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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 19.10.2006
Aktenzeichen: 4 L 72/06
Rechtsgebiete: KAG LSA


Vorschriften:

KAG LSA § 5 Abs. 1 S. 1
KAG LSA § 5 Abs. 3
Es ist weder willkürlich noch verstößt es gegen das als Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes zu verstehende Prinzip der Leistungsproportionalität, wenn die Trinkwassergrundgebühr bei Wohngrundstücken nach einem personengebundenen Maßstab berechnet wird und bei nicht zu Wohnzwecken genutzten Grundstücken nach der Nenngröße des Wasserzählers.
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 4 L 72/06

Datum: 19.10.2006

Gründe:

Der statthafte Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet.

Entgegen der Auffassung des Klägers bestehen an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung keine ernstlichen Zweifel i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.

1. Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, die öffentlich-rechtliche Regelung der Wasserversorgung durch die Gebührensatzung des Beklagten stünde in Widerspruch zu Anlage I Kapitel V Sachgebiet D Abschnitt III Nr. 16 des Einigungsvertrages. Diese Vorschrift bestimmt lediglich, dass die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser vom 20. Juni 1980 (BGBl. I S. 750, 1067) mit zwei Maßgaben in Kraft tritt. Zum einen waren für am Tage des Wirksamwerdens des Beitritts bestehende Versorgungsverträge die Wasserversorgungsunternehmen von der Verpflichtung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 bis zum 30. Juni 1992 befreit. Zum anderen bleibt abweichend von § 10 Abs. 4 das am Tage des Wirksamwerdens des Beitritts bestehende Eigentum eines Kunden an einem Hausanschluss, den er auf eigene Kosten errichtet oder erweitert hat, bestehen, solange er das Eigentum nicht auf das Wasserversorgungsunternehmen überträgt. Ein Verbot der öffentlich-rechtlichen Regelung der Wasserversorgung für vorher bestehende privatrechtliche Wasserversorgungsverhältnisse lässt sich dieser Vorschrift des Einigungsvertrages daher nicht entnehmen.

2. Der Einwand, die Erhebung der Grundgebühr in § 2 Abs. 1 Satz 1 der Trinkwassergebührensatzung des Beklagten vom 20. Dezember 2001 - TGS - verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und gegen § 5 Abs. 1 KAG LSA, weil die Grundgebühr nicht nur von angeschlossenen Wohngrundstücken erhoben werde, hat keinen Erfolg. Die Erhebung der Grundgebühr setzt einen betriebsbereiten Anschluss des Grundstücks an die Wasserversorgung voraus (OVG LSA, Urt. v. 5. September 2006 - 4 L 313/05 -). Zwar wird in § 2 Abs. 1 Satz 1 TGS bestimmt, dass die Grundgebühr bei anschließbaren Grundstücken, die überwiegend zu Wohnzwecken genutzt werden, nach den dort wohnenden Einwohnern berechnet wird. Diese Vorschrift zum Gebührenmaßstab regelt aber nicht, dass die Grundgebühr nicht nur bei tatsächlich angeschlossenen Grundstücken, sondern auch bei lediglich anschließbaren Grundstücken erhoben wird. Denn der mit "Entstehung und Beendigung der Gebührenschuld" überschriebene § 5 TGS sieht in Absatz 2 ausdrücklich vor, dass die Grundgebührenschuld erstmals mit dem Tag entsteht, der auf die betriebsfertige Herstellung des Anschlusses folgt (Satz 1), und dass die Grundgebührenpflicht mit dem Tag erlischt, an dem der Anschluss stillgelegt wird (Satz 3). § 5 Abs. 2 TGS geht daher als speziellere Regelung dem § 2 Abs. 1 Satz 1 TGS vor.

