Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 19.01.2009
Aktenzeichen: 4 M 13/09
Rechtsgebiete: LSA-KAG


Vorschriften:

LSA-KAG § 6 Abs. 1 S. 1
1. Für das Bestehen eines Vorteils i. S. d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA reicht es grundsätzlich, wenn ein Zugang (nicht eine Zufahrt) auf das Grundstück von der ausgebauten Straße aus genommen werden kann.

2. Zur (offen gelassenen) Frage der Erreichbarkeit (Zugang bzw. Zufahrt) des Grundstücks bei Wohn- im Vergleich zu Gewerbegrundstücken im Straßenausbaubeitragsrecht.


Gründe:

Die statthafte Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die Einwände der Antragstellerin gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben zu einer Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung keinen Anlass.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass es im Straßenausbaubeitragsrecht nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt grundsätzlich für das Bestehen eines Vorteils i. S. d. § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA ausreicht, wenn ein Zugang auf das Grundstück von der ausgebauten Straße aus genommen werden kann (vgl. auch OVG Thüringen, Beschl. v. 10. Februar 2003 - 4 ZEO 1139/98 -, zit. nach JURIS). Der Möglichkeit einer Zufahrt bedarf es daher nicht. Durch den Zugang von der ausgebauten Straße mit einer fußläufigen Erreichbarkeit des Grundstücks ist dann eine vorteilsrelevante Inanspruchnahmemöglichkeit i.S.d. der von der Antragstellerin zitierten Literaturstelle (Driehaus, Kommunalabgabenrecht § 8 Rdnr. 396) gegeben. Ein solcher Zugang ist trotz der auf dem Grundstück befindlichen Mauer von der "B-Straße" möglich. Denn es ist weder ersichtlich noch substanziiert vorgetragen, dass die Mauer nicht durchbrochen werden kann oder darf. Die bloße Behauptung der Antragstellerin im erstinstanzlichen Verfahren, die Mauer sei denkmalrechtlich geschützt, ist dazu nicht ausreichend. Ein von ihr vorgetragener "erheblicher Niveauunterschied" lässt sich im Übrigen schon den vorgelegten Fotos nicht entnehmen. Rein tatsächliche Hindernisse, die unter zumutbarem Aufwand beseitigt werden können, stellen keinen Grund dar, von der Beitragspflicht abzusehen. Darüber hinaus spricht nach den Fotos des Grundstücks Überwiegendes dafür, dass die in der Mauer befindliche Pforte auf die "B-Straße" führt und nicht - was die Antragstellerin geltend macht - nur auf den "Nordwall".

Ob mit dem Oberverwaltungsgericht Niedersachsen auch im Straßenausbaubeitragsrecht bei gewerblich sowie industriell nutzbaren Grundstücken im Verhältnis zu Wohngrundstücken generell gesteigerte Anforderungen an die Erreichbarkeit zu stellen sind (vgl. OVG Niedersachsen, Beschl. v. 25. Januar 2007 - 9 LA 201/05 -, zit. nach JURIS m.w.N.; vgl. auch Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. A. § 35 Rdnr. 12 und 26 a.E.), muss nicht entschieden werden. Nach dieser Rechtsprechung kommt es für die Beitragspflicht eines Grundstücks nicht auf dessen gegenwärtige - oder frühere - tatsächliche Nutzung an, sondern darauf, wie das Grundstück vom Eigentümer genutzt werden kann, wenn er wirtschaftlich zumutbare Anstrengungen unternimmt. Ein wirtschaftlicher Vorteil im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 NKAG setze nicht voraus, dass jede Art von sinnvoller Grundstücksnutzung über die ausgebaute Straße realisierbar sei. Ausreichend sei vielmehr, dass die bestimmungsgemäße Grundstücksnutzung in einer nicht nur untergeordneten Weise über die ausgebaute Straße realisiert werden könne (so OVG Niedersachsen, Beschl. v. 16. Oktober 2003 - 9 ME 150/03 -, zit. nach JURIS). Was als bestimmungsgemäße Nutzung anzusehen sei, beurteile sich auf der Grundlage der einschlägigen Festsetzungen im Bebauungsplan und anhand einer typisierenden Betrachtungsweise, die allerdings auch die konkreten Vorgaben in den planerischen Festsetzungen und deren Umsetzung zu berücksichtigen habe (OVG Niedersachsen, Beschl. v. 25. Januar 2007 - 9 LA 201/05 -, zit. nach JURIS). Die Annahme eines "besonderen wirtschaftlichen Vorteils" könne nicht losgelöst von der auf dem Grundstück ausgeübten zulässigen bzw. zugelassenen Nutzung gesehen werden (so OVG Niedersachsen, Urt. v. 13. Juni 2001 - 9 L 1587/00 -, zit. nach JURIS).

Da das Gebiet, in dem das streitbefangene Grundstück liegt, nicht beplant worden ist, gibt es zu der bestimmungsgemäßen Nutzung des Grundstücks keine planerische Festsetzung. Dass aber eine Wohnnutzung auf dem Grundstück nach den dann anwendbaren bauplanungsrechtlichen Regelungen nicht zulässig ist, ist weder hinreichend ersichtlich noch substanziiert vorgetragen. Zwar war das Grundstück, das nach dem Vortrag der Antragstellerin zum Betrieb einer Steuerberatungskanzlei vermietet worden ist, Teil eines Brauereigeländes. Allerdings handelte es sich bei dem Gebäude auf dem Grundstück ebenfalls nach dem Vortrag der Antragstellerin früher um ein Wohnhaus. Es ist daher nach derzeitigem Sach- und Streitstand nicht ausgeschlossen, dass das Grundstück zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt einem Mischgebiet (§ 6 BauNVO) oder einem allgemeinen Wohngebiet (§ 4 BauNVO) zuzuordnen war, in denen Wohngebäude zulässig sind. Deshalb kann möglicherweise auch eine Wohnnutzung zu der bestimmungsgemäßen Grundstücksnutzung gezählt werden, so dass auch nach der oben dargelegten Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Niedersachsen das Bestehen eines Zugangs ausreichen würde (vgl. auch Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. A. § 35 Rdnr. 12: "einzig gewerblich nutzbare Grundstücke"). Eine weitere Aufklärung müsste jedoch - falls es nach Ansicht des Verwaltungsgerichts darauf ankäme - im Hauptsacheverfahren durchgeführt werden.

Da die Erfolgsaussichten des Antrages also auch dann allenfalls als offen zu bezeichnen sind, bleibt es bei dem gesetzlich angeordneten Wegfall der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gem. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 52 Abs. 3, 53 Abs. 1 Nr. 2 GKG und folgt in Anlehnung an den sog. Streitwertkatalog 2004 (NVwZ 2004, 1327 ff.) aus II. Nr. 1.5 Satz 1.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

Zurück