Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 21.02.2007
Aktenzeichen: 4 M 46/07
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 4
VwGO § 80 Abs. 4 S. 3
VwGO § 80 Abs. 5 S. 1
Es kann offen bleiben, ob eine Aussetzung der Vollziehung unter dem Gesichtspunkt einer "unbilligen Härte" nach § 80 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 3 VwGO nur dann in Betracht kommt, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen und wenn durch die sofortige Vollziehung oder Zahlung dem Abgabenpflichtigen wirtschaftliche Nachteile drohen würden, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und die nicht oder nur schwer - etwa durch eine spätere Rückzahlung - wieder gutzumachen sind.

Selbst wenn man trotz fehlender Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Abgabenbescheides als "unbillige Härte" auch gesundheitliche Nachteile anerkennen würde, wäre entscheidend darauf abzustellen, ob die sofortige Vollziehung bzw. Zahlung der geforderten Abgabe eine wesentliche Ursache für die gesundheitlichen Nachteile darstellen würde, d.h. die Erkrankung gerade durch den Sofortvollzug des Abgabenbescheides (mit) verursacht oder verschlimmert würde.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 4 M 46/07

Datum: 21.02.2007

Gründe:

Die statthafte Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die Einwände der Antragsteller gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), geben zu einer Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung keinen Anlass.

Die Antragsteller haben auf die schwere physische Erkrankung der Antragstellerin zu 1. (Gehirntumor; Lungenembolie; tiefe Beinvenenthrombose) sowie deren psychische Erkrankung verwiesen. Der Antragsteller zu 2., der Sohn der Antragstellerin zu 1., lebe in ihrem Haushalt und sei durch ihre schwere Erkrankung ebenfalls sehr belastet. Die Vollziehung des Beitragsbescheides hat aber für die Antragsteller keine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge (§ 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO).

Es kann offen bleiben, ob eine Aussetzung der Vollziehung unter dem Gesichtspunkt einer "unbilligen Härte" nach § 80 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 Satz 3 VwGO nur dann in Betracht kommt, wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen (so OVG LSA, Beschl. v. 19. November 2004 - 2 M 337/04 - m.w.N.). Ebenfalls offen bleiben kann, ob eine "unbillige Härte" nur dann vorliegt, wenn durch die sofortige Vollziehung oder Zahlung dem Abgabenpflichtigen wirtschaftliche Nachteile drohen würden, die über die eigentliche Zahlung hinausgehen und die nicht oder nur schwer - etwa durch eine spätere Rückzahlung - wieder gutzumachen sind, insbesondere wenn gar die wirtschaftliche Existenz des Abgabenpflichtigen gefährdet wäre (so OVG LSA, Beschl. v. 10. September 2003 - 2 M 248/03 -, m.w.N.).

Selbst wenn man trotz fehlender Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Abgabenbescheides als "unbillige Härte" auch gesundheitliche Nachteile anerkennen würde, wäre entscheidend darauf abzustellen, ob die sofortige Vollziehung bzw. Zahlung der geforderten Abgabe eine wesentliche Ursache für die gesundheitlichen Nachteile darstellen würde, d.h. die Erkrankung gerade durch den Sofortvollzug des Abgabenbescheides (mit) verursacht oder verschlimmert würde. Es ist aber nichts dafür ersichtlich oder substanziiert vorgetragen, dass die physische Erkrankung der Antragstellerin durch eine sofortige Vollziehung verschlimmert werden würde. Auch der Verweis auf ihre psychische Erkrankung ist nicht ausreichend. Die bloße Behauptung in der Antragsbegründung vom 12. November 2006, die Antragstellerin sei "infolge dieser massiven Vollstreckungsmaßnahmen" psychisch erkrankt, wird schon nicht weiter belegt. In der dazu benannten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung werden insoweit keine Ausführungen getroffen. Im Übrigen stehen nicht einzelne Vollstreckungsmaßnahmen in Rede, gegen die sich die Antragstellerin zu 1. gesondert wenden kann, sondern die sofortige Vollziehung des Bescheides an sich.

Soweit der Antragsteller zu 2. geltend macht, er sei durch die Erkrankung der Antragstellerin zu 1. "sehr belastet", kann eine solche "Belastung", die nicht dem Schweregrad der von der Antragstellerin geltend gemachten Beeinträchtigungen erreicht, von vornherein nicht als "unbillige Härte" i.S.d. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO angesehen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 52 Abs. 3, 53 Abs. 1 Nr. 2 GKG und folgt in Anlehnung an den sog. Streitwertkatalog 2004 (NVwZ 2004, 1327 ff.) aus Nr. 1.5 Satz 1.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

Zurück