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Gericht: Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 30.07.2003
Aktenzeichen: 5 L 2/03
Rechtsgebiete: LSA-PersVG, LSA-BG, BRKG, TGV, GG, BpersVG, EStG


Vorschriften:

LSA-PersVG § 42 II
LSA-PersVG § 53 I
LSA-BG § 88
BRKG § 1
BRKG § 2 II
BRKG § 9
TGV § 6 I
TGV § 6 II
GG Art. 3 I
GG Art. 9 III
BpersVG § 100 Nr. 2
EStG § 3 E
Einem voll oder überwiegend freigestellten Personalratsmitglied steht für die Fahrten von seinem Wohnort zum Sitz der Personalvertretung keine Reisekostenvergütung für Dienstreisen gem. §§ 2 ff BRKG zu.

Ihm sind gem. § 42 Abs. 2 PersVG LSA i.V.m. §§ 2 BRKG, 6 TGV die Fahrkosten zu erstatten.


OBERVERWALTUNGSGERICHT DES LANDES SACHSEN-ANHALT BESCHLUSS

Aktenz.: 5 L 2/03

Datum: 30.07.2003

Gründe:

Der Antragsteller begehrt die Erstattung weiterer Fahrkosten aus seiner Tätigkeit als Personalratsmitglied. Es ist als Forschungsingenieur an der ....Universität H.... H.... beschäftigt, wo er auch seinen Wohnsitz hat. Im Zeitraum 23. Februar 1998 bis 14. März 2000 war der Antragsteller Vorsitzender des beim Beteiligten zu 1. gebildeten Allgemeinen Hauptpersonalrats und in dieser Eigenschaft voll von seinen dienstlichen Aufgaben frei gestellt. Die Aufgaben des Vorsitzenden nahm der Antragsteller überwiegend am Sitz des Allgemeinen Hauptpersonalrats in Magdeburg, zu einem geringeren Teil auch in einem Büro am bisherigen Dienstort H.... wahr.

Für die Fahrten vom Wohnort H... zum Sitz der Stufenvertretung, die der Antragsteller mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegte, erstattete der Beteiligte zu 1. ihm Fahrkosten einschließlich Verpflegungszuschuss gem. § 22 BRKG i. V. m. § 6 TGV. Dabei wurden anteilig Lohnsteuern und Sozialabgaben einbehalten.

Mit Schreiben an den Beteiligten zu 1. vom 15. März 2000 beantragte der Antragsteller unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Magdeburg (Beschl. v. 12.10.1999 - 11 K 24/98 -) die Erstattung weiterer Fahrkosten in Höhe von 2.104,53 DM (1.076,23 €). Der Betrag errechnet sich als Summe aus der Differenz von Verpflegungszuschuss gem. § 6 Abs. 2 TGV und Tagegeld gem. § 9 BRKG (127 Tage a 6,00 DM), dem vollen Tagegeld gem. § 9 BRKG für weitere 65 Tage a 10,00 DM sowie den einbehaltenen Steuern und Abgaben in Höhe von 692,53 DM. Der Antragsteller begründete dies damit, ihm stehe für die Fahrten nach Magdeburg eine Reisekostenvergütung für Dienstreisen gem. §§ 2 ff. BRKG zu. Der Beteiligte zu 1. lehnte die Nachzahlung ab.

Am 28. Dezember 2000 hat der Antragsteller um gerichtliche Entscheidung nachgesucht. Er hat vorgetragen, nach dem Beschluss der Fachkammer vom 12. Oktober 1999 müsse er sich nicht auf die Kostenerstattung gem. § 6 TGV verweisen lassen. Er werde in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Allgemeinen Hauptpersonalrats nicht wie ein Beamter tätig, sondern habe einen eigenständigen Erstattungsausspruch gem. § 42 Abs. 2 PersVG LSA. Zu erstatten seien die amtsbedingten Mehraufwendungen einschließlich der Verpflegungskosten. Dabei handele es sich nach dem Grundsatz der Aufwandsneutralität nicht um Einkünfte gem. § 2 Einkommensteuergesetz - EStG -. Eine Schmälerung seines Vermögens müsse er im Hinblick auf das Benachteiligungsverbot des § 8 PersVG LSA nicht hinnehmen. Es gelte auch nicht die Ausschlussfrist des § 5 Abs. 3 BRKG. Auch verstoße es gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn die zu weniger als 50 v. H. freigestellten Mitglieder des Allgemeinen Hauptpersonalrats Reisekostenvergütung gem. § 2 ff. BRKG erhielten und er selbst als voll freigestellter Vorsitzender auf die Fahrkostenerstattung gem. § 6 TGV verwiesen werde.

