemberg) oder wird aus einer Regelung des jeweiligen Kommunalabgabengesetzes abgeleitet (OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 8. Februar 2001 - 12 A 11746/00 -, zit. nach JURIS zu § 8 Abs. 4 Satz 1 KAG Rheinland-Pfalz; vgl. auch BGH, Urt. v. 18. Juli 2002 - III ZR 287/01 -, zit. nach JURIS).

Nach der Rechtsprechung in anderen Bundesländern, in denen - wie in Sachsen-Anhalt - im Kommunalabgabenrecht keine ausdrückliche Regelung enthalten ist, ist dagegen die Einbeziehung der Kosten der Straßenentwässerung in die Kosten der (entsprechend gewidmeten) Einrichtung i.S.d. Kommunalabgabenrechts und eine Gebührenerhebung gegenüber den Straßenbaulastträgern zulässig (vgl. OVG Niedersachsen, Beschl. v. 26. November 2008 - 9 LA 348/07 -, OVG Saarland, Teilurteil v. 5. September 2007 - 1 A 44/07 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 7. Oktober 1996 - 9 A 4145/94 - bestätigt durch BVerwG, Beschl. v. 6. März 1997 - 8 B 246/96 -, jeweils zit. nach JURIS; Driehaus, a.a.O., § 6 KAG Rn. 352d zum KAG Nordrhein-Westfalen; vgl. auch OVG Thüringen, Beschl. v. 18. November 2008 a.a.O., das den dies ausdrücklich erlaubenden § 12 Abs. 1 Satz 4 ThürKAG als klarstellend bezeichnet; vgl. weiter Driehaus, a.a.O., § 6 Rdnr. 575 zum KAG Baden-Württemberg a.F. unter Hinweis auf VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 31. August 1989 - 2 S 2805/87 -; Driehaus, a.a.O. § 6, Rdnr. 658a mit Verweis auf VGH Hessen, Urt. v. 1. Oktober 2003 - 5 UE 1816/03 - zum KAG Hessen a.F.; Driehaus, a.a.O. § 6 Rdnr. 642 S. 374/2 zum KAG Bayern).

Die Frage, ob schon durch das Kommunalabgabenrecht die Erhebung von Benutzungsgebühren gegenüber den Trägern der Straßenbaulast für das Ableiten des Straßenabwassers ausgeschlossen ist, hängt davon ab, ob die dazu dienenden Anlagen(teile) schon von Gesetzes wegen im Umfang dieser Nutzung nicht Teil der Einrichtung i.S.d. § 5 KAG LSA, sondern Teil einer anderen Einrichtung im Rechtssinne sind. Dafür spricht - falls man eine solche "doppelte" Zuordnung einer Abwasseranlage für möglich hält -, dass nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 StrG LSA zu den öffentlichen Straßen u.a. der Straßenkörper gehört, dem wiederum insbesondere Entwässerungsanlagen zugeordnet sind. Man könnte daraus den Schluss ziehen, dass Anlagen(teile), soweit sie der Entwässerung des Straßenabwassers dienen, der durch das Straßengesetz geschaffenen Einrichtung "Straße" zuzuordnen und dem Einrichtungsbegriff des Kommunalabgabengesetzes entzogen sind. Möglicherweise jedoch folgt aus § 23 Abs. 5 Satz 1 StrG, in dem ausdrücklich auf eine "nicht straßeneigene ... Abwasseranlage" abgestellt wird, dass unter Entwässerungsanlagen i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 1 StrG LSA nur solche zu verstehen sind, die straßeneigen, d.h. vom Träger der Straßenbaulast für die Ableitung des Straßenabwassers speziell eingerichtet worden sind.

b) Die im Rahmen des § 136 Abs. 1 Satz 1 GO LSA zu treffende Ermessensausübung ist nicht zu beanstanden. Die Regelung des § 4 Abs. 1 Nr. 3 der Abwassergebührensatzung der Klägerin verstößt in der Fassung der Änderungssatzung vom 30. Oktober 2003 jedenfalls für die von § 23 Abs. 5 StrG LSA erfassten Sachverhalte gegen § 23 Abs. 5 Satz 3 StrG LSA und erfüllt damit den Tatbestand des § 136 Abs. 1 Satz 1 GO LSA. Ob auf Grund des eindeutigen Verstoßes der Satzungsnorm gegen § 23 Abs. 5 StrG LSA eine Ermessensreduzierung auf Null für eine kommunalaufsichtliche Beanstandung vorliegt oder lediglich ein intendiertes Ermessen anzunehmen ist (vgl. OVG Niedersachsen, Beschl. v. 15. August 2007 - 10 LA 271/05 -, zit. nach JURIS: intendiertes Ermessen bei eindeutigen Rechtsverstößen), kann offen bleiben. Eine Teilbarkeit der Beanstandungsverfügung kam dabei von vornherein nicht in Betracht, weil auch die insbesondere nach Zeiträumen nicht differenzierende Satzungsregelung selbst nicht teilbar ist.

