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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 18.01.2007
Aktenzeichen: 5 L 19/06
Rechtsgebiete: PersVG LSA


Vorschriften:

PersVG LSA § 9
PersVG LSA § 29
Der gelegentliche Eintritt als Ersatzmitglied in die Jugend- und Auszubildendenvertretung löst keinen Weiterbeschäftigungsanspruch gemäß § 9 Abs. 2 PersVG LSA aus. Es begründet auch nicht den nachwirkenden Schutz des § 9 Abs. 3 PersVG LSA.
OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 5 L 19/06

Datum: 18.01.2007

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 1. absolvierte gemäß Berufsausbildungsvertrag mit der Stadt A. ab dem 1. August 2003 eine Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten. Am 28. Juli 2006 bestand sie die Abschlussprüfung. Bei den Wahlen für die Jugend- und Auszubildendenvertretung im Dezember 2005 unterlag sie dem damaligen Mitbewerber E (Beteiligter in dem Verfahren 5 L 18/06). In dessen Abwesenheit nahm sie einmal, nämlich am 12. Juli 2006 an einer Sitzung des Gremiums teil.

Mit Schreiben vom 23. Mai 2006 beantragte die Beteiligte zu 1. ihre Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis gemäß § 9 Abs. 2 PersVG LSA. Darauf teilte ihr der Antragsteller mit Schreiben vom 8. Juni 2006 mit, dass eine Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis im Hinblick auf die derzeitige Haushaltssituation und des Haushaltskonsolidierungskonzeptes nicht möglich sei.

Am 7. Juli 2006 hat der Antragsteller das Verwaltungsgericht Dessau angerufen. Er hat vorgetragen, die Beteiligte zu 1. könne sich bereits deswegen nicht auf den Schutz des § 9 Abs. 2 PersVG LSA berufen, weil sie nicht in die - nur aus einer Person bestehende - Jugend- und Auszubildendenvertretung gewählt worden sei. Der gelegentliche Eintritt als Ersatzmitglied löse einen Weiterbeschäftigungsanspruch gemäß § 9 PersVG LSA nicht aus.

Er hat beantragt,

festzustellen, dass ein Arbeitsverhältnis mit der Beteiligten zu 1. gemäß § 9 Abs. 2 PersVG LSA nicht begründet sei, hilfsweise, das mit der Beteiligten zu 1. begründete Arbeitsverhältnis aufzulösen. Die Beteiligte zu 1. hat beantragt,

den Antrag abzulehnen. Sie hat die Auffassung vertreten, ihr stehe ein Weiterbeschäftigungsanspruch gemäß § 9 Abs. 3 PersVG LSA zu.

Die übrigen Beteiligten haben im erstinstanzlichen Verfahren keine Anträge gestellt.

Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 15. August 2006 dem Hauptantrag entsprochen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Weiterbeschäftigungsanspruch der Beteiligten zu 1. gemäß § 9 PersVG LSA bestehe schon deswegen nicht, weil sie als nicht gewähltes Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung nicht dem Schutz des § 9 PersVG LSA unterfalle. Sie könne auch aus ihrer einmaligen Inanspruchnahme als Ersatzmitglied keine Ansprüche herleiten, denn den nicht gewählten Beschäftigten gebe das Personalvertretungsrecht keinen stärkeren Schutz gegen Personalmaßnahmen des Dienstherrn als gewählten Beschäftigten.

Gegen den Beschluss richtet sich die fristgerecht eingegangene Beschwerde der Beteiligten zu 1., zu deren Begründung sie im Wesentlichen vorträgt:

Die Regelung des § 9 Abs. 3 PersVG LSA gelte auch für Ersatzmitglieder, unabhängig davon, ob diese nur vorübergehend die Vertretung eines gewählten Mitglieds wahrgenommen haben. Im Übrigen sei der Einstellungsstopp, auf den sich die Antragstellerin beruft, nicht geeignet, diese von ihrer Verpflichtung zur unbefristeten Weiterbeschäftigung gemäß § 9 Abs. 2 PersVG LSA zu entbinden.

Die Beteiligte zu 1. beantragt,

unter Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Dessau - Fachkammer für Landespersonalvertretungssachen - vom 15. August 2006 den Antrag abzulehnen. Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen. Er trägt vor, das Verwaltungsgericht habe seinem Begehren zu Recht entsprochen.

Die Beteiligten zu 2. und 3. stellen keine Anträge.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 78 Abs. 2 PersVG LSA i. V. m. § 87 Abs. 1 ArbGG zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 1. ist unbegründet.