Der Antragsteller hat beantragt,

den Beteiligten zu 1. zu verpflichten, an den Antragsteller für die Zeit vom 23.02.1998 bis zum 14.03.2000 eine restliche Kostenerstattung im Betrage von 2.104,93 DM nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 1 DÜG ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beteiligte zu 1. hat beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er hat vorgetragen, dem Antragsteller stehe Fahrkostenersatz gem. § 22 BRKG i. V. m. § 6 TGV zu. Reisekostenvergütung gem. §§ 2 ff. BRKG sei nicht zu zahlen, denn die Fahrten zum Sitz des Allgemeinen Hauptpersonalrats in Magdeburg seien keine Dienstreisen. Der Antragsteller habe als freigestelltes Mitglied des Allgemeinen Hauptpersonalrats seinen Dienstort in Magdeburg. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei er wie ein abgeordneter Beamter zu behandeln. Steuerfreiheit bestehe nur im Rahmen des § 3 Nr. 13 Satz 2 EStG für einen Zeitraum von drei Monaten und danach nur bei Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel gem. § 3 Nr. 34 EStG.

Der Beteiligte zu 2. hat beantragt,

nach dem Antrag des Antragstellers zu beschließen.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 22. November 2002 abgelehnt. Zur Begründung ist ausgeführt, dem Antragsteller stehe kein Anspruch auf Reisekostenvergütung gem. §§ 2 ff. BRKG zu, denn er sei kein Dienstreisender i. S. dieser Bestimmung. Es sei vielmehr in der Rechtsprechung geklärt, dass der Sitz des Personalrats, hier Magdeburg, bei voll freigestellten oder überwiegend freigestellten Mitgliedern des Personalrats als Dienstort zu gelten habe (BVerwG, Beschl. v. 14.2.1990 - 6 B 12.88 -). Diese Mitglieder seien wie abgeordnete Beamte/Richter zu behandeln, die gezahlten Beträge unterlägen der Steuer- und Abgabenpflicht. Die unterschiedliche Erstattungsform entsprechend dem Maß der Freistellung folge aus dem Gesetz und verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

Gegen diesen ihm am 19. Dezember 2002 zugestellten Beschluss richtet sich die am 16. Januar 2003 eingegangene Beschwerde des Antragstellers. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, er habe gem. § 42 Abs. 2 PersVG LSA einen eigenständigen Anspruch auf Kostenerstattung für die Fahrten zum Sitz des Allgemeinen Hauptpersonalrats in Magdeburg. Dieser dürfe aus Gründen der Koalitionsfreiheit gem. Art. 9 Abs. 3 GG nicht verkürzt werden. Es verstoße auch gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn er als freigestelltes Personalratsmitglied reisekostenrechtlich schlechter behandelt werde als Personalratsmitglieder mit geringerer Freistellungsquote. Hierfür gebe es keine sachlichen Gründe. Das Bundesverwaltungsgericht habe außerdem mit Urteil vom 15. Dezember 1993 - 10 C 11.91 - eine Abkehr vom bisherigen Begriff des Dienstorts vollzogen, wenn auch nicht in letzter Konsequenz. Bei "gesetzeskonformer Auslegung" sei ein Ergebnis, bei dem er beim Kilometergeld zuzahlen müsse, nicht akzeptabel.