3. Es ist weder willkürlich noch verstößt es gegen das als Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes zu verstehende Prinzip der Leistungsproportionalität, dass der Beklagte die Grundgebühr bei Wohngrundstücken nach einem personengebundenen Maßstab berechnet und bei nicht zu Wohnzwecken genutzten Grundstücken nach der Nenngröße des Wasserzählers. Der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts Sachsen-Anhalt hat in einer vergleichbaren Konstellation zu einer Abwassergrundgebühr ausgeführt (Urt. v. 1. April 2004 - 1 K 93/03 -, zit. nach JURIS):

"Zu Unrecht wendet die Antragstellerin ein, die für überwiegend zu Wohnzwecken genutzte Grundstücke vorgesehene Verteilung der invariablen Kosten nach Grundeinheiten verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Dem Satzungsgeber ist auch insoweit bei der Wahl und Ausgestaltung des Wahrscheinlichkeitsmaßstabes ein weites Ermessen eingeräumt (vgl. Kirchmer/u.a., a.a.O.). Der Gleichheitssatz begrenzt dieses Ermessen erst, wenn ein sachlich einleuchtender Grund für eine Differenzierung fehlt. Wegen der Binnendifferenzierung nach Wohneinheiten für die Wohnbebauung wird hierzu auf das Vorstehende verwiesen (s.o.: Nr. 1). Es ist jedoch auch nicht sachwidrig, wenn der Antragsgegner bei den Grundgebühren die Wohnzwecken dienenden Grundstücke nach Wohneinheiten und damit nach einem anderen Maßstab veranlagt als Grundstücke, die nach der Nutzungsart anderen als Wohnzwecken dienen. Denn während der Abwasseranfall bei der Wohnnutzung nachhaltig von der Anzahl der Personen geprägt ist, die in dem angeschlossenen Haus wohnen, wird die Abwassermenge bei gewerblich oder industriell genutzten Grundstücken maßgeblich bestimmt nicht nur durch die Anzahl der dort beschäftigten Personen, sondern in Verschmutzungsgrad und Menge prägend durch die Art der gewerblichen (Wäscherei oder Tischlereibetrieb) oder industriellen Nutzung (Getränkeabfüllbetriebe, Molkereien, Papierfabriken auf der einen oder Automobilwerk auf der anderen Seite). Es ist deshalb sachgerecht, wenn der Antragsgegner abweichend von der Regelung für Wohngrundstücke in § 12 Abs. 2 BGS bei sonstigen Nutzungsarten gemäß § 12 Abs. 6 Satz 1 BGS auf die Nennleistung der verwendeten Wasserzähler nach Maßgabe der in § 12 Abs. 6 Satz 3 BGS vorgesehenen Staffelung abstellt."

Der erkennende Senat schließt sich diesen Ausführungen an. Es ist nicht ersichtlich, dass in Bezug auf die Trinkwasserversorgung insoweit eine andere Betrachtung angezeigt ist. Vielmehr bestehen auch hinsichtlich des Maßes der möglichen Inanspruchnahme der Wasserversorgungsanlage zwischen Wohngrundstücken und anderen Nutzungszwecken dienenden Grundstücken solche Unterschiede, dass eine Verwendung unterschiedlicher Maßstäbe vom Gestaltungsspielraum des Satzungsgebers gedeckt ist (vgl. auch Forst, KStZ 2001, 141, 155).

4. Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 24. März 2006 geltend macht, die fehlende Erhebung von Grundgebühren für leer stehende Wohnungen und nicht genutzte Wohngrundstücke verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, hat er schon nicht die Antragsbegründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO eingehalten. Die Frist endete am 28. Februar 2006. Es handelt sich bei diesem Vorbringen weiterhin nicht um eine zulässige Ergänzung von Gründen aus der fristgerecht übersandten Antragsbegründung.

Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass nach § 2 Abs. 6 TGS für unbewohnte Wohngrundstücke abweichend von § 2 Abs. 1 TGS auch eine pauschale Grundgebühr entsprechend eines Einwohners berechnet wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 52 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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