Auch das Verlangen, eine Satzungsänderung innerhalb von zwei Monaten zu beschließen, ist durch § 136 Abs. 1 Satz 1 GO LSA gedeckt. Einer ausdrücklich darauf gerichteten Ermessensausübung zur Wahrung des Verhältnismäßigkeitsprinzips (so Wiegand, Kommunalverfassungsrecht Sachsen-Anhalt, GO LSA, § 136 Nr. 3) bedurfte es nicht. Bei einem Verstoß gegen geltendes Recht durch eine schon bekannt gemachte Satzung darf die Beanstandung des Änderungsbeschlusses ohne weiteres mit einem Aufhebungsverlangen verbunden werden. Denn die aufschiebende Wirkung der Beanstandung nach § 136 Abs. 1 Satz 3 GO LSA greift nicht mehr. Die Zwei-Monatsfrist war auch angemessen.

2. Die Anordnungsverfügung des Landkreises C-Stadt-Q. ist dagegen rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

Rechtsgrundlage der Anordnungsverfügung ist § 137 GO LSA. Erfüllt die Gemeinde die ihr gesetzlich obliegenden Pflichten nicht, kann die Kommunalaufsichtsbehörde danach anordnen, dass die Gemeinde innerhalb einer angemessenen Frist die notwendigen Maßnahmen durchführt.

a) Die Klägerin verstößt allerdings schon deshalb gegen ihr gesetzlich obliegende Pflichten, weil sie von den Straßenbaulastträgern im Hinblick auf die nach Inkrafttreten des Straßengesetzes hergestellten oder erneuerten Abwasseranlagen im Stadtgebiet, für die ihr ein Anspruch nach § 23 Abs. 5 Satz 1 StrG LSA zusteht, unstreitig eine Kostenerstattung nicht betreibt. Darin liegt ein Verstoß gegen § 91 Abs. 2 GO LSA, wonach die Gemeinde die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel vorrangig - soweit vertretbar und geboten - aus Entgelten für ihre Leistungen zu beschaffen hat, soweit die übrigen Finanzmittel nicht ausreichen. Aus dieser Bestimmung folgt die gesetzliche Pflicht der Klägerin i.S.d. § 137 GO LSA, zur Finanzierung der Entwässerungsanlagen an Verkehrsanlagen die Straßenbaulastträger zu den gesetzlich vorgesehenen bzw. ihr zustehenden Zahlungen heranzuziehen.

Nicht entschieden werden muss deshalb, welche Regelungen zur Kostenerstattung im Hinblick auf Abwasseranlagen der Gemeinden und Abwasserverbände gelten, die vor Inkrafttreten des Straßengesetzes hergestellt oder erneuert worden sind. Falls § 23 Abs. 5 Satz 1 StrG LSA insoweit auch nicht analog anwendbar ist, könnten - unabhängig davon, ob eine Erhebung von laufenden Zahlungen, insbesondere Benutzungsgebühren, infolge einer analogen oder teilweise unmittelbaren Anwendbarkeit des § 23 Abs. 5 Satz 3 StrG LSA oder aus kommunalabgabenrechtlichen Gründen ausgeschlossen ist - Ansprüche auf eine einmalige Kostenbeteiligung auf andere Rechtsgrundlagen gestützt werden.