Der Antragsteller beantragt,

unter Änderung des Beschlusse des Verwaltungsgerichts Magdeburg - Fachkammer für Landespersonalvertretungsrecht - vom 22. November 2002 nach seinem erstinstanzlichen Antrag zu beschließen.

Der Beteiligte zu 2. beantragt,

unter Änderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Magdeburg - Fachkammer für Landespersonalvertretungsrecht - vom 22. November 2002 nach dem erstinstanzlichen Antrag des Antragstellers zu beschließen.

Er trägt vor, Reisen zum Sitz der Stufenvertretung seien bei rechtem Verständnis des § 53 Abs. 1 PersVG LSA mangels einer entgegenstehenden ausdrücklichen Regelung stets als Reisekosten nach dem Bundesreisekostengesetz zu erstatten. Es handele sich in § 42 Abs. 2 PersVG LSA zudem nur um eine Rechtsgrundverweisung, denn die Mitglieder des Personalrats würden in dieser Eigenschaft nicht wie Beamte tätig. Auch sei in der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine Modifizierung des Dienstortbegriffs festzustellen (Urt. v. 15.12.1993 - 10 C 11.91 -). Der Antragsteller habe seinen Dienstort in Halle beibehalten, zumal er dort auch noch über einen Büroraum habe verfügen können. Die derzeitige Rechtsprechung zur Kostenerstattung könne sich nachteilig auf die Bereitschaft der Personalratsmitglieder auswirken, sich zur Ausübung ihres Amts voll oder überwiegend freistellen zu lassen.

Der Beteiligte zu 1. beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er wiederholt und vertieft das erstinstanzliche Vorbringen. Bei der gebotenen entsprechenden Anwendung des Bundesreisekostengesetzes gem. § 42 Abs. 2 PersVG LSA sei Dienstort des Antragstellers der Ort, von dem aus er seine Personalratstätigkeiten ausübe. Für die Stufenvertretung gelte insoweit nichts anderes als für die örtlichen Personalräte. Das dem Antragsteller überlassene Büro begründe nicht Halle als Dienstort. Der Antragsteller habe dort nur untergeordnete/begleitende Arbeiten verrichtet.

Wegen des weiteren Sachverhalts wird ergänzend auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

II.

Die gem. § 78 Abs. 2 PersVG LSA i. d. F. vom 17. Juni 2003 (GVBl. LSA 126) i. V. m. § 87 Abs. 1 ArbGG statthafte und zulässig eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist unbgegründet.

Der Antragsteller ist berechtigt, die in seiner Person entstandenen Kosten seiner Personalratstätigkeit im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren selbst geltend zu machen. Jedoch ist der Beteiligte zu 2. im Hinblick darauf, dass es um die Rechte eines seiner Mitglieder geht, am Verfahren zu beteiligen. Der Erstattungsanspruch ist ein Zahlungsanspruch und kann dementsprechend im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren mit einem Leistungsantrag geltend gemacht werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 14.2.1990 - 6 P 13.88 -, PersV 1990, 351).

Dem Antragsteller steht über die geleisteten Zahlungen hinaus kein Anspruch auf weitere Kostenerstattung für die Fahrten von seinem Wohnort Halle zum Sitz des Allgemeinen Hauptpersonalrats in Magdeburg zu. Dabei versteht der Senat den auf die einbehaltenen Steuern- und Abgaben bezogenen Teilantrag dahin, dass zusätzliche Leistungen aus einem bislang nicht voll befriedigten Rechtsanspruch auf Kostenerstattung geltend gemacht werden sollen. Dagegen geht es nicht darum, ob die einbehaltenen Steuern und/oder Sozialabgaben zu erstatten sind. Diese Auslegung des Antrags erscheint deshalb geboten, weil der Erstattungsanspruch aus § 42 Abs. 2 PersVG LSA nach dem Rechtsverständnis des Antragstellers darauf gerichtet sein soll, dass die Dienststelle die Aufwendungen "ungeschmälert", d. h. ohne Abzüge von Steuern und Sozialabgaben ersetzt.