Der Senat schließt sich der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts dahin gehend an, dass die Beteiligte zu 1. bereits von vornherein nicht den Schutz des § 9 PersVG LSA in Anspruch nehmen kann. Zwar ist davon auszugehen, dass sie als in den Wahlen vom Dezember 2005 nicht Gewählte Ersatzmitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung i. S. § 29 PersVG LSA geworden ist. Allerdings ist sie nicht für einen längeren Zeitraum - etwa wegen dauerhafter Verhinderung des eigentlich gewählten Mitglieds - in das Gremium eingetreten, sondern lediglich in einem einmaligen Verhinderungsfall, nämlich in der Sitzung vom 12. Juli 2006. Aus dieser lediglich einmaligen Vertretung - unmittelbar vor Ende ihrer Ausbildungszeit - erwachsen für die Beteiligte zu 1. keinerlei Schutzrechte i. S. des Personalvertretungsrechts:

Für Ersatzmitglieder gilt § 9 PersVG LSA nur eingeschränkt. Der gelegentliche Eintritt als Ersatzmitglied löst den Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 9 Abs. 2 PersVG LSA grundsätzlich nicht aus. In den geschützten Personenkreis kann ein Ersatzmitglied erst dann einbezogen werden, wenn seine - auch zeitlich getrennten - Vertretungstätigkeiten einen derartigen Umfang darstellen, dass diese einer über einen längeren, in sich geschlossenen Zeitraum bestehenden Ersatzmitgliedschaft in der Jugend- und Auszubildendenvertretung gleichkommen (so BVerwG, Beschl. v. 28.02.1990 - 6 P 21.87 - Juris; Bieler u. a., PersVG LSA, § 9 Rdnr. 10). Von einer derartigen, einen länger andauernden Vertretungsfall umfassenden Tätigkeit der Beteiligten zu 1. als Ersatzmitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung kann jedoch im Hinblick auf die lediglich einmalige Sitzungsvertretung keine Rede sein. Soweit sich die Beteiligte zu 1. zur Begründung ihrer gegenteiligen Rechtsauffassung auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bezieht, ist zu bemerken, dass § 9 PersVG LSA eine für den Bereich des öffentlichen Dienstes geltende Sonderregelung darstellt, welche eine weitergehende Auslegung als die jenige, welche das Betriebsverfassungsrecht ermöglichen mag, nicht zulässt (so Bieler u. a., a. a. O., Rdnr. 10).

Im Übrigen ist der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts auch dahin gehend zu folgen, dass die Beteiligte zu 1. nur so lange als Ersatzmitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung angesehen werden konnte, wie das gewählte Mitglied nicht im Stande war, das Amt selbst auszuführen. Mit dem Ende der so zu verstehenden Ersatzmitgliedschaft verliert der Betreffende auch die Stellung eines Ersatzmitgliedes der Jugend- und Auszubildendenvertretung; er tritt in den Stand eines auf der Wahlvorschlagsliste aufgeführten, aber nicht gewählten Beschäftigten zurück (vgl. BVerwG, a. a. O., Rdnr. 19). Danach war die Beteiligte zu 1. jedenfalls in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt ihres Begehrens nach Weiterbeschäftigung nicht mehr als Ersatzmitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung anzusehen und entsprechend rechtlich zu behandeln. Bereits aus diesem Grunde steht hier auch nicht der nachwirkende Schutz des § 9 Abs. 3 PersVG LSA zu, denn sie hat zuvor keine "Amtszeit" in der Jugend- und Auszubildendenvertretung verbracht (vgl. BVerwG, a. a. O., Rdnr. 20).

Fehlt es danach bereits an einem rechtlich schützenswerten Interesse der Beteiligten zu 1. an der Übernahme in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis, so bedurfte es in dem hier zu entscheidenden Verfahren - anders als in den beiden Parallelverfahren (5 L 18/05 und 5 L 20/05) keiner weiteren Ausführungen dazu, ob die haushaltsrechtliche Situation der Antragstellerin einem möglichen Beschäftigungsanspruch von Jugend- und Auszubildendenvertretern gemäß § 9 Abs. 4 PersVG LSA entgegensteht.

Einer Kostenentscheidung bedurfte es im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren nicht.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil keiner der in § 72 Abs. 2 ArbGG bezeichneten Gründe vorliegt.

Ende der Entscheidung

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