Allerdings ist sehr fraglich, ob für Landesstraßen ein Anspruch aus der "Altfallregelung" des Runderlasses des Ministeriums für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr vom 14. Mai 1997 (MBl. LSA, S. 1033) hergeleitet werden kann (so aber VG Magdeburg Urt. v. 24. Juni 1998, a.a.O. S. 213 f.). Zwar ist eine durch Verwaltungsvorschrift vorgenommene Selbstbindung des Landes gegenüber den Gemeinden, ihnen in bestimmten Fällen eine einmalige Kostenbeteiligung nach Pauschalen zu gewähren, nicht ausgeschlossen. Allerdings wird in dem Runderlass ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die "Altfallregelung" nur zur Anwendung kommen könne, soweit die Kosten für eine gemeindliche Kanalisation von der Gemeinde bzw. ihrem Abwasserverband selbst aufgebracht worden seien. Die Auslegung der Bestimmung dürfte sich dann vorrangig nach der tatsächlichen Handhabung durch den Erlassgeber richten und erst, wenn eine solche nicht vorliegt oder bestimmbar ist, nach einer objektiven Betrachtungsweise. Zudem begegnet die Auslegung des Verwaltungsgerichts Magdeburg, unter "Gemeinden" i.S.d. des Runderlasses auch die in der DDR ab 1957 bestehenden Räte der Städte und Gemeinden zu verstehen, erheblichen Zweifeln. Wie sich aus dem Verweis "bzw. ihrem Abwasserverband" ergibt, dürften mit dem Runderlass nur Gemeinden i.S.d. Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt gemeint sein. Selbst wenn man den Runderlass erweiternd auslegen und zusätzlich auf Rechtsvorgänger der Gemeinden abstellen würde, ist sehr fraglich, ob die in der DDR bestehenden Räte der Städte und Gemeinden insoweit als Rechtsvorgänger anzusehen sind (vgl. dazu auch OVG Thüringen, Urt. v. 11. 4. 2007 - 1 KO 491/05 - unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 25. Oktober 2005 - VI ZR 353/04 -, jeweils zit. nach JURIS). Schließlich wäre im Einzelfall zu prüfen, ob die Kosten nicht anstelle der Räte der Städte und Gemeinden von den volkseigenen Betrieben Wasserversorgung und Abwasserbehandlung (so OVG Thüringen, Beschl. v. 18. November 2008, a.a.O.) übernommen worden sind.

In Betracht kommen dürften jedenfalls für Landes- und Kreisstraßen eher Ansprüche auf Ausgleich der den Straßenbaulastträgern durch die tatsächliche Übernahme der Abwasserbeseitigung seitens der Gemeinden oder Abwasserverbände zugeflossenen Bereicherung (öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch) oder auf Aufwendungsersatz aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag (vgl. BGH, Urt. v. 18. Juli 2002, a.a.O.; vgl. auch Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 6 Rdnr. 668b und 746a). Diese Ansprüche richten sich auf eine Kostenbeteiligung im Hinblick auf vor Inkrafttreten des Straßengesetzes hergestellte oder erneuerte Abwasseranlagen für den Zeitraum nach Inkrafttreten des Straßengesetzes, weil erst ab dann die grundsätzliche Zuständigkeit der Straßenbaulastträger für die Entwässerung des Straßenabwassers bestand. Insoweit müsste geklärt werden, ob mit der zum Zeitpunkt der Herstellung oder Erneuerung der Abwasseranlage erteilten Erlaubnis des Trägers der Abwasseranlage zum Einleiten des Straßenabwassers ein Ausschluss von jeglichen Kostenerstattungsansprüchen verbunden sein sollte, auf die sich die (heutigen) Straßenbaulastträger auch berufen können. Sollten solche Ansprüche dem Grundsatz nach bestehen, dürfte weiterhin eine zumindest entsprechende Heranziehung der für Bundesfernstraßen erlassenen (verwaltungsinternen) Pauschalregelungen nach der Ortsdurchfahrtenrichtlinie nahe liegen.

b) Zu beanstanden ist jedoch die Ermessensausübung des Beklagten. Seine Anordnung, für die "Altfälle" die Kostenerstattung zu betreiben, bezieht sich zum einen nicht - wie es der Begriff eigentlich nahe legt - auf vor Inkrafttreten des Straßengesetzes hergestellte oder erneuerte Abwasseranlagen, sondern auf sämtliche Abwasseranlagen der Klägerin, bei denen eine Einleitung von Straßenabwasser bislang nur geduldet oder unentgeltlich gestattet worden ist. Zum anderen sollen nach der Anordnung in diesen Fällen Vereinbarungen über Pauschalzahlungen getroffen werden, die - wie aus der Begründung der Anordnung hervorgeht - auf der durch landesrechtlichen Runderlass angeordneten Anwendung der Ortsdurchfahrtenrichtlinie basieren. Damit regelt die Anordnung entgegen § 23 Abs. 5 StrG LSA auch Fälle von Abwasseranlagen, die nach Inkrafttreten des Straßengesetzes hergestellt oder erneuert worden sind. Für solche Fälle richtet sich der Anspruch auf einmalige Kostenbeteiligung aber grundsätzlich allein nach § 23 Abs. 5 Satz 1 StrG LSA; lediglich freiwillige Vereinbarungen der Beteiligten zur Ermittlung der Höhe dieses Kostenbeteiligungsanspruches sind - wie schon dargelegt - nicht ausgeschlossen. Da eine Teilbarkeit der Anordnung infolge des der Kommunalaufsichtsbehörde zustehenden Ermessensspielraumes ausscheidet, war die Anordnung insgesamt aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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