Rechtsgrundlage für die Erstattung der durch die Personalratstätigkeit entstehenden Kosten ist § 42 Abs. 1 PersVG LSA, der gem. § 53 Abs. 1 PersVG LSA auch für die Tätigkeit der Stufenvertretung anzuwenden ist. Nach § 42 Abs. 1 PersVG LSA trägt die Dienststelle die durch die Tätigkeit des Personalrats entstehenden Kosten. Bei Reisen von Mitgliedern des Personalrats, die zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben notwendig sind, werden gem. § 42 Abs. 2 PersVG LSA Reisekosten nach dem Bundesreisekostengesetz nach Maßgabe des § 88 BG LSA gezahlt.

§ 42 Abs. 2 PersVG LSA ist im Verhältnis zu Abs. 1 nicht lex specialis in dem Sinne, dass ein selbständiger Anspruch auf die Erstattung der Reisekosten begründet wird. Auch Reisekosten sind Kosten i. S. des § 42 Abs. 1 PersVG LSA. Die Vorschrift ergänzt § 42 Abs. 1 PersVG LSA hinsichtlich der Reisekosten dahingehend, dass der Erstattungsanspruch sich nach Art und Höhe nach dem Bundesreisekostengesetz richtet. Im Umfang der Verweisung auf das Bundesreisekostengesetz sind deshalb nicht - wie im Regelfall - die tatsächlichen Kosten unmittelbar erstattungsfähig. Es werden vielmehr die nach dem Bundesreisekostengesetz erstattungsfähigen Kosten bezahlt. Das Bundesreisekostengesetz findet auf die Reisen von Personalratsmitgliedern "in vollem Umfang Anwendung" (BVerwG, Beschl. v. 14.2.1990 - 6 P 13.88 -, PersV 90, 351, 352 m. w. N.), d. h. die Verweisung bezieht sich nicht nur auf die Höhe der zu erstattenden Beträge, sondern schließt die unterschiedlichen Erstattungstatbestände und deren weitere gesetzliche Voraussetzungen nach dem Bundesreisekostengesetz ein. Insoweit besteht auch kein Anlass, die Reisetätigkeit von Mitgliedern der Stufenvertretung anders zu behandeln als die von Mitgliedern des örtlichen Personalrats. In § 53 Abs. 1 PersVG LSA wird (u. a.) § 42 Abs. 2 PersVG LSA ohne Einschränkung für entsprechend anwendbar erklärt. Wenn die Reisetätigkeit von Mitgliedern der Stufenvertretung sich umfänglicher gestaltet als die der Mitglieder des örtlichen Personalrats, weil der Sitz der Stufenvertretung häufig außerhalb des Wohnorts liegen wird, so bedeutet dies lediglich einen tatsächlichen, keinen rechtlichen Unterschied. Für eine rechtliche Bevorzugung von Mitgliedern der Stufenvertretung in reisekostenrechtlicher Hinsicht lassen sich aus § 53 Abs. 1 PersVG LSA keine Anhaltspunkte gewinnen.

Die Fahrten des Antragstellers von seinem Wohnort Halle zum Sitz des Allgemeinen Hauptpersonalrats in Magdeburg waren Reisen i. S. des § 42 Abs. 2 PersVG LSA, die zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgaben als Vorsitzender des Allgemeinen Hauptpersonalrats notwendig waren. Es sind deshalb Reisekosten nach Maßgabe des Bundesreisekostengesetzes zu zahlen. Das Bundesreisekostengesetz sieht eine Kostenerstattung nur in den in § 1 dieses Gesetzes genannten Fällen vor. Die Regelung ist abschließend. Eine Erstattung über die gesetzlichen Erstattungstatbestände hinaus ist nicht möglich. Der Kostenerstattung nach dem Bundesreisekostengesetz steht allerdings nicht entgegen, dass das Mitglied des Personalrats keine Dienstgeschäfte im beamtenrechtlichen Sinne wahrnimmt und deshalb auch keinen "Dienstort" gem. § 2 Abs. 2 BRKG hat. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass bei der Anwendung des Bundesreisekostengesetzes auf die Tätigkeit des Personalrats dem Dienstort des Beamten derjenige Ort entspricht, an dem das Mitglied des Personalrats seine berufliche Tätigkeit ausschließlich oder jedenfalls im Schwerpunkt ausübt (BVerwG, Beschl. v. 14.2.1990, a. a. O.; OVG LSA, Beschl. v. 30.10.1996 - 5 M 5/95 -; BayVGH, Beschl. v. 1.2.1995, PersR 95, 257; VGH Mannheim, Beschl. v. 30.6.1992, PersV 93, 454; Hess. VGH, Beschl. v. 28.11.1990, PersV 93, 562; OVG Bremen, Beschl. v. 11.5.1984, ZBR 85, 27). Bei freigestellten Mitgliedern der Personalräte ist "Dienstort" deshalb nicht der Ort, an dem sie bis zur Freistellung ihren Dienstgeschäften nachgegangen sind, sondern der Ort, von dem aus sie ihre Personalratstätigkeit ausüben. Im Falle des Antragstellers ist dies Magdeburg, der Sitz des Allgemeinen Hauptpersonalrats.

Der Hinweis des Antragstellers auf grundsätzliche Unterschiede in der Tätigkeit des Beamten und des Personalratsmitglieds rechtfertigt keine Abkehr von dieser Rechtsprechung. Es trifft zwar zu, dass die Rechtsstellung der Personalratsmitglieder sich anders als die des Beamten nicht aus einem persönlichen Dienst- und Treueverhältnis mit den daraus folgenden Fürsorgepflichten des Dienstherrn herleitet. Die Personalratstätigkeit ist ehrenamtlich, ihr Zweck ist die Vertretung der kollektiven Interessen der Beschäftigten. Dies hindert den Gesetzgeber aber nicht, die Erstattung der Reisekosten entsprechend den reisekostenrechtlichen Vorschriften für Beamte zu regeln, wie dies in § 42 Abs. 2 PersVG LSA geschehen ist (ebenso § 44 Abs. 1 Satz 2 BPersVG). Ausgehend von dieser Entscheidung des Gesetzgebers ist deshalb nur noch festzustellen, welche Ansprüche sich bei entsprechender Anwendung der Rechtsbegriffe und der Rechtssystematik des Bundesreisekostengesetzes auf die Mitglieder des Personalrats ergeben. Hierzu hat die höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung insoweit Klarheit gebracht, als "Dienstort" des freigestellten Personalratsmitglieds in entsprechender Anwendung des § 2 Abs. 2 BRKG der Sitz der Personalvertretung ist. Die Reisen des Antragstellers zum Sitz des Allgemeinen Hauptpersonalrats in Magdeburg stellen sich demzufolge nicht als Dienstreisen i. S. der §§ 2 f BRKG dar, sondern als Reisen vom Wohnort zum Dienstort. Diese sind nach der Rechtssystematik des Bundesreisekostengesetzes kostenrechtlich gem. § 22 Abs. 2 BRKG i. V. m. der Trennungsgeldverordnung zu behandeln.

Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Antragstellers gegen die bisherige Rechtsprechung greifen ebenfalls nicht durch. Die Koalitionsfreiheit gem. Art. 9 Abs. 3 GG ist durch die Kostenerstattung nach Maßgabe des Bundesreisekostengesetzes nicht berührt. Die Einrichtung von Personalräten und deren Tätigkeit unterfällt nicht dem Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG, denn die Personalräte sind keine Koalitionen i. S. dieser Bestimmung (BVerfGE 51, 77, 89). Dies schließt nicht aus, dass die Mitglieder des Personalrats zugleich einer Gewerkschaft angehören und sich in dieser Doppelfunktion koalitionsgemäß betätigen dürfen (BVerfGE 19, 303, 313). Der Schutz des Art. 9 Abs. 3 GG leitet sich in diesem Falle aber allein aus der Zugehörigkeit zur Gewerkschaft her.

Im Übrigen hindert die Kostenerstattung nach Maßgabe des Bundesreisekostengesetzes weder die Beschäftigten, eine Personalvertretung zu wählen, noch haben die Mitglieder des Personalrats Einschränkungen in ihren Amtsgeschäften hinzunehmen. Die Kostenerstattung dient der Förderung der Personalratstätigkeit, nicht ihrer Behinderung. Der Landesgesetzgeber ist mit dieser Form der Kostenerstattung auch der rahmenrechtlichen Verpflichtung des § 100 Nr. 2 BPersVG ausreichend nachgekommen, nach der dem Personalratsmitglied aus seiner ehrenamtlichen Tätigkeit keine wirtschaftlichen Nachteile entstehen dürfen. Der Antragsteller hat Fahrkostenerstattung gem. § 6 TGV erhalten. Der Erstattungsbetrag entspricht dem Betrag, den auch die beamteten Beschäftigten für Reisen vom Wohnort zum Dienstort erhalten. Eine unangemessene Benachteiligung des Antragsteller ist darin nicht zu erblicken. Dies gilt auch im Verhältnis zur Reisekostenvergütung gem. §§ 2 ff. BRKG. Die Fahrkosten werden im Rahmen des § 6 Abs. 1 Satz 1 TGV vorbehaltlich der Anrechnung der bislang entstandenen Fahrkosten gem. § 6 Abs. 1 Satz 2 TGV grundsätzlich wie bei Dienstreisen erstattet. Auf den gegenüber dem Tagegeld gem. § 9 BRKG niedrigeren Verpflegungszuschuss gem. § 6 Abs. 2 TGV kann der Antragsteller verwiesen werden, weil er sich bei täglicher Rückkehr zum Wohnort ergänzend der häuslichen Ressourcen bedienen kann. Der Antragsteller legt im Übrigen selbst nicht substantiiert dar, das ihm durch die Fahrten zum Sitz der Stufenvertretung in Magdeburg Kosten entstehen, die durch die praktizierte Erstattungsregelung nicht ausgeglichen werden.

Die Erstattung gem. § 6 TGV verletzt den Antragsteller auch nicht in seinem Recht auf Gleichbehandlung mit denjenigen Mitgliedern des Allgemeinen Hauptpersonalrats, die nicht oder nicht überwiegend freigestellt sind und Reisekostenvergütung gem. §§ 2 ff. BRKG einschließlich Tagegeld gem. § 9 BRKG erhalten. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG lässt sich ein Verbot willkürlicher Differenzierungen bei im Wesentlichen gleichgelagerten Sachverhalten herleiten. Jedoch steht dem Gesetzgeber gerade im Bereich der gewährenden Staatsverwaltung eine weitgehende Gestaltungsfreiheit zu, die die Befugnis zu generalisierenden und pauschalierenden Regelungen einschließt, solange die damit verbundene ungleiche Behandlung bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise nicht schlechthin willkürlich erscheint (vgl. Leibholz/Rinck/Hesselberger, Art. 3 GG Rdnr. 26, 60 m. w. N.). In der Rechtsprechung ist - soweit erkennbar - bislang nicht infrage gestellt worden, dass die Rechtssystematik des Bundesreisekostengesetzes diese Grenze wahrt. Unterschiede in der Reisekostenvergütung gem. §§ 2 ff. BRKG und der Fahrkostenerstattung gem. § 6 TGV lassen sich auf die unterschiedliche Zweckbestimmung der Leistungen zurückführen. Der Beamte soll bei Dienstreisen von dienstlich veranlassten Mehraufwendungen freigehalten werden. Das Trennungsgeld soll demgegenüber die mit der Trennung der Familie verbundenen Kosten ausgleichen. Wenn der Gesetzgeber dies zum Anlass für eine differenzierende Regelung in Teilbereichen nimmt, liegen hierin sachlich gerechtfertigte Gründe. Dies gilt gleichermaßen für die entsprechende Anwendung des Bundesreisekostengesetzes auf die Tätigkeit des freigestellten Personalratsmitglieds gem. § 42 Abs. 2 PersVG LSA. Es macht auch hier einen Unterschied, ob das freigestellte Personalratsmitglied in amtlicher Eigenschaft reist oder ob es zwecks Wahrnehmung der Amtsgeschäfte von seinem Wohnort anreist. Die höchstrichterliche Rechtsprechung misst dem Freistellungsbeschluss des Personalrats deshalb zu Recht "vergleichbarer Auswirkungen" wie der Abordnung eines Beamten/Richters zu (BVerwG, Beschl. v. 14.2.1990 - 6 P 13.88 -, a. a. O.). Soweit sich in der Gesetzesanwendung Härten daraus ergeben, dass zu 50 v. H. und mehr freigestellte Personalratsmitglieder bei der Zahlung von Trennungsgeld steuerrechtliche Nachteile gegenüber reisenden Personalratsmitgliedern mit geringerer Freistellungsquote hinnehmen müssen, ist dies der Rechtssystematik des Bundesreisekostengesetzes geschuldet, nach der es nur einen Dienstort gibt (BVerwG, Urt. v. 21.6.1989 - 6 C 4.89 -). Eine Grenzziehung ist damit unvermeidlich. Die Rechtmäßigkeit der steuerlichen Behandlung ist im Übrigen von den Finanzgerichten zu beurteilen.

Der Antragsteller war in Übereinstimmung mit § 44 Abs. 5 PersVG LSA zwecks Wahrnehmung seiner Aufgaben als Vorsitzender des Allgemeinen Hauptpersonaltrats in Magdeburg voll vom Dienst freigestellt. Der Dienstort im reisekostenrechtlichen Sinne verlagerte sich dadurch von Halle nach Magdeburg. Das Beibehalten eines dem Antragsteller überlassenen Büros in Halle ändert hieran nichts. Zwar kann der Dienstort sich auch nach dem Ort richten, an dem sich Teile oder Nebenstellen der Behörde/des Personalrats befinden, wenn der Beamte/Personalratsmitglied dort ständig oder überwiegend Dienst leisten muss (BVerwG, Beschl. v. 14.2.1990, a. a. O.). Der Antragsteller hat indes nach der Aufstellung des Beteiligten zu 2. gem. Schriftsatz vom 12. Mai 2003 (Bl. 154 PA) überwiegend nicht in Halle, sondern in Magdeburg seine Amtsgeschäfte wahrgenommen. Die vom Beteiligten zu 2. aufgeworfene Frage, wie Reisen des Antragstellers vom Sitz der Stufenvertretung in Magdeburg zu seinem Büro in Halle reisekostenrechtlich zu beurteilen wären, stellt sich aus tatsächlichen Gründen nicht. Der Antragsteller selbst hat nicht vorgetragen, dass es zu solchen Reisen gekommen ist. Es erschiene auch wenig zweckmäßig, wenn der Antragsteller zunächst von seinem Wohnort Halle nach Magdeburg anreisen würde, um sodann nach Halle zurückzukehren. Was die Fahrten vom Wohnort zum Büro in Halle anlangt, ist auf die Anrechnung der bisherigen Fahrstrecke gem. § 6 Abs. 1 Satz 2 TGV zu verweisen.

Eine Änderung der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Dienstort der Personalratsmitglieder (BVerwG, Beschl. v. 14.2.1990, a. a. O.) im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, 10. Senat vom 15. Dezember 1993 - 10 C 11.91 - vermag der Senat nicht zu erkennen. Die Entscheidung betrifft den Sonderfall eines Beamten, der jeglichen tatsächlichen Bezug zu seiner Stammbehörde verloren hatte. Das Bundesverwaltungsgericht hat bei dieser Sachlage eine Abkehr von dem vorwiegend status- und organisationsrechtlich geprägten Dienstortbegriff für geboten gehalten und auf den tatsächlichen Mittelpunkt der Dienstausübung abgestellt. Für den Antragsteller lässt sich hieraus nichts herleiten. Als "Stammbehörde" des Antragstellers ist bei entsprechender Anwendung des Bundesreisekostengesetzes auf freigestellte Personalratsmitglieder die Stufenvertretung in Magdeburg anzusehen. Zu dieser "Behörde" hatte der Antragsteller keineswegs jeglichen Kontakt verloren. Vielmehr nahm er von dort aus den überwiegenden Teil seiner Amtsgeschäfte wahr. Es muss deshalb mit den im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Februar 1990 (a. a. O.) entwickelten Rechtsgrundsätzen sein Bewenden haben.

Soweit der Antragsteller gem. Anlage 1 zur Antragsschrift Leistungen für weitere 65 Tage begehrt, für die der Beteiligte zu 1. weder das Tagegeld gem. § 9 BRKG noch auch nur den Verpflegungszuschuss gem. § 6 Abs. 2 TGV bezahlt habe, mangelt es bereits an einem schlüssigen Sachvortrag. Der Anspruch aus § 9 BRKG besteht aus Rechtsgründen nicht. Für den Anspruch aus § 6 Abs. 2 TGV wäre es erforderlich gewesen, die Arbeitstage, an denen eine Abwesenheit von der Wohnung von mehr als 11 Stunden notwendig war, im Einzelnen zu benennen und darzulegen, aus welchen Gründen es bislang nicht zu einer Erstattung gekommen ist. Hieran mangelt es. Die Anlage 1 zur Antragsschrift geht vielmehr rechtsirrig davon aus, dass Leistungen bereits bei einer Abwesenheit von mehr als 10 Stunden zu erbringen seien.

Dem Antragsteller steht gegen den Beteiligten zu 1. auch kein Anspruch auf Fahrkostenerstattung unabhängig von den Bestimmungen des Steuer- und Abgabenrechts zu. Die Einkünfte der Personalratsmitglieder unterliegen wie die aller anderen Beschäftigten zwingend dem Einkommenssteuergesetz. Weder der Antragsteller noch der Beteiligte zu 1. stehen außerhalb der steuerrechtlichen Vorschriften. Nichts anderes gilt für das Recht der Sozialversicherung. Eine andere Frage ist, ob die als Aufwendungsersatz erbrachten Leistungen möglicherweise nach den Steuerbefreiungstatbeständen des § 3 EStG steuerfrei sind und deshalb zu Unrecht Steuern abgeführt wurden. Diese Frage ist im vorliegenden Verfahren nicht zu beantworten. Sollten zu Unrecht Steuern abgeführt worden sein, würde sich daraus kein Anspruch gegen den Beteiligten zu 1. auf Nachzahlung des Ausfalls ergeben. Der Antragsteller muss vielmehr einen Anspruch auf Erstattung zu Unrecht einbehaltener Steuern vor dem Finanzgericht geltend machen. Wegen zu Unrecht einbehaltener Sozialabgaben muss er sich an die Sozialgerichte wenden.

Dem Antragsteller stehen nach allem weitere Zahlungen weder als Reisekostenvergütung gem. §§ 2 ff. BRKG noch wegen der steuer- und abgabenrechtlichen Abzüge von Trennungsgeld gem. § 6 TGV zu. Es bedarf deshalb keiner Entscheidung, in welchem Umfang ein solcher Anspruch zu verzinsen wäre (vgl. dazu i. Ü. Fischer/Goeres, Personalvertretungsrecht des Bundes und der Länder, § 44 Rdnr. 54).

Einer Kostenentscheidung im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren bedarf es mangels prozessualer Kostentragungspflicht nicht. Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit erübrigt sich mangels einer vollstreckungsfähigen Entscheidung (Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 2. Aufl., § 91 Rdnr. 13, § 84 Rdnr. 29, § 85 Rdnr. 3).

Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 72 Abs. 2 ArbGG bezeichneten Gründe vorliegt.

Ende der Entscheidung

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